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MKL1888:Brahe

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Brahe“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 305306
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  1. Tycho Brahe
  2. Ebba Brahe
  3. Per Brahe der Jüngere
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  5. Magnus Fredrik Brahe
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Brahe. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 305–306. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Brahe (Version vom 14.04.2021)

[305] Brahe, linker Nebenfluß der Weichsel in Westpreußen, entspringt aus dem See bei Großschwessin auf der pommerschen Grenze unfern Rummelsburg, fließt (durch mehrere Seen) in südöstlicher Richtung, nimmt den Chotzen, die Kamionka und Zempolna auf, tritt unweit Bromberg durch den Bromberger Kanal mit der Netze und Oder in Verbindung und mündet nach einem Laufe von 195 km, von denen 15 km schiffbar sind, östlich von Bromberg bei Fordon in die Weichsel.

Brahe, 1) Tycho, Astronom, geb. 14. Dez. 1546 zu Knudstrup, einem Dorf bei Lund in Schonen, studierte zu Kopenhagen (seit 1559) und Leipzig (seit 1562) Rechts- und Staatswissenschaft; das genaue Eintreffen einer für 21. Aug. 1560 vorher verkündeten Sonnenfinsternis führte ihn jedoch zur Astronomie. Mit sehr mangelhaften Instrumenten beobachtete er 1563 die Zusammenkunft des Saturn und Jupiter und fand die Unzuverlässigkeit der Kopernikanischen Tabelle. Im J. 1565 Erbe eines bedeutenden Vermögens geworden, widmete er sich ganz der Astronomie, besuchte Wittenberg, Rostock, Augsburg, erbaute zu Heeritzwalde bei Knudstrup eine Sternwarte und entdeckte in der Kassiopeia 1572 einen neuen, 1574 wieder verschwundenen Stern. Im letztgenannten Jahr fing er auch an, astronomische Vorlesungen zu halten, machte dann eine zweite Reise nach Deutschland, der Schweiz und Italien und gedachte sich in Basel niederzulassen. Friedrich II. von Dänemark verlieh ihm indes 1576 einen Jahrgehalt und die kleine Insel Hveen im Sund zu Lehen und verwilligte ihm ansehnliche Summen zum Bau eines mit Sternwarte und Laboratorium versehenen Schlosses (Uranienburg) und eines Wohnhauses (Sternenburg) für seine Schüler. Auf diesem Schloß, das, mit allen astronomischen Apparaten reichlich ausgestattet, eine Pflanzschule der Astronomie für ganz Europa war, lebte B. 21 Jahre lang in den glücklichsten Verhältnissen, geehrt von Fürsten und Gelehrten und umgeben von Schülern, die er zum Fortbau der Wissenschaft heranbildete. Er bestimmte den Meridian seiner Sternwarte und arbeitete einen Fixsternkatalog aus. Nach dem Tod Friedrichs II. siegten seine Feinde, unter denen der Reichsrat Walchendorf genannt wird, und bewirkten, daß die Unterstützungen, die er bis dahin genossen, ihm entzogen wurden. Er verließ hierauf Dänemark (1597), begab sich zum Grafen Ranzau nach Wandsbeck und folgte 1599 einem Ruf des Kaisers Rudolf II. nach Prag, wo ihm derselbe einen ansehnlichen Jahrgehalt aussetzte und das Schloß Benack schenkte. Doch zog es B. vor, seine Wohnung und Sternwarte in Prag selbst aufzuschlagen, wo er von Kepler, seinem großen Nachfolger, bei seinen Arbeiten unterstützt wurde. In Prag starb B. 24. Okt. 1601 und wurde in der Teinkirche, wo man noch sein Denkmal sieht, beigesetzt. Die kostbare Sammlung seiner astronomischen und sonstigen Instrumente wurde nach der Schlacht am Weißen Berge größtenteils vernichtet; nur ein großer Sextant wird noch in Prag gezeigt. Eine große messingene Himmelskugel, welche 5000 Thlr. gekostet haben soll, ging 1720 beim Brande des Schlosses in Kopenhagen zu Grunde. Seinen Ruhm verdankt B. seinen astronomischen Beobachtungen, denen er mit Hilfe verbesserter Instrumente einen Grad von Genauigkeit verlieh, den keiner seiner Vorgänger oder Zeitgenossen erreichte. Insbesondere waren es seine genauen Beobachtungen des Planeten Mars, welche Kepler die Aufstellung der richtigen Gesetze der Planetenbewegung ermöglichten. Obwohl B. den Kopernikus sehr hochschätzte, konnte er sich doch mit dessen Weltsystem nicht befreunden und nahm insbesondere an der dritten Bewegung der Erde Anstoß, die dieser Astronom angenommen hatte. Deshalb stellte er um 1585 selbst ein Weltsystem auf, bei welchem die Erde den Mittelpunkt der Welt bildet. Sie wird von Mond und Sonne umkreist, und um die letztere laufen Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Von seinen Werken erwähnen wir: „Opera astronomica“ (1648); „Astronomiae instauratae mechanica“ (Uranienb. 1598, Nürnb. 1602); „Epistolae astronomicae“ (Uranienb. 1566, Frankf. 1610); „Historia coelestis“ (hrsg. von L. Barret, Augsb. 1666); „De mundi aetherici recentioribus phaenomenis“ (Uranienb. 1588); „Opera omnia“ (Prag 1611, Frankf. 1648). Sein Leben beschrieben Gassendi (Par. 1655; deutsch, Leipz. u. Kopenh. 1756), Helfrecht (Hof 1798), Pedersen (Kopenh. 1838), Friis (das. 1871). Brahes Briefwechsel wurde von Frijs veröffentlicht (Kopenh. 1876 ff.). 1876 wurde ihm in Kopenhagen ein Denkmal gesetzt. Vgl. auch v. Hasner, Tycho B. und J. Kepler in Prag (Prag 1872).

2) Ebba, Gräfin von, Tochter des schwed. Reichsdrosten Magnus B., geb. 1596, Gustav Adolfs Jugendgeliebte, an die er Briefe und Lieder richtete, von denen sich noch einige Überreste erhalten haben. Er wollte sich, als er zur Regierung gekommen (1611), mit ihr vermählen; aber seine Mutter Christine von Schleswig-Holstein hintertrieb dies, und Ebba wurde 1618 Gemahlin des schwedischen Feldherrn Jakob de la Gardie. Sie starb 1654.

3) Per, schwed. Staatsmann, geb. 1602, studierte in Upsala, Gießen, Bonn, Straßburg und [306] Padua, machte große Reisen und stand in schwedischem Staatsdienst unter Gustav Adolf und Oxenstierna. Er ward 1633 nach Deutschland geschickt, um dem letztern bei den Verhandlungen zur Seite zu stehen. 1635 schloß er mit Polen den Waffenstillstand zu Stuhmsdorf ab. Er erwarb sich große Verdienste um die Hebung von Finnland, wo er 1637–40 und 1648–54 Gouverneur war, um das schwedische Kirchen- und Schulwesen, um Handel, Bergbau etc., gründete die Universität zu Abo, die Stadt Brahestad, das Gymnasium zu Wisingsö und unzählige Elementarschulen. Als Reichsdrost von Schweden legte er den ersten Grund zu einem neuen Gesetzbuch, nahm im Reichsrat den ersten Platz ein und war einer der Vormünder Karls XI. B. starb 12. Sept. 1680.

4) Erich, Graf von, Oberst der schwed. Leibgarde, geb. 1722 zu Stockholm, stand mit Horn 1755 an der Spitze einer Verschwörung, welche dem König Adolf Friedrich die unbeschränkte Souveränität verschaffen wollte. Das Komplott ward aber entdeckt und B. auf Befehl der Reichsstände 1756 enthauptet.

5) Magnus, Graf von, Enkel des vorigen, geb. 1790, schwed. Reichsmarschall, Kanzler und Inhaber der höchsten Würden am Hof des Königs Karl XIV. Johann (Bernadotte), nahm als Günstling des Königs entschiedenen Teil an den wichtigsten Staatsgeschäften und war beständig in der nächsten Umgebung des Monarchen. Er starb 16. Sept. 1844.

6) Brigitte, Heilige, s. Brigitta.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 134
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[134] Brahe, Tycho, Astronom. Eine Anzahl seiner auf der Baseler Universitätsbibliothek befindlichen Briefe veröffentlichte F. Burckhardt (Basel 1887). Sein Leben beschrieb noch T. B. Dreyer („Tycho B., a picture of scientific life and work in the 16. century“, Lond. 1890).