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MKL1888:Artillerieschulen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Artillerieschulen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Artillerieschulen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 1 (1885), Seite 886887
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Artillerieschulen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 886–887. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Artillerieschulen (Version vom 26.10.2024)

[886] Artillerieschulen, Anstalten zur fachlichen Bildung von Offizieren der Artillerie, häufig mit den Ingenieurschulen verbunden. Lehrgegenstände sind: Mathematik, Chemie, Physik, Artillerie- und Ingenieurwissenschaften, Terrainlehre, Taktik, Kriegsgeschichte, Pferdekenntnis, Zeichnen, Englisch, Französisch, Übungen im Terrainaufnehmen, Besuch der technischen Institute der Artillerie. Deutschland besitzt seit 1816 eine vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule in Berlin (Charlottenburg), Bayern eine solche in München. Die von den Kriegsschulen entlassenen Portepeefähnriche treten in der Regel auf zwei Jahre in den praktischen Dienst zurück [887] und werden dann, nach ihrer Beförderung zum Offizier, zum Besuch der Artillerieschule kommandiert (Kursus ein Jahr), worauf sie nach bestandenem Examen zu Artillerieoffizieren ernannt werden. Der Unterricht für Feld- und Fußartillerie ist getrennt. 25 Schüler können auf 9 weitere Monate zum Besuch der Selekta zugelassen werden. Österreich: Höherer Artilleriekurs in Wien soll besonders befähigte Offiziere dieser Waffe in ihrer Ausbildung vervollkommnen. Frankreich: In den 19 A. (jede der 19 Artilleriebrigaden hat eine) werden die Offiziere ausgebildet. Ein Teil derselben erhält in der École d’application de l’artillerie et du génie zu Fontainebleau (bis 1870 in Metz) in zweijährigem Kursus fachliche Fortbildung. England hat eine Artillerieschule in obigem Sinne nicht. Die auf der Militärakademie zu Woolwich ausgebildeten Offiziere besuchen ein halbes Jahr die Artillerieschießschule zu Shoeburyneß. Rußland: Michael-Artillerieakademie zu Petersburg mit zweijährigem Kursus. Italien: Militärakademie zu Turin, Kursus dreijährig, daran anschließend die Applikationsschule für Artillerie und Genie mit zweijährigem Kursus. Spanien hat eine Schule zur Heranbildung von Artillerieoffizieren, die nicht aus den Unteroffizieren hervorgingen, in Segovia, für Genie in Guadalajara; die Türkei hat eine Artillerie- und Ingenieurschule in Konstantinopel. Die ersten A. errichtete Venedig zu Anfang des 16. Jahrh. In diesen Anstalten erlernten die angehenden Artilleristen die Rechenkunst, die Geometrie, das Modellieren und Zeichnen der Geschütze und Festungswerke, die Verfertigung der Ladeschaufeln, den Gebrauch der Instrumente zum Richten, das Probieren der neugegossenen Geschütze, die Verfertigung der Kunstfeuer, den Batteriebau, die Anlegung der Minen etc.; besonders aber wurden sie im Zielschießen mit den verschiedenen Arten Geschützen geübt. Nach dem Muster dieser Schulen errichtete Karl V. ähnliche zu Burgos in Spanien und in Sizilien; in Deutschland dauerte aber der alte Brauch fort, die Artillerie zunftmäßig für Geld zu lehren und zu treiben, wobei besonders die Feuerwerkerei hervorgehoben ward, die selbst Fürsten zu ihrem Zeitvertreib ausübten. In Frankreich wurde 1675 zu Montesson, unweit Paris, eine Übungsschule im Schießen und Werfen angelegt, die 1679 durch Ludwig XIV. zu einer wirklichen theoretischen Artillerieschule in Douai umgestaltet wurde. Sachsen bekam 1766 eine Artillerieschule.