MKL1888:Eisenbahn-Abrechnungsstelle
[447] Eisenbahn-Abrechnungsstelle, eine ursprünglich von 16 deutschen Eisenbahnverwaltungen 1871 unter der Firma „Generalsaldierungsstelle“ ins Leben gerufene Rechnungsstelle, welche in ähnlicher Weise wie das englische Eisenbahn-Clearinghouse (s. d.) und das österreichische Eisenbahn-Zentralabrechnungsbüreau (s. d.) den Zweck verfolgt, Schuld und Guthaben der Eisenbahnverwaltungen aus dem Abrechnungsverkehr zusammenzustellen und für jede Eisenbahnverwaltung in Einer Summe zu ermitteln. Anfänglich von der Eisenbahndirektion in Magdeburg geleitet, ist die Generalsaldierungsstelle seit 1. April 1883 zu einer Vereinseinrichtung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen mit dem Sitz in Berlin erhoben worden. Durch die Frankfurter Generalversammlung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen wurde die Bezeichnung „Generalsaldierungsstelle“ in „Abrechnungsstelle des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen“ umgeändert. Die Leitung wird zur Zeit (1885) durch die Direktion der Berlin-Hamburger Eisenbahn wahrgenommen. Durch die E. wird die Berichtigung der Forderungen der einzelnen Vereinsverwaltungen in der Weise vorgenommen, daß die Guthaben und Schuldposten sämtlicher Verwaltungen aus den Abrechnungen über den direkten und Verbandsverkehr halbmonatlich zur Abrechnung gegenübergestellt und, soweit nicht das Guthaben einer Verwaltung durch Tilgung von Schuldposten derselben ausgeglichen wird, der Überschuß von der E. auf eine oder mehrere andre Vereinsverwaltungen, deren Schuld ihr Guthaben übersteigt, angewiesen wird. In rechtlicher Beziehung haben diese Geschäfte der E. die Natur einer Skontration. Da durch die Ausgleichung die ursprünglichen gegenseitigen Forderungen der Bahnverwaltungen getilgt und neue Forderungen zur Zahlung angewiesen werden, so kann eine gerichtliche Beschlagnahme oder Zwangsvollstreckung nach vorgenommenem Ausgleich durch die E. nur gegen die durch Anweisung derselben entstandenen neuen Forderungen an die zur Zahlung angewiesene Verwaltung gerichtet werden. Dagegen kann eine Pfändung bei der E. selbst wegen einer aus dem Transportverkehr herrührenden Forderung nicht stattfinden (Entscheidung des Reichsgerichts vom 14. Okt. 1885). Im Rechnungsjahr 1884/85 betrug die zum Ausgleich bei der E. angemeldete Gesamtsumme aller Forderungen der Vereinsverwaltungen 244,459,242 Mk., welche sich auf 62,085 einzelne Schuldposten verteilten. Durch die vorgenommene Ausgleichung wurden diese Posten auf 4799 Zahlungen reduziert, so daß also durch eine Zahlung 1294 Forderungen, welche sonst durch direkte Zahlung abzuwickeln gewesen wären, beglichen wurden.