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MKL1888:Feuerluftmaschine

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Feuerluftmaschine“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Feuerluftmaschine“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 18 (Supplement, 1891), Seite 280281
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Feuerluftmaschine. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 18, Seite 280–281. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Feuerluftmaschine (Version vom 16.02.2024)

[280] Feuerluftmaschine.[WS 1] Von Gebrüder Bénier in Paris ist eine F. angegeben, welche bemerkenswerte Neuerungen zeigt. Der Aufbau der Maschine ist aus Fig. 1 und 2 zu erkennen. An dem Gestell A ist der Cylinder CC1 angebracht, dessen Tauchkolben P mittels der Stange E, des an der Säule B gelagerten Balanciers Z und der Stange D1 auf die Kurbel D, bez. die Welle des Schwungrades V und der Triebscheibe V1 wirkt. Von der Kurbel aus wird mittels der Stange F, des Hebels F1 und der Stange G1 der Kolben der im Innern des Gestells A angebrachten Luftpumpe G betrieben. Letztere befördert zu jedem Hube die erforderliche Luftmenge in den im untern Cylinderteil C1 befindlichen, durch den Graphitüberzug

Fig. 2. Querschnitt.  Fig. 1. Längsschnitt. 
Feuerluftmaschine von Gebrüder Bénier.

X geschützten Feuerraum. Von der Schwungradwelle aus wird ferner der Regulator L und die Beschickungsvorrichtung II1 betrieben. Der Gang der Maschine erfolgt in der Weise, daß die Verbrennungsgase des Koks, welcher auf dem Rost r unter dem Zutritt der von der Luftpumpe G gelieferten Preßluft verbrennt, expandierend den Treibkolben P aufwärts drücken und Arbeit an das Schwungrad abgeben, beim Niedergang des Kolbens dagegen, der unter Abschluß der Preßluft durch das im Schwungrad aufgespeicherte Arbeitsvermögen erfolgt, in einen Schornstein entweichen. Die erforderlichen Steuerungsorgane bestehen in einem Schieber b1 (in Fig. 2 im Querschnitt sichtbar), welcher, von der Schwungradwelle aus mittels unrunder Scheibe angetrieben, den Zutritt der Luft zur Pumpe G wie auch den Übertritt der Preßluft zum Treibcylinder regelt, und in dem Ausströmungsventil h, welches, gleichfalls von der Schwungradwelle aus bewegt, die verbrauchten Gase in den Schornstein entläßt. Der Treibcylinder besteht aus zwei Teilen C und C1. Ist der Treibkolben in seine tiefste Stellung [281] gelangt, so schließt sich das Ausströmungsventil h, und der Schieber b1 verbindet den Pumpenraum mit dem Raume des Treibcylinders. Die in der Pumpe enthaltene Luft ist alsdann bereits auf annähernd 2 Atmosphären verdichtet und tritt so in den Cylinder. Die Verbindung zwischen Pumpe und Cylinder bleibt so lange bestehen, bis alle Luft in den Treibcylinder übergetreten ist. In diesem Moment befindet sich der Pumpenkolben am Ende, der Treibkolben in der Mitte seines Hubes. Die von der Pumpe gelieferte Luft tritt nur zum Teil durch den Kanal s unter den Rost r und dient zur Verbrennung, der andre Teil tritt von oben in den Cylinder ein. Zu dem Ende ist der Treibkolben P nur an seinem obern Ende genau in den Cylinder C eingepaßt, während der untere Teil von P ein wenig dünner gedreht ist, so daß zwischen Kolben und Cylinder ein ringförmiger Zwischenraum entsteht. In diesen mündet der aufwärts führende Luftkanal b. Die oben in den Ringraum eintretende Luft durchstreicht denselben und verhindert so, daß die heißen, mit Staubteilen vermischten Verbrennungsgase in denselben eintreten und zu den Dichtungsflächen gelangen, wodurch eine sehr schnelle Abnutzung derselben hervorgebracht werden würde. Die Regelung der Geschwindigkeit der Maschine wird dadurch bewirkt, daß die Preßluft, deren Gesamtmenge für jeden Hub stets konstant bleibt, in verschiedenem Verhältnis nach oben und unten verteilt, dadurch die Temperatur der Verbrennungsgase und somit auch ihre Spannung verändert wird. Je weniger Luft unten durch den Rost gedrückt wird, desto mehr geht oben durch den ringförmigen Raum, und in demselben Maße wird die Temperatur und die Spannung der Verbrennungsgase vermindert. Zur Verteilung der Preßluft nach oben und unten dient eine Art Drehschieber n1, der von dem Regulator L derart beeinflußt wird, daß bei zu schnell laufender Maschine der Luftzufluß zum Roste vermindert, bei zu langsam gehender Maschine vermehrt wird. Die Beschickung des Feuers geschieht vom Trichter I aus selbstthätig durch das Schöpfrad I1, welche den Koks stückweise auf den Rumpf J wirft, von welchem aus derselbe durch einen hin und her bewegten Schieber S in den Verbrennungsraum gelangt. In dem Augenblick, wo die Öffnung O des Schiebers über den Kanal K tritt, gestattet ein Schauloch U die Beobachtung des Feuers. Die erforderliche Kühlung des Cylinders wird, wie bei den Gaskraftmaschinen, durch einen Wassermantel W bewirkt. Um die Maschine in Gang zu setzen, dreht man, wenn nach dem Anfachen des Feuers im Innern der gehörige Wärmegrad erreicht ist, das Schwungrad einigemal herum, worauf die Maschine weiter läuft. Die Maschine zeichnet sich dadurch aus, daß die Speisung exakt ist und die wichtigsten Dichtungsflächen (zwischen Treibkolben und Cylinder) nur bis auf 60 bis 80° C. erwärmt werden und deshalb dauernd dicht zu erhalten sind. Auch die Dichthaltung des Auslaßventils soll Schwierigkeiten nicht bereiten, weil die damit in Berührung kommenden Abgase sowohl durch ihre Ausdehnung als durch die Wasserkühlung beträchtlich an Wärme verloren haben. Nur alle paar Monate ist ein erneutes Einschleifen des Ventils erforderlich.

Eingehende Versuche über die Bénierschen Feuerluftmaschinen sind von Slaby angestellt worden. Derselbe untersuchte eine vierpferdige Maschine, welche von der Firma Ludwig Löwe u. Komp. in Berlin geliefert war. Die Versuche bezogen sich auf die Ermittelung der effektiven oder Bremsleistung, der indizierten Leistung, des Brennstoffverbrauchs, der Temperatur der Luft und der Verbrennungsgase, der Zusammensetzung der Verbrennungsgase, des Wärmeverbleibs sowie gewisser Konstanten der Maschine. Slaby gibt folgende übersichtliche Zusammenstellung der bei den Versuchen ermittelten Werte:

Inhalt der Luftpumpe 13,84 Liter
   des Arbeitscylinders 31,69  
Verhältnis beider 2,29  
Gesamtdauer des Versuchs 2 Stunden 22 Min.
Indizierte Leistung des Arbeitscylinders 9,23 Pferdekräfte
    der Pumpe 3,38  
   Gesamtleistung der Maschine

5,85  
Bremsleistung 4,03  
Arbeitsverbrauch der Speisevorrichtung 1,12  
Wirkungsgrad 0,69 * 
0,88 ** 
Umdrehungszahl in der Minute 117,60  
Brennstoffverbrauch: 1) Zum Anheizen
1,40 kg Holzkohle
3,70 Koks
 2) Für ein Bremspferd und Stunde
1,64 Koks**
2,10 Koks*
 3) Für 1 ind. Pferdekraft und Stunde 1,44 Koks
Schädliche Räume: a) Der Luftpumpe 0,80 Liter
 b) Des Arbeitscylinders 14,02  
Luftgewicht verbleibend im schädlichen Raum der Luftpumpe 2,38 g
Wirkendes Luftgewicht für jeden Hub 13,62
Gasgewicht verbleibend im schädlichen Raum des Arbeitscylinders 4,78
Gewicht der im Arbeitscylinder wirkenden Gase 19,46
Temperatur der Luft beim Eintritt in den Ofen 60° C.
Höchste Temperatur im Arbeitscylinder 1400°
Temperatur der entweichenden Abgase 700°
Zusammensetzung der Verbrennungs­produkte in Volumprozenten:    
 Kohlensäure 19,30 Proz.
 Sauerstoff 0,55  
 Kohlenoxyd 1,05  
 Stickstoff 79,10  
Von dem zugeführten Luftgewicht werden zur vollständigen Verbrennung des Kohlenstoffs benutzt 92,70  
Für jeden Hub frei gewordene Wärmemenge 8,72 W. E.
In indizierte Arbeit verwandelt 6,00 Proz.
In den Abgasen fortgeführt 46,50  
Im Kühlwasser abgeführt 41,50  
Durch Strahlung und andre Verluste abgeführt 6,00  
* mit, ** ohne Speisevorrichtung

Wenn auch der Prozentsatz der zur Arbeitsleistung verbrauchten Wärme ein verhältnismäßig geringer ist, so muß doch der Brennstoffverbrauch als ein sehr niedriger angesehen werden. Er ist nur wenig größer als derjenige der Dampfmaschine bester Konstruktion.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Siehe auch Feuerluftmaschinen im Hauptteil.