MKL1888:Anomalīe
[609] Anomalīe (griech.), Abweichung von der bezüglichen Regel, dem Normalen, daher anomal, s. v. w. abnorm, von dem Regelmäßigen abweichend. Anomalien auf dem Gebiet der Natur nennt man alle erkennbaren quantitativen und qualitativen Abweichungen der Bildung der Naturkörper von der Regel. Sie bestehen in der organischen Natur sowohl in regelwidriger Größe, Gestalt, Lage, Verbindung, Farbe, Konsistenz etc. als auch in Abweichungen in chemischer und physikalischer Beziehung sowie im gesamten Verlauf der Lebenserscheinungen. (S. Krankheit.) Diese Abweichungen bilden sich ebenso wie das normale Leben nach den bestehenden Gesetzen der Natur, nur treten letztere dabei unter ungewöhnlichen Bedingungen in Thätigkeit. (S. Mißgeburt.) – In der Astronomie bezeichnet man mit A. den Winkelabstand eines Planeten oder Kometen von seiner Sonnennähe. Man unterscheidet wahre, mittlere und exzentrische A. (s. Figur). Bedeutet in der Figur die Ellipse APA1 die Bahn eines Planeten oder Kometen, AA1 die Absidenlinie oder Hauptachse dieser Bahn, O den Mittelpunkt derselben, S den einen Brennpunkt der Bahn, in welchem der Sonnenmittelpunkt steht, also A die Sonnennähe (das Perihel) und A1 die Sonnenferne (das Aphel), so ist der Winkel ASP = φ die wahre A. des Himmelskörpers P. Schlägt man ferner über AA1 als Durchmesser einen Kreis und legt durch P eine zu AA1 senkrechte Gerade MP, welche den Kreis in Q schneidet, so ist der Winkel AOQ = Θ die [610] exzentrische A. Mittlere A. ist der Winkelabstand von A, den der Körper, von O aus gesehen, haben würde, wenn er sich mit gleichförmiger Geschwindigkeit, bei unveränderter Umlaufszeit, auf dem Kreis
Wahre und exzentrische Anomalie. | |
bewegte. Der Unterschied zwischen der wahren und der mittlern A. heißt die Gleichung des Mittelpunktes (s. d.).