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MKL1888:Aufruhr

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Aufruhr“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Aufruhr“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 2 (1885), Seite 65
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Aufruhr. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 2, Seite 65. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Aufruhr (Version vom 24.03.2022)

[65] Aufruhr (Aufstand, Seditio, Tumultus), im weitern Sinn und im gewöhnlichen Sprachgebrauch oft als gleichbedeutend mit Empörung, Tumult und Auflauf gebraucht für jede öffentliche Widersetzung und Auflehnung gegen die verfassungsmäßige Obrigkeit; in der eigentlichen strafrechtlichen Bedeutung des Worts aber eine bei öffentlicher Zusammenrottung mit vereinten Kräften gegen die Obrigkeit verübte Nötigung oder Widersetzung. Man nahm hierbei früher vielfach an, daß eine bestimmte Anzahl von Personen, nach Feuerbach mindestens 16, erforderlich sei, um die zum Begriff des Aufruhrs erforderliche Volksmenge zu bilden. Die neuern Strafgesetzgebungen erblicken dagegen das strafbare Moment lediglich darin, daß eine öffentliche Zusammenrottung in der offen erklärten Absicht stattfindet, den Willen der Menge über den Willen der Obrigkeit zu stellen. Einerlei ist es dabei, ob eine derartige Absicht gleich anfangs vorhanden und eine solche Auflehnung überhaupt der Zweck der Zusammenrottung gewesen ist, oder ob eine derartige Absicht erst später und zufällig gefaßt wurde (sogen. zufällig entstandener A.), wenn auch der letztere Umstand regelmäßig als ein Strafminderungsgrund erscheinen wird. Das Strafgesetzbuch des Deutschen Reichs (§ 113 ff.) insbesondere hebt ausdrücklich die beiden Fälle hervor, daß entweder bei der öffentlichen Zusammenrottung einem Beamten in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes mit Gewalt und mit vereinten Kräften Widerstand geleistet oder auf denselben ein thätlicher Angriff erfolgt, oder daß dabei versucht worden ist, eine Behörde oder einen Beamten durch Gewalt oder Drohung zur Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung zu nötigen. Eine Ausführung und ein Gelingen dieses Unternehmens ist für den Thatbestand des Aufruhrs nicht erforderlich. Als Strafe soll für jeden Teilnehmer Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, für die Rädelsführer und diejenigen Aufrührer aber, welche die eigentliche Widersetzungs- oder Nötigungshandlung selbst verübten, Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren eintreten, wofern nicht etwa mildernde Umstände vorliegen sollten. Auch kann auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht erkannt werden.