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MKL1888:Aquädukt

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Aquädukt“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 707
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Aquädukt. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 707. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Aqu%C3%A4dukt (Version vom 28.12.2022)

[707] Aquädukt (lat.), Wasserleitung. Die historische Überlieferung schreibt die Anlage der ältesten Aquädukte Ramses d. Gr., Semiramis und dem König Salomo zu. In China existieren noch heute Aquädukte, deren Entstehung bis in die ältesten Zeiten hinaufreicht. Diese Aquädukte, für welche die Überreste derjenigen von Palmyra und Samos (687 v. Chr. von Eupalinos von Megara erbaut) Beispiele sind, waren unterirdische Kanäle, welche das Wasser aus mehr oder minder entfernt liegenden Quellen in die Städte führten. Griechische Aquädukte gab es in Athen, wo das Wasser vom Hymettos und Pentelikon herkam, in Theben, Megara, Samos (neuerdings wieder aufgefunden), Pharsalos u. a. O. Weit ausgebildeter finden wir die Aquädukte bei den Römern, wo sie selten unterirdisch, sondern meist auf gewölbten Bogenstellungen hingeführt wurden und zu den großartigsten Schöpfungen der alten Baukunst gehörten. Die Leitungen bestanden aus Holz, Blei, ja Leder, meistens aber aus Steinkanälen. Die in die einzelnen Häuser führenden Leitungen waren, wie die Ausgrabungen in Pompeji ergeben haben, gewöhnlich aus Blei. Manche Aquädukte hatten mehrere Stockwerke, jedes mit einem besondern Rinnsal und zwar von verschiedenen Quellen. Den Ausgang bildet das Quellhaus (caput aquae), das Ende des Laufs bezeichnet das Reservoir (castellum). Von hier nahm das Wasser seinen Weg in die Bäder, Gärten etc. Besondere Beamte waren mit Regelung der auf den Wasserbedarf bezüglichen Angelegenheiten betraut, und die Gesetze zum Schutz der Anlagen wurden mit Strenge gehandhabt. Die imposantesten und riesenhaftesten Aquädukte besaß Rom selbst; mehrere derselben führten das Quellwasser der Gebirge 15–30 Stunden weit über Thäler, Schluchten und Abgründe oder durch Höhen herbei. Die erste Wasserleitung daselbst, die Aqua Appia, erbaut 305 v. Chr., begann an der Via Praenestina, wurde fast 4 Wegstunden lang unterirdisch geführt, trat bei der Porta Capena in die Stadt und goß im Campus Martius ihr Wasser aus. Später entstanden jene des M. Curius Dentatus (290 v. Chr. aus Peperinblöcken erbaut), M. Agrippa, Augustus, Claudius (s. Tafel „Baukunst VI“, Fig. 3), Nero, Caligula, Caracalla. Unter den spätern Kaisern kamen noch etwa 20 andre hinzu. Welche Wassermenge diese gesamten Aquädukte einst Rom gespendet haben mögen, läßt sich daraus ermessen, daß die drei noch jetzt bestehenden hinreichen, jedes Haus sowie die unzähligen öffentlichen Brunnen der heutigen Stadt in Überfluß zu versorgen. Diese sind: die Fontana di Trevi (Virgo Aqua), von M. Agrippa 22 v. Chr. angelegt, von Papst Pius IV. wiederhergestellt; die Acqua Felice oder di Termini (Claudia Aqua), von Caligula angefangen, von Claudius 50 n. Chr. beendigt, von Papst Sixtus V. wiederhergestellt, und die Algentina, welche die herrlichen Wasserfälle in der Villa Aldobrandini bildet. Neuerdings (1882) ist die Wasserleitung des Bitilenus bei Alatri aufgedeckt worden. Die Kanäle der römischen Wasserleitungen waren nach Frontin, der die genaueste Schilderung derselben hinterlassen hat, durchweg gemauert, sowohl unter als über der Erde, und hier auf Unterbauten oder Bogengängen in Hausteinen oder Ziegeln ausgeführt und nach oben überall entweder mit Gewölben oder Steinbalken überdeckt. Der Querschnitt der Kanäle richtete sich nach der Quantität des zu leitenden Wassers, und die Höhe derselben übertraf stets den höchsten Wasserstand. Die innern Wände und Sohlen der Kanäle erhielten einen wasserdichten, aus Kalk und zerschlagenen Ziegelstückchen, anstatt des Sandes, gemischten Bewurf, der auch selbst in den durch festes Felsengebirge getriebenen Stollen nicht fehlte. Von Aquädukten in den römischen Provinzen sind noch Trümmer vorhanden, so zu Zahlbach bei Mainz, zu Metz, zu Nîmes in Frankreich (Pont du Gard), zu Segovia, Tarragona und Merida in Spanien. Hervorzuheben ist noch der vom Ostgotenkönig Theoderich um 500 zwischen zwei steilen Abhängen erbaute A. bei Spoleto in der italienischen Provinz Umbrien, der bei 89 m größter Höhe der Kämpfer über dem Terrain aus zwei Etagen mit 10 untern Öffnungen von je 21,4 m Spannweite und 30 obern Bogen besteht, welche eine Rinne tragen, worin das Wasser über den Wildbach Mareggia nach Spoleto geleitet wird. In unsrer Zeit ist die Errichtung kostspieliger Aquädukte durch Röhrenleitungen, Druckwerke u. dgl. unnötig geworden. Außer den Aquädukten zu Bomfica bei Lissabon und Caserta im Neapolitanischen sowie einigen in England und Schottland sind von neuern Bauten nur der A. von Arcueil (1613–24 für die Fontäne im Luxembourgpalast in Paris erbaut und 3500 m lang) und der A. Maintenon in Versailles zu erwähnen. Der letztere, unter Ludwig XIV. nach den Entwürfen und unter der Leitung Vaubans begonnen, sollte auf einer dreifachen, oben 4990 m langen, 70 m hohen Arkadenreihe von 242 Bogen die Wasser der Eure den Bassins und Wasserkünsten der Gärten von Versailles zuführen; indessen wurde nur die unterste Bogenreihe mit einem Kostenaufwand von 22 Mill. Livres wirklich vollendet.