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MKL1888:Georgier

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Georgier“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 150
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Georgier. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 150. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Georgier (Version vom 30.04.2021)

[150] Georgier (von den Russen Grusiner genannt), ein zur karthwelischen Gruppe des kaukasischen Stammes gehöriges Volk in Kaukasien, das als G. im engern Sinn (301,537 Köpfe) das Gouvernement Tiflis und den Sakataschen Bezirk, als G. im weitern Sinn (Imerethier und Gurier, 379,112 Köpfe) zum größern Teil das Gouvernement Kutaïs, zum kleinern das Gouvernement Tiflis bewohnt. Die G. sind ein altes Kulturvolk, dessenungeachtet ist ihr Ursprung unbekannt. Nach einheimischen Chroniken ist Thargamos, im vierten Glied von Noah abstammend, der Stammvater des georgischen Fürstengeschlechts. Er teilte sein Reich unter seine beiden Söhne Haik und Karthlos, welch letzterer Karthli oder Karthwelien erhielt; Mzschet, an dem Zusammenfluß der Aragwa und Kura, war seine Residenz (s. Georgien). Ursprünglich der Lehre Zoroasters anhängend, bekennen sich die G. jetzt zur griechisch-katholischen Kirche. Eine der schönsten Rassen der Erde, sind sie groß, schlank, von kräftigem Wuchse, schönen Gesichtszügen mit dunkeln Augen und dunklem, lockigem Haar. Ihre Tracht besteht bei den Männern aus einem bis zum Knie reichenden Rock mit langen geschlitzten Ärmeln, einer Ärmelweste, weiten Beinkleidern in den Stiefeln, einer spitzen Mütze aus schwarzem oder grauem Lämmerfell. An Stelle der letztern tragen die Imerethier und Gurier eine tellerartige, farbige, mit Goldschnur besetzte und unter dem Kinn festgebundene Mütze, dazu lange, nicht weite Beinkleider, eine kurze Ärmelweste und darüber eine Jacke mit vielen Knöpfen. Die Frauen (s. Tafel „Asiatische Völker“, Fig. 25), sonst europäisch gekleidet, hüllen sich beim Ausgehen in einen Schleier (Tschadra) und setzen dazu ein kleines goldgesticktes Samtmützchen auf. In der Jugend meist sehr schön, verblühen sie ungemein schnell. Voll Selbstgefühl, Ehr-, Ruhm- und Prunksucht, hat der G. Hang zur Trägheit und arbeitet eigentlich nur, um sich Subsistenzmittel zu verschaffen; die übrige Zeit widmet er dem Vergnügen. Jagd, Ringkämpfe und Tanz liebt er sehr. Die Frauen verbringen ihre Zeit mit dem Besuch der Kirchen, des Bades, mit häuslichen Verrichtungen und Vergnügungen. Während die Bauern oft noch Erdhütten bewohnen, sind die Häuser in den Städten von Ziegeln oder von Stein mit platten Dächern. Die G. treiben vorzugsweise Acker- und Weinbau, aber auch Vieh-, besonders Schafzucht. Man unterscheidet fünf Stände: den hohen Adel (Mthawar), den niedern Adel (Asnaur), Kaufleute und handeltreibende Handwerker, Landbauer (Msachuri) und Glichi, welche die Feldarbeit besorgen. Vgl. „Petermanns Mitteilungen“[WS 1] (Ergänzungsband 12, 1878).

Anmerkungen (Wikisource)