MKL1888:Brunner
[521] Brunner, Sebastian, kathol. Theolog und Schriftsteller, geb. 10. Dez. 1814 zu Wien, studierte daselbst Theologie, fungierte, 1838 zum Priester geweiht, an verschiedenen Orten der Wiener Diözese als Kaplan und wurde 1843–48 von Metternich verwendet, um die Gesandtschaftsberichte über die religiöse und politische Bewegung zusammenzustellen und zu beurteilen. 1846 vom Staatskanzler nach Deutschland und Frankreich gesandt, machte er über seine Beobachtungen ein Referat, worin er das Losbrechen der Revolution in längstens zwei Jahren voraussagte. Im J. 1848 begründete er die „Wiener katholische Kirchenzeitung“, die er bis 1865 herausgab, und wurde Doktor der Theologie, bekleidete darauf 1853–65 die Stelle eines Universitätspredigers zu Wien und wurde dann zum apostolischen Protonotar und päpstlichen Hausprälaten, 1875 zum fürsterzbischöflichen Konsistorialrat in Wien ernannt. Als Schriftsteller erinnert B. durch kapuzinerhaften Humor und Witz an Abraham a Santa Clara, während er in Bezug auf edle Gesinnung das Gegenteil von ihm bildet. Wir nennen von seinen zahlreichen, fast alle Erscheinungen des modernen Lebens vom ultramontanen Standpunkt aus bekämpfenden Schriften: das didaktische Gedicht „Die Welt ein Epos“, eine fanatisch-geistlose Verketzerung der Philosophie (Wien 1844; 4. Aufl., Regensb. 1857); die gegen die politischen, litterarischen und religiösen Zustände gerichteten Dichtungen: „Der Nebeljungen Lied“ (das. 1845, 3. Aufl. 1852) und „Der deutsche Hiob“ (2. Aufl., das. 1846; daraus besonders abgedruckt: „Johannes Ronge, der Luther des 19. Jahrh.“); ferner „Blöde Ritter. Poetische Galerie deutscher Staatspfiffe“ (das. 1848); die Romane: „Des Genies Malheur und Glück“ (Leipz. 1843, 2 Bde.), „Fremde und Heimat“ (Wien 1845), „Die Prinzenschule zu Möpselglück“ (Regensb. 1847) und „Diogenes von Azzelbrunn“ (Wien 1853); die Schrift „Das deutsche Reichsvieh“ (2. Aufl., das. 1849); die skandalösen „Keilschriften“ (das. 1856); „Woher? Wohin?“, eine Art Selbstbiographie (das. 1855, 2 Bde.). Später folgten Reisebeschreibungen, wie: „Kennst du das Land? Heitere Fahrten durch Italien“ (Wien 1857), „Aus dem Venediger- und Longobardenland“ (das. 1860), „Unter Lebendigen und Toten“ (das. 1862), sowie historische Werke, wie: „Klemens Maria Hoffbauer und seine Zeit“ (das. 1858), „Die theologische Dienerschaft am Hof Josephs II.“ (das. 1868), „Die Mysterien der Aufklärung in Österreich 1770–1800“ (Mainz 1869), „Der Humor in der Diplomatie und Regierungskunde des 18. Jahrhunderts“ (das. 1872, 2 Bde.), die Biographie Josephs II. (Freiburg 1874), „Ein Benediktinerbuch“, Geschichte etc. der Benediktinerstifter (Würzb. 1880), „Ein Chorherrenbuch“ (das. 1883) und „Hau- und Bausteine zu einer Litteraturgeschichte der Deutschen“ (Wien 1884 ff.). Nicht ohne Interesse für die Kunstgeschichte sind: „Die Kunstgenossen der Klosterzelle“ (Wien 1863) und „Heitere Studien und Kritiken in und über Italien“ (das. 1866, 2 Bde.). Auch gab B. die „Correspondances intimes de l’empereur Joseph II avec son ami le comte de Cobenzl et son premier ministre le prince de Kaunitz“ (Mainz 1871) heraus. Seine „Gesammelten Erzählungen und poetischen Schriften“ erschienen in 18 Bänden (Regensb. 1863–77).
[130] Brunner, Moriz, Ritter von, österreich. Genieoffizier und Militärschriftsteller, geb. 30. Juli 1839 zu Wien, absolvierte die Ingenieurakademie, wurde 1882 Major im Geniestab, 1887 Oberstleutnant, 1890 Oberst und bekleidet gegenwärtig den wichtigen Posten des Genie- und Befestigungsbaudirektors in Przemysl. B. war längere Zeit (bis 1884) Redakteur von Streffleurs „Österreichischer militärischer Zeitschrift“ und verfaßte zahlreiche Schriften über Geniewesen, von denen einige in fremde Sprachen übersetzt wurden. Hervorzuheben sind: [131] „Leitfaden für den Unterricht im Festungskrieg“ (5. Aufl., Wien 1884), „Leitfaden für den Unterricht in der beständigen Befestigung“ (3. Aufl., das. 1887) und „Leitfaden für den Unterricht in der Feldbefestigung“ (5. Aufl., das. 1887); „Sind Festungen erstürmbar?“ (das. 1882); „Die Verteidigung von Straßburg im J. 1870“ (das. 1872), „Über die Anwendung des Infanterie-Spatens“ (2. Aufl., das. 1880) u. a.