MKL1888:Brahma
[306] Brahma, in der Sanskritsprache als Neutrum die als Drang und Fülle des Gemüts auftretende und den Göttern zustrebende Andacht, heiliger Spruch (so nach dem Petersburger Sanskritwörterbuch), oder Gewächs, Wachstum, Mittel zum Wachstum (Opfergaben, heilige Gesänge), Triebkraft der ganzen Natur, das schlechthin Absolute (so Haug in „B. und die Brahmanen“, Münch. 1871). Als Maskulinum (Brahmâ) hat B. die Bedeutung eines Beters von Beruf, also eines Priesters oder Brahmanen, dann des Schöpfers der Welt, einer konkreten mythologischen Gestalt des B. als des abstrakten Prinzips der Welt. Als solcher erhält B. den Charakter eines obersten Gottes im indischen Pantheon, der allem Leben einhaucht und mit Wischnu, dem Erhalter, und Siwa, dem Zerstörer (s. Trimûrti), an der Spitze der zahlreichen Götter und des Universums steht. Seine Gattin ist Saraswatî (s. d.). Als Produkt der Abstraktion ist B. kein Gegenstand öffentlicher Verehrung; seinem Kultus waren niemals Tempel geweiht, er ist nur Gegenstand der frommen, andächtigen Betrachtung. Vgl. auch Roth, B. und die Brahmanen (in der „Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft“, Bd. 1, Leipz. 1846); J. Muir, Original sanskrit texts, Bd. 5 (Lond. 1872).