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Ein Riesenwalfisch

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Textdaten
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Titel: Ein Riesenwalfisch
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aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 260
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Präsentation eines gestrandeten Finnwals in Berlin
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[260] Ein Riesenwalfisch. (Mit Abbildung.) Es ist eine bekannte Thatsache, daß alle Wale mehr oder minder regelmäßige Wanderungen antreten, zuweilen weit von der gewohnten Straße abweichen und sich in Buchten, ja in Flußmündungen verirren, wo sie dann stranden oder aber gefangen werden. In der Erinnerung steht noch ein junger Finnwal, der, vermuthlich hinter Heringsschwärmen herziehend, im Frühjahr 1874 sich in die Ostsee verirrte. Er trieb dort mehrere Monate sein Wesen und erschreckte hier und da die Fischer, bis er am 23. August zu seinem Unheile auf der Danziger Reede anlangte und den Mannschaften dreier Kriegsschiffe, welche dort gerade vor Anker lagen, das seltene Vergnügen einer Waljagd gewährte. Fünfundsiebzig Gewehrkugeln hatten die Weichtheile des Kopfes bis auf den Schädel durchbohrt, ohne in diesen einzudringen und das Thier zu tödten; erst der Degenstich eines Offiziers, welcher eine Schlagader durchschnitt, führte seine Verblutung herbei. Fischer des benachbarten Dorfes Heubude fanden ihn am andern Morgen, zogen ihn mit den vereinten Kräften aller Pferde und Männer der Ortschaft an das Land und stellten ihn gegen Entgelt den alsbald zu Tausenden herbeiströmenden Danzigern zur Schau.

Eine ähnliche Schaustellung wurde in jüngster Zeit das Los eines mächtigen Finnwales, den dänische Fischer nach stürmischer See im Kattegat an der jütländischen Küste gestrandet fanden. Aber der Vorzug, das Thier zu sehen, blieb nicht auf die Bewohner einiger umliegender Ortschaften beschränkt; die vorgeschrittene Wissenschaft ermöglichte die „Einbalsamirung“ des Ungethüms, und so präparirt, konnte dasselbe sogar eine Reise nach der deutschen Reichshauptstadt antreten, wo es Wochen hindurch Tausende von Neugierigen anzog.

Der in Berlin ausgestellte Riesenwalfisch.
Nach einer Zeichnung von Eugen Hilpert.

Unser Bild zeigt den Wal, wie er auf starkem Gerüste unter freiem Himmel in Berlin Aufstellung fand. Er liegt seitwärts auf dem Rücken, den Oberkiefer mit über 300 Barten (Fischbein) nach unten, den mächtigen Unterkiefer nach oben gerichtet. Die Stellen, wo die sehr kleinen Augen und Ohren zu suchen sind, waren durch besondere Täfelchen angedeutet; da die Augen bekanntlich nicht viel größer sind als die eines Ochsen, und die Weite der Ohröffnung kaum mehr als einen Centimeter beträgt, würde auch der Laie beide ohne die genaue Bezeichnung wohl schwerlich entdeckt haben.

Die Länge des Thieres beträgt 20 Meter, die Höhe nicht ganz 5 Meter, das Gewicht nach Entfernung der 12 000 Pfund wiegenden Eingeweide noch rund 61 000 Pfund. Die Schwanzflossen wurden bei dem Schiffstransport abgehauen, da sie über Deck ins Wasser hingen und die Fahrtrichtung beeinflußten; später wurden sie dann, wie unser Bild erkennen läßt, wieder angefügt. Auch der Transport auf zwei Eisenbahnwagen bot noch einige Schwierigkeiten, ungleich größere aber die Fortschaffung des Ungeheuers von der Eisenbahn nach dem Ausstellungsplatz in Berlin, wozu nicht weniger als 16 Pferde erforderlich waren.

Der Wal ist von der dänischen Regierung um 4000 Kronen für die naturwissenschaftlichen Sammlungen in Kopenhagen erworben und deshalb nur vorübergehend in Berlin aufgestellt worden; unter den vielen Aufsehen erregenden „Gästen“ der deutschen Reichshauptstadt ist er aber wohl sicher einer der „merkwürdigsten“. **