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MKL1888:Gibson

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gibson“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 327328
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Gibson. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 327–328. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gibson (Version vom 15.09.2024)

[327] Gibson (spr. ghibs’n), 1) John, engl. Bildhauer, geb. 1790 zu Gyffin bei Conway, kam neunjährig nach Liverpool, wurde durch Unterstützung des Geschichtschreibers Roscoe aus der Handwerkslehre befreit und widmete sich dem Studium der Anatomie und dem Modellieren, bis seine Erfolge ihm den Weg nach London und infolge einer durch Roscoe veranstalteten Subskription 1817 nach Rom bahnten. Des Gönners Empfehlung an Canova verschaffte ihm auch einen Platz in dessen Atelier. Nach Canovas Tod ging er zu Thorwaldsen über. Bis zu seiner Ankunft in Rom hatte er nur autodidaktisch gearbeitet. Dies zeigten sein schlafender Hirt und die 1819 begonnene Gruppe: Mars und Cupido, im Besitz des Herzogs von Devonshire zu Chatsworth. Doch schon seine Psyche, von Zephyren emporgetragen (1821), und sein Hylas, von den Nymphen überrascht (1826), jetzt in der Nationalgalerie zu London, zeigten den Umschwung. Von da ab verraten seine Werke stetige Klärung und zunehmende Vollendung, wenn auch der allzu enge Anschluß an die Antike der Originalität Abbruch that und ihm vielfach den Vorwurf der Nachahmung zuzog. Nymphen, Cupido, Psyche, Paris und ähnliche Gestalten von jugendlicher Schönheit beschäftigten ihn vorzugsweise, bis er zu einigen porträtstatuarischen Arbeiten veranlaßt wurde, so zu den zwei Statuen Huskissons in Liverpool und zur Statue der Königin im Buckinghampalast, welcher später die Gruppe für den Westminsterpalast folgte: die Königin, die allegorischen Gestalten von Weisheit und Gerechtigkeit einführend, sowie das Grabmal der Herzogin von Leicester zu Longford (s. Tafel „Bildhauerkunst VIII“, Fig. 9). Erfreulicher sind die Idealgestalten, wie namentlich die Venus mit der Schildkröte zu Füßen, welche er selbst für sein vollendetstes Werk hielt. An dieser Statue suchte er die griechische Polychromie, wie er sich dieselbe dachte, durchzuführen (das Fleisch elfenbeinfarbig, die Augen blaßblau, das Haar blond, das Haarnetz golden). Nach 48jährigem Aufenthalt in Rom starb er 27. Jan. 1866 daselbst. Vgl. Lady Eastlake, Life of J. G. (Lond. 1870).

[328] 2) Thomas Milner, engl. Staatsmann, geb. 1807 in Trinidad, studierte zu Cambridge und trat 1837 für Ipswich ins Parlament. Da aber seine Gesinnung mit der konservativen Richtung seines Wahlbezirks nicht übereinstimmte, legte er 1839 sein Mandat nieder, ward eins der thätigsten Mitglieder der Anti-cornlaw-league und zählte bald zu den populärsten Verteidigern des Freihandels. Infolge davon siegte er 1841 bei den Wahlen in Manchester und stritt nun neben Cobden in den vordersten Reihen der Freihändler, bis die Aufhebung der Kornzölle (1846) durchgesetzt wurde. In Russells Ministerium, das sich die weitere Entwickelung der nunmehr angenommenen handelspolitischen Prinzipien zur Aufgabe stellte, wurde G. Vizepräsident des Handelsamts. Da jedoch bald politische Differenzen mit seinen Kollegen hervortraten und in Manchester die Lauheit der Minister in der Durchführung finanzieller Verbesserungen und ihr Widerstand gegen Wahlreformen großes Mißfallen erregten, legte G. im Mai 1848 sein Amt nieder. Seitdem war er im Unterhaus einer der Führer der radikalen Partei und wirkte namentlich für die Emanzipation der Juden. Da er aber als Angehöriger der Friedenspartei sich gegen den russischen Krieg erklärt hatte, fiel er 1857 in Manchester durch, wurde jedoch bald darauf für Ashton ins Parlament gewählt, bewirkte durch seinen Antrag auf Verwerfung der von der Regierung vorgelegten Konspirationsbill den Rücktritt des Ministeriums Palmerston (19. Febr. 1858) und trat im Juni 1859 in das neue Kabinett Palmerston als Präsident des Handelsamtes. Gleich Cobden wünschte er die Entwickelung der englischen Handelspolitik auf der Grundlage des Freihandelssystems und war in diesem Sinn für den Handelsvertrag mit Frankreich und ähnliche Verträge mit andern Staaten thätig. Während des amerikanischen Konflikts riet er mit aller Entschiedenheit zu aufrichtig neutraler Politik. Die gleiche Stellung im Kabinett behielt G. auch in dem Ministerium, welches nach Palmerstons Tod 1865 von Russell gebildet wurde, bis 1866 die Staatsleitung an die Tories überging. Bei den Neuwahlen von 1868 wurde er nicht wieder gewählt und zog sich seitdem vom politischen Leben zurück. Er starb 25. Febr. 1884 in Algier.