MKL1888:Chronische Krankheiten
[108] Chronische Krankheiten, in der Medizin altherkömmliche Bezeichnung derjenigen Krankheiten, welche einen langsamen Verlauf haben, im Gegensatz zu den akuten (s. d.) oder schnell verlaufenden. Eine scharfe Grenze zwischen beiden gibt es allerdings nicht. Die ältern Ärzte nannten jede Krankheit chronisch, wenn sie länger als 40 Tage dauerte. In der neuern Zeit berücksichtigt man hauptsächlich den gewöhnlichen Verlauf der einzelnen Krankheiten. Da z. B. die Schwindsucht gewöhnlich mehrere Jahre dauert, so nennt man sie schon akut, wenn sie einmal in 2 oder 3 Monaten verläuft. Umgekehrt nennt man Krankheiten, welche im allgemeinen einen typischen Verlauf nehmen, auch dann noch akut, wenn sie etwas länger als 40 Tage dauern. Der Typhus z. B. wird allgemein von den chronischen Krankheiten ausgeschlossen, obschon die Genesung meist hinter den 40. Tag fällt. Akute Krankheiten werden nicht selten chronisch, und im Verlauf von chronischen Krankheiten treten häufig sogen. akute Exacerbationen, d. h. in diesem Fall fieberhafte Steigerungen, ein. Häufig werden die fieberlosen Krankheiten schlechthin als schleichende oder chronische, die fieberhaften als akute bezeichnet. Dies ist für die meisten, aber nicht für alle Fälle richtig. Denn es gibt schnell verlaufende Krankheiten, die ohne Fieber, und ch. K., die mit Fieber einhergehen. Endlich werden auch die sogen. nichttypischen Krankheiten, d. h. solche mit unregelmäßig schwankendem Verlauf ohne bestimmten Fortschritt zur Genesung oder zum Tod, schlechthin als chronische bezeichnet.