Zum Inhalt springen

MKL1888:Gebirgskrieg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gebirgskrieg“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Gebirgskrieg“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 6 (1887), Seite 973974
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Gebirgskrieg
Wiktionary-Logo
Wiktionary: Gebirgskrieg
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Gebirgskrieg. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 973–974. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gebirgskrieg (Version vom 15.12.2024)

[973] Gebirgskrieg, derjenige Krieg, welcher in Gebirgsländern geführt wird. Seine Eigentümlichkeit liegt darin, daß im Hochgebirge wie in den meisten Mittelgebirgslandschaften Truppenbewegungen auf die vorhandenen Wege beschränkt sind, und daß bei Benutzung von Parallelwegen die Verbindung zwischen den verschiedenen Abteilungen zuweilen tagelang aufhört oder nur schwer zu vermitteln ist; eine gegenseitige Unterstützung im Gefecht wird daher selten möglich [974] und die Verwendung von Artillerie und Kavallerie auf ein Minimum beschränkt. Einzelne Streif- und Freikorps finden im Gebirge wohl ein günstiges Feld, um durch sogen. kleinen oder Guerillakrieg dem Gegner zu schaden, eine ernste Entscheidung aber lange hinzuhalten. Für größere Heere handelt es sich stets um rasches Hindurchziehen durch das Gebirge und Vereinigung jenseits zu neuen Operationen, für den Verteidiger aber um Erschwerung des Durchmarsches durch kleine Abteilungen auf den einzelnen Straßen sowie um Verhinderung der Vereinigung der vereinzelt heraustretenden Kolonnen durch Angriff mit überlegenen, hinter dem Gebirge versammelten Kräften. Dieses sowie ein gutes Nachrichtenwesen, rechtzeitiges Besetzen und Befestigen der Pässe sind die Grundlage der Verteidigung; richtige Berechnung von Raum und Zeit zu gleichzeitigem Debouchieren auf mehreren Punkten und rücksichtsloses Erzwingen des Durchganges bei jedem Widerstand in den Defileen wie beim Heraustreten ist die Aufgabe des Angriffs. Episoden des deutsch-österreichischen Kriegs 1866, des deutsch-französischen 1870/71 und des russisch-türkischen Kriegs 1877–78 haben dem G. größere Aufmerksamkeit zugewendet. Man hat erkannt, daß die Truppen für denselben einer besondern Schulung und Organisation bedürfen. Seit 1882 finden deshalb in Frankreich jährlich Übungen größerer Truppenmassen in den Alpen und Pyrenäen statt. Am rationellsten aber ist Italien in der Organisation seiner Alpenjäger und Gebirgsartillerie vorgegangen; diese Truppen rekrutieren sich nur aus den Gebirgslandschaften, in denen sie dauernd Garnison haben, in denen sie also auch alle Marsch- und Gefechtsübungen abhalten. Gegenwärtig dürfte mit ihren Leistungen keine Truppe der Welt konkurrieren können. Mit Ausnahme Deutschlands haben alle europäischen Großstaaten die Entwickelung einer Gebirgsartillerie gepflegt und derselben ein gegen früher viel wirkungsvolleres Geschütz gegeben; England ging durch Einführung eines zerlegbaren Geschützrohrs hierin am weitesten. Jedenfalls hat der G. durch die materiellen und taktischen Fortschritte der Gebirgsartillerie sehr an Kampfkraft gewonnen.