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Lockvogel

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: S.
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Titel: Lockvogel
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 260
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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Nach dem Original-Gemälde von Mathias Schmid. Lith. Kunstanstalt v. Max Seeger, Stuttgart.
Lockvogel.
Ostergruß der Gartenlaube an ihre Leser.

[260] Lockvogel. (Zu unserer Kunstbeilage.) Auch in der Heimath der zwei jungen Menschenkinder, die unser Ostergruß den Lesern zeigt, im Hochgebirge, beginnt der Frühling sich durchzuringen. Wohl sind die Riesenhäupter der Berge, die nördlichen Hänge noch tief herunter eingeschneit, aber an den südlichen Halden, welche die Sonne mit ihren Strahlen erreichen kann, ist die weiße Decke zurückgewichen, saftiges Grün leuchtet um das graufeuchte Gestein und das braune Gebälk der Sennhütte. Der Bursche, der hinüberwandert nach dem anderen Thale, wo der Bau der neuen Straße viele Hände beschäftigt, hat seinen Weg über die Alm genommen, wo er ein Mädchen weiß, dessen Bild ihm den langen Winter über nicht aus der Seele gewichen. Die erwachende Natur, die Aussicht auf längere Trennung hat ihm Muth gemacht zu kühnerem Liebeswerben. Er hat seine kleine Flöte mitgebracht, auf der er allerlei Liedchen zu pfeifen und die Stimmen der Vögel täuschend nachzuahmen versteht, und sinnend, den blonden Kopf auf die Linke gestützt, lauscht die Sennerin den lockenden, schmeichelnden Tönen, die der Mann dem kunstlosen Instrument entquellen läßt. Und über kurz, da wird es wieder Herbst sein im Lande, da wird er zurückkommen, den Lohn seiner Arbeit in der Tasche; sie aber wird gern mit ihm hinabziehen in das heimathliche Thal, die Seine zu werden und ihm ein Stückchen Osterluft und Frühlingssonne hinüberzuretten in die düstere Oede des Winters. S.