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MKL1888:Dürer

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Dürer“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 243245
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Dürer. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 243–245. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:D%C3%BCrer (Version vom 15.11.2023)

[243] Dürer, Albrecht, Maler und Kupferstecher, Sohn des Goldschmieds Albrecht D., der, im Dorf Eytas in Ungarn geboren, 1455 nach Nürnberg kam, wo er die Tochter seines Meisters, Barbara Holper, 1467 heiratete. Aus den 18 Kindern dieser Ehe war Albrecht (geb. 21. Mai 1471) das dritte. In früher Jugend nahm ihn der Vater in seine Werkstätte, um ihn in der Goldschmiedekunst auszubilden. Aus diesen Lehrjahren stammt sein Brustbild, welches er 1484 nach dem Spiegel auf Pergament zeichnete, jetzt in der Albertina zu Wien, und eine Madonna mit zwei Engeln von 1485 im Berliner Kupferstichkabinett. Seine Neigung trieb ihn zur Malerei, und er setzte es bei seinem Vater durch, daß ihn dieser 1486 in die Werkstätte Michael Wohlgemuths brachte. Die vier Lehrjahre, welche D. hier zubrachte, zogen ihm weidlich Plagen von seinen „Mitknechten“ zu, und wenn er auch manches lernte, ja am Ende der Lehrjahre den Meister schon überflügelt hatte, so konnte er sich doch während seines ganzen spätern Lebens von manchen Eigenheiten und Unbeholfenheiten der Wohlgemuthschen Schule nicht völlig los machen. Im J. 1490 ergriff D. den Wanderstab, kam 1492 nach Kolmar und später nach Basel, zuletzt nach Italien (Venedig). Im Frühjahr 1494 von seinem Vater wieder aus der Fremde zurückgerufen, heiratete er eine Nürnberger Bürgerstochter, die wohlhabende und schöne Agnes Frey, die übrigens nicht die Xanthippe gewesen ist, zu der sie böswillige Nachrede gemacht hat. Nachdem D. noch einige Zeit in Wohlgemuths Werkstatt gearbeitet hatte, machte er sich 1497 selbständig. In diese erste Periode seines Künstlerlebens fallen vorwiegend Porträte: das Bildnis seines Vaters (1497) in London (Sion House), sein Selbstporträt (1498) in Madrid, das des Oswald Krell (1499) in München, sein Selbstporträt (1500) in München, Bildnis Friedrichs des Weisen in der Berliner Galerie u. a. Von 1500 stammt auch der kleine Christus am Kreuz in der Dresdener Galerie, ein Bildchen von unvergleichlicher Feinheit der Ausführung, und aus derselben Zeit ein Altarwerk ebendaselbst (Maria das Kind anbetend) sowie der Altar in Ober-St. Veit bei Wien mit der Kreuzigung Christi. Seine Hauptthätigkeit widmete er jedoch dem Kupferstich und dem Vorlagenzeichnen für den Holzschnitt; namentlich den erstern betrieb er schon sehr frühzeitig; das erste datierte Blatt ist von 1497, dem aber jedenfalls schon verschiedene vorangegangen waren. Aus dieser Zeit stammen ferner: die Offenbarung Johannis (1498), eine Folge von 16 Holzschnitten; Adam und Eva (1502), ein Kupferstich. Im J. 1505 unternahm er eine zweite Reise nach Venedig, wo damals die größten Meister der venezianischen Schule, Tizian, Giorgione, Palmavecchio, bereits thätig waren; vor allen aber wirkte Giovanni Bellini auf ihn ein, den er selbst in einem Brief als den „pest in gemell“ pries. Wenn ihn sein ernstes Studium, sein Fleiß und seine Einsicht schon früher in der Heimat den Wert der Korrektheit der Zeichnung und eine wahre Naturauffassung schätzen lehrten, so sah er hier eine ungeahnte Kraft und Tiefe des Kolorits, die nachhaltig auf ihn einwirkten. Die deutschen Kaufleute zu Venedig bestellten für die Bartholomäuskirche daselbst ein großes Bild, das Rosenkranzfest, das später Kaiser Rudolf II. um eine große Summe erwarb und von vier Männern nach Prag tragen ließ, wo es sich jetzt im Stift Strahow befindet. Es stellt eine Krönung der Madonna durch zwei Engel dar. Die Jungfrau reicht dem Kaiser, das Christuskind dem Papst Rosenkränze, ebenso der heil. Dominik und mehrere Engel den Umstehenden. In dem leider durch Übermalung sehr verdorbenen Bild ist der venezianische Einfluß deutlich zu erkennen. Obgleich D. in Venedig hohe Anerkennung fand und der Rat von Venedig ihm einen Jahresgehalt von 200 Dukaten anbot, wenn er sich in der Stadt dauernd niederlassen wolle, trat er doch im Spätherbst 1506 die Rückreise in seine Vaterstadt an. Von den ersten Werken Dürers nach seiner Rückkunft von Italien sind zu nennen: das Bildnis eines Jünglings (1507) im Belvedere zu Wien; ein für den Rat in Nürnberg 1507 gefertigtes, aber verloren gegangenes Bild, Adam und Eva im Paradies darstellend, wovon eine durch Restauration verunstaltete Kopie sich in Mainz befindet. In den Jahren 1507 und 1508 beschäftigte ihn ein Gemälde, welches, vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen von Sachsen für die Kollegiatkirche in Wittenberg bestellt, die Marter der zehntausend Christen unter dem Perserkönig Sapor zum Gegenstand hat und sich jetzt im Belvedere zu Wien befindet. Nach der Beendigung desselben arbeitete D. an seiner berühmten Himmelfahrt und Krönung der Maria, welche der Patrizier Jakob Heller in Frankfurt a. M. als Altarblatt für die dortige Dominikanerkirche bestellt hatte. Das Bild brachte dem Dominikanerkloster, dessen Insassen es gegen eine Vergütung sehen ließen, eine reiche Einnahme. Nachdem Kaiser Rudolf vergeblich 100,000 Gulden dafür geboten, wurde es 1613 von dem nachmaligen Kurfürsten Maximilian I. von Bayern für 1000 Joachimsthaler erworben, ging aber bei dem großem [244] Brande des Münchener Schlosses 1673 zu Grunde. Eine Kopie von Paul Juvenel befindet sich im Saalhof zu Frankfurt a. M. neben den noch erhaltenen Flügeln. Hier gelangt Maria aus dem irdischen Leben durch Engel getragen in die himmlische Glorie. Gott-Vater und -Sohn empfangen sie liebevoll und setzen ihr die Himmlische Krone auf; die Apostel sehen erstaunt auf das leere Grab. D. hat sich selbst in dem Mittelgrund der Landschaft dargestellt, er stützt sich auf eine Tafel, worauf zu lesen: „Albertus D. Alemanus faciebat post Virginis partum 1509“. Aus dem Jahr 1510 stammen wahrscheinlich Karl d. Gr. im kaiserlichen Ornat, mit dem Schwert in der Rechten und dem Reichsapfel in der Linken, und Kaiser Siegmund als Gegenstück, im Rathaus zu Nürnberg; aus dem Jahr 1511 das berühmte Bild auf Holz: die Anbetung der heiligen Dreifaltigkeit, ursprünglich für die Kapelle des Landauer Brüderhauses gemalt, später (um 1600) vom Nürnberger Rate dem Kaiser Rudolf überlassen, jetzt im Belvedere zu Wien, ein in der Komposition reiches, in der Ausführung meisterhaftes Gemälde. Während dieser Jahre veröffentlichte D. außer vielen kleinern Arbeiten in Kupferstich und Holzschnitt drei große Reihenfolgen von Holzschnitten, welche von des Künstlers reicher Erfindungsgabe ein beredtes Zeugnis ablegen und zu dem Besten gehören, was wir von D. besitzen. Es sind dies: die kleine Passion (1509 und 1510), ursprünglich in 37 Blättern; die große Passion (1510), in Darstellung und Format wesentlich von der kleinen verschieden, aus 11 Darstellungen aus dem Lehen des Heilands und einem Titelblatt bestehend; das Leben der Maria (1510 und 1511) in 20 Darstellungen. Ferner sind aus dieser Periode noch zu nennen: der Holzschnitt der heiligen Dreieinigkeit (1511), die Messe des heil. Gregor, der heil. Christoph, die heilige Familie mit Mutter Anna und Joachim mit dem Rosenkranz. Damals machte D. auch Versuche, mit der trocknen Nadel auf Kupfer zu ritzen; so entstanden die heil. Veronika von 1510, der Leidensheiland und der büßende Hieronymus, beide von 1512. Von dieser Zeit an wiegen überhaupt die Arbeiten Dürers in Holzschnitt und Kupferstich vor, und man begegnet seltener Gemälden von seiner Hand. Von letztern kennt man aus dem Jahr 1512 das kleine Bild der heiligen Jungfrau mit dem nackten Kind auf den Armen, eine angeschnittene Birne haltend (im Belvedere zu Wien). In dasselbe Jahr fällt zum großen Teil eine Reihenfolge von kleinen Kupferstichen, die eine dritte Darstellung der Passion umfassen. Auch erhielt um dieses Jahr D. einen Freibrief von seinem Gönner, Kaiser Maximilian, zum Schutz vor Nachbildung seiner Holzschnitte und Kupferstiche. Als hervorragende Werke aus dem Jahr 1512 sind noch zu erwähnen die Stiche: Maria auf der Rasenbank, Christus der Dulder, beides Nadelarbeiten; der heil. Hieronymus in der Felsenschlucht vor dem Betpult. Aus dem folgenden Jahr stammen seine berühmten Stiche: Ritter mit Tod und Teufel, der heil. Eustachius bei seinem Pferd knieend sowie vielleicht das ursprünglich für die Nürnberger Katharinenkirche bestimmte, jetzt in der Münchener Pinakothek befindliche Altarblatt der Geburt Christi mit den beiden Paumgartner. In das Jahr 1514 fällt sein brieflicher Verkehr mit Raffael, dem er sein Selbstporträt, auf Leinwand, mit auf beiden Seiten durchschlagenden Farben gemalt, und einen Teil seiner Kupferstiche und Holzschnitte zusandte. Raffael, darüber höchst erfreut, schickte als Gegengeschenk D. eine Menge Blätter von seiner Hand, von denen eins, eine Rotstiftzeichnung, sich jetzt in dem Kabinett des Erzherzogs Karl in Wien befindet. D. hat eigenhändig darauf das Geschenk Raffaels bestätigt. Nun griff D. auch das Ätzmittel auf, dessen sich die Waffenschmiede zum Hervorbringen von Figuren auf Rüstungen schon seit dem 12. Jahrh. bedienten; er wandte dazu Eisenplatten an. Hierher gehören: Christus auf dem Ölberg, der sitzende Schmerzensmann (beide 1515), der Engel mit dem Schweißtuch, die Entführung (beide 1516), die Kanone (1518), das Studienblatt mit den fünf Figuren. Kupferstiche im eigentlichen Sinn aus dem Jahr 1515 sind: die sogen. Melancholie, der heil. Hieronymus in der Zelle, ein besonders durch die gemütvolle Stimmung und die Sonnenbeleuchtung durch die Scheiben hervorragendes Blatt. Zu jener Zeit mag auch das von den Holzschuher gestiftete Ölbild entstandenen sein: der tote Christus in den Armen des Johannes und beweint von den heiligen Frauen, von Nikodemus und Joseph von Arimathia (für die St. Sebaldkirche bestimmt, jetzt in der Moritzkapelle in Nürnberg). Weiter sind aus dieser Zeit bekannt die Federzeichnungen zu einem Gebetbuch des Kaisers Maximilian (in der Münchener Hofbibliothek). Von Dürers Hand sind hierin 43 Blätter, die 8 übrigen stammen von L. Cranach. Gleichzeitig entstand Dürers größtes Holzschnittwerk, die berühmte Ehrenpforte des Kaisers Maximilian, nach der Angabe des kaiserlichen Rats Stabius von dem Meister entworfen und größtenteils von dem gleichzeitig lebenden Meister Hieronymus Rösch in Nürnberg geschnitten. Die 96 Holzstöcke dieses reich mit geschichtlichen Darstellungen, Ornamenten, Arabesken, Porträten ausgestatteten Werkes nehmen zusammengefügt einen Raum von 3,30 m Höhe und 2,80 m Breite ein. Verschiedene Ausgaben der Ehrenpforte sind mehr oder minder vollständig erschienen. Die letzte besorgte 1799 Adam v. Bartsch, der die Schnitte, von denen die Stöcke verloren gegangen, auf Kupfer übertrug und so die Vollständigkeit des Werkes sicherte. Im nächsten Jahr (1516) entstanden die in den Uffizien zu Florenz befindlichen, in Leimfarbe gemalten Köpfe der Apostel Philippus und Jakobus, ebenso das in der Münchener Pinakothek befindliche Bildnis Michael Wohlgemuths. Während des Augsburger Reichstags malte D. den Kaiser Maximilian. Aus dem Jahr 1519, dem Todesjahr des letztern, kennt man, außer dem bekannten Bildnis des Kaisers mit flachem Hut und Pelzmantel, die trefflichen Stiche: der Kurfürst Albrecht von Mainz, der lesende heil. Antonius, Kaiser Maximilian, umgeben von Schutzheiligen, und derselbe zwischen Säulen und Greifen. Im J. 1520 begab sich D. mit seiner Frau über Bamberg, Frankfurt, Köln nach Antwerpen und andern niederländischen Städten, von wo er erst im Herbst des folgenden Jahrs zurückkam. Die Reise, namentlich in den Niederlanden, war ein wahrer Triumph, überall wurde der Meister auf das glänzendste gefeiert; der Antwerpener Magistrat bot ihm vergeblich einen Jahresgehalt von 300 Gulden, ein schönes Haus zum Geschenk, freien Unterhalt und außerdem Bezahlung aller seiner öffentlichen Arbeiten an, um ihn zum ständigen Verbleiben in Antwerpen zu bewegen. Fürsten, fremde Botschafter, Gelehrte, so Erasmus von Rotterdam, und Künstler ehrten ihn und zogen ihn in ihre Gesellschaft. Der Kaiser bestätigte ihm die früher gewährten Privilegien und bezeigte ihm außerdem seine Gunst in vollstem Maß. Von hoher Bedeutung für ihn waren der Anblick der niederländischen Kunstschätze und die Bekanntschaft mit den hervorragendsten dortigen Künstlern. Sein während dieser Reise [245] geführtes Tagebuch gab Campe 1828 zuerst in den „Reliquien von Albrecht D.“ heraus. Eine vollständige, mit Erläuterungen versehene Ausgabe veranstaltete Fr. Leitschuh („A. Dürers Tagebuch der Reise in die Niederlande“, Leipz. 1884). Auch eine große Anzahl Bildnisse von Geistlichen, fürstlichen Personen, Künstlern etc. sind ein Ergebnis seiner niederländischen Reise. Nach seiner Heimkehr in die Vaterstadt widmete sich D. wieder mit rastlosem Eifer der künstlerischen Thätigkeit. Aus dem Jahr 1521 befindet sich ein Porträt des Bernhard v. Ressen in der Dresdener Galerie. Vom Jahr 1522 stammen die Holzschnitte des großen Triumphwagens des Kaisers Maximilian, deren Stöcke in der kaiserlichen Bibliothek in Wien aufbewahrt werden. Die älteste Originalausgabe mit untenstehendem deutschen Text erschien 1522, die letzte 1589. Vom Jahr 1526 besitzt die Alte Pinakothek in München die beiden bedeutendsten Werke des Künstlers, die herrlichen lebensgroßen Figuren der Apostel Paulus und Petrus und der Evangelisten Markus und Johannes (Seitenstücke), zugleich die vier Temperamente verbildlichend. Welche Fehler, welche Härten und Eckigkeiten man auch D. vielfach nachweisen mag, in diesen Bildern sind sie vermieden; sie sind voll Ruhe, Würde und Hoheit, und Kugler sagt mit Recht: „Nach Vollendung dieses Werkes durfte der Meister sein Auge schließen, denn er hatte das Ziel der Kunst erreicht; hier steht er den größten Meistern, welche die Geschichte der Kunst kennt, ebenbürtig zur Seite“. Aus demselben Jahr stammt das Ölbild des Hieronymus Holzschuher im Berliner Museum, das beste aller Bildnisse von der Hand Dürers; ferner das Jakob Muffels (ebendaselbst). Im nächsten Jahr endete die bis dahin unerschöpfliche Thätigkeit des Meisters, indem ihn 6. April 1528 der Tod im noch nicht vollendeten 57. Jahr abrief. Nicht weit entfernt von dem Grab seines Freundes Pirkheimer ruhten die irdischen Reste Dürers auf dem Johanniskirchhof lange unter einer einfachen Metallplatte, welche sein Schwiegervater Frey für sich und seine Familie errichten ließ, bis Sandrart 1681 das verfallene Grab aufs neue errichtete. Durch die Bemühungen des Albrecht-Dürer-Vereins zu Nürnberg wurde König Ludwigs Vorschlag, zur dritten Säkularfeier von Dürers Todestag eine Bronzestatue desselben in Nürnberg zu errichten, verwirklicht. Am 7. April 1828 legte man feierlich den Grundstein auf dem Milchmarkt, an welchem das Haus steht, wo D. geboren wurde, wirkte und starb, und 22. Mai 1840 fand die festliche Enthüllung des Standbildes Dürers, modelliert von Rauch, in Erz gegossen von Burgschmiet, statt.

Dürers Vielseitigkeit als Künstler steht fast ohne Beispiel da. Aus dem vorstehenden Lebensabriß geht seine Thätigkeit als Maler, Kupferstecher und Zeichner für den Holzschnitt hervor, aber er verstand sich auch auf Architektur und Bildhauerei; doch sind alle erhaltenen Skulpturen mit Dürers Zeichen verdächtig und jedenfalls der großen Mehrzahl nach unecht. Eine Ausnahme bildet vielleicht ein kleines in Silber gegossenes Relief mit einer vom Rücken gesehenen nackten Frau von 1509 im Besitz der Familie Imhoff in Nürnberg. Auch dem Kriegswesen blieb D. nicht fremd. Seit Einführung der Feuerwaffen der erste Schriftsteller über Festungsbau, ward er an Scharfblick und Erfindungsgabe von keinem der gleichzeitigen Ingenieure übertroffen. Seine vollkommen eigenartigen Ideen bei engem Anschluß an die in den alten Stadtbefestigungen gegebenen Grundlagen enthalten schon alle bei den neuen deutschen Befestigungen maßgebenden Gedanken. Zahlreiche Hohlräume zur sichern Unterkunft der Besatzung, kasemattierte Galerien oder detachierte Mauern mit Schießscharten zur niedern Grabenverteidigung, die tiefe Künette in dem breiten trocknen Graben davor, Kaponnieren für sechs und zehn Geschütze quer über den Graben, Anlage der großen Basteien als selbständiger, nach allen Seiten verteidigungsfähiger Abschnitte auf Kanonenschußweite voneinander im Umzug der Stadtbefestigung, 15 m tiefe, revetierte, gegen jede Leiterersteigung sichernde Gräben und daneben Erhöhen des Walles zu weithin beherrschender Geschützaufstellung sind von ihm zuerst angegeben und in einer gegen die damaligen Geschütze völlig ausreichenden Weise verwirklicht worden. Wien und Padua wurden teilweise nach seinen Angaben befestigt. Die meisten seiner Gedanken aber blieben schon der Kostspieligkeit wegen Projekt, und nach langer Vernachlässigung durch die Franzosen etc. war es der Zeit Friedrichs d. Gr. und teilweise erst dem 19. Jahrh. vorbehalten, sie bei deutschen Festungsbauten zu verwirklichen. Vgl. Wauvermans, A. D., son œuvre militaire (Brüssel 1880). Auch als Schriftsteller trat D. auf, namentlich verwandte er den größten Teil seiner letzten Jahre auf derartige Arbeiten. Seine Werke sind: „Geometrie, Underweysung der Messung mit dem Zirkel und Richtscheut in Linien, Ebenen und ganzen Körpern“ (Nürnb. 1525, mit 63 Figuren, nachgedruckt zu Arnheim 1603; lat. von Joachim Camerarius, Par. 1532, und ebenfalls nachgedruckt bei Wechel 1535); „Etliche Underricht zur Befestigung der Stett, Schloß und Flecken“ (Nürnb. 1527, mit 19 Holzschnitten; lat., Par. 1535; neue Ausg., Berl. 1823, mit 13 lithographierten Tafeln); das große, zum Teil erst nach seinem Tod gedruckte Werk über die Verhältnisse des menschlichen Körpers: „Hierinnen sind begriffen vier Bücher von menschlicher Proportion etc.“ (Nürnb. 1528, die beiden ersten Bücher lat. von J. Camerarius, das. 1532, die beiden andern lat. 1534; das Ganze Par. 1537, 1557, mit einem 5. Buch vermehrt, nachgedruckt; franz., Arnheim 1614; holländ., das. 1622, und ital. von J. P. Gallucci, Vened. 1591, vermehrt mit dem 5. Buch 1594). Dürers Briefe, Tagebücher und poetische Versuche sind in Campes „Reliquien“ (Nürnb. 1828) abgedruckt, sie wurden später von M. Thausing („Quellenschriften zur Kunstgeschichte“, Bd. 3, Wien 1872) ins Neuhochdeutsche übertragen. Eine Schrift Dürers über die Stellungen der Pferde ging verloren. Eine Gesamtausgabe veranstaltete J. Jansen unter dem Titel: „Alb. Duereri opera, d. h. alle Bücher Dürers“ (Arnh. 1603). Die ältere Litteratur über D. (Biographie von Heller, Leipz. 1827–31, 3 Bde.; von A. v. Eye, Nördl. 1860, u. a.) ist überholt durch M. Thausing, D., Geschichte seines Lebens und seiner Kunst (2. Aufl., Leipz. 1884, 2 Bde.). Daneben sind noch zu erwähnen: R. v. Retberg, Dürers Kupferstiche und Holzschnitte, ein kritisches Verzeichnis (Münch. 1871); A. v. Zahn, Kunstlehre Dürers und sein Verhältnis zur Renaissance (Leipz. 1866); Ch. Ephrussi, A. D. et ses dessins (Par. 1881). Sammlungen aus den Werken Dürers in Lichtdruckreproduktionen gaben neuerlich Lübke (Kupferstichwerke), v. Lützow (Holzschnittwerke), Lippmann (Handzeichnungen), Hirth u. a. heraus.