MKL1888:Champollion
[935] Champollion (spr. schangpolljóng), 1) Jean Jacques C.-Figeac, franz. Altertumsforscher, geb. 5. Okt. 1778 zu Figeac (Lot), wurde nach Beendigung seiner Studien Bibliothekar, dann Professor des Griechischen zu Grenoble. 1828 kam er als Konservator der Manuskripte an die königliche Bibliothek zu Paris, und 1848 ward er Bibliothekar in Fontainebleau, welche Stelle er auch während des Kaiserreichs behielt. Zugleich bekleidete er eine Professur an der École des chartes. Er starb 9. Mai 1867. C. veröffentlichte zuerst eine Reihe von Schriften über heimische Altertümer, z. B.: „Antiquités de Grenoble“ (Grenoble 1807); „Recherches sur les patois ou idiomes vulgaires de France“ (Par. 1809); „Nouveaux éclaircissements sur la ville de Cularo, aujourd’hui Grenoble“ (das. 1814) u. a. Sodann wandte er sich, angeregt durch seinen Bruder, vorzugsweise der ägyptischen Altertumskunde und zwar den griechischen Dokumenten in Ägypten zu, auf die er seine Studien beschränkte. Ein Ergebnis derselben waren die „Annales des Lagides“ (Par. 1819; „Supplément“, das. 1821), ein Werk, welches vom Institut gekrönt wurde, und dem später (mit Benutzung der hinterlassenen Manuskripte seines Bruders) die Werke: „L’Égypte ancienne et moderne“ (das. 1840) und „L’écriture démotique égyptienne“ (das. 1843) folgten. Außerdem veröffentlichte C.: „Traité élémentaire d’archéologie“ (2. Aufl., Par. 1843, 2 Bde.); „Histoire des peuples anciens et [936] modernes, l’Asie centrale, l’Inde et la Chine“ (das. 1857); „Monographie du palais de Fontainebleau“ (geschichtlicher Text zu Pfnors Prachtwerk, 1859–1864); „Le palais de Fontainebleau, ses origines, son histoire artistique et politique“ (1867); „Documents paléographiques relatifs à l’histoire des beaux-arts et des belles-lettres pendant le moyen-âge“ (1868). Nach Handschriften und Originalzeichnungen der königlichen Bibliothek gab er heraus: „Les tournois du roi René“ (Par. 1827–28, nur in 200 Exemplaren gedruckt); „Ystoire de li Normant et Chronique de Robert Quiscart, par Aimé, moine du Mont Cassin“ (1835) sowie „Chartes latines sur papyrus du VI. siècle“ (1837). Zu dem Prachtwerk Silvestres: „Paléographie universelle“ (Par. 1839–41, 4 Bde. mit 600 Kupfern) lieferte C. in Gemeinschaft mit seinem Sohn Aimé den Text. Verdienstvoll war auch die Herausgabe von Bréquignys „Lettres des rois, reines et autres personnages des cours de France et d’Angleterre“ (Par. 1840, 2 Bde.), der „Documents historiques inédits, tirés de la bibliothèque royale“ (das. 1841–50, 4 Bde.) und der auf die ägyptische Expedition bezüglichen Dokumente, die unter dem Titel: „Fourier et Napoléon“ (das. 1844) erschienen.
2) Jean François, le jeune (der jüngere), franz. Gelehrter, Begründer der Ägyptologie, Bruder des vorigen, geb. 23. Dez. 1791 zu Figeac, erhielt seine Bildung in Grenoble, begab sich zur Fortsetzung seiner hier begonnenen ägyptologischen Studien 1807 nach Paris und wurde 1816 Professor der Geschichte bei der Akademie zu Grenoble. Schon hatte er durch sein Werk „L’Égypte sous les Pharaons“ (Par. 1814, 3 Bde.) den Grund zu seinem schriftstellerischen Ruf gelegt, als er als Bonapartist von den Bourbonen verbannt wurde. Endlich begnadigt, lebte er anfangs als Privatlehrer in Paris, erhielt dann aber zufolge seiner Studien über die Hieroglyphen, deren Schlüssel er fand, vom König den Auftrag, 1824–26 Italien und, nachdem er 1826 Konservator der ägyptischen Sammlungen geworden war, 1828–30 in Begleitung von Zeichnern und Architekten Ägypten zu bereisen. Nach seiner Rückkehr 1830 erfolgte seine Aufnahme in die Akademie der Inschriften, und 1831 ward für ihn ein ägyptischer Lehrstuhl am Collège de France gegründet. Seine reichen Sammlungen selbst zu verwerten und zu veröffentlichen, war ihm nicht vergönnt. Er starb 4. März 1832. Außer dem Erwähnten schrieb C.: „De l’écriture hiératique des anciens Égyptiens“ (Grenoble 1821); „Lettre à M. Dacier, relative à l’alphabet des hiéroglyphes phonétiques“ (Par. 1822) und „Précis du système hiéroglyphique des anciens Égyptiens“ (das. 1824, 2. Aufl. 1828), worin er bewies, daß die Hieroglyphen zum Teil phonetische oder alphabetische Zeichen seien; „Panthéon égyptien“ (das. 1823), mit Abbildungen ägyptischer Gottheiten aus den Papyrusrollen und Bemerkungen über deren ägyptische Benennungen; „Lettres à M. le duc de Blacas relatives au musée royal égyptien de Turin“ (das. 1824–26, 2 Bde.). Nach Champollions Tod erschienen „Lettres écrites d’Égypte et de Nubie“ (Par. 1833, neue Ausg. 1867; deutsch, Quedlinb. 1835). Seine hinterlassenen Manuskripte füllten über 2000 Seiten und wurden für 50,000 Frank von der königlichen Bibliothek zu Paris angekauft. Bis jetzt sind davon erschienen: „Grammaire égyptienne“ (Par. 1836–1841, 3 Bde.) und „Monuments de l’Égypte et de la Nubie d’après les dessins exécutés sur les lieux sous la direction de C.“ (das. 1835–45, 5 Bde.); „Dictionnaire égyptien en écriture hiéroglyphique“ (1842–44); endlich die „Monuments de l’Égypte et de la Nubie, notices descriptives conformes aux manuscrits autographes rédigés sur les lieux“ (1844), deren Herausgabe später unter der Leitung de Rougés fortgesetzt und beendigt wurde. Über Champollions Stellung in der Geschichte seines Faches s. Hieroglyphen.