MKL1888:Godet
[387] ✽ Godet (spr. -dä́), Frédéric, evang. Theolog, geb. 25. Okt. 1812 zu Neuchâtel, studierte daselbst, in Berlin und Bonn, wurde, nachdem er seit 1836 als Hilfsprediger in Valengin thätig gewesen war, als Lehrer des damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm nach Berlin berufen, kehrte 1844 nach Neuchâtel zurück und wurde Hilfsprediger zu Val de Ruz, 1850 Professor der Theologie an der Fakultät in Neuchâtel und 1851 bis 1866 daneben auch Pfarrer in seiner Vaterstadt. Aber 1873 trat G. aus der Staatskirche aus und wurde Professor an der theologischen Akademie der Freien Kirche des Kantons Neuenburg. Auch diese Stelle legte er 1887 nieder. Seine Hauptschriften sind: „Histoire de la réformation et du Refuge dans le pays de Neuchâtel“ (Neuchâtel 1859); „Commentaire sur l’évangile de saint Jean“ (3. Aufl., Par. 1881–85, 3 Bde.); „Commentaire sur l’évangile de saint Luc“ (3. Aufl., Neuchâtel 1888); „Commentaire sur l’épître aux Romains“ (das. 1879–80, [388] 2 Bde.; 2. Aufl. des 1. Bandes 1883); „Commentaire sur la 1re épître aux Corinthiens“ (das. 1886–87, 2 Bde.); „Conférences apologétiques“ (das. 1869); „Études bibliques“ (3. Aufl., Neuchâtel 1876, 2 Tle.; deutsch, Hannov. 1878). Seine Kommentare zu Lukas und Johannes sowie zu den Briefen an die Römer und Korinther sind von Wunderlich (Hannov. 1869–87) ins Deutsche übersetzt.
[401] Godet (spr. -dä), Philippe Ernest, schweizer. Dichter und Litterarhistoriker, geb. 23. April 1850 zu Neuenburg, Sohn des protest. Theologen Frédéric G. (Bd. 17), studierte die Rechte in Basel und Berlin, lag dann 1874–80 in seiner Vaterstadt der Advokatenpraxis ob, leitete 1881–84 das Organ der Konservativen des Kantons Neuenburg: „La Suisse libérale“, und nahm auch sonst thätigen Anteil an den politischen Händeln des Kantons. Er ist Privatdozent der französischen Litteratur an der Akademie von Neuchâtel und Professor an der höhern Mädchenschule dieser Stadt. G. gab mehrere Bände Gedichte heraus: „Une poignée de rimes“ (Neuenb. 1871), „Premières poésies“ (1873), „Récidives“ (1878), „Évasions“ (1881), „Le cœur et les yeux“ (1882), „Les Réalités“ (Par. u. Neuenb. 1887), die sich durch Formvollendung und sittlichen Ernst auszeichnen; ferner: „Scripta manent; causeries sur les autographes de la collection Bovet“ (Neuenb. 1887), „Études et causeries“ (Par. 1889), „Pierre Viret, biographie du réformateur vaudois“ (Laus. 1892), und ist in der Ausarbeitung eines Werkes über die Madame de Charrière, Verfasserin der „Lettres neuchâteloises“, begriffen. Sein litterargeschichtliches Hauptwerk, die „Histoire littéraire de la Suisse française“, erhielt von der französischen Akademie 1890 den Preis Guérin. G. erwarb sich ein unbestreitbares Verdienst um die Herausgabe der Werke zweier früh verstorbener poetischer Talente, des Freiburgers Etienne Eggis und der Neuenburgerin Alice de Chambrier (geb. 1861, gest. 1882), deren unter dem Titel „Au-delá“ veröffentlichte Gedichte mit schöner Form eine seltene Gedankenfülle und Gefühlstiefe verbinden und schon 5 Auflagen (1889) erlebten.