MKL1888:Diskos
[1015] Diskos (griech.), Scheibe, Wurfscheibe, bei Homer Solos genannt, eine in späterer Zeit metallene, früher auch steinerne Scheibe von Linsengestalt, ohne Handhabe und Riemen, in der Mitte etwas stärker, nach der Peripherie schwächer auslaufend. Die Größe und Schwere des D. war für Knaben und Männer verschieden. Ein zu Olympia im Alpheios gefundener D. war 20 cm breit und 4 kg schwer; andre haben nur eine Schwere von 2–2,5 kg. Als isolierte Kampfübung kommt das Diskoswerfen (Diskobolia) in der heroischen Zeit häufig vor. Homer nennt z. B. den Protesilaos als vorzüglichen Diskoswerfer, und Odysseus übertraf im Diskoswurf alle Phäaken. In der spätern Zeit war der Diskoswurf eine Hauptübung in den Gymnasien und Palästren, besonders beliebt in Sparta, in der Kaiserzeit auch zu Rom; bei den öffentlichen Festspielen kam derselbe nur als Teil des Pentathlon (s. d.) vor. Der regelrechte Diskoswurf erforderte bedeutende Übung und Geschicklichkeit. Der Werfende, meist entkleidet, auf einer kleinen Erhöhung stehend, legte den Oberleib etwas vor und beugte sich ein wenig nach der rechten Seite hin. Der rechte Arm, welcher den D. an der innern Handfläche aufwärts gelehnt trug, fuhr nun zunächst zurück bis zur Höhle der Schulter und warf dann,
Diskoswerfer, nach Myron (Rom, Vatikan). | |
in rascher Bewegung vorwärts einen Bogen beschreibend, die Scheibe in die Luft, wodurch ihr Schwung und Richtung aus der Tiefe in die Höhe gegeben wurden. Nicht die Höhe des Wurfs oder das Treffen eines bestimmten Ziels, sondern die Entfernung des zu Boden gefallenen D. vom Orte des Abwurfs entschied den Sieg. Das Weiterspringen des vom Boden zurückprallenden D. galt nichts. Phayllos aus Kroton schleuderte den D. 30 m weit. Der Diskoswerfer (Diskobolos) war ein beliebter Gegenstand der antiken Bildnerei; besonders berühmt sind die Darstellungen des Naukydes und des Myron (s. Abbildung). Die Versuche von Guts Muths u. a., Wurfscheiben in die neuere Gymnastik einzuführen, sind vereinzelt geblieben. Vgl. Gymnastik.