MKL1888:Aluminĭum
[429] Aluminĭum (v. alūmen, Alaun), das Metall der Thonerde, findet sich nicht gediegen, nimmt aber in Form von kieselsaurer Thonerde wesentlichen Anteil an der Bildung der Erdrinde, sofern diese Verbindung den Hauptbestandteil der wichtigsten Mineralien (Feldspat, Glimmer) des Thonschiefers, des Thons, des Lehms und vieler Ackererden bildet. Außerdem kommt A. als Oxyd und Hydroxyd, als schwefelsaure und phosphorsaure Thonerde, auch als Fluoraluminium (mit Fluornatrium im Kryolith) vor. Die Bedeutung des Aluminiums für die Industrie ist bisher eine beschränkte geblieben, weil die hüttenmännische Darstellung aus dem Thone noch nicht gelingen wollte; man ist vielmehr auf den Bauxit beschränkt, der auch nur im Fabrikbetrieb verarbeitet werden kann. Man erhitzt gepulverten Bauxit, ein Mineral, welches aus 50 Proz. Thonerde und 25 Proz. Eisenoxyd mit wenig Kieselsäure und Wasser besteht, mit kalzinierter Soda im Flammofen, laugt die Masse mit Wasser aus und fällt aus der so erhaltenen Lösung von Thonerdenatron die Thonerde mittels Kohlensäure. Der getrocknete Niederschlag wird mit Steinkohlenteer und Kochsalz (Chlornatrium) gemischt, zu Kugeln geformt und in vertikal stehenden Thonretorten bei Weißglut mit Chlor behandelt. Es verflüchtigt sich dann eine Verbindung von Chloraluminium [430] mit Chlornatrium, welche in einer angekitteten Vorlage durch Abkühlung verdichtet und dann in einem Flammofen mit 35 Proz. Natrium erhitzt wird. Hierbei tritt nun das Chlor vom A. an das Natrium, und so erhält man metallisches A. Außer dem Bauxit wurde eine Zeitlang auch Kryolith auf A. verarbeitet, viel wichtiger aber sind die Bemühungen, das teure Natrium durch Zink zu ersetzen. Man erhält dabei eine Aluminiumzinklegierung, aus welcher durch wiederholtes Schmelzen mit Chlornatrium-Chloraluminium das Zink entfernt wird. Die hierzu erforderliche hohe Temperatur hinderte bisher die Anwendung dieser Methode in der Praxis. In neuester Zeit hat man angefangen, das A. auf elektrolytischem Weg mit Hilfe einer kräftigen Dynamomaschine aus seinen Verbindungen abzuscheiden.
Das A. ist weiß mit einem Stich ins Bläuliche, es ist etwa so hart wie Silber, läßt sich zu Draht, Blech und dünnster Folie verarbeiten, nähert sich in seiner absoluten Festigkeit dem Zink, läßt sich gut polieren und besitzt einen schönen Klang. Das spezifische Gewicht des gegossenen Aluminiums ist 2,56, nach dem Hämmern 2,67 (es ist etwa so schwer wie ordinäres Glas). Reines A. ist geschmack- und geruchlos, aber ein Gehalt von Silicium, wie ihn das käufliche A. gewöhnlich besitzt, gibt ihm den Geruch des Gußeisens. Es schmilzt sehr langsam bei 700° (schwerer als Zink, leichter als Messing), darf aber nur im Kalktiegel oder in einem mit Kohle oder heftig geglühter Thonerde ausgefütterten irdenen Tiegel unter einer Decke von Chlornatrium geschmolzen werden. An der Luft verändert sich reines A. nicht, und beim Schmelzen oxydiert es sich nicht bemerkbar, selbst in der Weißglut verbrennt es nur oberflächlich. Dagegen verbrennt Blattaluminium schon in der Spiritusflamme. Es ist nicht flüchtig, zersetzt das Wasser nur als Blattaluminium. Es löst sich leicht in Salzsäure, warmer verdünnter Schwefelsäure und Alkalilauge. Organische Säuren lösen es besonders bei Gegenwart von Kochsalz, weshalb es sich nicht zu Kochgeschirren eignet. Von Salpetersäure und schmelzendem Alkalihydrat wird es nicht angegriffen, Salpeter oxydiert es erst in der Weißglut; Schwefelwasserstoff und Schwefelalkalimetalle sind ganz ohne Wirkung darauf, es läuft daher auch nicht wie das Silber an. Aus den Lösungen vieler Metalle scheidet es diese regulinisch ab. Mit amalgamiertem Zink gibt es in verdünnter Schwefelsäure ein galvanisches Element, dessen Strom an Intensität wenigstens dem eines Platinzinkpaars gleichkommt. Das Atomgewicht des Aluminiums ist 27,04. Man kennt vom A. nur ein Oxyd, Aluminiumoxyd oder Thonerde Al2O3, und diesem entspricht das Aluminiumchlorid Al2Cl6. In allen Aluminiumverbindungen enthält 1 Molekül 2 Atome A., und dieser Atomkomplex ist sechswertig.
Zum Löten des Aluminiums benutzt man Zink-Kupfer-Aluminiumlegierungen, und wo die Lötstelle auf Druck und Querziehungen in Anspruch genommen wird, verkupfert man das Metall vor dem Löten. A. läßt sich auch leicht vergolden und versilbern, während das Plattieren große Schwierigkeiten darbietet. Der Grabstichel gleitet auf A. aus wie auf Glas, dringt aber leicht ein, wenn man einen Firnis aus Terpentinöl und Stearinsäure anwendet. Zum Polieren des Aluminiums dient Polierstein, der in eine innige Mischung von Baumöl und Rum getaucht wird; zum Putzen und Entfetten ist Benzin am geeignetsten. Um Kupfer galvanisch mit A. zu überziehen, taucht man es in wasserfreies Chloraluminium-Chlornatrium, welches bei 180° schmilzt; als positive Elektrode zu dem Kupfer dient A. oder ein Cylinder, der aus Kohle und wasserfreier Thonerde geformt ist. Erhitzt man das mit A. überzogene Kupfer, so verwandelt es sich an der Oberfläche in Aluminiumbronze. Die genannten Eigenschaften würden dem A. eine vielseitige Verwendung sichern, wenn es billiger herzustellen wäre. Infolge seines geringen spezifischen Gewichts besitzt es zwar die dreifache Ausgiebigkeit des Kupfers, Eisens, Messings und Neusilbers und die vierfache des Silbers, die Verwendbarkeit bleibt aber trotzdem eine beschränkte.
Man benutzt A. zu Schmuckwaren (besonders schön ist mattes A., welches man durch schwaches Ätzen mit verdünnter Natronlauge und Waschen mit Salpetersäure erhält), zu allerlei Instrumenten, bei denen seine Leichtigkeit von Nutzen ist (Operngläser, Fernrohre, Indikatoren, Anemometer, Spiegelsextanten, Wagebalken, Fassungen für Magnetsysteme, chirurgische Apparate, kleine Gewichte), zu Gebissen, Tischgeräten (es läuft nicht an wie Silber und ist ganz unschädlich), Denkmünzen, Bechern, Glocken etc. Das bröckelige Gefüge, die geringe Festigkeit und die Reibungsverhältnisse, in welchen letztern es viel Ähnlichkeit mit dem Zink hat, erschweren auch die Verwendbarkeit. Blattaluminium fertigt man als Surrogat des Blattsilbers.
Das A. wurde 1827 von Wöhler entdeckt und mit Hilfe von Alkalimetall aus Chloraluminium abgeschieden; 1854 gelang Bunsen die elektrolytische Darstellung aus Chloraluminium-Chlornatrium. Um dieselbe Zeit beschäftigte sich Deville mit dem A., und da die weite Verbreitung der Thonerde und die eigentümlichen Eigenschaften des neuen Metalls für dasselbe eine große Zukunft ahnen ließen, so erhielt Deville vom Kaiser Napoleon die Mittel zu großartigen Versuchen. In Javelle bei Paris wurde 1855 die fabrikmäßige Darstellung des Aluminiums unternommen, und noch in demselben Jahr erschienen die ersten Barren des „Silbers aus Lehm“ auf der Pariser Ausstellung. Sind nun auch die an das A. geknüpften Erwartungen bei weitem nicht in Erfüllung gegangen, so hat es sich doch eine gewisse feste Stellung in der Technik errungen und wird auf wirkliche Handelswaren verarbeitet. Am günstigsten entwickelte sich die Aluminiumindustrie in Frankreich, wo es auch ausschließlich und zwar zu Salindres bei Alais dargestellt wird. Verarbeitet wird es hauptsächlich in Nanterre (Seine), doch hat es sich auch in Berlin eingebürgert. Fast noch wichtiger als das reine A. sind einzelne Legierungen desselben, namentlich die Aluminiumbronze. Die Aluminiumindustrie hat noch in andrer Weise einen bedeutenden Einfluß ausgeübt. Sie bedurfte reiner Thonerde, und das Streben, ihr diese zu liefern, schuf die Bauxit- und Kryolithindustrie. Im Interesse der Aluminiumfabrikation wurde ferner die Darstellung des Natriums in solcher Weise gefördert, daß der Preis desselben in zehn Jahren von 2000 auf 15 Frank pro Kilogramm sank. Dadurch wurde es möglich, reines Ätznatron aus Natrium darzustellen, und namentlich gewann die wissenschaftliche Chemie ungemein durch die erleichterte Benutzbarkeit eines so wichtigen Körpers.
[24] Aluminium. Die elektrolytische Darstellung des Aluminiums hat in neuester Zeit großes Interesse erregt. Schon Davy und Deville bemühten sich, A. aus wässerigen Lösungen durch Elektrolyse abzuscheiden, ihre Versuche blieben aber wie die vieler andrer ohne Erfolg. Der Prozeß mag immerhin ausführbar sein, beim heutigen Stande der technischen Mittel aber erscheint die Elektrolyse im Schmelzfluß befindlicher Aluminiumverbindungen jedenfalls aussichtsvoller, wenigstens soweit die Elektrizität durch Dampfmotoren erzeugt wird. Die zur Abscheidung des Metalls nötige Potenzialdifferenz und damit auch der Elektrizitäts- und Arbeitsverbrauch ist offenbar um so geringer, je mehr sich die Temperatur der Aluminiumverbindung der Dissociationstemperatur nähert. Die ersten Versuche, geschmolzenes Aluminiumnatriumchlorid durch Elektrolyse zu zersetzen, machte Bunsen 1854, und sein Verfahren ist im wesentlichen bis heute nur mit Änderung des Apparats beibehalten worden. Im großen wurde dasselbe schon 1862 von Bell in Gateshead durchgeführt. Grätzel in Hannover benutzte seit 1883 folgenden Apparat. In einem Ofen A (Fig. 1) sind 2–5 Schmelzgefäße B nebeneinander angeordnet. Dieselben bestehen aus Kupfer oder Eisen u. bilden dann gleichzeitig die Kathoden, oder sie sind aus Porzellan oder Steingut gefertigt und werden in diesem Fall zum Schutz gegen die unmittelbare Einwirkung des Feuers mit einem Metallmantel umgeben, während die Innenseite mit einem als Kathode dienenden Aluminiumblech C ausgekleidet ist. In den Deckel N der Gefäße münden je zwei Röhren D und E für Zu- und Ableitung des reduzierenden
Fig. 1. Grätzels Apparat zur Darstellung von Aluminium. | |
Gases. F und G sind Gasleitungsrohre. Zur Isolierung beider Elektroden und gesonderten Ableitung des Chlors wird in den Deckel ein aus Schamotte od. dgl. gefertigter feuerfester Cylinder eingesetzt, der oben mittels eines die Kohlenanode J tragenden Deckels H verschlossen ist, unten seitlich aber zehn schmale Schlitze K besitzt, durch welche die Schmelze zum Kohlepol gelangen kann. Das Chlor entweicht durch die Öffnung L in die Rohrleitung M. Der Apparat besitzt noch mancherlei Nachteile, namentlich wird der Prozeß durch Anwendung des teuern Chlorids sehr kostspielig, der Verbrauch an Kohlenelektroden ist sehr bedeutend, und das Chlor frißt viel A. auf. Man hat nun das Chlorid durch das Fluorid ersetzt und anderseits den Apparat zur Darstellung von Magnesium benutzt, um durch Zusammenschmelzen von diesem mit Kryolith A. darzustellen. E. und A. Cowles, in Cleveland (Ohio) benutzen seit 1886 zur Darstellung
Fig. 2. Längschnitt. | Fig. 3. Querschnitt. |
Cowles’ Apparat zur Darstellung von Aluminium. |
von A. und Aluminiumlegierungen ein im wesentlichen aus Thonerde und Kohle bestehendes Gemenge, welches sie im Bereich des elektrischen Lichtbogens [25] zersetzen. Den elektrischen Schmelzofen zeigt Fig. 2 im Längsschnitt, Fig. 3 im Querschnitt. Derselbe besteht aus einem Kasten von 1,5 m Länge, 30 cm Breite und 30 cm Tiefe, dessen Boden A und Seitenwände B aus starken, feuerfesten Steinen gebildet werden und der oben durch einen schweren gußeisernen Deckel C mit Flammlöchern o zum Entweichen der Gase verschließbar ist. An den beiden schmalen Seiten befinden sich Öffnungen zum Einführen der Kohlenelektroden E. Auf die Sohle des Ofens kommt zunächst eine Lage Holzkohlenpulver, welches zur Verhinderung des Zusammenbackens mit Kalkwasser imprägniert ist. Darauf werden die Elektroden einander bis auf einige Zoll genähert und der Ofen mit Kohlenstaub gefüllt bis auf den Raum D, welcher zur Aufnahme der Schmelzbeschickung dient. Das Ganze überschüttet man mit grobem Kohlenklein und setzt dann den Deckel auf. Die Beschickung besteht zur Darstellung von Aluminiumbronze aus einem Gemenge von Kupfergranalien, Korundstücken und gröblich zerkleinerter Holzkohle. Die Reaktion verläuft bei einer Stromstärke von etwa 1500 Ampère unter Entwickelung von Kohlenoxyd und einem weißen Rauch. Man zieht nun die Elektroden etwas auseinander und gibt weitere Beschickung auf. Damit die herausgezogenen glühenden Elektroden an der Luft nicht verbrennen, bringt man an den beiden schmalen Ofenwänden mit Kupfergranalien gefüllte Lagerbüchsen F an, welche die Elektroden schnell abkühlen. Hat sich nach wiederholter Beschickung eine genügende Menge Metall im Ofen angesammelt, so leitet man den Strom in einen andern Ofen und läßt den ersten erkalten. Man findet dann eine weiße Aluminiumbronze mit 15–35 Proz. A., welche weiterhin mit mehr Kupfer zusammengeschmolzen wird, und eine beträchtliche Menge Kohlenstoffaluminium mit 30–60 Proz. A. Das Kilogramm 10proz. Aluminiumbronze, welches bisher in Amerika nicht unter 12,5 Mk. verkäuflich war, wird angeblich von Cowles für 5,8 Mk., in einzelnen Fällen sogar für 4,4 Mk. geliefert. Der bei dem Cowlesschen Verfahren verlaufende Prozeß ist noch nicht ganz sicher erklärt. Offenbar kommt in erster Linie die sehr hohe Temperatur in Betracht, bei welcher sich der Reduktionsprozeß vollzieht, der in gewöhnlichen Öfen nicht erreichbar ist, und der hier durch die in der Schmelzhitze stattfindende elektrolytische Wirkung des Stroms kräftig unterstützt wird. Auf einem englischen Werk, welches mit einem ähnlichen Apparat arbeitet und auch Ferroaluminium darstellt, berechnet man den elektrischen Kraftaufwand für 1 kg A. zu durchschnittlich 50 Pferdekraft pro Stunde. Die Zersetzung des Aluminiumoxyds durch Kohle erfordert theoretisch 5560 Wärmeeinheiten. Werden die 50 Stundenpferde durch eine Dampfmaschine geliefert, so sind mindestens 75 kg Kohle, entsprechend etwa 560,000 Wärmeeinheiten, erforderlich. Es ergibt sich hiernach nur 1 Proz. der theoretischen Leistung. Kleiner hat vorgeschlagen, nach dem Cowlesschen Verfahren nicht Aluminiumoxyd, sondern Kryolith zu zersetzen. Es ist aber beachtenswert, daß elektrolytisch hergestelltes A. thatsächlich noch immer nicht im Handel ist (die Cowlessche Bronze kann dabei nicht in Frage kommen), anscheinend weil die elektrolytische Herstellung dieses Metalls wegen praktischer Schwierigkeiten überhaupt nicht vorteilhaft ist. Man ist zum Natriumverfahren zurückgekehrt, zieht aber dem Chloraluminium jetzt das Fluoraluminium vor. Das Castnersche Verfahren der Natriumdarstellung dürfte dabei der Aluminiumindustrie wesentliche Vorteile gewähren.
Das A. des Handels enthält:
Aluminium | 92,97 | 96,25 | 92,00 | 97,20 |
Eisen | 4,88 | 3,29 | 7,55 | 2,40 |
Silicium | 2,15 | 0,45 | 0,45 | 0,25 |
Löst man A. in Salzsäure unter Zusatz einiger Tropfen Salpetersäure, verdampft die Lösung auf dem Wasserbad zur staubigen Trocknis, befeuchtet den Rückstand mit Salzsäure und erwärmt mit Wasser, so bleibt Kieselsäure ungelöst zurück. Aus dem Filtrat fällt Schwefelwasserstoff schwarzes Schwefelkupfer, und aus dem Filtrat von letzterm, welches nach Schwefelwasserstoff riechen muß, fällt nach Zusatz von Ammoniak und Schwefelammonium grün-schwarzes bis schwarzes Schwefeleisen. Auf diese Weise kann man auch die Verunreinigungen des Aluminiums quantitativ bestimmen, nur befreit man das Filtrat vom Schwefelkupfer von Schwefelwasserstoff, setzt Schwefelsäure und etwas reines Zink zu und titriert das gebildete Eisenoxydulsalz mit übermangansaurem Kali. Vgl. Mierzinsky, Die Fabrikation des Aluminiums und der Alkalimetalle (Wien 1885); Richards, A., its history, occurrence, etc. (Lond. 1886).
[15] Aluminium. Bei dem von C. Netto 1888 beschriebenen und neuerdings von der Alliance Aluminium Company zu Walsend bei Newcastle im großen ausgeführten Verfahren zur Darstellung von A. wird dasselbe aus dem Kryolith (6NaFl, Al2Fl6) durch Reduktion mit Natrium gewonnen, während früher fast ausschließlich das auf ziemlich umständlichem und kostspieligem Wege herzustellende Natriumaluminiumchlorid als Ausgangsmaterial benutzt wurde. Zwar hatten H. Rose und J. Percy bereits 1855 auf die Verwendbarkeit des Kryoliths zur Aluminiumdarstellung aufmerksam gemacht, indessen liegt der Schmelzpunkt des Minerals so hoch (etwa 800°), daß beim Erhitzen eines Gemenges von Kryolith und Natrium letzteres zum größten Teil verdampft, ehe es hätte reduzierend einwirken können. Um dies zu verhindern, wird bei dem obigen Verfahren das Natrium in Form großer Blöcke (von 5–7 kg) in den vorher geschmolzenen Kryolith, der sich in eisernen konverterähnlichen Gefäßen befindet, eingeführt und darin durch einen geeigneten Apparat untergetaucht. Die Reaktion geht dann unter lebhaftem Aufwallen und so schnell vor sich, daß ein vorzeitiges Verdampfen des Natriums ausgeschlossen ist. Der Konverter wird darauf in ein kegelförmiges, gußeisernes Gefäß entleert, in dessen Spitze sich das Metall nach dem Erkalten vorfindet. Da der Kryolith stets Beimengungen von Quarz und Eisen enthält, so sind dem auf diese Weise erhaltenen A. etwa 5 Proz. Eisen und Silicium beigemengt; ein verbessertes Verfahren, welches auf der Eigenschaft von Silicium und Eisen, sich vor dem A. aus der Schmelze reduzieren zu lassen, beruht, gestattet indessen die Herstellung eines 99–99,5proz. Aluminiums aus Kryolith. Die aus Fluornatrium bestehende Schmelze wird durch Schmelzen mit Aluminiumsulfat auf künstlichen Kryolith und Natriumsulfat verarbeitet; letzteres läßt sich durch Auslaugen mit Wasser leicht entfernen. Das aus der Schlacke gewonnene Material bietet dem Rohkryolith gegenüber den Vorteil eines geringern Siliciumgehalts. L. Grabau wendet als Ausgangsmaterial zur Aluminiumdarstellung unschmelzbares Fluoraluminium an und zwar ohne Zusatz von Flußmitteln. Das Fluoraluminium braucht zur Zersetzung mit Natrium nur auf etwa 600–700° vorgewärmt zu werden, behält dabei den festen Aggregatzustand und kann deshalb in jedem feuerfesten Material oder in Metallgefäßen ohne Gefahr einer Verunreinigung durch das Gefäßmaterial genügend erhitzt werden. Dagegen schmilzt Kryolith bereits bei Rotglut und zerstört jedes feuerfeste Material in kürzester Zeit. Man wählt vorteilhaft die Mengenverhältnisse des Fluoraluminiums und des Natriums derart, daß nach der Reaktion das leichtflüssige Aluminiumnatriumfluorid (Al2Fl6, 6NaFl, Kryolith) vorhanden ist. Man wärmt das Fluoraluminium auf etwa 600° vor und schüttet es auf das geschmolzene Natrium. Über 90 Proz. des letztern können für die Reaktion nutzbar gemacht werden. Bei derselben entsteht eine so hohe Temperatur, daß der dabei sich bildende Kryolith dünnflüssig wird und das A. sich auch ohne Zusatz eines Flußmittels zu einem Regulus ansammelt. Das Zersetzungsgefäß überzieht sich mit einer Kruste von festem Kryolith und wird infolgedessen nicht angegriffen. L. Grabau führt sein Verfahren in der Fabrik in Nienburg a. d. Weser mit gutem Erfolg aus; es ist das die erste deutsche Fabrik, in welcher A. auf chemischem Wege hergestellt wird. Das erzeugte A. enthält kaum 0,25 Proz. Beimengungen. Das Aluminiumfluorid stellt Grabau durch Umsetzung von Aluminiumsulfat mit Flußspat und Kryolith her. Ein elektrolytisches Verfahren, bei welchem gleichzeitig die intensive Wärmewirkung und die chemisch zerlegende Kraft des galvanischen Stromes ausgenutzt wird, ist in neuester Zeit von Héroult beschrieben worden. Der dabei verwandte Schmelzofen besteht aus einem von der Erde isoliert aufgestellten, oben offenen und mit starkem Futter von Kohlenplatten versehenen Eisengefäß, in welches die an einer Kette hängende, aus einem Bündel von Kohlenstäben angefertigte positive Elektrode eintaucht; die negative Elektrode besteht aus den mit A. zu legierenden Metallen, wie Kupfer, Eisen, Messing etc. Vor Beginn der Operation wird das Gefäß mit Thonerde und Stücken des betreffenden Metalls gefüllt; der Strom bringt die Thonerde sowie die Metallbrocken zum Schmelzen und zerlegt erstere in Sauerstoff und A., welches von dem Metallbad aufgenommen wird. Nach und nach füllt man von oben Thonerde und Metall nach, während die flüssige Aluminiumlegierung von Zeit zu Zeit durch eine im Boden befindliche Öffnung abgezogen wird. Das Héroult-Verfahren wird von der Aluminiumindustrie-Aktiengesellschaft zu Neuhausen am Rheinfall in großem Maßstab [16] ausgeführt. Die erforderliche elektromotorische Kraft liefern Jonval-Turbinen, deren Umdrehungen direkt auf Dynamomaschinen übertragen werden; die größern der letztern erzeugen eine Stromstärke von je 14,000 Ampère bei 30 Volt. Außer den Legierungen des Aluminiums wird zu Neuhausen auch das Metall selbst fabriziert; über die Herstellung desselben fehlen aber nähere Angaben. Die Fabrik offeriert Reinaluminium erster Qualität für 34,5 Frank, zweiter Qualität für 28,75 Fr. pro Kilogramm; Aluminiumbronze stellt sich je nach der Höhe des zwischen 1 und 20 Proz. liegenden Aluminiumgehalts auf 3,7–7,6 Fr. pro Kilogramm, Ferroaluminium mit 5–20 Proz. A. auf 2,45–5,7 Fr. Die zu Salindres nach dem alten Devilleschen Verfahren hergestellten Präparate haben dagegen die folgenden Verkaufspreise: Reinaluminium 130 Fr. pro Kilogramm und 10proz. Aluminiumbronze 18 Fr. pro Kilogramm (gegen 5,10 Fr. in Neuhausen). Die Zusammensetzung der Aluminiumhandelssorten der Fabrik zu Neuhausen ergibt sich aus der folgenden Tabelle:
Qualität | Aluminium | Silicium | Eisen |
0 | 99,90 | 0,06 | 0,04 |
I | 99,61 | 0,18 | 0,21 |
I | 99,33 | 0,53 | 0,14 |
I | 99,25 | 0,56 | 0,19 |
I | 99,14 | 0,58 | 0,28 |
II | 96,79 | 1,84 | 1,37 |
II | 94,32 | 3,25 | 2,43 |
II | 92,84 | 3,82 | 3,34 |
Mit 1–2 Proz. Silicium ist das Metall schon sehr grau, aber in der Kälte noch ziemlich weich und zäh, in der Wärme freilich kaum mehr schmiedbar. Über 2 Proz. Silicium machen das Metall schon spröde und brüchig. Für die Hämmer- und Walzbarkeit des Aluminiums ist die Verunreinigung mit geringen Mengen von Eisen und namentlich von Kupfer noch schädlicher als die mit Silicium. A. von der Qualität 0 und I lassen sich in der Kälte wie in der Wärme ausgezeichnet schmieden, II aber infolge seines Silicium- und Eisengehalts nur schwer oder gar nicht.