MKL1888:Drohung
[153] Drohung (Minatio), die Handlungsweise, durch welche man einem andern die rechtswidrige Zufügung gewisser Nachteile in Aussicht stellt. Auf privatrechtlichem Gebiet kommt die D. insofern in Betracht, als ein Rechtsgeschäft, zu dessen Abschluß ein Kontrahent durch rechtswidrige und wirklich besorgniserregende Bedrohung bestimmt wurde, nichtig oder doch anfechtbar ist. Die D. wird hier der unmittelbaren körperlichen Gewalt gleich geachtet und ebendeshalb als psychischer (vis compulsiva) im Gegensatz zum physischen Zwang (vis absoluta) bezeichnet. Auf dem Gebiet des Strafrechts wird die D. zunächst insofern berücksichtigt, als derjenige, welcher einen andern durch D. vorsätzlich zu einem Verbrechen bestimmte, als Anstifter (intellektueller Urheber) nach Maßgabe desjenigen Strafgesetzes bestraft wird, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu der er wissentlich angestiftet hat (deutsches Reichsstrafgesetzbuch, § 48). Auf der andern Seite wird die Strafbarkeit einer Handlung für den Thäter dadurch ausgeschlossen, daß er zu dieser Handlung durch eine D., welche mit einer gegenwärtigen, auf andre Weise nicht abwendbaren Gefahr für Leib oder Leben seiner selbst oder eines Angehörigen verbunden war, genötigt wurde. Als „Angehörige“ sind aber nach dem deutschen Strafgesetzbuch [154] (§ 52) Verwandte und Verschwägerte auf- und absteigender Linie, Adoptiv- und Pflegeeltern und -Kinder, Ehegatten, Geschwister und deren Ehegatten sowie Verlobte anzusehen. Außerdem kommt die D. bei einer Reihe von Verbrechen, als zu deren Thatbestand gehörig, in Anbetracht; so beim Raub, dessen Thatbestand darin besteht, daß der Räuber mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben einem andern eine fremde bewegliche Sache in der Absicht wegnimmt, sich dieselbe rechtswidrig zuzueignen; ebenso bei der Notzucht, Erpressung, Nötigung, bei dem Widerstand gegen die Staatsgewalt u. dgl. Aber auch die einfache Bedrohung eines andern mit einem Verbrechen wird bestraft und zwar nach § 241 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 300 Mk. Besonders strafbar erscheint es endlich, wenn durch die Androhung eines gemeingefährlichen Verbrechens, also namentlich durch D. mit Brandstiftung mittels sogen. Brand- oder Drohbriefe, der öffentliche Friede gestört wird. Nach § 126 des Reichsstrafgesetzbuchs soll hier Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr eintreten.