MKL1888:Geiser
[25] Geiser (isländ. Geysir, „Sprudel“, hierzu Tafel „Geiser“), periodische heiße Springquellen, von den beiden Geisern in Island auf ähnliche Quellen in andern Gegenden übertragen. Der Große G. (s. untenstehende Fig. 1) liegt nordwestlich vom Hekla in
Fig. 1. | |
Geiser auf Island. Nach Paijkull. | |
einem breiten Thal, in welchem sich dicke Schichten von Kieselsinter als Quellabsatz des Geisers gebildet haben. Um den Großen G. selbst herum stellen diese Absätze einen flachen Kegel dar, an dessen Spitze sich ein rundes Becken von 2 m Tiefe und 18 m Durchmesser befindet, in welches der etwa 3 m weite und bis zu 23 m Tiefe verfolgbare Quellschacht mündet. In den Zwischenpausen zwischen den Eruptionen ist das Becken mit Wasser von 76–89° gefüllt, während die Temperatur in der erreichbaren Tiefe des Kanals bis auf 127° steigt. Alle 24–30 Stunden wird mehrmals rasch hintereinander eine 2 m dicke, 25–36 m hohe Dampfsäule ausgeworfen, worauf sich das durch die Eruption entleerte Becken allmählich wieder füllt, bis sich in nicht ganz gleichen Perioden der Ausbruch wiederholt. Ähnliche Erscheinungen, aber nach der Dauer der Periode, nach Höhe des Wasserstrahls und der dadurch bedingten Großartigkeit der Eruption verschieden, zeigen die andern isländischen Geiserquellen: der Kleine G., der Strokkr („Butterfaß“), ferner das durch Hochstetter näher geschilderte Geisergebiet Neuseelands und dasjenige des Nationalparks im Quellgebiet des Yellowstoneflusses in Nordamerika, dessen
Fig. 2. | |
Zur Erklärung der Geiserbildung (Mackenzie). | |
Großartigkeit zwar durch die ersten Beschreiber (Hayden, Doane) wohl etwas übertrieben geschildert ward, aber auch nach den durch Kunzes Berichte notwendigen Abstrichen noch immer höchst bedeutend bleibt. Kunze gibt für die drei Bassins: Lower Firehole-Bassin, Upper Firehole-Bassin und Shoshone-Bassin, zusammen 30 Springquellen an, die zum Teil reichlich Kieselsinter absetzen. Auch von der japanischen Halbinsel Simoda wird ein G. beschrieben.
Fig. 3. | |
Müllers Apparat zur Erklärung der Geiserbildung nach Bunsen. | |
Zur Erklärung des Mechanismus der Geisereruptionen nahm man früher (Mackenzie, Fig. 2) an, daß ein Hohlraum a, mit Dampf und heißem Wasser gefüllt, in seinem tiefern Teil durch einen schwach geneigten Kanal b mit der eigentlichen Geiserröhre c kommuniziere. Der im Hohlraum sich mehrende Dampf drückt das Wasser tiefer und tiefer und erzeugt durch Emporschleudern des Wassers im Quellschacht die Eruption in dem Augenblick, wo das Wasser in dem unterirdischen Dampfkessel bis zur Einmündungsstelle des Kanals herabgedrückt ist. Am meisten eingebürgert hat sich Bunsens Hypothese, nach welcher das in dem Geiserrohr aufsteigende Wasser in der Tiefe unter dem Druck der darauf lastenden Wassersäule eine weit höhere Temperatur besitzt, als der Siedepunkt des Wassers an der Oberfläche ist. Gelangen nun so heiße Wassermassen durch ihr Aufsteigen schnell unter einen geringern Druck als den ihrer Temperatur entsprechenden, so werden sie plötzlich in Dampf verwandelt, [26] und dieser Dampf schleudert die ganze noch darüber befindliche Wassersäule in die Luft, wodurch die nachdringenden Wassermassen, ebenfalls von einem Teil ihres Druckes befreit, ebenso plötzlich in Dampfform übergehen, und dies Spiel des Wasserschleuderns dauert so lange fort, bis das ausgeworfene Wasser, das zum Teil wieder in das Bassin zurückfällt, so weit abgekühlt ist, daß es die fernere Dampfbildung verhindert. Hierauf tritt eine Periode der Ruhe ein, bis die abgekühlte Wassersäule durch von unten nachdringende heiße Wassermassen wieder
Fig. 4. | Fig. 5. |
Fig. 6. | |
Fig. 4, 5 u. 6. Zur Erklärung der Geiserbildung nach Lang. | |
bis zur Dampfbildung erhitzt ist. Lang hat das Unzureichende dieser Hypothese gezeigt. Es ist nicht abzusehen, warum sich die Temperaturen der Wassersäule in der Steigröhre nicht durch Strömungen ausgleichen sollten, und daß gerade starke Temperaturdifferenzen in der Röhre zur Hervorbringung des Geiserphänomens notwendig sind, zeigt der angeblich zur Illustration von Bunsens Hypothese konstruierte, in Fig. 3 schematisch gezeichnete Müllersche Apparat, welcher zwar gut funktioniert, sich aber von geologisch möglichen Verhältnissen dadurch weit entfernt, daß an der Steigröhre zwei Heizstellen, ganz unten a und in der Mitte b, angebracht sind. Lang glaubt diese Naturwidrigkeit dadurch zu vermeiden, daß er für die Geiserröhre einen Zickzackverlauf annimmt (Fig. 4 u. 5), in der Natur Spaltsysteme von ähnlichem Verlauf (Fig. 6). Wird, um in der Natur möglichen Verhältnissen Rechnung zu tragen, als einzige Quelle der Erhitzung die nach dem Erdinnern zu sich steigernde Erdwärme angenommen, so müssen die tiefer gelegenen Teile der Röhre (A und C in Fig. 4 u. 5) stärker erhitzt werden als die höhern; die dadurch in dem höher gelegenen Knie B der Röhre entwickelten Dämpfe drücken dann auf die Wassersäule im abwärts gerichteten Schenkel, bis das Wasser ganz aus demselben verdrängt ist (Fig. 5). Sowie dies eintritt, gelangen sie in die Steigröhre und bringen ein Aufkochen mit Austritt einer geringen Menge von Wasser bei D hervor. Hierdurch bedingt ist die Verminderung des Druckes bei E; ein schnelles Aufkochen tritt hier ein, welches seinerseits das energische Hervorstoßen einer größern Wassermenge an der Mündung D der vertikalen Röhre im Gefolge hat. Dies ganze Spiel wird durch die bei C wirkende stärkere Wärmequelle nicht alteriert werden, dieselbe wird vielmehr zur Vorwärmung des Wassers im Schenkel BC dienen und die Dampfentwickelung bei B beschleunigen. Wie sich nun Lang die Verhältnisse in der Natur denkt, welche seiner Hypothese Rechnung tragen würden und zugleich die Wiederkehr der Erscheinung bedingen, ist aus Fig. 6 ersichtlich. Es sind zwei sich schneidende Spaltensysteme ABCD, beide aus unter sich parallelen Spalten bestehend, zu deren einem auch die Steigröhre C gehört. Die wiederholte Füllung der der Geiserthätigkeit zu Grunde liegenden Spaltsysteme ABC wird teils durch das in das Geiserbecken zurückfallende Wasser, teils durch das mit einer Wasser sammelnden Oberflächenschicht kommunizierende Spaltensystem D, dessen Spiel aus der Figur direkt ersichtlich ist, erfolgen. Das Wasser der G. ist neutral oder schwach alkalisch und enthält bedeutende Mengen Kieselsäure gelöst, welche sich aus dem ergossenen Wasser in fester Form abscheidet und oft die wunderbarsten Bildungen erzeugt, z. B. grottenförmige Hohlräume, aus welchen von Zeit zu Zeit gewaltige Massen heißen Wassers hervorbrechen, wie bei dem Grottengeiser im Gebiet des Yellowstoneflusses, oder Terrassen, wie bei dem Tetaratasprudel (s. Tafel) am Rotomahanasee auf Neuseeland. Das Hauptbassin dieses Sprudels liegt etwa 36 m über dem See und ist bis an den Rand mit klarem Wasser von 84° gefüllt, welches in der Mitte beständig heftig aufwallt. Das Wasser ist neutral, schmeckt schwach salzig und hat bei seinem Abfluß auf dem Abhang des Hügels ein System von marmorweißen Terrassen aus Kieselsäure erzeugt, von denen jede, mit einem erhabenen Rand versehen, ein Becken bildet, welches mit warmem, herrlich blauem Wasser gefüllt ist. Für gewöhnlich fließt so wenig Wasser über die Terrassen, daß man bequem bis zum Hauptbecken emporsteigen kann; bisweilen aber wird plötzlich die ganze Wassermasse des Beckens ausgeworfen und dann kann man bis 10 m tief in dasselbe hinabblicken. Vgl. Bunsen (in „Poggendorffs Annalen“ 1847)[WS 1]; Kuntze, Über Geysirs (im „Ausland“ 1880)[WS 2]; Lang, Über die Bedingungen der Geysirs (in „Nachrichten der königlichen Akademie von Göttingen“ 1880)[WS 3].
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Sinterterrassen des Tetarata-Sprudels in Neuseeland.[WS 4]
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Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ R. Bunsen: Physikalische Beobachtungen über die hauptsächlichsten Geisir Islands. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 148, Joh. Ambr. Barth, Leipzig 1847, S. 159 Quellen
- ↑ Otto Kuntze: Ueber Geysirs und nebenan entstehende verkieselte Bäume. In: Das Ausland, 53. Jg. (1880), S. 361, 390, 669, 684
- ↑ Otto Lang: Ueber die Bedingungen der Geysir. In: Nachrichten von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, 1880, Nr. 6, S. 225
- ↑ Diese Tafel stammt aus dem „Neuen Abdruck“ von 1890; im ersten Druck von 1887 hat die gleiche Tafel die Bildunterschrift: Sinterterrassen des Tetarata-Sprudels am Rotomahana-See (Neuseeland).