MKL1888:Breviarĭum
[414] Breviarĭum (lat.), in der ältern Latinität s. v. w. Summarium, bei den spätern lateinischen Schriftstellern ein kurzer Auszug aus größern Werken. Als Summarium erscheint das von Augustus hinterlassene B., welches, als B. imperii von seinen Nachfolgern fortgesetzt, statistische Bemerkungen über die Hauptfaktoren des Staats, Armee, Einnahmen etc., enthält. Die spätere Bedeutung hat das Wort im Titel der Abrisse der römischen Geschichte von Eutropius und Rufus (B. rerum gestarum populi Romani), wo aber einige Handschriften Epitome statt B. lesen. B. Alaricianum heißt eine Sammlung römischer Rechtsbestimmungen, welche König Alarich II. unter Beiziehung römischer Rechtsgelehrten (506) für die im westgotischen Reich lebenden Römer veranstaltete, und zwar deshalb, weil damals, im Gegensatz zu dem heutigen Territorialitätsprinzip, jeder nach dem Recht seines Stammes gerichtet werden mußte. Das B. Alaricianum umfaßt im einzelnen folgende Stücke: den Codex Theodosianus in 16 Büchern, Novellen der Kaiser Theodosius, Valentinian, Marcian, Majorian und Severus, des Gajus Institutionen in 2 Büchern, die Receptae sententiae des Paulus in 5 Büchern, 13 Titel des Codex Gregorianus und 2 Titel des Codex Hermogenianus, endlich ein kleines Fragment aus Papinians Responsa. Dieses wichtige Rechtsbuch, das in Spanien bei den Westgoten bis in die Mitte des 7. Jahrh. in Kraft geblieben ist und auch im fränkischen Reiche Geltung erlangte, hat erst im 16. Jahrh. durch Tilius den Namen B. Alaricianum erhalten. Die erste vollständige Ausgabe lieferte Johann Sichard unter dem Titel: „Codicis Theodosiani libri XVI“ (Basel 1528); eine neue besorgte G. Hänel: „Lex Romana Visigothorum“ (Leipz. 1849). Auf Grundlage des Breviars entstanden vom 7. bis 9. Jahrh., größtenteils im fränkischen Reich, verschiedene Auszüge und Bearbeitungen („Epitomae Breviarii“), deren wir im ganzen sieben zählen. Sie sind sämtlich in Hänels Ausgabe gedruckt. Besondere Hervorhebung verdient die „Lex Romana Utinensis“ (oder „Curiensis“), da ihr eine selbständige Bedeutung als Gesetzbuch für Chur-Rätien zukommt. Vgl. Stobbe, De lege Romana U. (Königsb. 1853), und Planta, Das alte Rätien (Berl. 1872).