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MKL1888:Burg

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Burg“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 650654
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Burg. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 650–654. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Burg (Version vom 20.10.2022)

[650] Burg (hierzu Tafel „Burgen“), ursprünglich jeder durch Wall, Graben und Mauer befestigte Platz, insbesondere ein solcher aus dem Mittelalter herrührender Bau, welcher als Wohnsitz eines adligen Geschlechts diente. Diese Burgen waren entweder Wasserburgen oder Höhenburgen. Die Wasserburgen lagen in der Ebene und waren geräumige, viereckige oder auch unregelmäßig angelegte Gebäude mit dicken Rundtürmen an den Ecken und rings von tiefen und breiten Wassergräben umgeben, über welche eine Zugbrücke in den Burgraum führte. Sie fanden sich

[Ξ]

Burgen.
Fig. 1. Burg Fleckenstein im Elsaß. (11. bis 16. Jahrh. – Nach Specklin.)
Fig. 2. Burg Steinsberg bei Heidelberg (auf römischer Anlage).
Fig. 3. Die Wartburg bei Eisenach. (Ausgebildeter deutscher Burgstil des 12. Jahrh.)
Fig. 4. Ursprünglicher Grundplan der Wartburg.
Fig. 5. Plan zur Herstellung der Burgruine Schadeck bei Neckarsteinach. (12. Jahrh.)
Fig. 6. Grundriß der Burg Schadeck.
Fig. 7. Burg zu Loches in Frankreich. (Donjon, normännische Anlage.)
Fig. 8. Barbacane u. Schloß zu Carcassonne. (Frankreich, 13. Jahrh. – Nach Viollet le Duc.)
Fig. 9. Grundriß des Schlosses zu Carcassonne. A Hauptthore. B Thore. C Poterne. D Weg zum Schlosse. E Portikus. F Donjon. G Wohnungen d. Garnison. H Großer Wachtturm.
Fig. 10. Burg zu Hedingham. (Englisch-normännische Anlage.)
Fig. 11. Grundriß der Burg zu Hedingham.

[651] vornehmlich in der norddeutschen Ebene. Die Höhenburgen, welche man vorzugsweise Burgen nennt, teilten sich wieder in Hofburgen oder in Fürstensitze von umfassender Anlage und in Burgställe oder eng zusammengedrängte, feste Wohnhäuser der Ritterschaft. Meist auf Bergkuppen oder steilen Vorsprüngen gelegen, waren sie von einem trocknen Graben umgeben, der den Burgfrieden von der Umgebung schied. Ein charakteristisches Beispiel dieser Höhenburgen ist Schloß Fleckenstein bei Weißenburg im Elsaß (Fig. 1). Die ersten Befestigungen dieser Art in Deutschland knüpfen an die aus der Römerzeit herrührenden Kastelle an, gehen aber seit dem karolingischen Zeitalter in einen selbständigen Burgenbau über, der, dem Zweck seiner Entstehung entsprechend, vorzugsweise auf die Sicherstellung, später zugleich auf die Behaglichkeit der Bewohner berechnet war. Zu diesem Zweck wurden die an steilen Abhängen oder auf schwer zugänglichen Bergkuppen angelegten Höhenburgen mit festen, meist aus dem Gestein des Bergs hergestellten Mauern umgeben, innerhalb welcher sich der Bergfried (Bergfrit), ein runder oder viereckiger Wart- und Verteidigungsturm, erhob, entweder ausgedehnt genug, um als Wohnung zu dienen, oder von besondern, anfangs hölzernen, später steinernen Wohngebäuden umgeben, an welche sich die zu einem größern Rittersitz erforderlichen Wirtschaftsräume und Stallungen anschlossen. Der Eingang zu dem als letzter Zufluchtsort dienenden Bergfried lag im ersten Stock und stand mit dem Wohngebäude durch die im Fall einer Belagerung leicht zerstörbare Holzbrücke in Verbindung, während der Burghof zur Herstellung einer zweiten Verteidigungslinie durch eine Scheide- oder auch eine Ringmauer in zwei Teile zerlegt ward. Beispiele geben die noch an römische Anlagen angeschlossenen Burgen Steinsberg bei Heidelberg (Fig. 2), Ebersteinschloß bei Baden-Baden und Godesberg bei Bonn.

Im Lauf des 12. Jahrh. entwickelten sich aus diesen ersten Anlagen die reicher ausgebildeten Burgen. Eine vollständige Hofburg hatte eine Umgebung von Mauerwerk oder Pfahlwerk (Zingeln, vom lat. cingere, „umgürten“), die in der Regel nicht mit Zinnen, sondern mit einfacher Brustwehr versehen und von einem oder mehreren Thoreingängen durchbrochen war, welche von zur Seite vorspringenden Türmen verteidigt wurden. Zwischen den Zingeln und der innern Mauer befand sich ein freier Raum, der Zwinger (Zwingelhof, Zwingolf), welcher zum Teil wohl auch Ställe, Wirtschaftsgebäude und den durch einzelne in der Umfassungsmauer angebrachte Thüren zugänglichen Viehhof enthielt, zum Teil aber den nötigen Raum zu ritterlichen Übungen darbot, immer aber nur als Vorhof der eigentlichen B. betrachtet ward, welche meist höher gelegen und stärker befestigt, auch durch einen Graben von dem Zwinger geschieden war. Eine Zugbrücke (Schiffbrücke) führte zu dem auf einem festen, in den Graben vorspringenden Mauerwerk ruhenden, ein Steingewölbe bildenden Thor (Porte), über dem die Mauer mit Zinnen versehen war, hinter denen sich ein bedeckter, nach dem Innern der B. zu offener Gang (die Wer oder Letze) hinzog, von wo aus man durch Luken mit Armbrüsten schießen oder mit Steinen werfen konnte. Durch die Porte gelangte man entweder unmittelbar in den Burghof oder zunächst in einen zweiten Zwinger, welcher, häufig kaum wegbreit, auf der einen Seite von der Burgmauer, auf der andern von den Gebäuden gebildet ward. Von diesem innern Zwinger, der manchmal nicht um die ganze B. herumlief oder auch zum Teil in einen Baumgarten umgeschaffen war, gelangte man durch einen offenen, hallenartigen, mittels Fallgittern (Slegetore) verschließbaren Durchgang, das Burgthor, in den innern Burghof (ballium, bayle). Von sämtlichen den letztern umgebenden Gebäuden nahm der Palas als das Hauptgebäude in der Regel eine ganze Seite des Hofs ein; fürstliche und königliche Burgen aber, welche für Hunderte von Rittern hinreichenden Raum bieten mußten, hatten mehrere solcher, gewöhnlich zweistöckiger Gebäude. Das gewölbte Parterre enthielt die Küche, Vorratskammern, Bier- und Weinkeller u. dgl., das obere Stockwerk den Saal, den Hauptraum der ganzen B., den Versammlungsort der Männer, wo sich nur bei festlichen Gelegenheiten, wie beim Empfang von Fremden etc., auch die Frauen einfanden. Eine Freitreppe (die Gräde) führte aus dem Hof zu dem Saal empor. An den beiden Langseiten, deren eine zuweilen in die äußere Burgmauer eingefügt sein mochte, war das starke Mauerwerk durch Fenster mit tiefen Nischen, welche Sitze enthielten, unterbrochen. Von der einen Fensterreihe sah man in den Burghof, von der andern auf den Reitplatz im Zwinger oder ins freie Land hinaus. Die Decke war in der Regel durch querübergelegte Balken gebildet, über denen sich das Dach erhob. Bisweilen war der Saal überwölbt und durch Holz-, im letztern Fall durch Steinsäulen unterstützt. Der Fußboden war mit Estrich, gebrannten oder behauenen Steinplatten belegt, über welche man Teppiche oder Binsen breitete. Bei reicherer Ausschmückung waren auch die Wände mit Teppichen oder Tapeten (Stuollachen) beschlagen. Statt der nur durch Kamine und kellerartige Anordnung notdürftig erwärmten untern Etagen der Palase wurde um die Mitte des 14. Jahrh. die Anlage einer Dirnitz, eines durch Öfen heizbaren, bequemern Versammlungs- und Wohnraums, wie ihn unter andern die Wartburg, die Burgen zu Meißen und Amberg enthalten, allgemein. An den Giebelseiten des Palas und mit demselben durch Thüren verbunden waren kleinere Gemächer, die öfters noch reicher ausgestattet waren als der Saal selbst und Kemnaten (Kemenaten) hießen, wenn sie heizbar waren. Einen prachtvollen Palasbau beschreibt Wolfram von Eschenbach im „Parzival“. Für die Frauen war meist ein eignes Gebäude des Burghofs bestimmt, das vorzugsweise die Kemnate genannt wird und wenigstens drei Abteilungen enthielt: eine für die Herrin und deren nächste Angehörige, eine für die Dienerinnen und eine dritte, gewöhnlich das Wercgadem genannt, für Besorgung der weiblichen Arbeiten. Das zweite Hauptgebäude einer jeden B., der schon genannte Bergfried (Belfrid, beffroi), war ein hoher, meist runder oder viereckiger, aber auch drei- und fünfeckiger Turm, der, in der Regel frei stehend, auf einem kühnen Vorsprung des Burgraums errichtet war. Derselbe hatte zu ebener Erde keinen Eingang, sondern es führte nach dem ersten Stock von außen eine Leiter. Der untere, von außen nicht zugängliche Raum enthielt einen Brunnen oder ein Gefängnis, das Burgverlies, in welches die Gefangenen von oben herabgelassen wurden. Die obern Stockwerke enthielten Gemächer, welche als letzter Zufluchtsort der Belagerten dienten. Im Dachgeschoß wohnte der Turmwart. Die Küche war entweder im Erdgeschoß des Palas untergebracht oder in größern Burgen ein abgesonderter, geräumiger Bau, welcher zugleich als Wohnung des Küchengesindes diente. Außerdem umgaben den Burghof noch Vorratsgebäude, Wohnungen für die oft zahlreich einsprechenden Gäste, Rüstkammern, [652] das sogen. Schnitzhaus zur Anfertigung von Waffen etc. Den Blick in die Ferne boten die Zinnen, die in die starken Umfassungsmauern gebrochenen überwölbten Fensternischen oder Lauben sowie auch künstlich angehängte Erker. Endlich befand sich wohl in jeder größern B. auch eine Kapelle, die mit dem Chor nach Osten gerichtet und auch gewöhnlich an der Ostseite des Burghofs gelegen war. Jede B. hatte einen tiefen Ziehbrunnen, der oft bis zur Sohle des benachbarten Thals oder Flusses niederging. Unter den Gebäuden zogen sich Keller hin, zuweilen von bedeutender Ausdehnung und mitunter auch zur Aufnahme Flüchtiger bestimmt.

Beispiele solcher ausgedehnter Burganlagen finden wir in der B. zu Seligenstadt und in dem wegen seiner zwei weithin sichtbaren Bergfriede unter dem Namen Wetterauer Tinten- und Sandfaß bekannten Münzenberg, beide in Hessen, sowie in der wohlerhaltenen, seit 1847 mit großer Pracht wiederhergestellten Wartburg (Fig. 3, 4). Wie der Grundriß (Fig. 4) derselben zeigt, zerfiel die langgestreckte Bergfeste in die nach Nordost gelegene Vor- und in die durch einen mächtigen Thorbau von ihr getrennte, nach Südwest gelegene Hofburg. Vor dem durch eine Zugbrücke gesicherten Eingang in die erstere lag ein befestigter, zur äußern Verteidigung des Eingangs bestimmter Zwinger. Die Vorburg selbst bestand aus einem zur Verteidigung des Eingangs dienenden Thorturm, dem zur Wohnung von Dienstmannen bestimmten Ritterhaus und einigen mit einem kleinen Ökonomiehof verbundenen Stallungen. Den Abschluß der Vor- und Hofburg bildeten die mit heizbaren Wohnräumen versehene Dirnitz, die oben erwähnte Thorhalle und die für die Wohnung der Landgräfinnen bestimmte Kemnate, welch letztere mit dem Hauptturm, dem Bergfried, in unmittelbarer Verbindung stand. Dirnitz, Thorhalle und Kemnate gehörten schon der Hofburg an und waren selbst gegen die Vorburg mit allen damals üblichen Verteidigungswerken, doppeltem Thor, Letze oder Lauf mit Zinnen und Pechnase über demselben, versehen, so daß nach Abschluß des Thors die Hofburg eine unabhängige B. bildete. An die Kemnate stieß das bedeutendste Gebäude der Hofburg, das auch Palas (Saalbau), Mushaus (Waffenhaus) oder hohes Haus genannte Landgrafenhaus, welches teilweise zur Wohnung, hauptsächlich aber zur Hofhaltung diente und daher außer Keller, Küche und Speiseraum in der untern und der zweiten Etage einen großen zu Versammlungen und Festlichkeiten bestimmten, vom Hofraum aus durch eine Freitreppe (Gräde) zugänglichen Ritter- und Waffensaal enthielt. Auf der Tafel sind ferner Palas, Kemnate und Bergfried der Wartburg von der Ostseite dargestellt. An die Südseite des Palas schloß sich das durch die (infolge der Kreuzzüge aus dem Orient mitgebrachte) Sitte bedingte Badehaus. Dem mittelalterlichen Brauch der Ritter, durch die Vorhalle an dem Bergfried vorbei bis vor die Gräde des Palas zu reiten, dort abzusteigen und dann erst das Pferd einzustellen, entsprechend, war hier auch der ursprünglich einstöckige Marstall. Zwischen beiden Bauten befand

Grundriß der Ruine Greifenstein in Thüringen.

sich die durch niedrige Mauern mit ihnen verbundene, zur Zeit einer Belagerung die B. allein mit Wasser versorgende Zisterne. In dem hierdurch abgeschiedenen niedrigern, auf dem Plan als Zwinger bezeichneten südlichen Teil der Hofburg befand sich das an den Marstall angeschlossene, jetzt verschwundene Back- und Waschhaus sowie der zweite Hauptturm der B., welcher früher wahrscheinlich durch zwei nach der im Plan punktierten Richtung angelegte Mauern mit der Ringmauer verbunden war. (Näheres hierüber siehe in v. Ritgens „Führer auf der Wartburg“.) Eine der ausgedehntesten Burganlagen war der 1137 zuerst erwähnte und im 14. Jahrh. wahrscheinlich vollendete Greifenstein bei Blankenburg in Thüringen (s. obenstehenden Grundriß). Obwohl vollständig in Trümmern liegend, gibt die Ruine ein anschauliches Bild von dem wohldurchdachten Verteidigungssystem. Die ältern Hofburgen zeigen naturgemäß den Rundbogen, dessen schwerere Formen zugleich dem Zweck der Festigkeit und des Schmucks entsprachen. Die leichter aufstrebenden Formen des gotischen Stils finden sich selten an Burgbauten, am prächtigsten an denen des Deutschherrenordens in Preußen (Marienburg).

[653] Nicht selten bildeten größere Hofburgen gleichsam die Citadelle einer Stadt und schlossen sich an die Befestigungen derselben an, wie unter andern die Kaiserpfalz zu Oppenheim, die B. zu Nürnberg etc. Diese Kaiserpfalzen (am ursprünglichsten erhalten die in Gelnhausen) entsprechen wenig den phantastischen Bildern, welche die Dichter des Mittelalters davon entwerfen. Abgesehen von deren Schmucklosigkeit, fällt besonders die dürftige Enge derselben im Vergleich mit der Ausdehnung moderner Fürstenschlösser auf, welche sich daraus erklärt, daß sich diese Hofburgen als feste Bauten auf einen möglichst engen Raum, der meist durch die Lokalität geboten war, beschränken mußten. Unter dem Ausdruck Burgställe pflegte man die kleinern, lediglich auf Verteidigung eingerichteten Burgen zusammenzufassen, die zugleich als ständiger Wohnsitz des Besitzers dienten. Sie waren von weit beschränkterm Umfang nicht nur wegen der geringern Mittel der Besitzer, sondern auch wegen ihrer Lage auf dem engen Raum eines Felsens (daher das „Stein“ in vielen Burgnamen). Aus fünf Stücken bestand aber auch die kleinste B., nämlich aus der Umfassungsmauer, welche jedoch ganz, wie bei der Wartburg, oder zum Teil durch steinerne Wohngebäude ersetzt werden konnte, dem Bergfried, dem Palas für die Männer, der Kemnate für die Frauen und der Küche. Da sich diese drei letztern Lokalitäten in den verschiedenen Geschossen des Bergfrieds anbringen ließen, so war in der That zu der kleinsten B. nichts weiter nötig als eine Umfassungsmauer und der Bergfried. Als Beispiel einer solchen auf das Notwendigste beschränkten Burganlage kann die wegen ihrer kühnen Anlage am Bergabhang unter dem Namen Schwalbennest bekannte Burg Schadeck des Raubritters Ulrich Landschad von Steinach bei Neckarsteinach dienen (Fig. 5, 6), welche außer der Umfassungsmauer nur einen durch zwei Bergfriede flankierten, nach der Bergseite hin unter einem Winkel vorspringenden Mittelbau enthielt. Verlangte die Gegend zu deren Überblick keine hohen Bauten, so dehnten sich solche Bergfriede wohl auch in die Breite aus und gestalteten sich zu turmartigen Wohnhäusern. Einzelne Teile der B. waren auch öfters in den Fels eingehauen. Bei vielen überrascht die Kühnheit, welche Gebäude auf Felsenspitzen zu gründen wagte, die nur dem Adler zugänglich erschienen, wie die in verschiedenen Gegenden Deutschlands vorkommenden Burgen mit den Namen Falkenstein, Hohenstein etc. andeuten. Kühne Burgbauten dieser Art sind die meisten Ruinen des Rheinthals von Bingen bis zum Drachenfels, unter denen die ausgedehnte B. Rheinfels und die wieder aufgebauten Burgen Rheinstein und Stolzenfels hervorzuheben sind, des Neckarthals von Wimpfen bis Heidelberg mit den Burgen zu Horneck, Zwingenberg, Hirschhorn, Neckarsteinach, dem oben erwähnten Schwalbennest, und zu Heidelberg, der hessischen Bergstraße mit den Burgen Frankenstein, Starkenburg, Windeck und Strahlenburg, der Rheingrafenstein bei Kreuznach, Altenahr bei Bonn, das Schloß Eltz unweit Moselkern an der Mosel u. a. Ohne Erlaubnis des Landesherrn durfte niemand eine B. bauen; verlieren konnte man solche wegen Aufnahme eines flüchtigen Friedbrechers, verübter Notzucht an einer auf die B. entführten Frauensperson, Gefangenhaltung einer Person, welche der Kaiser hatte fordern lassen, und wegen verweigerter Leistung des Eides, daß man die B. nicht zum Unfrieden oder zur Empörung brauchen wolle.

Als Begründer des Burgenbaues in Frankreich sind die Normannen anzusehen, die, als siegreiche Eroberer vordringend, befestigter Schlösser bedurften, um ihre Errungenschaft zu behaupten. Die Burgen der Normannen entwickelten sich entweder in der Form eines mächtigen, mit Wall und Graben umgebenen, meist viereckigen Turms, des Donjons, der wie der Bergfried nur im ersten Stock zugänglich war und hinlänglichen Raum zur Wohnung und zur Verteidigung bot, oder in der Form mehrtürmiger Anlagen mit mannigfacher Anordnung der mit ihnen verbundenen Bauten. Unter den noch erhaltenen Beispielen von Donjons sind diejenigen zu Loches (Fig. 7) und Beaugency hervorzuheben, während die Burgen zu Lillebonne und Coucy in der Normandie mehrtürmige Burganlagen zeigen. Als wirksames Verteidigungsmittel diente bei französischen Burgen die Barbacane, ein jenseit des Burggrabens angelegtes kreisrundes, von Gräben umgebenes Werk, welches, schwer zugänglich, erst genommen werden mußte, ehe die B. selbst angegriffen werden konnte. Ein Beispiel der Barbacane ist zu Carcassonne erhalten (Fig. 8, 9). Auch nach England übertrugen die Normannen das von ihnen in Frankreich ausgebildete System der Burganlagen. An vielen Orten legten sie gewaltige Donjons an, deren z. B. London allein drei und York zwei erhielt. Auch hier steigen sie in viereckiger Form auf, sind nur in der ersten Etage zugänglich und enthalten alle Anordnungen zur Wohnung und Verteidigung, wie die Donjons zu Hedingham (Fig. 10, 11) in Essex und zu Rochester, wovon der letztere bereits eine bequemere Einrichtung und reichere Ausstattung zeigt. Noch reichere Entwickelung des Grundrisses zeigt der gegen Ende des 12. Jahrh. ausgeführte Donjon von Rising Castle in Norfolk, dessen Wendeltreppen schon in runden, nach außen vorspringenden Ecktürmen liegen, während die Wohnräume zahlreicher, die Verbindungen bequemer und alle Formen ausgebildeter sind. Mit Vervollkommnung des Schießgewehrs und der Geschütze wurden die Burgen wehrlos, und mit dem Ritterwesen schwanden allmählich auch diese Bauten, die durch die Bauernkriege und den Dreißigjährigen Krieg in Masse zerstört wurden. Die Schlösser des Adels stiegen in die Ebenen herab und breiteten sich behaglich zu offenen Edelsitzen aus. Vgl. Lübke, Geschichte der Architektur (6. Aufl., Leipz. 1884); Krieg v. Hochfelden, Geschichte der Militärarchitektur in Deutschland (Stuttg. 1859); Caumont, Architecture civile et militaire (3. Aufl., Caen 1869); Clark, Mediæval military architecture in England (Lond. 1885, 2 Bde.); Cori, Bau und Einrichtung der Burgen im deutschen Mittelalter (Linz 1874); Schultz, Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger, Bd. 1 (Leipz. 1879).

Burg, im Jagdwesen, s. Bau.

Burg, 1) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Jerichow I, am Ihlekanal (43 m ü. M.) und an der Eisenbahn Berlin-Magdeburg-Schöningen, hat 3 evangelische und 1 kath. Kirche, ein Gymnasium, Waisenhaus, wichtige Tuchfabriken (800 Arbeiter), Wollspinnerei, Flanellweberei, Eisengießereien, Maschinenfabriken, Färberei, Gerberei, Handschuh-, Schuhwaren-, Goldleisten-, Holzwaren-, Öl-, Stärke-, Tabaksfabrikation, 2 Dampfsägemühlen, eine Dampfmahlmühle, Zichoriendarre, Ziegel- und Kalkbrennerei, Gasanstalt und mit der Garnison (Feldartillerie) (1880) 15,877 Einw. (476 Katholiken). B. ist Sitz eines Amtsgerichts und eines Hauptsteueramtes. Der Magistrat zählt 10, die Stadtverordnetenversammlung 36 Mitglieder. B. ist wahrscheinlich [654] wendischen Ursprungs, gehörte schon zu Anfang des 13. Jahrh. zum Erzbistum Magdeburg, kam 1635 durch den Prager Frieden an Kursachsen und von diesem 1687 an Brandenburg. Die Tuchmanufaktur blühte in B. bereits im 12. Jahrh.; seit 1688 trug die Einwanderung vertriebener Franzosen, Wallonen und Pfälzer viel zur Hebung der städtischen Industrie bei. Vgl. Wolter, Mitteilungen aus der Geschichte der Stadt B. (Burg 1881). – 2) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, Kreis Lennep, an der Wupper, 91 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, Eisengießerei, Maschinenfabrik, Stahlwalzwerk, Wollspinnerei und Deckenfabrik, Papier- und Maschinenfabrikation, Schleifereien und (1880) 1516 Einw. Dürftige Überreste des alten Schlosses, bis zum 13. Jahrh. Residenz der Grafen vom Berg. – 3) Stadt in der preuß. Provinz Schleswig-Holstein, Kreis Oldenburg, Hauptort der Insel Fehmarn (s. d.), hat ein Amtsgericht, Pfarrkirche, Ackerbau und (1880) 2962 Ew. Schiffsverkehr 1887: 40,150 Registertons.

Burg, Adam, Freiherr von, Mathematiker und Technolog, geb. 28. Jan. 1797 zu Wien, erlernte die Tischlerei, arbeitete mehrere Jahre in der Werkstätte seines Vaters, besuchte 1810–13 die Akademie der bildenden Künste und seit 1815 den polytechnischen Kursus. 1820 ward er Assistent der Mathematik und 1827 Professor der Mathematik in Salzburg, 1828 Professor der höhern Mathematik am polytechnischen Institut zu Wien, wo er seit 1837 besonders Mechanik und Maschinenlehre dozierte. In den Jahren 1838–41 unternahm er Studienreisen durch Europa, 1844 ward er zum k. k. Regierungsrat ernannt, 1849 übernahm er die Direktion des polytechnischen Instituts; als aber diese Anstalt 1852 unter militärische Leitung gestellt wurde, trat er als Sektionsrat in das Handelsministerium. Seit 1856 war er Präsident und seit 1870 Ehrenpräsident des Niederösterreichischen Gewerbevereins, 1866 ward er in den Freiherrenstand erhoben und 1869 als lebenslängliches Mitglied in das Herrenhaus berufen. Schon früh hatte sich B. um die Begründung der Sonntagsvorlesungen über Gegenstände der Naturwissenschaft bemüht, und seit 1870 bekleidete er die Präsidentenstelle des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien. Er starb 1. Febr. 1882. Die Stadt Wien verdankt ihm wesentliche Verbesserungen im Feuerlöschwesen, in der Wasserleitung und der Gasbeleuchtung; auch hat er große Verdienste um das Zustandekommen der Sicherheitsgesetze gegen die Gefahr von Dampfkesselexplosionen und um die Einführung des metrischen Maß- und Gewichtssystems. Er schrieb: „Anfangsgründe der analytischen Geometrie“ (Wien 1824); „Handbuch der geradlinigen und sphärischen Trigonometrie“ (das. 1826); „Auflösung algebraischer Gleichungen“ (das. 1827); „Ausführliches Lehrbuch der höhern Mathematik mit besonderer Rücksicht auf die Zwecke des praktischen Lebens“ (das. 1832–33, 3 Bde.); „Kompendium der höhern Mathematik“ (3. Aufl., das. 1859); „Kompendium der populären Mechanik und Maschinenlehre“ (3. Aufl., das. 1855; nebst Supplementband, 2. Aufl. 1863); „Lehrbuch der Maschinenlehre“ (das. 1856).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 183
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[183] Burg, 1) Regierungsbezirk Magdeburg, (1885) 16,414 Einw. – 2) Regierungsb. Düsseldorf, (1885) 1418 Ew. – 3) Provinz Schleswig-Holstein, (1885) 2849 Einw.

 Burg, 2) Ernst von der, preuß. General, geb. 24. April 1831 zu Luckenwalde in der Mark Brandenburg, wurde im Kadettenkorps zu Potsdam und Berlin erzogen, trat 1849 als Sekondeleutnant in die Gardeartillerie, ward 1859 Premierleutnant und 1861 Hauptmann. 1862 nach Paris kommandiert, machte er in der französischen Armee den Krieg in Mexiko 1862–64 mit, namentlich die Belagerung und Erstürmung von Puebla, ward 1864 zum Generalstabsoffizier der 1. Division ernannt, in demselben Jahr dem General Hindersin, dem Befehlshaber der Belagerungsartillerie vor Düppel, beigegeben, nach der Einnahme von Düppel in das Hauptquartier Wrangels kommandiert und im Herbst zu dem vom Kronprinzen befehligten 2. Armeekorps versetzt. Im Februar 1866 als Militärattaché nach Florenz geschickt und zum Major befördert, ward er im Mai dem Oberkommando der zweiten Armee des Kronprinzen als Generalstabschef beigegeben, machte den Krieg gegen Österreich, namentlich die Schlacht bei Königgrätz, mit und erwarb sich den Orden pour le merite. 1867 ward er Militärattaché in Paris, 1869 Oberstleutnant, 1870 beim Ausbruch des Kriegs Chef des Generalstabs des 1. Armeekorps unter Manteuffel, mit dem er den Kämpfen vor Metz, dann den Operationen der ersten Armee beiwohnte; außer dem Eisernen Kreuz erster Klasse erhielt er den Orden pour le merite mit Eichenlaub. Nach dem Krieg wurde er 1871 Oberst und Chef des Generalstabs der Okkupationsarmee, nach deren Auflösung er 1873 das Kommando des 39. Regiments erhielt. 1876 wurde er zum Generalmajor und Kommandeur der 16. Infanteriebrigade, dann zum Generalstabschef des 15. Armeekorps, 1881 zum Generalleutnant und Kommandeur der 11. Division, 1884 zum Gouverneur von Straßburg, 1887 zum kommandierenden General des 2. Armeekorps und 1888 zum General der Infanterie ernannt.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 133
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Indexseite

[133] Burg, 2) Ernst von der, preuß. General, erbat und erhielt im Oktober 1891 den Abschied als kommandierender General des 2. Armeekorps.