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MKL1888:Echinodermen

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Echinodermen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 289290
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Echinodermen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 289–290. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Echinodermen (Version vom 13.01.2023)

[289] Echinodermen (Echinodermata, Stachelhäuter, hierzu Tafel „Echinodermen“), einer der Stämme des Tierreichs. Die E. sind Tiere von radiärem, gewöhnlich fünfstrahligem Bau und lassen diesen meist sofort erkennen; nur die Holothurien ähneln auf den ersten Blick außerordentlich den Würmern. Besonders ausgeprägt ist die typische Form bei den Seesternen (Echinaster, Ophiothrix, s. Tafel „Echinodermen“), weniger schon bei den Seeigeln (s. Tafel). Indessen ist die radiäre Anordnung doch nirgends streng innegehalten, weil immer ein oder das andre Organ in der Einzahl vorhanden ist, ohne zugleich in der Hauptachse zu liegen, um welche sich die Strahlen gruppieren. Da nun auch die Larven von Haus aus zweiseitig sind, so dürfen die E. nicht, wie es früher allgemein geschah, mit den Cölenteraten zusammen als Strahltiere oder Radiaten (s. d.) bezeichnet werden, sondern müssen eine Abteilung für sich bilden. Die einzelnen Typen der E. lassen sich ohne Schwierigkeit aufeinander beziehen, indem die Seesterne durch Verkürzung der Arme und Erhöhung des Körpers in die Seeigel und diese durch bedeutende Erhöhung in die Holothurien, die Seesterne aber auch durch Verzweigung der Arme in die Krinoideen (Pentacrinus, Comatula, s. Tafel) übergehen. Charakteristisch für alle E. ist erstens die Ablagerung von Kalk in der Unterhaut, welche dadurch zu einem mehr oder minder starren Panzer wird. Bei den Holothurien kommt es nur zur Bildung von isoliert bleibenden Rädern, Stäbchen, Ankern etc.; da nun auch der Hautmuskelschlauch kräftig entwickelt ist, so bleibt der ganze Körper völlig beweglich. Bei den Seesternen und Krinoideen sind die Arme meist noch der Bewegung in hohem Grad mächtig, weil sie, ähnlich dem Rückgrat der Wirbeltiere, aus einer großen Anzahl einzelner Kalkstücke bestehen; dagegen ist die Rückenfläche des Körpers (der Scheibe) mit einer nur wenig nachgiebigen Haut bedeckt. Die Seeigel aber besitzen fast immer ein durchaus unbewegliches Hautskelett, welches aus 20 in Meridianen geordneten Reihen fester, durch Nähte verbundener Kalkplatten besteht. Übrigens sind fast alle E. zum Ortswechsel befähigt, nur die Krinoideen haften mit einem von der Rückenfläche ausgehenden Stiel entweder zeitlebens oder in der Jugend fest. Die äußerste dünne Lage der Haut bleibt überall unverkalkt und besitzt ein oberflächliches Wimperepithel, welches sich aber von manchen Teilen ablöst. Die Seesterne und Seeigel haben auf der Haut die sogen. Pedicellarien, gestielte, durch ein besonderes Kalkgerüst gestützte, klappen- oder zangenartige Greiforgane.

Ein zweites Merkmal für sämtliche E. ist das eigentümliche Wassergefäßsystem oder Ambulakralsystem. Dieses besteht aus einem Ringgefäß um den Schlund und aus fünf davon ausgehenden Radialgefäßen; die in ihnen enthaltene wässerige Flüssigkeit wird durch Wimpern in Bewegung erhalten und durch einen besondern Filtrierapparat dem Seewasser entnommen. Von dem Ringgefäß nämlich gehen ein oder mehrere Anhänge (Steinkanäle) aus und hängen entweder frei in die Leibeshöhle hinein (bei Holothurien und Krinoideen), so daß sie erst vermittelst dieser mit der Außenwelt kommunizieren, oder reichen bis an die Haut heran und enden in ihr mit den sogen. Madreporenplatten, deren Poren den Durchtritt des Seewassers ermöglichen. Von den Radialgefäßen entspringen eine Menge feiner Zweige, welche durch Öffnungen des Hautskeletts hindurchtreten und in ebenso viele Hautschläuche (Ambulakralfüßchen) hineinreichen. Zu jedem Füßchen gehört noch eine kleine Blase (Ampulle), die gleichfalls am Radialgefäß sitzt. Wird nun der Inhalt derselben durch Kontraktion ihrer muskulösen Wandung in den im Füßchen befindlichen Gefäßzweig gepreßt, so schwillt dieser an und dehnt sich zu bedeutender Länge aus. Anordnung und Verteilung der Füßchen ist nach den einzelnen Gruppen sehr verschieden; auch die Funktion ist nicht dieselbe, denn teils dienen sie als sogen. Ambulakralkiemen zur Atmung, teils als Tentakeln zum Fühlen, teils und zwar meistens zur Bewegung. Letztere geschieht in der Weise, daß sich die Füßchen im geschwollenen Zustand mittels einer kleinen Saugscheibe an einen Gegenstand anheften, dann sich kontrahieren, wobei ihr Wasser in die Ampullen zurücktritt, und so den Körper nach sich ziehen.

Alle E. besitzen einen von der Leibeshöhle gesonderten Verdauungsapparat. Der Mund ist meist zentral auf der Bauchseite gelegen und führt in den oft sehr kurzen und geraden, oft auch mehrfach gewundenen Darm, an dem man Speiseröhre, Magendarm und Enddarm unterscheiden kann. In der Regel ist auch ein After vorhanden und liegt entweder auf dem Rücken oder auf dem Bauch in der Nähe des Mundes. Bei manchen E. fehlt er aber gänzlich, so daß der Darm blind endet. Besondere Anhänge des Darms, die zum Teil weit in die Arme hineinreichen, dienen zur Vergrößerung der verdauenden Fläche. In der Nähe des Mundes finden sich häufig besondere zahnartige Gebilde, oder es ist sogar ein förmlicher Kauapparat (Laterne des Aristoteles, s. Echinoideen und Tafel „Echinodermen“) vorhanden. Das Blutgefäßsystem, erst in der neuesten Zeit genauer erforscht, besteht immer aus einem um den Mund gelegenen ringförmigen Adergeflecht, zu dem noch bei Seesternen und Seeigeln ein am andern Körperpol gelegener Ring und ein beide miteinander verbindendes Längsgeflecht hinzukommt; letzteres läuft neben dem Steinkanal her und ist wahrscheinlich kontraktil. Das Blut ist eine meist klare Flüssigkeit mit farblosen Blutkörperchen. Die Respiration vermitteln die äußern Anhänge und die Oberfläche der in der Leibeshöhle suspendierten Organe, besonders des Darms. Das Wasser tritt, wie für die Seesterne nachgewiesen ist, durch Poren des Hautskeletts und wahrscheinlich auch durch Öffnungen der Madreporenplatte in den Leibesraum und wird durch die Wimpern der Leibeswandung in Bewegung erhalten. Als besondere Respirationsorgane gelten die schon erwähnten Ambulakralkiemen, ferner blinddarmförmige,

[Ξ]

Echinodermen.
[oben:] a Pentacrinus caput Medusae. 1/2. b Kelchscheibe desselben von oben, die Arme abgeschnitten. Nat. Gr. (Art. Krinoideen.) – Haarstern (Comatula mediterranea). Nat. Gr. (Art. Krinoideen.)
[Mitte:] Zahngerüst des Seeigels (Laterne des Aristoteles). Nat. Gr. – Seestern (Echinaster sentus). 1/2. (Art. Asteroideen).
[unten:] Seeigel. Gehäuse des Echinus esculentus, zur Hälfte von den Stacheln entblößt. 2/3. (Art. Echinoideen.) – Seestern (Ophiothrix fragilis), die Arme abgeschnitten. 2/1. (Art. Asteroideen.)

[290] mit der Bauchhöhle kommunizierende Schläuche auf der Rückenfläche der Seesterne und an der Mundöffnung einiger Seeigel, endlich die Wasserlungen der Holothurien, zwei große verästelte Schläuche, welche in den Enddarm münden, vom After aus mit Wasser gefüllt und durch ihn entleert werden. Das Nervensystem besteht aus fünf in die Strahlen fallenden Hauptstämmen als Zentren, die unter sich durch einen um den Mund gelegenen Nervenring in Verbindung stehen. Über den feinern Bau derselben herrschen zur Zeit noch verschiedene Meinungen. Augen sind mit Sicherheit nur bei den Seesternen bekannt, und zwar liegen sie auf der Unterseite der Arme. Bei Synapta sind fünf Paar sogen. Gehörbläschen aufgefunden worden. Tastorgane sind die Tentakeln der Holothurien etc. Die Fortpflanzung ist fast immer eine geschlechtliche; dabei besteht nur in ganz seltenen Fällen Hermaphroditismus. Die Geschlechter sind äußerlich nicht voneinander verschieden. Eine Begattung findet nicht statt, vielmehr geht die Befruchtung der Eier fast immer außerhalb des mütterlichen Körpers im Seewasser vor sich. Meist entsprechen Zahl und Lage der Geschlechtsorgane der radiären Anordnung des gesamten Organismus (wegen der Einzelheiten s. die betreffenden Gruppen). Die Entwickelung ist nur selten eine direkte (Holothurien und lebendig gebärende Seeigel und Seesterne, s. d.), sondern verläuft meist mit einer so bedeutenden Metamorphose, wie sie im Tierreich nicht oft vorkommt. Aus dem Ei geht ganz allgemein eine kugelige, mit Wimpern versehene Larve hervor, die sich an einem Punkt einstülpt und so zu einem Sack (gastrula) wird. Dann entstehen allerlei Fortsätze von oft ganz wunderlicher Form, mit und ohne Stützen von Kalkstäben, meist auch mit besondern Wimperschnüren; dabei ist aber die Larve in ihrer Gesamtheit noch streng zweiseitig-symmetrisch gebaut und verrät durch nichts, daß sie sich zu einem radiären Körper umformen werde. Von innern Organen enthält sie zunächst nur den Darm, welcher sich durch die erwähnte Einstülpung gebildet hat (hierbei ist die Einstülpungsöffnung der After, während der Mund später entsteht), und die Anlage des Wassergefäßsystems als Anhang des Darms. Aus der Larve bildet sich dann das Echinoderm allmählich heraus, indem die provisorischen Larvenorgane teils abgeworfen, teils umgeformt werden und neue Organe entstehen; doch sind hierüber manche Einzelheiten noch nicht bekannt. Während übrigens die Larven stets die Oberfläche der See bevölkern und sich frei schwimmend bewegen, kriechen die erwachsenen Tiere immer auf dem Grund umher; in solchen Meeren aber, wo die heftige Brandung den Larven schädlich wird (z. B. an den Kergueleninseln), ist die Zeit des Schwärmens für dieselben entweder sehr verkürzt, oder sogar ganz in Wegfall gekommen. Alsdann entwickeln sich die Eier in besondern Bruträumen des Muttertiers, durchlaufen die ersten Stadien ungemein rasch und bleiben auch wohl nach der Geburt noch einstweilen beisammen. Die ungeschlechtliche Vermehrung, bisher nur bei Seesternen beobachtet, ist entweder eine direkte Teilung des ganzen Körpers, oder geschieht durch Ablösung einzelner Arme (sogen. Kometenformen), welche allmählich die Scheibe samt den übrigen Armen aus sich heraus neu bilden.

Alle E. sind Seetiere; nur wenige unter ihnen sind für immer oder in der Jugend mittels eines Stiels festgewachsen, die meisten bewegen sich langsam kriechend umher. Sie ernähren sich teils von Algen, teils von Mollusken, Krebsen etc., die sie mit ihren Saugfüßchen festhalten. Die Holothurien füllen entweder ihren Darm mit Sand, oder lecken ihre Tentakeln ab (s. Holothurioideen). Manche Tiefseeformen stehen in naher Verwandtschaft zu den ausgestorbenen E., namentlich zu denen aus der Kreide. Fossil treten die E. schon vor der silurischen Zeit auf; die ältesten Reste gehören der Gruppe der Krinoideen an. Als die ursprünglichste Gruppe betrachten einige Forscher die Krinoideen, andre die Holothurien, noch andre die Seesterne, halten jedoch alle die Seeigel für abgeleitete Formen. Näheres s. bei den vier Klassen der E., nämlich den Krinoideen, Asteroideen, Echinoideen und Holothurioideen. Vgl. Klein, Naturalis dispositio Echinodermatum (Leipz. 1778); Agassiz, Monographie d’Échinodermes vivants et fossiles (Neuchâtel 1838–42); E. Forbes, A history of British starfishes and other animals of the class Echinodermata (Lond. 1841); J. Müller, Über die Entwickelung der E. (Berl. 1846–54); Derselbe, Über den Bau der E. (das. 1853); Metschnikof, Studien über die Entwickelung der E. und Nemertinen (Petersb. 1869); Ludwig, Morphologische Studien an E. (Leipz. 1877–78); Häckel, Die Kometenformen der Seesterne und der Generationswechsel der E. (das. 1878).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 266267
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[266] Echinodermen. Die letzten Jahre haben in erster Linie eine Bereicherung der morphologischen Kenntnisse dieses Typus gebracht; besonders ist der Nachweis einer Reihe von Sinnesorganen hervorzuheben, da bisher über Sinnesorgane bei E. wenig Sicheres bekannt war oder auch Gebilde als solche betrachtet wurden, die nichts mit Sinnesorganen zu thun haben. So können die bläschenförmigen Organe, die von Joh. Müller bei Synapta digitata entdeckt und von Baur als Gehörbläschen gedeutet wurden, wenigstens beim erwachsenen Tier keine Sinnesorgane sein, da sie hier ohne jede Innervierung sind; sie machen den Eindruck von Larvenorganen, rückgebildeten Organen, welche nur im Jugendzustand in Funktion gewesen sind. In gleicher Weise wurden die ebenfalls von Joh. Müller am gleichen Tier entdeckten, zwischen je zwei Tentakeln befindlichen Augenflecke ihres Charakters als Sinnesorgane entkleidet und stellen sich als Anhäufungen von Plasmawanderzellen in der Cutis heraus. Dagegen haben sich die von Quatrefages als Saugnäpfe gedeuteten, an der Innenseite der Tentakeln von Synapta befindlichen kugeligen Organe als echte Sinnesorgane erwiesen, die aus Stützzellen und einem knospenähnlichen Komplex von Sinneszellen bestehen, und die vielleicht als Geschmacksorgane zu deuten sind. Allgemein verbreitet sind bei den E. Tastorgane. Bei den fußlosen Holothurien stellen dieselben Papillen, Tastpapillen, dar, welche über den Körper verstreut sind und meist über das gewöhnliche Hautepithel hervorragen. Bei den Füßchen tragenden Formen sind an Stelle der Tastpapillen Nervenendplatten auf den als Füßchen bekannten Ambulakralanhängen getreten, von denen besonders die häufig auf dem Rücken der pedaten Holothurien sich findenden, konisch zulaufenden, nicht zum Ansaugen dienenden „Papillen“ als Tastorgane zu betrachten sind. Auch bei den Seesternen sind die Ambulakralfüßchen zugleich als Sinnesorgane, und zwar als Tastorgane, zu betrachten, da in jedem derselben ein Nervenzug sich findet. Als spezifisches Sinnesorgan erscheint der am Ende der Ambulakralrinne stehende, einem ausgestreckten Füßchen gleichende terminale Fühler, der auf polsterförmiger Verdickung, dem Sinnespolster, die bekannten purpurnen Augenflecke trägt. Man kann an diesen kegelförmigen Organen, die nur in beschränktem Maß als Augen funktionieren werden, die Retina mit den Stäbchen und eine den Hohlraum des Sehkegels ausfüllende, als Glaskörper zu deutende Substanz unterscheiden. Das Ganze wird von der Cuticula als Cornea überzogen. Höher sind die Augen organisiert, die kürzlich an einem Seeigel (Diadema setosum) nachgewiesen wurden. Derselbe besitzt zahlreiche glänzend blaue Flecke: einen größern auf jeder Genitalplatte, eine Reihe ebenso großer in jedem Interradius, eine Reihe kleinerer auf jedem Radius und endlich um den Basalteil eines jeden größern Stachels in den Interradien noch ein Kränzchen blauer Flecke. Alle diese Flecke, die nur infolge von Irisierung blau erscheinen, sind zusammengesetzte Augen, die aus einer größern oder geringern Anzahl, oft aus vielen Hunderten lichtbrechender sechsseitiger Pyramiden bestehen. An ihrem äußern Ende werden sie von der einzelligen, durchsichtigen Schicht der allgemeinen Körperbedeckung als Cornea überzogen, mit der Spitze stecken sie in Pigmentbechern; unmittelbar darunter findet sich nervöses Geflecht, welches mit zahlreichen die Retina des Auges darstellenden Ganglienzellen belegt ist. Bis jetzt ist dies das einzige Beispiel des Vorkommens von Augen bei Seeigeln; dagegen findet sich weitverbreitet bei ihnen eine andre Art von Sinnesorganen, indem die längst bekannten Pedicellarien, die bisher ausschließlich als Greifzangen betrachtet wurden, auch als Sinnesorgane erkannt sind. Alle drei Formen der Pedicellarien (trifoliate, tridaktyle u. gemmiforme) besitzen vorzügliche Sinnesorgane, Tasthügel, die, oft kompliziert gebaut, sich als kissenförmige Erhebungen an der Innenseite der Greifzangen finden. Als umgewandelte Pedicellarien sind die Globiferen zu betrachten, kugelige, drei Drüsen enthaltende, der Greifzangen entbehrende Organe, die bisher bei einigen wenigen Seeigeln nachgewiesen und vielleicht als Waffen zu betrachten sind. Die ihrer Bedeutung nach noch unklaren, als Sphäridien bekannten Hautorgane haben sich durch den an ihrer Basis, wie an der Basis der Stacheln aufgefundenen Nervenring als modifizierte Stacheln herausgestellt. Waffen besonderer Art wurden neuerdings an einem zu der merkwürdigen Familie der Echinothuriden gehörigen Seeigel nachgewiesen (bei Asthenosoma urens). Sie erscheinen als glänzend blaue, gestielte Köpfchen, die in regelmäßigen Alleen auf den Interambulakren angeordnet sind, und sind kleine, in ihrem ganzen Verlauf von regelmäßig angeordneten Porenlängsreihen durchbrochene, am Ende außerordentlich scharf messerförmig zugeschliffene Stacheln; das obere Ende des Stachels wird von einem großen, mit einer Flüssigkeit erfüllten Beutel umschlossen, bei dessen Kontraktion das Gift durch die Poren in den Stachel und an dessen Spitze aus dem Beutel heraustritt. Der Giftapparat verursacht beim Menschen einen sehr heftig brennenden, aber ohne Nachteil sich wieder verlierenden Schmerz. Das Tier lebt in tropischen Meeren in geringer Tiefe; durch die Fahrt des Challenger und Blake wurde die Zahl der bisher bekannten Arten der Echinothuriden wesentlich vermehrt. Die Familie beansprucht besonderes Interesse, da sie allein unter allen lebenden Seeigeln beweglich verbundene Schalenplatten besitzt, eine Eigentümlichkeit, die in ausgeprägtem Maß den Paläechiniden, den nur aus paläozoischen Schichten bekannten Seeigeln, zukommt, jedoch noch selbst bei etlichen jurassischen Seeigeln in der schräg verlaufenden Randfläche der Ambulakral- u. Interambulakralplatten nachgewiesen wurde. In der gegenseitigen Verschiebbarkeit der Platten und der dadurch ermöglichten Gestaltsveränderung ist das Vorhandensein von Längsmuskeln bedingt, die den hartgepanzerten Seeigeln fehlen, bei den Echinothuriden aber nach den bei Asthenosoma angestellten Untersuchungen in der Zahl 10 vorhanden sind und paarweise an den Grenzlinien der Ambulacra und Interambulacra verlaufen. Sie erscheinen halbmondförmig und sind aus zahlreichen Muskelbündeln zusammengesetzt; für die Verwandtschaft der Seeigel und Seewalzen sind diese Muskelbündel von höchster Bedeutung. – Aus neuern Arbeiten über die Entwickelungsgeschichte der E. ist hervorzuheben, daß der bisher gemachte Unterschied zwischen Echinodermenlarven mit einer Wimperschnur und solchen mit zweien künftig wegzufallen hat, indem auch bei den als Pluteus und Auricularia bekannten Larvenformen eine zweite, bisher übersehene Wimperschnur nachgewiesen wurde. Als Kollektivname für alle bilateralen Larvenformen der E. wird der Name Dipleurula vorgeschlagen. Alle Dipleurula-Larven führen zu einem Larvenstadium, in welchem durch Ausbildung der fünf Primärtentakeln die radiäre Gliederung auftritt. Von diesem als Pentactula bezeichneten Larvenstadium kann auf eine hypothetische Stammform des Echinodermentypus (Pentactaea) [267] geschlossen werden. Über Systematik und Biologie vgl. die einzelnen Klassen. Vgl. Hamann, Beiträge zur Histologie der E. (Jena 1884–88); P. u. F. Sarasin, Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschung auf Ceylon, 1. Bd., 3. Heft (Wiesbad. 1888); Simon, Die Entwickelung der Synapta digitata und ihre Bedeutung für die Phylogenie der E. („Zeitschrift für Naturwissenschaft“ 1888).