MKL1888:Böhtlingk
[154] Böhtlingk, Otto, bedeutender Orientalist, Mitbegründer des wissenschaftlichen Studiums des Sanskrits in Deutschland, geb. 30. Mai (a. St.) 1815 zu Petersburg, wohin seine Vorfahren aus Lübeck 1713 eingewandert waren, studierte seit 1833 in Petersburg orientalische Sprachen, von 1835 ab in Berlin und Bonn insonderheit Sanskrit, wurde nach seiner Rückkehr (1842) zum Adjunkten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, 1845 zum ordentlichen Mitglied derselben, 1860 zum Wirklichen Staatsrat, 1875 zum Geheimrat ernannt, nachdem er seinen Wohnsitz schon 1868 nach Jena verlegt hatte. Epochemachend war seine Ausgabe des Sanskrittextes der berühmten Grammatik des Panini (Bonn 1840, 2 Bde.), an die sich Editionen von Vopadevas Grammatik (Petersburg 1846) und Hemaçandras Wörterbuch (das. 1847) anreihten. Dem Studium der indischen Dramen in Deutschland gab er durch seine Ausgabe und Übersetzung von Kalidasas „Sakuntala“ (Bonn 1842) eine feste Grundlage und sammelte die indische Sprachweisheit in seinem trefflichen Werk „Indische Sprüche“ (Petersb. 1863–65, 3 Bde.; 2. Aufl., 7613 Sprüche enthaltend, 1870–71); nicht minder reichhaltig ist seine „Sanskrit-Chrestomathie“ (das. 1845, 2. Aufl. 1877). Eins der interessantesten indischen Dramen hat er neuerdings ins Deutsche übersetzt („Mricchakatika“, Petersb. 1877). Zahlreich sind seine kleinern Abhandlungen in den Publikationen der kaiserlichen Petersburger Akademie. Sein Hauptwerk aber, das er in Gemeinschaft mit R. Roth in Tübingen herausgab unter Mitwirkung der bedeutendsten deutschen Sanskritisten, ist das großartige „Sanskrit-Wörterbuch“ (Petersb. 1855–75, 7 Bde.), ein Stellenwörterbuch, für welches die äußerst reiche, bisher in Handschriften oder Drucken bekannte Sanskritlitteratur der wedischen und der spätern Epoche in höchst sorgfältiger Weise exzerpiert und zum erstenmal eine geschichtliche Anordnung der Wortbedeutungen unternommen ist. Neuerdings hat B. ein „Sanskrit-Wörterbuch in kürzerer Fassung“ herauszugeben begonnen (Petersb. 1879 ff.), in welchem die Bedeutungen ohne Angabe der Stellen, zugleich aber sehr viele in dem großen Wörterbuch nicht enthaltene Wörter, zum Teil nach Mitteilungen andrer Sanskritisten, gegeben werden. Wichtig für vergleichende Grammatik der ural-altaischen Sprachen ist sein früheres Werk: „Über die Sprache der Jakuten“ (Petersb. 1851).