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MKL1888:Feuerstein

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Feuerstein“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Feuerstein“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 6 (1887), Seite 213
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Feuerstein. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 213. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Feuerstein (Version vom 27.11.2022)

[213] Feuerstein (Flint), Mineral aus der Ordnung der Anhydride, besteht aus kryptokristallinischem Kieselsäureanhydrid SiO2, ist also chemisch identisch mit Quarz, enthält aber auch kleine Quantitäten Kali, Kalk, Thonerde, Eisenoxyd, Wasser (bis 1,3 Proz.) und organischer Substanz sowie mikroskopische Foraminiferen und kieselschalige Diatomeen. Er ist gelbbraun oder gelbgrau bis schwarz, zuweilen von hellern Flecken, Wolken und Streifen unterbrochen, mit vollkommen muscheligem, schimmerndem, äußerst scharfkantigem Bruch und leicht zersprengbar. Die Härte des Feuersteins ist die des Quarzes, sein spezifisches Gewicht 2,6. Meistens sind die Knollen mit einer weißen, mager anzufühlenden Außenrinde umgeben, welche etwas Wasser und sehr gewöhnlich mehr oder weniger kohlensauren Kalk enthält; oft sind sie auch so sehr verwittert, daß sie schwimmen (Schwimmstein). Der F. findet sich meist in unregelmäßig gestalteten Knollen, seltener in ausgedehntern Lagern oder als Ausfüllung von Spalten in verschiedenen Kalkformationen, namentlich in der weißen Kreide, so in den Kreidegebirgen des nördlichen Frankreich und der Niederlande, in den Kreidefelsen der Südküste von England, der dänischen Inseln und Rügens. Hier durchsetzt der F. in Platten von mehrzölliger Stärke oder in unregelmäßigen Gängen und Adern oder auch in Ansammlungen von erbsen- bis kopfgroßen, rundlichen oder zackigen, scharfkantigen Knollen das Kreidegebirge und bedeckt in zahlreichen Geschieben, die durch Verwitterung oder Abspülung aus dem Muttergestein gelöst sind, den Strand bis auf weite Strecken ins Meer hinein. Auch im norddeutschen Diluvialland, in Schlesien, Polen, Galizien, Podolien und Wolhynien finden sich Geschiebe von Feuersteinen zerstreut. Der obere weiße Jurakalk Süddeutschlands, der Schweiz, der Aptychenkalk, selbst tertiäre Ablagerungen führen ebenfalls Feuersteinknollen. In England bilden in einem kieseligen Bindemittel liegende Feuersteinknollen den schönen Puddingstein. Für den neptunischen Ursprung des Feuersteins spricht sein stetiges Vorkommen in der Kreide sowie als Versteinerungsmaterial größerer Tierformen, besonders der Seeschwämme und Seeigel, und sein Gehalt an Wasser und organischen Stoffen. Daß der F. so häufig als Versteinerungsmaterial auftritt, hat seinen Grund in der Zersetzung löslicher kieselsaurer Salze durch kohlensaures Ammoniak, welches bei Verwesungsprozessen entstehen mußte; und daß gerade da, wo diese Feuersteine in der Kreide häufig sind, sich auch so zahlreiche kieselschalige Infusorien und Spongiarien finden, erklärt sich aus den Lebensbedürfnissen und einer bei Reichtum an Kieselerde noch gesteigerten Vermehrung derselben. Wegen seiner Härte und scharfkantigen Beschaffenheit ist der F. zum Feueranschlagen vorzüglich geeignet, und es bildete die Fabrikation der Flintensteine vor der Einführung des Perkussionsgewehrs einen blühenden Industriezweig, namentlich in der Champagne und Picardie, aber auch in Tirol, Galizien, Dänemark, England und anderwärts. Der frisch gegrabene noch feuchte F., am besten der gelblichbraune, läßt sich mittels geschickt geführter Hammerschläge leicht beliebig spalten, und dies Verhalten muß schon sehr früh bekannt gewesen sein, wie die Streitäxte, Opfermesser und Pfeilspitzen aus F. beweisen, die man in Grabhügeln aus der Steinzeit (s. d.) findet. Noch schleift man aus dem F. Poliersteine, Schalen und Mörser für Laboratorien, Schmucksachen und allerlei kleine Geräte (wie aus Achat), benutzt ihn gepulvert zum Steinschleifen und verwendet größere Blöcke desselben sogar als Pflastersteine, wie in der Normandie. Endlich bildet der F., welcher geglüht, gemahlen und geschlämmt fast chemisch reine Kieselsäure darstellt, ein wichtiges Material bei der Darstellung des englischen Flintglases, des Fritteporzellans und des Wasserglases. Der erwähnte Puddingstein (Flintkonglomerat), aus schwärzlichen, durch ein kieseliges Bindemittel verkitteten Feuersteingeröllen bestehend und namentlich in der silurischen Formation Englands weitverbreitet, wird, da er eine schöne Politur annimmt, häufig verschliffen.