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MKL1888:Bauernvereine

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Bauernvereine“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Bauernvereine“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 2 (1885), Seite 476
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Bauernvereine. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 476. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Bauernvereine (Version vom 28.03.2022)

[476] Bauernvereine, Vereine zur Wahrung der bäuerlichen Standesinteressen, sind in den letzten Jahren in Deutschland und in Österreich vielfach gegründet worden. Im Gegensatz zu den landwirtschaftlichen Vereinen stellen sich die B. als politische Vereine und die von ihnen veranstalteten Bauerntage als politische Versammlungen dar. Der 1860 gegründete Westfälische Bauernverein bezweckt namentlich die Wahrung der Interessen des katholischen Bauernstandes und will durch möglichst engen Anschluß der Mitglieder zu einem wohlgeordneten Ganzen für die berechtigten Standesinteressen eintreten. Das Organ des Vereins, dessen Mitgliederzahl auf rund 14,000 angegeben wird, ist „Der westfälische Bauer“. Auch der Bayrisch-patriotische Bauernverein, 1868 gegründet, mit etwa 9000 Mitgliedern, ist ein katholischer Verein, welcher unzweifelhafte bayrisch-patriotische Gesinnung zur Vorbedingung seiner Mitgliedschaft macht. Auch in Oberschlesien ist 1878 ein solcher Bauernverein gegründet worden. Dagegen betont der Allgemeine deutsche Bauernverein, 1883 gegründet und von dem Gutsbesitzer Wisser in Windischholzhausen bei Erfurt geleitet, mehr den Gegensatz zwischen dem Bauernstand und den Großgrundbesitzern. Das Programm desselben, welches 25. und 26. Nov. 1883 in Eisenach festgestellt wurde (sogen. Eisenacher Programm), bewegt sich auf liberalem Boden: Treue zu Kaiser und Reich, Wahrung der Rechte der Volksvertretung, Selbständigkeit des Gemeindelebens, Einführung der Fabrikatsteuer für die Besteuerung von Spiritus und Zucker, Parzellierung der Staatsdomänen, Ablösung der Reallasten und Umwandlung des abhängigen bäuerlichen Besitzes in freies Eigentum, Jagdrecht auf eignem Grund und Boden, Errichtung von Landwirtschaftsschulen, Regelung des Wegebauwesens und der Flußregulierungen durch die Gesetzgebung, Errichtung von Landeskulturrentenbanken und landschaftlichen Kreditinstituten, thunlichste Ermäßigung der indirekten Steuern, Herabsetzung der Gerichtskosten, insbesondere der Kosten und Stempelgebühren bei Übereignung von Grundeigentum, Förderung von Vorschußvereinen, Viehversicherungsvereinen und des auf Hebung der ländlichen Verhältnisse gerichteten Vereins- und Genossenschaftswesens überhaupt. Das Organ des Vereins ist die in Gotha erscheinende „Deutsche Bauernzeitung“. Die Gründung dieses Vereins hat wiederum die Bildung agrarischer B. zur Folge gehabt, welche mehr der Politik des Schutzzollsystems und der konservativen Richtung zugethan sind.