Literarisches (Die Gartenlaube 1854/29)
[344] Literarisches. Wilh. Jordan, der bekannte Marinerath in Frankfurt, hat schon vor mehren Jahren die Herausgabe eines größern faustartigen Gedichtes begonnen, das er „Demiurgos“, ein Mysterium, betitelt und von dem jetzt (bei Brockhaus) der dritte Theil erschienen ist. Er widmet dies nunmehr complett erschienene Poem dem Herzog Ernst von Gotha und singt in dieser Widmung folgendermaßen:
Ich träumte schön, ich träumte stolz
Von meines Vaterlandes Ruhm
und weiter:
Die schwarzrothgoldne Fahne wehte
Hoch über mir so hoffnungsreich:
Mein Fühlen wurde zum Gebete:
„Erneue, Herr, das deutsche Reich!“
Das singt derselbe Jordan, dem Anfang des Jahres 48 die Radicalsten zu Frankfurt zu reaktionär und der Ende 48 und in der nächsten Zeit plötzlich aus sehr bekannten Gründen umgewandelt, die besten Bestrebungen des Volkes mit Füßen trat und mit Hohn überschüttete, bis er endlich – der Einzige von allen Frankfurter Abgeordneten – eine feste Anstellung von über 1000 Gulden erhielt. Jetzt ist der Herr auf Wartegeld gesetzt und nun coquettirt er plötzlich wieder mit dem Liberalismus und dem deutschen Volke, die er vor Kurzem erst verhöhnt und in’s Gesicht geschlagen. Ein sauberer Poet! –. Leipzig wird nächstens seinen berühmtesten Schriftsteller verlieren. Gerstäcker, der bekannte Reisende, unser verehrter Mitarbeiter, siedelt nach Coburg über, wo er auf der Rosenau wohnen und weiter schaffen wird. Ueber seinen soeben erschienenen vierbändigen Roman: „Tahiti“ berichten wir nächstens.