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MKL1888:Genußmittel

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Genußmittel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Genußmittel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 7 (1887), Seite 123124
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Genußmittel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 123–124. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Genu%C3%9Fmittel (Version vom 14.10.2022)

[123] Genußmittel (hierzu Tafel „Genußmittelpflanzen“), s. v. w. Nahrungsmittel, dann speziell diejenigen Produkte des Pflanzenreichs, welche wir nicht, wie die eigentlichen Nahrungsmittel, zum direkten Ersatz der durch den Stoffwechsel verbrauchten Körpersubstanz, sondern entweder nur des Wohlgeschmacks halber oder zur Erzielung einer bestimmten Wirkung auf das Nervensystem in sehr verschiedenartiger Zubereitung genießen oder benutzen. Die Nahrungsmittel enthalten in mehr oder minder ähnlicher Form die Stoffe, aus welchen auch unser Körper besteht, und durch den Verdauungs- und Ernährungsprozeß werden diese Stoffe in Körperbestandteile umgewandelt. Der Wert der Nahrungsmittel bemißt sich mithin in erster Linie nach dem Gehalt an Bestandteilen, welche dieser Umwandlung fähig sind (vgl. Ernährung). Zu den meisten Speisen fügt die Kochkunst aber Würzen hinzu, welche, wie Fett und Zucker, selbst Nahrungsstoffe sind oder, wie Kochsalz und Säuren, dem Verdauungs- und Ernährungsprozeß mehr oder minder zugänglich sind. Dagegen sind die Gewürze ausschließlich zu den Genußmitteln zu zählen; als G. im engern Sinn bezeichnet man aber jene Substanzen, die nicht den Speisen zugesetzt, sondern selbst zu besondern Speisen oder Getränken zubereitet oder in andrer Form genossen werden. Die Gewürze wirken meist durch ätherische Öle oder Harze, die eigentlichen G. dagegen enthalten in der Regel gewisse narkotisch wirkende Stoffe, und es ist sehr merkwürdig, daß der Mensch in den verschiedensten Ländern eine Reihe sehr verschiedener Pflanzenteile als narkotische G. benutzt, die einen und denselben wirksamen Stoff, das Thein oder Kaffein, enthalten, nämlich den Kaffee, Thee, Paraguaythee, die Guarana und die Kolanuß; auch kann man den Kakao hinzurechnen, weil das in demselben enthaltene Theobromin dem Kaffein sehr nahe steht. Das arabische Kath und die Kokablätter enthalten dagegen kein Kaffein. Diese G. sind sich in der Wirkung wohl ziemlich ähnlich, und auch die Betelnuß

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Genußmittelpflanzen.
[oben:] Humulus Lupulus (Hopfen). – Cola acuminata (Kolanuß). – Erythroxylon Coca (Kokastrauch). – Coffea arabica (Kaffeebaum). – Vitis vinifera (Weinstock).
[unten:] Nicotiana tabacum (Tabak). – Theobroma Cacao (Kakaobaum). – Ilex paraguayensis (Paraguaythee). – Thea viridis (chinesischer Thee). – Areca Catechu (Areka- oder Betelnußpalme).

[124] mit dem Betelpfeffer sind zu dieser Gruppe zu rechnen, während der indische Hanf, das Opium und der Fliegenschwamm als Berauschungsmittel wirken und der Tabak gleichsam den Übergang von der einen Gruppe zur andern bildet. Eine dritte Gruppe bilden die geistigen Getränke, bei denen bisweilen auch narkotische G., wie der Hopfen, in Anwendung kommen. Die Pflanzen, welche die eigentlichen G. liefern, gehören ebenso vielen verschiedenen Pflanzenfamilien an. Nur *Hopfen (Humulus lupulus) und Hanf (Cannabis indica) stehen zusammen in der Familie der Kannabineen. *Kaffee (Coffea arabica) gehört zu den Rubiaceen, *Thee (Thea spec.) zu den Ternströmiaceen, der *Paraguaythee (Ilex paraguayensis) zu den Ilicineen, die Guarana (Paullinia sorbilis) zu den Sapindaceen, die *Kolanuß (Cola acuminata) zu den Sterkuliaceen, der Kakao (Theobroma Cacao) zu den Büttneriaceen, der *Kokastrauch (Erythroxylon Coca) zu den Erythroxyleen, Kath (Celastrus edulis) zu den Celastrineen, *Betelnuß (Areca Catechu) zu den Palmen, Mohn, welcher das Opium liefert (Papaver somniferum), zu den Papaveraceen, *Tabak (Nicotiana spec.) zu den Solaneen und der Fliegenschwamm (Agaricus muscarius) zu den Pilzen. Die oben mit * bezeichneten Genußmittelpflanzen sind auf beifolgender Tafel abgebildet. Vgl. Bibra, Die narkotischen G. und der Mensch (Nürnb. 1855); Moleschott, Physiologie der Nahrungsmittel (2. Aufl., Gießen 1859); Reich, Nahrungs- und Genußmittelkunde (Götting. 1860); Wittstein, Taschenbuch der Nahrungs- und Genußmittellehre (Nördling. 1878); König, Die menschlichen Nahrungs- und Genußmittel (Berl. 1880).