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MKL1888:Farbstoffe

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Farbstoffe“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 4447
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Farbstoffe. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 44–47. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Farbstoffe (Version vom 11.03.2024)

[44] Farbstoffe (Pigmente, lat.), gemeinschaftliche Bezeichnung sehr verschiedenartiger Substanzen, von deren Eigenschaften man besonders die Farbe berücksichtigen will. Viele chemische Verbindungen zeichnen sich durch eine charakteristische Färbung aus, und dieselbe gehört so sehr zu dem Wesen der fraglichen Substanz, daß diese in gleichem Zustand niemals existieren kann, ohne jene Farbe zu zeigen. Man bereitet z. B. das Ultramarin nur aus Stoffen, von denen keiner eine blaue Farbe besitzt; auch läßt sich aus dem Ultramarin nichts abscheiden, was man als den Farbstoff dieses Körpers betrachten könnte. Wenn man aber Zucker oder Stärkemehl mit einer geringen Quantität Ultramarin mischt, dann bildet dieses in der bläulichen Mischung den Farbstoff. In ähnlicher Weise werden viele an sich farblose Mineralien und Gesteine durch Beimischung geringer Mengen Eisen-, Mangan-, Kupfer- und Chromverbindungen gefärbt, während man z. B. von einem Farbstoff des Rotkupfererzes nicht sprechen kann, da dieses aus Kupferoxydul besteht, welchem die rote Farbe eigentümlich ist. Derartige in der Natur vorkommende farbige Körper, namentlich Eisen- und Kupferverbindungen (Rot- und Brauneisenstein, Ocker, Malachit, Kupferlasur), durch Eisenoxyd intensiv gefärbte Thone (Bolus, Umbra etc.), Graphit, Bleiglanz, Braunkohle, Kreide, Gips, Schwerspat, bilden die in der Technik benutzten Erd- oder natürlichen Mineralfarben. Die F. des Pflanzenreichs sind teils direkte Erzeugnisse des Pflanzenlebens, teils Umwandlungsprodukte vegetabilischer Substanzen und zeigen in ihrer chemischen Beschaffenheit wenig Übereinstimmung. Sie sind meist schwache Säuren, nur wenige sind indifferent, und einzelne, wie das Berberin, zeigen basische Eigenschaften. Man kennt unter ihnen Glykoside, und mehrere stehen zu den Gerbsäuren und deren Abkömmlingen in naher Beziehung. Die von der Natur fertig gebildeten, ungemein verbreiteten und reich nüancierten F. sind wenig untersucht. Sie finden sich gelöst oder in körnigen Ablagerungen, meist in den dem Licht ausgesetzten oberflächlichen Pflanzenzellen; andre kommen auch in den Verdickungen der Zellhaut vor; technische Bedeutung haben sie selten. Dagegen finden sich in den innern, vor dem Licht geschützten Zellschichten die Chromogene, welche an sich keine F. sind, aber zu solchen in naher Beziehung stehen. Alle F. scheinen aus Chromogenen hervorzugehen, viele können künstlich daraus hergestellt und zum Teil wieder in solche zurückverwandelt werden. Sehr häufig entstehen F. aus Chromogenen unter dem Einfluß des Sauerstoffs, oft nur bei Gegenwart einer starken Base und bisweilen unter Mitwirkung von Ammoniak. Die Rückbildung ist dagegen gewöhnlich ein Reduktionsprozeß. Die Chromogene sind in ihrem Vorkommen an die speziellsten Organisationsverhältnisse sind deshalb an einzelne Gattungen oder gar Arten von Pflanzen gebunden. Für die Technik liefern sie die wichtigsten Farbmaterialien. Durch Licht, Luft, Ozon und die meisten oxydierend wirkenden Stoffe, namentlich auch durch Chlor, werden die meisten Pflanzenfarbstoffe zerstört, während die schweflige Säure besonders bei mäßiger Einwirkung oft nur farblose Verbindungen mit den Farbstoffen einzugehen scheint, aus welchen durch Schwefelsäure, Schwefelwasserstoff etc. der Farbstoff regenerirt werden kann. Säuren nüancieren die meisten F., machen blaue rot und rote gelb; doch kann man in der Regel durch Neutralisation der Säure mit Ammoniak die ursprüngliche Farbe wiederherstellen. Alkalien färben viele rote F. blau, blaue grün, gelbe rot oder rotbraun, und auch hier kann in der Regel durch schnellen Zusatz verdünnter Säure die ursprüngliche Farbe wiederhergestellt werden. Andre F., wie das Ultramarin, werden durch Säure und manche, wie das Berliner Blau, durch Alkalien vollständig zerstört. Die Mehrzahl der F. bildet mit den Alkalien lösliche, mit den alkalischen Erden häufig, mit den Erden, schweren Metalloxyden und basischen Metallsalzen fast immer schwer lösliche oder unlösliche Verbindungen (Farblacke, Lackfarben, Lacke). Aus einer mit Alaunlösung versetzten Abkochung von Rotholz wird [45] z. B. durch Soda Thonerdehydrat abgeschieden, welches sich mit dem roten Farbstoff zu einem Lack verbindet. Hierauf beruht in vielen Fällen die Fixierung der F. auf der Faser. Da aber diese Verbindungen durch Säuren wieder zerstört werden, so kann man in der Färberei bestimmte Stellen der Gewebe vor der Fixierung schützen oder schon fixierte F. wegbeizen und beliebige Zeichnungen hervorbringen. Die Lacke besitzen, selbst wenn sie mit farblosen Oxyden, häufiger aber, wenn sie mit farbigen Oxyden dargestellt wurden, eigentümliche Nüancen, wovon die Färbekunst ebenfalls vielfach Gebrauch macht. Viele F. lösen sich in Wasser einige nur in Alkohol und Äther; andre sind in den gewöhnlichen Lösungsmitteln unlöslich. Aus ihren Lösungen werden manche durch Salze gefällt, die meisten durch Kohle absorbiert, so daß man gefärbte Flüssigkeit gewöhnlich mit Kohle entfärben kann. Unter den tierischen Farbstoffen ist der Farbstoff des Bluts allen Wirbeltieren gemeinsam, und die übrigen in letztern auftretenden F. sind wahrscheinlich immer nur Modifikationen, häufig unmittelbare Umsetzungsprodukte des Blutrots. Sie sind vielleicht alle eisenhaltig, immer stickstoffhaltig, zeigen sehr verschiedene Löslichkeit in Wasser; die meisten lösen sich in Alkalien, einige auch in Alkohol, Äther und Chloroform. Manche können kristallisiert erhalten werden, die meisten sind vollständig indifferent und werden durch Chlor zerstört; manche, wie die Gallenfarbstoffe, sind sehr veränderlich und können eine Reihe von Farbenwandlungen erleiden, andre sind ungewöhnlich beständig, und das Melanin gleicht in dieser Beziehung der reinen Kohle. Gewisse niedere Organismen erzeugen durch ihren Lebensprozeß aus eiweißartigen Körpern sehr lebhafte blaue und rote F., welche in allen Eigenschaften mit den künstlichen Anilinfarbstoffen übereinstimmen (blutendes Brot, Blau- und Rotwerden der Speisen). Anilinrot und Anilinviolett finden sich auch in der Molluskenspezies Aplysia depilans L. (Seehase). Praktische Bedeutung besitzt von den tierischen Farbstoffen fast nur das Kochenillerot (Karmin). Zahlreicher als die natürlichen sind die künstlichen F., sowohl Mineralfarben (Eisen-, Kupfer-, Chrom-, Kobalt-, Blei-, Zinkfarben etc.), denen sich die Metallfarben (gepulverte Metalle, Bronzefarben) anschließen, als organische, welche teils aus Pflanzen, seltener aus Tierstoffen, am zahlreichsten und mannigfachsten aber aus Bestandteilen des Steinkohlenteers (Anilin-, Naphthalin-, Phenol-, Azofarbstoffe etc.) dargestellt werden. Diese Teerfarben, ausgezeichnet durch Reichtum und Schönheit der Nüancen, sind in neuester Zeit sehr wichtig geworden und haben die natürlichen F. um so mehr zurückgedrängt, als es gelungen ist, einige der wichtigsten von letztern, wie Alizarin (Krapprot) und Indigo, aus Teerbestandteilen künstlich darzustellen.

Nach ihrer Verwendung teilt man die F. in mehrere Gruppen. Die Maler- oder Anstrichfarben, die wesentlich in der Malerei und zu Anstrichen benutzt werden, zerfallen je nach dem Bindemittel, mit welchem der Farbstoff gemischt ist, in Aquarell-, Honig- oder Gummifarben, Tuschen, Pastellfarben, Wasser- oder Leimfarben, Öl- und Wasserglasfarben. Sie sind Körperfarben (Deck-, Gouachefarben), wenn sie die Fläche, auf welche sie aufgetragen werden, mehr oder weniger vollständig verdecken, oder Lasurfarben (Saftfarben), wenn sie auf der Unterlage nur eine durchsichtige Schicht bilden. Diese sind in Wasser oder Alkohol löslich, jene nicht. Von den Email- oder Schmelzfarben, zum Färben von Glasflüssen, Glasuren und für die Porzellanmalerei bestimmt, verlangt man ein eigentümliches Verhalten in hoher Temperatur (in der geschmolzenen Glasmasse und beim Einbrennen auf Porzellan). In der Färberei und Zeugdruckerei kommen die F. in eigentümlicher Weise zur Anwendung. Selten wird der Farbstoff mittels eines der gewöhnlichen Bindemittel auf der Faser befestigt. In der Regel dient vielmehr als Befestigungsmittel eine sogen. Beize, und bisweilen wird der Farbstoff selbst erst auf der Faser erzeugt, indem man diese z. B. nacheinander in zwei Salzlösungen bringt, die bei gegenseitiger Einwirkung aufeinander Berliner Blau erzeugen (vgl. Färberei, S. 40). Von besonderm Interesse ist die Wirkung der F. auf den Organismus. Im folgenden geben wir eine

Zusammenstellung der gebräuchlichsten Farbstoffe.
I. Giftige Farbstoffe.

Schwarze Farben: Antimonschwarz (Eisenbronze, Eisenschwarz), Quecksilberschwarz.

Braune Farben: Bleibraun, Breslauer Braun (Chemischbraun), Terra siena.

Rote Farben: Zinnober (Chinesischrot, Vermillon, Pariser Rot, Patentrot), Antimonzinnober, Mennige (Bleirot, Minium, Pariser Rot, rotes Bleioxyd), Chromrot (Chromzinnober, chromsaures Bleioxyd), Mineralrot, roter Streuglanz, Schönrot, Florentiner Lack (sofern derselbe arsenhaltig ist), rotes Korallin, gewisse Arten von Fuchsin, Kupferrot (Kupferoxydul).

Orangefarben: Chromorange, Goldschwefel (Antimonorange).

Gelbe Farben: Rauschgelb (Auripigment, Operment, Königsgelb, Persischgelb, Chinesischgelb, Spanischgelb), Kadmiumgelb, Chromgelb (Kaiser-, Neu-, Kron-, Kölner, Pariser, Leipziger, Gothaer Gelb), Neapelgelb, Kasseler Gelb (Mineral-, Turners, Patent-, Montpellier-, Veroneser, Chinesischgelb), Zinkgelb (chromsaures Zinkoxyd), Ultramaringelb (Gelbin, Barytgelb), Antimongelb, Steinbühler Gelb, Wismutgelb, Massicot (Bleigelb), Gummigutt, Pikrinsäure (Pikringelb), Aurantia (?).

Grüne Farben: Grünspan (Spangrün), Bremer Grün, Berggrün (Braunschweiger Kupfergrün), Barytgrün (Mangangrün), Zinkgrün (Rinmanns Grün), Kobaltgrün, grüner Zinnober (Ölgrün, Resedagrün, Maigrün, Moosgrün, Laubgrün, Neapelgrün), Chromgrün (Grignets Grün, grünes Chromoxyd), Scheeles Grün (Schwedischgrün, Mineralgrün), Schweinfurter Grün (Kaisergrün, Königsgrün, Kurrers Grün, Kirchbergers Grün, Schobergrün, Zwickauer Grün, Grundiergrün, Englischgrün, Kasseler Grün, Leipziger Grün, Neuwieder Grün, Originalgrün, Patentgrün, Pickelgrün, Mitisgrün, Maigrün, Moosgrün, Schweizer Grün, Pariser Grün, Wiener Grün, Würzburger Grün, Papageigrün, Baseler Grün), Casselmanns Grün, Smaragdgrün, Gelbholz- und Quercitrongrün, Jodgrün.

Blaue Farben: Bergblau (Mineralblau, Kalkblau, Kupferblau, Kasseler Blau, Hamburger Blau, Englischblau, Neuwieder Blau), Cöruleum, Kobaltblau (Thénards Blau), Molybdänblau (Mineralindigo), Schmalte (Eschel), Berliner Blau (und zwar speziell Luisenblau und Mineralblau), blauer Erzglanz, blauer Streuglanz, manche Sorten Anilinblau.

Violette Farben: Alle aus giftigen blauen oder roten Farben hergestellten violetten Gemenge, ferner manche Sorten Anilinviolett.

Weiße Farben: Bleiweiß und bleiweißhaltige Mischungen (Schieferweiß, Kremser Weiß, Venezianer Weiß, Hamburger Weiß, Holländer Weiß, Tiroler Weiß, Thénards Weiß, Clichyer Weiß, Französischweiß, Silberweiß, Perlweiß), Zinkweiß (Schneeweiß, Zinkblumen, Zinkoxyd), Barytweiß (Schwerspat, Spatweiß, Mineralweiß, Neuweiß, Bleiweißsurrogat, Permanentweiß, Blanc fixe), Satinweiß, Wismutweiß (Spanischweiß, Schminkweiß, echt Perlweiß).

Graue Farben: Alle Mischungen, welche schädliche weiße oder schwarze Farben enthalten, dann Zinkgrau, Zinkblende.

Metall- oder Bronzefarben: Schaumgold, Schaumsilber, unechtes Metallgold und Metallsilber, unechtes Malersilber, Kupferbraun, Bronzelacke aus schädlichen Anilinfarben, Wolframbronzen.

II. Nichtgiftige Farbstoffe.

Schwarze Farben: Frankfurter Schwarz (Rebschwarz, Weinschwarz, Drusenschwarz, Hefenschwarz), Rußschwarz (Kienruß, Lampenschwarz), Ölschwarz, Beinschwarz, Korkschwarz (Spanischschwarz), Neutralschwarz, Kernschwarz.

[46] Braune Farben: Umbra (Umbraun, Kölnischbraun, Kesselbraun, Spanischbraun, van Dycks Braun, Eisenacher Braun, brauner Karmin), Biester (Sodbraun, Chemischbraun), Manganbraun (Mineralbiester, Wad), Rotbraun, Mumienbraun, Sepia, Mahagonibraun, Modebraun, Russischbraun.

Rote Farben: Eisenrot (roter Ocker, Rouge, Engelrot, Berliner Rot, Nürnberger Rot, Indischrot, Neapelrot, Steinrot, Hausrot, roter Bolus, rote Erde, Rötel, Polierrot, Totenkopf, Caput mortuum, Kolkothar, Blutstein), Freienwalder Rot, Rotlacke (Kugellack, Wiener Lack, Rosenlack, Karminlack, Blauholzrot, Rotholzrot, Rosenrot, Karmin), Bezetten, Sophienrot, Safflorrot (Tassenrot, Safflorkarmin), Anilinrot (giftfreies), Anthracenrot (Purpurin, Alizarin), Krapprot, Rotsäfte (Berberitzensaft, Alkermessaft, Malvenrot, Heidelbeerrot).

Orangegelbe Farben: Orlean (Saftnanking), Gemenge aus unschädlichen roten und gelben Farben.

Gelbe Farben: Ockergelb (Ockererde, Gelberde, Hausgelb, Goldocker, Satinocker, Chineser Gelb, Schöngelb, Kahlaer Gelb, Striegauer Gelb, lemnische Erde), Schüttgelb, Krappgelb, Kurkumagelb, Saftgelb, Berberitzengelb, Safflor, Quercitron, Wau, Kreuzbeergelb, Gelbbeeren, Gelbholz, Gelbholzlack (Gelblack), Fustikholz, Safran, Ringelblumengelb.

Grüne Farben: Saftgrün (Kreuzbeergrün, Pistaziengrün, Apfelgrün), Ultramaringrün (Leykaufs Grün), Grünerde (Veroneser Grün, Seladongrün, Steingrün, cyprische Erde, böhmische Erde, Kaadener Erde, französische Erde), Mischungen aus Berliner Blau mit Kurkumagelb oder Ringelblumengelb, ebenso aus Indigokarmin mit unschädlichen gelben Farben.

Blaue Farben: Reines Berliner Blau (Pariser Blau, Preußischblau, Diesbacher Blau, Sächsischblau, Englischblau, Turnbulls Blau, Raymonds Blau, Erlanger Blau, Neublau, Waschblau, Hortensienblau, Miloriblau, Wasserblau), Indigo (Indigokarmin, blauer Karmin, Blautinktur), giftfreie Schmalte (Eschel), Ultramarin (Lasurblau, Azurblau), Malvenblau, Lackmusblau, Holzblau, giftfreies Anilinblau.

Violette Farben: Veilchensaft, giftfreies Anilinviolett, Gemenge von unschädlichen roten und unschädlichen blauen Farben, z. B. Karmin und Indigo, Alkermes und Lackmus, oder Indigokarmin.

Weiße Farben: Geschlämmte Kreide (Schlämmkreide, Marmorweiß, Wiener Weiß, Bologneser Weiß, weißer Bolus, Pfeifenthon, Bol- oder Volerde), Gips (Alabasterweiß), Talkweiß, Federweiß, Venezianer Talk, Speckstein), Knochenasche (Beinweiß, Hirschhornweiß), Porzellanthon (China Clay).

Metall- und Bronzefarben: Echtes Gold (Muschelgold) und Silber (Muschelsilber), Musivgold, Zinnstaub, Graphit, Eisenpulver, giftfreie Anilinfarben.

Auf Grund des § 5 des Nahrungsmittelgesetzes vom 14. Mai 1879 wurde 1. Mai 1882 eine kaiserliche Verordnung, die Verwendung giftiger Farben betreffend, erlassen, von welcher indes zwei Paragraphen wieder aufgehoben worden sind. Die in Kraft gebliebenen Paragraphen verbieten die Verwendung giftiger Farben zur Herstellung von Nahrungs- und Genußmitteln, welche zum Verkauf bestimmt sind. Giftige Farben im Sinn dieser Verordnung sind alle F. und Zubereitungen, welche Antimon, Arsen, Baryum (ausgenommen Schwerspat), Blei, Chrom (ausgenommen reines Chromoxyd), Kadmium, Kupfer, Quecksilber (ausgenommen Zinnober), Zinn, Zink, Gummigutt, Pikrinsäure enthalten. Verboten ist die Verwendung der mit Arsen dargestellten Farben zur Herstellung von Tapeten, ingleichen der mit Arsen dargestellten Kupferfarben und der solche Farben enthaltenden Stoffe zur Herstellung von Bekleidungsgegenständen. Auch das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Nahrungs- und Genußmitteln, von Tapeten u. Bekleidungsgegenständen, welche dieser Verordnung zuwider hergestellt sind, ist verboten.

Echte und unechte Farbstoffe.

In Bezug auf die Dauerhaftigkeit spricht man von echten und unechten Farbstoffen. Letztere erliegen den gewöhnlichen Einflüssen sehr schnell, während erstere durch Luft, Licht, Wasser und Seife nur sehr wenig oder nicht verändert werden. Die Unterschiede sind indes nur gradweise, u. manche Farben sind gegen gewisse Einflüsse sehr widerstandsfähig, gegen andre nicht. Auch ist die Haltbarkeit der Farben verschieden je nach dem Bindemittel, welches bei Maler- und Anstrichfarben benutzt wird, so daß ein und derselbe Farbstoff in Öl sehr dauerhaft, als Wasserfarbe aber viel vergänglicher sein kann. Auch ob die Farbe auf Holz, Metall oder Kalk angewandt wird, macht erhebliche Differenzen, ebenso die Natur der Faser, auf welcher sich die in der Färberei benutzten F. befinden. Auf Wolle und Seide sind die F. in der Regel echter als auf Baumwolle und Leinen, auch bedingt die Natur der Beize einige Unterschiede.

Zur allgemeinen Orientierung über die Echtheit von Farben auf Gespinsten und Geweben kann man folgende Proben anstellen: Um rote Farben zu prüfen, kocht man eine kleine Probe des Stoffes mit Seifenwasser, eine andre mit Kalkwasser, welche beide sich höchstens schwach färben dürfen; auch darf die Farbe des Stoffes weder gebleicht, noch gelblich oder braun geworden sein. Man erkennt durch diese Probe die An- oder Abwesenheit von Rotholz, Orseille, Safflor, Sandel oder Teerfarben, welche sämtlich sehr veränderlich sind. Von den gelben Farben ist Krappgelb am echtesten, Orlean und Kurkuma am vergänglichsten, etwas besser vielleicht Fisettholzgelb. Die Lichtechtheit der übrigen F. ist ziemlich gleich. Waschecht sind nur die Farben der ersten Gruppe. Zur Prüfung kocht man die Proben nacheinander mit Wasser, dann mit Alkohol und zuletzt mit Kalkwasser. Färben sich letztere merklich gelb, ersteres rötlich, wobei der Stoff selbst bräunlichrot wird, so ist die Farbe unecht. Eine blaue Farbe ist nicht echt, wenn dieselbe, mit Brennspiritus gekocht, diesen rot, rotviolett oder blau färbt und beim Erwärmen mit Salzsäure und Wasser oder Alkohol die Flüssigkeit rot färbt, bez. die eigne Farbe in Rot oder Braunrot verändert. Von violetten Farben sind nur die aus Indigo und Kochenille kombinierten und das Krappviolett echt. Da nun die echten Farben durch Kombination mit unechten selbst ihren Wert verlieren, so sind alle violetten Farben als unecht anzusehen, welche beim Kochen mit gleichen Teilen Wasser und Brennspiritus in 10–15 Minuten erheblich Farbe abgeben oder beim Kochen mit verdünnter Salzsäure die Farbe in Braun oder Braunrot ändern und die Flüssigkeit rot färben. Behufs der Prüfung von Orangefarben kocht man die Probe mit Wasser, welches sich nicht gelb, rotgelb oder rot färben darf. Bleibt es farblos, so erwärmt man mit Weingeist, welcher sich gleichfalls nicht färben darf. Grün gefärbte Stoffe dürfen beim Kochen mit verdünntem Weingeist diesen weder blau, grün noch gelb, beim Kochen mit verdünnter Salzsäure diese weder rot noch blau färben. Bei braunen Farben läßt sich die Prüfung auf Echtheit nicht mit gleicher Sicherheit auf so einfache Weise ausführen; doch sind alle braunen Farben, welche beim Kochen mit Wasser rote, beim Stehen mit Weingeist gelbe Farbe abgeben, für unecht zu halten. Schwarz ist echt, wenn sich beim Kochen mit Wasser und etwas Salzsäure die Flüssigkeit nur gelb färbt. Dies Schwarz ist noch wertvoller, wenn es Küpengrund hat. Man erfährt das durch Kochen einer frischen Probe mit Wasser und Soda. Die Farbe des Stoffes wird braun bei einem Gerbstoffschwarz, sie bleibt schwarz oder wird blau, auch wohl dunkelgrün, wenn Indigküpenblau vorhanden ist. Färben sich Wasser und Salzsäure [47] beim Kochen mit dem Stoff rot, und geht die Farbe des letztern selbst in Braun und Braunrot über, so ist die Farbe holzschwarz ohne Küpengrund, also ganz unecht. Geht hierbei die Farbe des Stoffes nur in Blau über, während die Flüssigkeit sich rot färbt, so ist die Farbe holzschwarz mit Indigküpengrund und relativ echt oder nicht ganz unecht. Vgl. Schützenberger, Die F. (a. d. Franz. von Schröder, Berl. 1868, 2 Bde.); Gentele, Lehrbuch der Farbenfabrikation (2. Aufl., Braunschw. 1880), Bolley, Chemische Technologie der Spinnfasern (das. 1868–1880); Springmühl, Lexikon der Farbewaren- und Chemikalienkunde (Leipz. 1876–81, 2 Bde.); Stein, Die Prüfung der Zeugfarben und Farbenmaterialien (Eutin 1874); Bersch, Fabrikation der Erdfarben (Wien 1878).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 311312
korrigiert
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[311] Farbstoffe. Die Benutzung gesundheitsschädlicher F. bei der Herstellung von Nahrungs- und Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen ist durch Gesetz vom 5. Juli 1887 geregelt worden. Nach diesem Gesetz dürfen zur Herstellung von Nahrungs- und Genußmitteln, welche zum Verkauf bestimmt sind, gesundheitsschädliche Farben, welche Antimon, Arsen, Baryum, Blei, Kadmium, Chrom, Kupfer, Quecksilber, Uran, Zink, Zinn, Gummigutti, Korallin, Pikrinsäure enthalten, nicht verwendet werden. Dieselben Farben dürfen auch nicht zu Gefäßen, Umhüllungen und Schutzbedeckungen von Nahrungs- und Genußmitteln verwendet werden, doch sind gestattet: Baryumsulfat (blanc fixe), Barytfarblacke, welche von Baryumcarbonat frei sind, Chromoxyd, Kupfer, Zinn, Zink und deren Legierungen als Metallfarben, Zinnober, Zinnoxyd, Musivgold sowie alle in Glasmassen, Glasuren oder Emails eingebrannten Farben, auch findet die Bestimmung nicht Anwendung auf den aus wasserdichten Stoffen hergestellten äußern Anstrich von Gefäßen. Die genannten Farben sind auch verboten für kosmetische Mittel, doch sind bei diesen gestattet: Baryumsulfat, Schwefelkadmium, Chromoxyd, Zinnober, Zinkoxyd, Zinnoxyd, Schwefelzink sowie Kupfer, Zinn, Zink und deren Legierungen in Form von Puder. Die genannten Farben sind ferner verboten für Spielwaren (einschließlich Bilderbogen, Bilderbücher, Tuschfarben für Kinder), Blumentopfgitter und künstliche Christbäume. Gestattet sind für diese Zwecke die auch für Gefäße, Umhüllungen und Schutzbedeckungen von Nahrungs- und Genußmitteln erlaubten Farben, ferner Schwefelantimon und Schwefelkadmium als Färbemittel der Gummimasse, Bleioxyd in Firnis, Bleiweiß als Bestandteil des sogen. Wachsgusses, soweit es nicht mehr als 1 Proz. der Masse beträgt, Bleichromat (für sich oder in Verbindung mit Bleisulfat) als Öl- oder Lackfarbe oder mit Lack- oder Firnisüberzug, die in Wasser unlöslichen Zinkverbindungen, bei Gummiwaren jedoch nur, soweit sie als Färbemittel der Gummimasse, als Öl- oder Lackfarbe oder mit Lack- oder [312] Firnisüberzug verwendet werden, endlich alle in Glasuren oder Emails eingebrannten Farben. Zur Herstellung von Buch- und Steindruck auf Gefäßen, Umhüllungen etc. für Nahrungs- und Genußmittel, kosmetische Mittel und Spielwaren dürfen nur solche Farben nicht verwendet werden, welche Arsen enthalten. Tuschfarben, die den für Spielwaren gegebenen Vorschriften nicht entsprechen, dürfen nicht als frei von gesundheitsschädlichen Stoffen, bez. giftfrei verkauft werden. Zur Herstellung von Tapeten, Möbelstoffen, Teppichen, Stoffen zu Vorhängen oder Bekleidungsgegenständen, Masken, Kerzen, künstlichen Blättern, Blumen, Früchten dürfen Farben, welche Arsen enthalten, nicht verwendet werden. Lediglich diese Vorschrift gilt auch dann für die genannten Fabrikate, wenn sie zu Spielwaren benutzt werden. Auf die Verwendung arsenhaltiger Beizen oder Fixierungsmittel zum Zweck des Färbens und Bedruckens von Gespinsten oder Geweben findet diese Bestimmung nicht Anwendung, nur darf das Arsen nicht in wasserlöslicher Form und nicht in solcher Menge vorhanden sein, daß sich in 100 qcm des fertigen Gegenstandes mehr als 2 mg Arsen vorfinden. Dieselben Vorschriften wie für Tapeten etc. gelten auch für Schreibmaterialien, Lampen-, Lichtschirme, Lichtmanschetten. Für Oblaten gelten die Bestimmungen für Nahrungsmittel, sind sie aber nicht zum Genuß bestimmt, dann ist auch Baryumsulfat, Chromoxyd und Zinnober gestattet. Arsenhaltige Wasser- oder Leimfarben dürfen zur Herstellung des Anstrichs von Fußböden, Decken, Wänden, Thüren, Fenstern der Wohn- und Geschäftsräume, von Roll-, Zug- oder Klappläden oder Vorhängen, von Möbeln und sonstigen Gebrauchsgegenständen nicht verwendet werden. Auf die Verwendung von Farben, welche die eingangs genannten Stoffe nicht als konstituierende Bestandteile, sondern nur als Verunreinigungen und höchstens in einer Menge enthalten, welche sich bei den in der Fabrik gebräuchlichen Darstellungsverfahren nicht vermeiden läßt, finden die bisher angegebenen Bestimmungen nicht Anwendung. Auch auf die Färbung von Pelzwaren findet das Gesetz keine Anwendung. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe oder Haft bedroht, auch kann außerdem auf Einziehung der vorschriftswidrig beschaffenen Waren erkannt werden. Für die Untersuchung der genannten Waren ist in erster Reihe die im Gesetz angekündigte Bekanntmachung vom 10. April 1888 maßgebend. Dieselbe gibt Anleitung zur Nachweisung von Arsen und Zinn in den zur Herstellung von Nahrungs- und Genußmitteln verwendeten Farben, zur Ermittelung des Arsengehalts der unter Benutzung arsenhaltiger Beizen hergestellten Gespinste und Gewebe. Die weitere Untersuchung erfordert das umsichtige Vorgehen eines erfahrenen Chemikers.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 291292
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[291] Farbstoffe. Eine Einteilung der F. nach ihrer Nüance erweist sich bei näherer Betrachtung als unfruchtbar, da die verschiedenartigsten F. in eine Gruppe zusammengestellt werden müssen und bei Farbstoffen von gemischter Nüance die Zugehörigkeit zu einer oder der andern Gruppe oft zweifelhaft bleibt. Viel rationeller ist die Einteilung nach der chemischen Beschaffenheit, doch hat diese damit zu rechnen, daß noch nicht von allen Farbstoffen die chemische Konstitution erkannt ist. Die erste Gruppierung der F. nach chemischen Merkmalen hat Witt angegeben, indem er sich auf folgende Gesetzmäßigkeiten stützte: 1) Alle organischen F., welche zum allergrößten Teil der Reihe der aromatischen Verbindungen angehören, lassen sich auf die farblosen Kohlenwasserstoffe zurückführen. 2) Damit ein aromatischer Kohlenwasserstoff in einen Farbstoff übergehe, ist es notwendig, daß in demselben mindestens zwei Wasserstoffatome durch zwei verschiedene Seitenketten ersetzt werden. 3) Von diesen neu eintretenden Seitenketten ist die eine das zur Farbstoffbildung befähigende Prinzip: chromophore Gruppe. Sie kann ein- oder mehrwertig sein, d. h. sie kann ein oder mehrere Wasserstoffatome am Kohlenstoffkern vertreten. Welchen Atomgruppierungen chromophore Eigenschaften zukommen, darüber entscheidet die Erfahrung. Bis jetzt kennt man etwa 17 chromophore Gruppen, denen sich von Zeit zu Zeit neue hinzugesellen. 4) Wenn in einen Kohlenwasserstoff eine chromophore Gruppe eintritt, so kann der entstehende Körper mehr oder minder gefärbt sein. In den meisten Fällen ist er es nicht. Er verhält sich aber nie wie ein Farbstoff, denn er ist unfähig, aus seinen Lösungen sich auf ungebeizte oder gebeizte Fasern zu übertragen. Man bezeichnet ihn als Chromogen, weil er zwar kein Farbstoff ist, aber sehr leicht in einen solchen übergehen kann. 5) Die Bildung des Farbstoffs erfolgt erst durch den Eintritt einer zweiten Gruppe, welche an sich unfähig ist, einen Kohlenwasserstoff zum Farbstoff umzugestalten. Weil sie somit, ohne selbst farbgebend zu sein, dem Chromogen behilflich ist, seine Farbstoffnatur zu entwickeln, so bezeichnet man sie als auxochrome Gruppe. Allen auxochromen Gruppen ist die Fähigkeit eigen, den Kohlenwasserstoff in eine Base oder eine Säure umzugestalten. Doch ist der Grad ihrer farbenentwickelnden Wirkung auf das Chromogen keineswegs proportional der Energie dieser salzbildenden Kraft. Nach ihrer auxochromen Natur lassen sich die bisher bekannten, zur Salzbildung befähigenden Seitenketten von Kohlenwasserstoffen etwa in folgende Reihe einordnen, wobei die stärker wirkenden vorangehen: (Amid, mit seinen Abkömmlingen, wie , etc. – (Hydroxyl) – (Ammonium) – (Sulfoxyl) – (Carboxyl). Den drei letzten Gruppen kommt die auxochrome Natur in viel geringerm Maße zu als den beiden ersten. Aus diesen Verhältnissen ergibt sich, wie ungeheuer groß die Zahl der möglichen F. ist; jede Berechnung führt zu unabsehbaren [292] Reihen. Unter Zugrundelegung der entwickelten Anschauungen unterscheidet man heute die folgenden Farbstofffamilien:

1) Nitrofarbstoffe. Die chromophore Gruppe ist der einwertige, ein oder mehrere Male in das Molekül eintretende Komplex (Nitrogruppe).

2) Azofarbstoffe. Chromophore Gruppe, der zweiwertige, zwei Kohlenwasserstoffreste verbindende Komplex (Azogruppe); die zahlreichste Familie.

3) Hydrazonfarbstoffe. Chromophore Gruppe .
Schließen sich den vorhergehenden sehr nahe an und gehören vielleicht zu denselben.

4) Azoxyfarbstoffe. Chromophore Gruppe (Azoxygruppe).

5) Nitroso- oder Chinonoximfarbstoffe mit den tautomeren einwertigen , oder zweiwertigen Gruppenpaaren.

6) Ketonfarbstoffe. Chromophore Gruppe (Ketongruppe), welche zweiwertig ein oder mehrere Male in das Molekül eintritt.

7) Ketimidfarbstoffe. Chromophore Gruppe , zweiwertig.

8) Diphenylmethanfarbstoffe. Chromophore Gruppe , die mit zwei aromatischen Radikalen verbunden ist.

9) Triphenylmethanfarbstoffe, enthalten als chromophore Gruppe eine der drei mit aromatischen Kohlenwasserstoffresten verbundenen Gruppen .
Die Farbstoffe, welche die dritte Gruppe enthalten, die Phtaleïne, behandelt man auch als besondere Familie für sich.

10) Indophenole. Chromophore Gruppe , zweiwertig.

11) Oxazine. Chromophore Gruppe, ein mit zwei unter sich wieder durch ein Sauerstoffatom verketteten aromatischen Resten verbundenes Stickstoffatom.

12) Thiazine, entsprechen den Oxazinen, enthalten aber an Stelle des verbindenden Sauerstoffatoms ein Schwefelatom.

13) Induline, entsprechen den Oxazinen, enthalten aber statt des verbindenden Sauerstoff- ein Stickstoffatom, welches an ein weiteres aromatisches Radikal gebunden ist.

14) Azine. Chromophore Gruppe , vierwertig, verbindet zwei zweiwertige aromatische Radikale.

15) Safranine. Chromophore Gruppe (Azoniumgruppe), sechswertig, mit drei aromatischen Radikalen, zwei zweiwertigen und einem einwertigen verbunden.

16) Acridinfarbstoffe. Chromophore Gruppe , vierwertig, mit zwei zweiwertigen aromatischen Radikalen verbunden.

17) Indigofarbstoffe. Chromophore Gruppe , vierwertig.

18) Chinolinfarbstoffe, keine natürliche Familie, verschiedenartige, zum Teil ihrer Konstitution nach ungenügend erforschte F., die sich von den Basen der Chinolinreihe ableiten.

Diese Einteilung der F. ist insofern berechtigt, als die chromophore Gruppe das die Natur des Farbstoffes bestimmende Prinzip im Molekül der F. ist und mithin alle F. mit gleicher chromophorer Gruppe auch gewisse übereinstimmende chemische Merkmale besitzen. Die weitere Teilung der Gruppen erfolgt auf Grund der im Chromogen enthaltenen Kohlenwasserstoffreste. Leider entziehen sich gerade die am längsten bekannten, von Pflanzen und Tieren fertig dargebotenen F. der Einreihung in das System, da ihre Konstitution bis auf wenige Ausnahmen noch nicht erforscht ist. Wo es aber gelang, die chemische Natur der sogen. natürlichen F. zu ermitteln, zeigte sich regelmäßig, daß dieselben den gleichen Gesetzen folgen wie die natürlichen. Deshalb ist es auch unberechtigt, wenn noch immer behauptet wird, daß die natürlichen F. gewisse unterscheidende Eigenschaften besäßen, welche den künstlichen abgehen. Soweit abweichende Eigenschaften in der That vorliegen, sind dieselben lediglich darauf zurückzuführen, daß die meisten natürlichen F. Chromogene zur Grundlage haben, welche unter den künstlichen nicht vertreten sind, und umgekehrt. Auch die Behauptung, daß die natürlichen F. echter sind als die künstlichen, ist falsch; es gibt sehr unechte F. unter erstern und sehr echte unter den Erzeugnissen der Farbenindustrie. Thöricht ist die Behauptung, daß die mit natürlichen Farbstoffen erhaltenen Färbungen dem Auge angenehmer, „künstlerischer“ seien. Die Farben der künstlichen F. sind vielfach grell und leuchtend, weil sich gerade die glänzendsten F. unter den künstlichen befinden, und weil sie dem Färber in großer Reinheit geliefert werden. Die natürlichen F. sind dagegen in dem Zustand, in welchem die Natur sie uns darbietet, meist sehr unrein, die Verunreinigungen färben mit und stimmen den Glanz der Farbe herab. Nicht zu leugnen ist, daß die künstlichen F. oft in sehr unkünstlerischer Weise verwendet worden sind. Stellt man die reinen, leuchtenden, künstlichen F. unvermittelt nebeneinander, so gibt das oft schreiende Kontraste, während man leichter eine harmonische Färbung mit den natürlichen Farbstoffen erhält, und zwar gerade wegen deren Unreinheit. In neuester Zeit hat man aber mehr und mehr gelernt, die glänzenden künstlichen F. richtig zu benutzen, auch sind so viele gebrochene Farben von der Industrie geliefert worden, daß wohl allen künstlerischen Anforderungen Genüge geleistet werden kann. Vgl. Witt, Chemische Technologie der Gespinstfasern (Braunschw. 1891).