Zum Inhalt springen

MKL1888:Geißelung

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Geißelung“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Geißelung“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 7 (1887), Seite 28
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Geißelung
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Geißelung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 28. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gei%C3%9Felung (Version vom 16.02.2023)

[28] Geißelung, bei den Alten sehr gewöhnliche, äußerst schmerzhafte Leibesstrafe, welche mit einer Riemen- oder Strickpeitsche oder mit Ruten vollzogen wurde. Die spätere jüdische Gerichtspraxis bediente sich dabei geflochtener Riemen (Geißeln) und ließ dem Verbrecher durch den Gerichtsdiener die Streiche, und zwar als Maximum 39, aufzählen, letzteres, um nicht durch Verzählen wider das Gesetz zu verstoßen, welches hierbei die Zahl 40 zu überschreiten verbot. Auch in den Synagogen wurden Geißelungen vollzogen (vgl. Matth. 10, 17; 23, 34). Die römische Geißel (flagellum) bestand aus ledernen Riemen oder gedrehten Stricken, die an einem Stiel befestigt und an den Enden bisweilen mit Stückchen Blei oder Eisen versehen waren. Die peinliche Untersuchung gegen Verbrecher geringern Standes nahm gewöhnlich mit der G. (flagellatio) ihren Anfang. An römischen Bürgern aber durfte dieselbe nicht vollzogen werden, weil sie für entehrend galt; daher widerfuhr sie meist nur Sklaven. Auch der Kreuzesstrafe pflegte die G. vorherzugehen. Bei den Christen kam die G. zunächst als kirchliche Strafe in den Klöstern auf, ward aber als Nachahmung der G., welche Christus und die Apostel erlitten hatten, sowie in Verbindung mit dem Wahn der eignen Genugthuung für die Sünde als freiwillige Buße auch außerhalb des Klosters empfohlen und durch Petrus Damiani allgemeiner Gebrauch, namentlich in Italien. Seit der Kirchenversammlung zu Konstanz erkaltete allmählich die Lust an der Geißelbuße; doch erhielt sie sich bei den französischen Franziskanern (Cordeliers) und in Deutschland, namentlich in Thüringen, bis zur Reformation hin. Im Mittelalter artete dieser asketische Eifer in eine an Wahnsinn grenzende Schwärmerei aus (s. Flagellanten).