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MKL1888:Gesteinsbohrer und Gesteinsbohrmaschinen

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gesteinsbohrer und Gesteinsbohrmaschinen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 253255
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Gesteinsbohrer und Gesteinsbohrmaschinen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 253–255. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gesteinsbohrer_und_Gesteinsbohrmaschinen (Version vom 17.11.2023)

[253] Gesteinsbohrer und Gesteinsbohrmaschinen. Das Bohren in Gestein findet Anwendung bei der Sprengarbeit im Bergbau, in Steinbrüchen, bei der Regulierung von Flüssen zum Wegsprengen von Felsen, beim Straßen-, Eisenbahn- und Tunnelbau und beim Abteufen von Schächten; es dient zur Untersuchung der Gebirge auf Erz-, Kohlen-, Salzgehalt, zum Aufsuchen von Quellwasser, Salzsolen, Petroleum etc. Die beim Berg- und Tunnelbau sowie beim Erdbohren benutzten Gesteinsbohrer bestehen aus einer geraden Stahl- oder verstählten Eisenstange, welche an einem Ende, dem Kopf, Meißelform, am andern Ende eine Schlagbahn erhalten. Je nach der Art der Wirkung des Werkzeugs unterscheidet man Schlag-, Stoß- und Drehbohrer. Die Schlagbohrer dienen nur zur Herstellung der Sprenglöcher und heißen je nach der Form der Schneiden Kronen-, Kreuz-, Spitz-, Kolben-, Flügelbohrer etc. Bei manchen schlagen mehrere Schärfen gleichzeitig auf den Stein, um ihn schneller zu zersplittern. Wegen der leichten Herstellung benutzt man aber am häufigsten Schlagbohrer mit einer einzigen Schärfe, die Meißelbohrer. Alle Schlagbohrer werden mit der Hand geführt und mit dem Fäustel (Handhammer) eingeschlagen; um ein rundes Loch zu erzeugen und dieses gleichförmig zu vertiefen, muß die Schärfe Schlag für Schlag eine andre Stelle der Bohrsohle treffen, der Bohrer also nach jedem Schlag um 30–60° gedreht, „gesetzt“, werden. Ist das Gestein sehr trocken, so führt man dem Bohrloch Wasser zu, wodurch einerseits der Bohrer vor Erhitzung geschützt wird, anderseits sich aus dem Bohrmehl der „Schmant“ bildet, der die Bohrarbeit erleichtert. Je nach der Härte des Gesteins, der Tiefe des zu bohrenden Loches und Größe der einzubringenden Ladung werden die Bohrlöcher von verschiedener Lichtweite herzustellen sein, und man unterscheidet, je nachdem 1, 2 oder 3 Personen zur Ausarbeitung desselben notwendig waren, einmännige, zweimännige oder dreimännige Löcher. Stoßbohrer sind Meißelbohrer mit schweren und langen eisernen Stangen, welche von einem oder mehreren Arbeitern gegen die Bohrsohle gestoßen werden. Damit eine größere Anzahl Arbeiter anfassen könne, sind die Stoßbohrer mit Querarmen versehen, so daß Minentiefen von 3–4 m abgebohrt werden können, wobei eine Lochweite bis 9 cm in Anwendung kommt. Sollen die Bohrlöcher im untersten Teil sich entweder nach oben oder nach unten erweitern, so benutzt man im ersten Fall den sogen. Scherenbohrer, im zweiten Fall den Prellbohrer. Die Stoßbohrer finden in den verschiedenen Formen als Meißel-, Kronen- und Sternbohrer ausgedehnte Verwendung beim Bohren artesischer Brunnen und zwar bei festen Felsarten. Die erstern benutzt man auch beim Durchbohren von Thon, Mergel, grobem Sand etc. Weil bei Bohrungen von großem Durchmesser immer mehrere Bohrer von verschiedenem Kaliber zur Verwendung kommen, so hat man diese Instrumente auch mit eingelegten Blättern aus Stahl verfertigt, wodurch sie verschiedenen Durchmessern der Bohrlöcher angepaßt werden können. Nach der Handhabung des Bohrers während der Arbeit unterscheidet man zwei wesentlich verschiedene Bohrmethoden: 1) das Bohren mit festem Gestänge, wenn nämlich die Verlängerung des Bohrers aus eisernen Stangen besteht, und 2) das Bohren mit Seil oder das „Seilbohren“ (vgl. Erdbohrer). Drehbohrer wirken auf dem Gestein schabend, ritzend, schärfend; bei ihnen ist die Kraft kontinuierlich in derselben Richtung thätig, und dieser Umstand erweist sich für die Dauerhaftigkeit des Werkzeugs sowie für die Ausführung der Arbeit sehr vorteilhaft. Die Form der Drehbohrer, wenn diese Vollbohrer sind, ist mehr oder weniger ähnlich jener der Metalldrehbohrer, die mit stumpfen Schärfen unter stumpfer Spitze gestellt sind, wobei jede Hälfte der Schärfen nach der Richtung der Drehung steht. Beim Bohren von artesischen Brunnen benutzt man in milden Gebirgsarten die Löffel- und Erdbohrer; ihre Anwendung ist ökonomischer als die der Meißel-, Stern- und Kronenbohrer, obwohl bei größern Tiefen die letztern vorzuziehen sind. Beim Bergbau haben die Drehbohrer noch wenig Anwendung gefunden, obwohl schon seit 30 Jahren Versuche gemacht und in weichem Gestein auch gute Resultate erzielt wurden. Eine interessante Anwendung der Drehbohrer ist die Erzeugung von Steinröhren nach dem Prinzip des Kernbohrens. Röhrenbohrer sind hohlcylindrische Drehbohrer, mit denen ein cylindrischer Ring gebohrt wird, so daß im Innern ein Steinkern stehen bleibt, welcher nach dem Herausziehen des Bohrers abgebrochen wird. Die neueste Erscheinung auf dem Gebiet der Drehbohrer ist die Verwendung der schwarzen Diamanten zum Bohren von Minen. In neuester Zeit konstruiert man Diamantbohrmaschinen sowohl nach dem Kernbohr- als Vollbohrprinzip. Kleinere Gesteinsbohrmaschinen betreibt man mit der Hand, die größern mit Dampf oder in neuerer Zeit allgemein mit komprimierter Luft oder hydraulischem Druck. Die sehr zahlreichen Konstruktionen kann man nach ihrem Arbeitsprinzip in stoßend wirkende (Perkussionsmaschinen) und drehend wirkende (Rotationsmaschinen) einteilen. Man unterscheidet an den Stoßbohrmaschinen als Bewegungen das stoßende Vorschieben des Meißels sowie dessen Zurückziehen, das Umsetzen des Bohrers zur Erzielung eines runden Loches und das Vorschieben des ganzen Apparats mit dem Fortschreiten der Arbeit. Bei der Rotationsmaschine wird das rotierende Werkzeug beständig gegen den Stein gedrückt und nur zum Zweck des Schärfens oder des Lochreinigens von Zeit zu Zeit zurückgezogen. Jedem Bohrer muß für sich eine beliebige, aber während der Abbohrung des Sprenglochs unveränderlich bleibende Stellung gegen das Ortsgestein gegeben werden können. Von großer Wichtigkeit ist daher für diese Maschinen auch die Gestellkonstruktion. Nach dem Konstruktionsprinzip kann man die Perkussionsmaschinenteile in Hammer-, Stempel- und Kolbenmaschinen teilen. Bei den Hammermaschinen wird der Bohrer durch eine zweite in Bewegung gesetzte schwere und feste Masse gestoßen (die Konstruktionen haben keine praktische Bedeutung gewonnen); bei den Stempelmaschinen wird dem Bohrer seine Bewegung direkt mitgeteilt und zwar durch Menschenhand (de la Haye), durch Schwerkraft bei freiem Fall (Gowans, Newton) oder durch Federkraft (Castelain). Eine Newton in England patentierte Maschine hat die Einrichtung einer gewöhnlichen Rammvorrichtung, die auf Rollen ruht und dadurch transportabel gemacht ist. Ähnlich ist die Maschine von Castelain, welche 1862 zu de Produils ausgeführt wurde und zum Abbohren tiefer Bohrlöcher in sehr hartem Granit bestimmt war. Die armierte Stahlstange von 200 kg Gewicht wird mittels eines Däumlings und eines die Stange umfassenden Heblings gegen eine aus [254] Rundstahl von 2 cm Stärke gefertigte Feder gepreßt und von dieser nach vollendetem Hub gegen die Bohrlochsohle geschleudert und zwar 90–100mal pro Minute. Wird bei Castelains Apparat die Stahlfeder durch ein Luftpolster ersetzt und der Bohrer an der Stange eines Kolbens befestigt, der sich in einem Cylinder befindet und durch komprimierte Luft vorgestoßen wird, so erhält man eine Bohrmaschine, welche in der Wirkungsweise einer von Marcellis in Lüttich gebauten gleicht. Bei der Maschine, welche sich 1863 de la Haye patentieren ließ, wirkt die Muskelkraft direkt auf den Stoßbohrer.

Unter den Gesteinsbohrmaschinen mit stoßender Wirkung ist die von Sachs konstruierte besonders einfach und daher viel im Gebrauch. Sie besteht (Fig. 1 u. 2) aus einem Cylinder C, in welchem ein Kolben k sich hin und her bewegen kann. Derselbe ist mit ringförmigen Einschnitten versehen, welche eine gute, wenig Reibung erzeugende Dichtung gegen die Cylinderwand bilden (die sogen. Labyrinthdichtung, weil sich die Luft gewissermaßen in den Einschnitten so verirrt, daß sie nicht über den Kolben hinwegtreten kann). An den Kolben schließt sich auf der einen Seite eine starke, den Bohrer f tragende Kolbenstange d, auf der andern die Steuerstange e an, beide mit Labyrinthdichtungen möglichst dicht an die in den Cylinderdeckeln nötigen Durchbohrungen sich anschließend. Von den Enden des Cylinders führen zwei Kanäle c und b zu dem Schieberspiegel S, von welchem ein dritter Kanal a zu dem Luftzuführungsrohr z geht. Über dem Schieberspiegel bewegt sich ein Schieber T.

Fig. 1.
Sachssche Gesteinsbohrmaschine. Längsschnitt.

Wenn derselbe (wie in Fig. 1) so steht, daß b mit a und c mit der freien Luft kommuniziert, so tritt die komprimierte Luft von z durch a und b hinter den Kolben und treibt ihn mit der Kolbenstange und dem Bohrer, der eine meißelförmige Schneide hat, gegen das Gestein, wobei letztere ein wenig eingetrieben wird. Wird nun der Schieber so verrückt, daß c mit a und b mit der freien Luft kommuniziert, so tritt die komprimierte Luft vor den Kolben und treibt ihn zurück, während die vom vorigen Hub hinter dem Kolben befindliche Luft aus b frei entweichen kann. Die richtige Verschiebung des Schiebers wird von der Maschine selbst mittels der Steuerstange e vorgenommen. An dem hintern Ende g derselben ist ein Hebel h drehbar befestigt, welcher sich in der Hülse i, die sich um den festen Drehpunkt i1 drehen läßt, verschieben kann. Bei der Hin- und Herbewegung der Steuerstange wird nun die Hülse i von der sich dabei in ihr verschiebenden Stange h in Oszillationen versetzt, welche mit dem Hebelarm p auf die geradlinig geführte Schieberstange t und somit auch auf den Schieber T übertragen werden. Außer der hin- und hergehenden Bewegung ist nun aber dem Bohrer noch eine ruckweise drehende Bewegung zu erteilen, damit die Schneide des Bohrers nach jedem Vorgang

Fig. 2.
Sachssche Gesteinsbohrmaschine. Hinteransicht.

einen andern Durchmesser des zu bohrenden Loches trifft, weil sonst ein Festklemmen der keilartig wirkenden Schneide eintreten würde. Endlich muß auch noch die ganze Maschine, entsprechend der vorrückenden Vertiefung des Loches, nachgeschoben werden. Auch diese beiden Bewegungen werden von der Maschine selbstthätig ausgeführt. Es ist dazu mit i und p noch ein Hebelarm q verbunden, der in einen Einschnitt der an der Hinterseite des Cylinders in senkrechten Führungen gleitenden Stange u faßt und dieselbe bei seiner Oszillation um i1 senkrecht auf- und niederschiebt. An u sind nun zwei Sperrklinken x und y befestigt, deren eine (y) in ein Sperrrad R1 greift, welches in der hintern Cylinderwandung so gelagert ist, daß es sich zwar darin drehen, aber nicht verschieben kann, und welches anderseits die Steuerstange so hindurchgehen läßt, daß sie sich in ihm wohl verschieben, jedoch nicht gegen dasselbe drehen kann. Es wird daher bei jedem Niedergang der Stange u das Rad R1 und mit ihm die Steuerstange, der Kolben und der Bohrer um einen Zahn in der Pfeilrichtung gedreht, während es sich beim Rückgang von t und y nicht rückwärts drehen kann, sondern unter dem Ausweichen von y von der festen Sperrklinke h in der eben erhaltenen Stellung festgehalten wird. [255] Der Cylinder ist in einem Rahmen angebracht, der aus zwei Stangen s1 und s2 und zwei dieselben an den Enden verbindenden Querstücken besteht. Auf diesen Stangen kann der Cylinder mit passenden Augen hin und her verschoben werden. Die eine der Stangen (s1) nun ist ihrer ganzen Länge nach mit Schraubengewinde versehen und eine an dem Cylinder drehbar befestigte Schraubenmutter darum gelegt. Wird daher die Mutter gedreht, so wird sie samt dem Cylinder auf der Stange s1 verschoben. Die Vorwärtsverschiebung beim Bohren wird in der Weise von der Maschine selbstthätig vorgenommen, daß die zweite, mit u auf- und niedergehende Sperrklinke x beim Niedergang das mit der Schraubenmutter verbundene Sperrrad R herumdreht, während sie leer aufwärts geht. Die Bohrmaschine wird mit dem Rahmen an einem wagenartigen starken Gestell derartig verstellbar befestigt, daß man nach allen möglichen Richtungen hin Löcher bohren kann. Unter den Drehbohrmaschinen gehört diejenige zu den hervorragendsten, welche 1876 von Brandt in Hamburg erfunden und beim Bohren verschiedener Tunnels der Gotthardbahn, des Sonnsteintunnels, in Spanien etc. verwendet

Fig. 3.
Brandts Gesteinsbohrer.

und höchst vorteilhaft gefunden wurde. Bei derselben wird statt komprimierter Luft Wasserdruck von 150 Atmosphären verwendet (hydraulische Gesteinsbohrmaschine) und zwar sowohl zum Drehen als Anpressen des Bohrers. Die Einrichtung geht aus Fig. 3 hervor. Der Bohrer b besteht aus einem Hohlcylinder, welcher am Ende fünf zugeschärfte Zähne besitzt und durch mit Bajonettverschluß eingeschobene Röhren verlängert werden kann. Im Cylinder c schließt der Bohrer mit einem Kolben ab, gegen den das Druckwasser wirkt, welches durch das Rohr p so zugeführt wird, daß es, durch ein Ventil reguliert, sowohl vor als hinter den Kolben treten kann, um auch den Bohrer aus dem Gestein herauszuziehen. Zur kontinuierlichen Drehung des Bohrers dienen zwei einander gegenübersitzende kleine Wassersäulenmaschinen l, welche eine mit Schnecke versehene Welle m drehen, so daß die Schnecke das an dem Cylinder c sitzende Schneckenrad n und somit den Bohrer dreht. Das hierzu erforderliche Druckwasser wird durch das Rohr o zunächst in das Ventilgehäuse g und von hier den Wassersäulenmaschinen zugeführt. Die letztern lassen sich längs der Platten k verschieben und dadurch mit dem Cylinder c und dem Bohrgestänge horizontal verstellen. Die vertikale Verstellung erfolgt mittels der Säule ir, welche sich unten und oben mit Klauen gegen Sohle und Decke des Bohrraums stemmt und das Bohrgestänge trägt. Letzteres ist mittels der Schraube s und Hülse t um i drehbar festgestellt. Das Stück i ist ein Hohlcylinder, welcher sich auf dem Cylinder r verschieben läßt. Indem nun durch den Schlauch p Druckwasser in den Cylinder i gelassen wird, schieben sich i und r auseinander und pressen sich und damit die Bohrmaschine fest. Das von den Wassersäulenmaschinen kommende Abwasser fließt mit einem Druck von 20 Atmosphären durch den Schlauch v und das Bohrgestänge zu den Bohrschneiden, um das Bohrmehl wegzuspülen. Vgl. außer den Werken über Tunnelbau (von Rziha, Zwick, Schön, v. Grimburg, Colladon u. a.): Sachs, Über Gesteinsbohrmaschinen (Aach. 1865); Stapff, Die Gesteinsbohrmaschinen (Stockh. 1869, die vollständigste Zusammenstellung); Angström, Gesteinsbohrmaschinen (deutsch von Turley, Leipz. 1874); Pupovac, Die Diamantbohrmaschine (Wien 1874); Riedler, Gesteinsbohrmaschinen und Luftkompressionsmaschinen (im Bericht über die Weltausstellung in Philadelphia 1876, das. 1877); Derselbe, Brandts hydraulische Gesteinsbohrmaschine (das. 1877).