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Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage)/Erste Abteilung (NT)

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« Allgemeiner Teil (NT) Ferdinand Wilhelm Weber
Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage)
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II. Spezieller Teil.




Erste Abteilung.
Die historischen Bücher.
A. Die Evangelien.
§ 70.
Allgemeines.
 1. Mit dem Worte „Evangelium“ bezeichnet das N. Testament die Verkündigung JEsu und seiner Apostel vom Reiche Gottes. Diese Verkündigung oder frohe Botschaft ist, wie wir oben sahen, der Grund, auf welchem die Kirche JEsu Christi erbaut ist. Sie ist erst mündlich erfolgt, dann unter der Leitung des heil. Geistes durch Apostel oder deren Gehilfen schriftlich aufgezeichnet worden. In dieser Form eines schriftlichen Denkmals haben wir sie in unserem| Kanon. Obwohl nun diese Botschaft nur eine ist, so haben wir doch vier Evangelien. Aber schon der h. Irenäus nennt diese vier Evangelien das „eine viergestaltige Evangelium“. Wir haben das Evangelium von Christo und seinem Reiche nach vierfachem Bericht. Das Verhältnis dieser Berichte zu einander hinsichtlich ihrer Entstehung ist auf sehr mannigfache Weise erklärt worden, und es ist äußerst schwierig, darüber etwas Gewisses festzusetzen.

 Von den Theologen des 18. Jahrhunderts haben etliche angenommen, es habe evangelische Urschriften gegeben, aus welchen die Evangelisten ihre Evangelien herausarbeiteten. Als wahrscheinlichere Erklärung der oft so auffallenden Übereinstimmung der drei synoptischen Evangelien in der Auswahl und Anordnung des Stoffs wie in der Einzeldarstellung – neben den nicht minder auffallenden Abweichungen in allen diesen Beziehungen – erschien jedoch die andere Annahme einer gemeinsamen Quelle in der mündlichen apostolischen Überlieferung. Diese Überlieferung habe sich im Vortrag vor der Gemeinde, was den Stoff und die Aufeinanderfolge des Erzählten betrifft, allmählich fixiert. So sei ein mündliches Urevangelium entstanden, welches die Synoptiker zu ihren Evangelien in Freiheit des Geistes in der Weise gestalteten, wie es der verschiedene Lehrzweck, der jedem vorschwebte, erforderte. Hieraus erkläre sich zur Genüge die Ähnlichkeit und Verschiedenheit der Evangelisten. Daneben sei es Wohl denkbar, daß frühzeitig größere oder geringere Bruchstücke dieser apostol. Verkündigung schriftlich aufgezeichnet wurden, wie denn unzweifelhaft dem Lukas bereits solche schriftliche Quellen vorlagen Luk. 1, 1. – Neuerdings glaubt man mit Sicherheit annehmen zu dürfen, daß dem Evangelisten Markus das (aramäische) Matthäus-Ev. vorgelegen habe, das er bald exzerpiert, bald glossiert habe. (So lasse sich Mark. 12, 1–12 oder 6, 7–11 als Exzerpt (?) aus den betreffenden Abschnitten des Matthäus erkennen (Matth. 21, 28–22, 14; Matth. 10, 5 etc.); auch lehne sich Markus in den A.T.lichen Zitaten an Matthäus an.) Allein die Auffassung des Markus-Evangeliums als eines exzerpierten und glossierten Matthäus stimmt nicht zu der kirchlichen Überlieferung, nach welcher Markus die evangelische Verkündigung des Petrus wiedergegeben hat. – Daß Lukas schriftliche Vorlagen hatte, wissen wir von ihm selbst. Ob darunter das Markus-Evangelium war, ist bei des 3. Evangelisten mannigfacher Abweichung von der Reihenfolge der Begebenheiten in Markus doch recht fraglich. Eine direkte Benutzung des einen Evangelisten durch den andern ist nicht nachweisbar, auch, falls sie als in größerem Umfang erfolgt gedacht wird (Exzerpierung und Glossierung eines schriftlichen Urevangeliums) mit der schriftstellerischen Selbständigkeit, geschweige dem Glauben an die Inspiration der Evangelisten nicht mehr zu vereinbaren. Übrigens ist kein Gebiet der Einleitungswissenschaft mehr vom Dorngestrüppe grundloser Meinungen überwuchert, als die Frage nach der Entstehung der Evangelien und ihrem gegenseitigen Verhältnis.

|  2. Unter den vier Evangelien bilden die drei ersten wieder eine Einheit im Unterschiede vom vierten. Jene schlagen im ganzen denselben Gang ein für die Geschichte, und man nennt sie darum die synoptischen Evangelien; dieses geht seinen besonderen Weg. Während jene hauptsächlich das Wirken JEsu in Galiläa berichten, erzählt dieses fast ausschließlich sein Wirken im Mittelpunkt des jüdischen Volkslebens, in Judäa. Auch so hat man jene Evangelien von diesem unterschieden, daß jene die leibliche Seite der Erscheinung JEsu, dieses die geistliche (pneumatische) Seite derselben offenbare. – Indes unterscheiden sich auch die Synoptiker wieder von einander. Es gab nämlich eine antiochenische und jerusalemische Weise der evangelischen Verkündigung; jene befolgt Lukas, der Gehilfe des Heidenapostels, der für die Griechen schreibt, diese Matthäus, der Lehrer Israels. Markus erscheint wie mitten inne; er gibt ein Bild von der göttlichen Herrlichkeit des HErrn in seinem wunderbaren Thun und Wirken, das für alle gleichermaßen gilt. So zeigt Matthäus in JEsu den verheißenen Christ, in seinem Reiche das Reich Davids; Markus den König der Welt, Lukas den Heiland der Sünder, – Johannes den eingeborenen Sohn des Vaters voller Gnade und Wahrheit.

 3. Das Ansehen der Evangelien hat je und je auf der Gewißheit ihres apostolischen Ursprungs beruht. Dieser ist in neuerer Zeit mit großer Heftigkeit bestritten worden, indem man die Evangelien bald für absichtliche, bald für absichtslose Dichtungen einer späteren Zeit, nämlich der letzten Hälfte des zweiten Jahrhunderts, ausgab (s. o.). Aber es liegen bestimmte Zeugnisse vor, daß unsere Evangelien bereits vor Ablauf des ersten Jahrhunderts im allgemeinen kirchlichen Gebrauche standen und kanonisches Ansehen genossen, und zwar auf Grund ihres Ursprungs von Aposteln oder deren Gehilfen und Begleitern. Auch die Häretiker bezweifelten nicht, daß die Evangelien von den Männern verfaßt seien, welche die kirchliche Überlieferung als Verfasser nannte. Die Echtheit der Evangelien und damit die Geschichtlichkeit ihrer Aufzeichnungen über das Leben JEsu ist dokumentlich verbürgt.

 Die wichtigsten der Zeugnisse, welche in neuerer Zeit am besten C. Tischendorf in seiner Schrift: „Wann wurden die Evangelien verfaßt?“ zusammengestellt| hat, sind enthalten 1) in Schriften, und zwar in denen des Irenäus († 202), Tertullian († 220) und Justin († 162); 2) in Thatsachen, und zwar darin, daß die Häretiker in den ersten Jahrzehnten des zweiten Jahrhunderts ebenso wie Celsus von den Evangelien ausgehen, daß die apokryphischen neutestamentlichen Schriften aus derselben Zeit sich auf unsere Evangelien zurückbeziehen, daß der Barnabasbrief zu Anfang des 2. Jahrhunderts das Evangelium Matthäi mit der Formel „wie geschrieben steht“ schon als kanonische Schrift citiert. Alles dies und noch anderes beweist, daß noch vor Ablauf des ersten Jahrhunderts unsere Evangelien in allgemeinem kirchlichem Gebrauch und kanonischer Geltung standen, und zwar, wie immer betont wird, weil ihr apostolischer Ursprung unzweifelhaft war.

 4. Die Aufeinanderfolge der Evangelien, wie wir sie in unserem Kanon haben, ist durch das Zeugnis der ältesten Väter, speziell des Irenäus beglaubigt, und es ist kein hinlänglicher Grund vorhanden, sie zu bestreiten, vielmehr wird sie durch die Entstehungsgeschichte der einzelnen Evangelien ihre Bestätigung finden.


§ 71.
Das Evangelium nach Matthäus.
 1. Matthäus oder Levi (Matth. 9, 9, vgl. Markus 2, 14; Luk. 5, 27), der Sohn des Alphäus (Mark. 2, 14) einer der zwölf Apostel (Matth. 10, 3), war vor seiner Berufung zum Apostelamte ein Zöllner, d. h. ein Untereinnehmer bei einem Zollamte am See Tiberias. Von dem HErrn zur Nachfolge berufen, folgte er diesem Rufe, ohne sich zu bedenken. Er, der vorher kein rechter Jude gewesen, wurde nun ein Israelite im vollsten Sinne des Worts, und vertiefte sich mit allem Ernst in die Geschichte und in die heiligen Schriften seines Volks. Seine Wirksamkeit als Apostel JEsu gehörte zuerst den Gemeinden des jüdischen Landes. Als aber das Evangelium hier keine Stätte mehr fand, so verließ er das jüdische Land, verfaßte jedoch, ehe er von seinem Volke schied, wie Eusebius berichtet, sein Evangelium zunächst für die Judenchristen, wahrscheinlich aber auch zu einem letzten Zeugnis für sein Volk überhaupt, indem er in übersichtlicher Weise mit großartig historischem Blicke den inneren Gang der Geschichte JEsu darlegt und aus demselben nachweist, wie es gekommen sei, daß die Gemeinde JEsu, welche aus Israel hervorging, nunmehr unter den Heiden ihre Stätte suchen muß. Wo Matthäus nach seinem Weggang aus dem jüdischen| Lande ferner gewirkt habe, läßt sich mit Bestimmtheit nicht sagen. Einer Sage zufolge predigte er in Äthiopien das Evangelium.

 2. Die Zeit der Abfassung unseres Evangeliums läßt sich aus der Angabe des Irenäus erschließen, welcher berichtet, Matthäus habe das Evangelium geschrieben, während Paulus und Petrus in Rom das Evangelium predigten und die Gemeinde daselbst gründeten. Demnach wäre das Evangelium des Matthäus in den Jahren 62–64 n. Chr. entstanden.

 3. Die Sprache, in welcher Matthäus sein Evangelium verabfaßte, ist nach dem einstimmigen Zeugnis des Altertums die aramäische, wie sie damals im jüdischen Lande gesprochen wurde. Sein Inhalt wurde der griechisch redenden Christenheit durch Dolmetscher vermittelt. (So Papias c. 125 n. Chr.) Unser griechisches Matthäus-Evangelium haben wir wohl als die Frucht dieser Dolmetschungen anzusehen. (Hätte Matthäus selber sein Evangelium übersetzt, so wäre ja ein Dolmetscher nicht nötig gewesen). Spuren unseres griechischen Evangeliums treffen wir schon um 110 n. Chr. in den Briefen des Ignatius und Polycarp. – Auf den aramäischen Urtext weisen zurück die nicht erklärten hebräischen Worte: Racha, Beelzebul, Simon von Cana und andere nur im griech. Text zu lesende Worte oder Ausdrücke z. B. 27, 6; 28, 1. Das aramäische Ur-Evangelium hat sich übrigens in seiner ursprünglichen Gestalt nicht erhalten, sondern ist unter den Händen der Judenchristen mit Zusätzen versehen, ja von den Ebioniten verfälscht worden, indem sie besonders den Abschnitt von der übernatürlichen Geburt JEsu beseitigten; es ist gänzlich verloren gegangen.

 Nicht wenige „lassen den Matthäus – auf Grund einer (oben teilweise angeführten) Äußerung des Papias – bloß als Verfasser einer hebräisch geschriebenen Sammlung von Reden oder Aussprüchen JEsu gelten. Diese Sammlung sei von anderen, auch in hebräischer Sprache, mit geschichtlichen Zusätzen erweitert und zu dem gegenwärtigen Umfang gebracht, dann erst von nicht bekannter Hand ins Griechische übersetzt worden. Dem Matthäus die Abfassung des ganzen Evangeliums, so wie es vorliegt, abzusprechen, glaubt man sich hauptsächlich dadurch berechtigt, das den Erzählungen des Matthäus die Anschaulichkeit und Genauigkeit im einzelnen abgehe, die er als einer der zwölf Apostel und Augenzeuge dessen, was er beschreibt, vor anderen haben müßte.“ Allein dies ist nicht ein Mangel, sondern eine schriftstellerische Eigentümlichkeit des Matthäus, dem es überall nur um das Charakteristische| und Wesentliche zu thun ist, da er das, was er berichtet, überall zu bestimmtem Zweck berichtet. Übrigens will Papias an der betreff. Stelle nur sagen, daß Matthäus die Aussprüche des HErrn – für welchen Teil der Evangelien Papias sich besonders interessirte – in hebräischer Sprache geschrieben habe. (So wohl im Gegensatz zu den griechisch geschriebenen Evangelien.)

 4. Der Zweck des Evangeliums ist, wie aus den Umständen, unter denen es verfaßt wurde, und aus der fortgehenden Verweisung des Apostels auf die Weissagung des A. T. hervorgeht, kein anderer, als nachzuweisen, daß in JEsu von Nazareth der dem Volk Israel verheißene Christ erschienen sei, welchen die Juden verworfen hätten, so daß nun das Evangelium unter die Heidenvölker getragen werden müsse. Der Gnadenvorzug Israels ist durchweg anerkannt, wie dies z. B. in dem Befehl JEsu an die Jünger 10, 5 oder noch schärfer in dem Wort an das kananäische Weib hervortritt (15, 26); daneben eröffnet sich aber immer deutlicher die Aussicht auf den durch den Unglauben Israels immer näher rückenden Übergang des Reiches Gottes zu den Heiden (2, 1 ff.; 8, 10–12; 22, 1 ff.; c. 28 a. E. Der Begriff des „Reiches“ tritt bei Matthäus bedeutsam hervor. „Himmelreich“ findet sich bei ihm mindestens 32 mal. Das Evangelium des Matthäus ist gewissermaßen eine Rechtfertigung des Apostels Israels für sein Wirken in der Heidenwelt.

 5. Die Darstellung hält sich nur im ganzen und großen an die Zeitfolge der Begebenheiten. Im übrigen gruppiert sie nach sachlichen Gesichtspunkten. Besonders sind die Aussprüche des HErrn nach ihrer inneren Verwandtschaft zusammengestellt und zu zusammenhängenden Reden verarbeitet, wodurch oft ein großartiger Gesamteindruck erzielt wird. (Rubrikenartige, dem ehemaligen Zöllner geläufige Darstellungsweise?)

 6. Inhaltsübersicht.

 I. JEsus, der verheißene Sohn Davids, schon in seiner ersten Erscheinung von Israel verworfen c. 1. 2.

 JEsus ist der verheißene Same Abrahams und Sohn Davids, s. besonders 1, 1 u. 1, 17 (1, 1–17). Er ist als der von dem heiligen Geiste empfangene Sohn der Jungfrau der verheißene Immanuel (18–25). – Jerusalem erfährt die Geburt seines Christ durch die Magier, welche aus der Ferne kommen, den Neugeborenen anzubeten; das Volk Gottes läßt sich aber durch ihre Ankunft nicht zum Glauben an den Neugeborenen bewegen, sondern die einzige| Wirkung derselben ist die Verfolgung JEsu durch den dermaligen König der Juden, seine Flucht nach Ägypten und seine spätere Übersiedlung in die Verborgenheit des verachteten galiläischen Nazareth (c. 2), wobei auf Schritt und Tritt die Weissagungen der Propheten über ihn sich erfüllen.

 II. JEsu Vorbereitung zu seinem Beruf. Er wird durch den verheißenen Propheten (Johannes den Täufer) seinem Volk vorher verkündigt, vom Vater selbst bei der Taufe als Sohn Gottes bezeugt und zur Ausrichtung seines Amts mit dem hl. Geist ausgerüstet und bewährt im Kampf gegen den Versucher sich persönlich als der Sohn Gottes (c. 3–4, 11).

 III. Das Wirken JEsu als Prophet und Heiland seines Volkes c. 5, 1–9, 34.

 Der HErr tritt als Prophet Israels auf, indem er, wiederum der Weissagung entsprechend, Galiläa zunächst zum Schauplatz seines Wirkens macht, wo er auch seine ersten Jünger um sich sammelt 4, 12–25. Nunmehr folgt eine Darstellung seiner Wirksamkeit in 2 Bildern.

 1. Als ein Beispiel des prophetischen Wortes JEsu vernehmen wir c. 5–7 die sog. Bergpredigt. Die einleitenden Worte 5, 1–16 zeichnen die Herzensbeschaffenheit, die für das Himmelreich befähigt: Unbefriedigtheit von dem Irdischen, die nach Stillung des geistl. Bedürfnisses verlangt, Barmherzigkeit, Herzensreinheit, Friedfertigkeit, und zeigt den Jüngern ihre Aufgabe des Leidens und Wirkens in der Welt. Sodann zeigt JEsus weiter an einzelnen Geboten den Unterschied zwischen der pharisäischen Gerechtigkeit und der Gerechtigkeit, die Er von seinen Jüngern fordert, die sich nicht begnügt mit der Erfüllung des Wortlauts der Gebote, sondern Einheit von Gesinnung und Handeln ist. Er richtet die Sünde schon in ihren ersten Regungen und fordert Liebe in der Vollkommenheit nach dem Bild des himmlischen Vaters (17–48). Weiter ist die Rede von den Erweisungen der Frömmigkeit, dem Almosengeben, Beten und Fasten, welches alles nicht bloß zum Schein oder Aufsehens halber, sondern in aufrichtiger Meinung und zur Ehre Gottes geschehen muß, wenn es Ihm gefällig sein soll (6, 1–18). c. 6. 19–34 warnt vor den Gefahren der Habsucht und irdischer Sorge, die das Trachten nach dem Reiche Gottes hindern, c. 7 gibt JEsus Verhaltungsregeln für den Verkehr der Jünger mit Menschen innerhalb und außerhalb ihres Kreises: er warnt vor der Selbstgerechtigkeit, die mit fremden Sünden sich beschäftigt und darüber der eigenen Seelennot vergißt (7, 1–5), womit jedoch das geistliche Urteil über den Nächsten und ein demgemäßes Verhalten nicht ausgeschlossen sein soll (7, 6) und stellt in v. 12 den ebenso einfachen als großartigen Maßstab alles rechten Verhaltens im Gemeinschaftskreis auf, entsprechend dem Beispiel des himmlischen Vaters, der den Bittenden gütig ist (7–12). Endlich ermahnt er seine Jünger, weder durch das Beispiel des großen Haufens noch durch falsches Prophetentum in ihrer eigenen Mitte sich verführen zu lassen. Der Schluß| warnt vor der Thorheit des bloßen Hörens seines Wortes und ermahnt zum Thun desselben (13–29).

 2. Um auch das Wirken JEsu als des wunderthätigen Heilands Israels darzustellen, gibt uns Matthäus ein Bild von seinen Heilands-Wanderungen in seinem Volk c. 8–9, 34. Er heilt alle Krankheiten, nimmt sich so des Elendes seines Volkes an und erweist sich dadurch als den von Jesaja verheißenen Erlöser seines Volkes (8, 1–17); erfährt aber, wie die folgenden Geschichten zeigen, bereits Anfechtung und übelwollende Kritik seitens der Führer des Volks.

 Die Forderung unbedingter Hingabe schreckt selbst manch Wohlmeinenden von der Nachfolge JEsu zurück 8, 18–22, der irdische Sinn der Gadarener verbittet sich geradezu seine Gegenwart (23–34). Ja es regt sich auch bereits Widerspruch gegen ihn. Die Schriftgelehrten zeihen ihn der Gotteslästerung, weil er sich die Macht beilegt, Sünden zu vergeben, obwohl er sein Recht dazu durch die That beweist (9, 1–8), ebenso nehmen sie Anstoß an seinem Umgang mit Zöllnern und Sündern (9–13). Selbst Johannes Jünger murren, daß JEsu Jünger nicht nach der Pharisäer Weise fasten (14–17). Obwohl nun JEsus das blutflüssige Weib durch die Kraft, die von dem Saume seines Kleides ausgeht, gesund macht und des Jairus Tochter von den Toten auferweckt (18–26), obwohl er die Blinden und den dämonischen Taubstummen heilt, also die höchsten Beweise seiner göttlichen Sendung gibt, so lästern ihn die Pharisäer dennoch und sagen, er thue solches mit Hilfe der Dämonen (27–34).

 IV. Die Sendung der Zwölfe. Gerührt durch die geistl. Verwahrlosung des Volkes (9, 35–38) sendet Jesus die Zwölfe, in denen er sich gleichsam vervielfacht, mit der Predigt vom Reich an Israel (10, 1–15). Die längere Instruktionsrede, mit welcher er das thut, erweitert sich von v. 16 an zu einer Unterweisung für ihren Apostelberuf überhaupt, welcher Gottvertrauen und Leidensbereitschaft von ihnen fordert, sie aber auch unter den besonderen Schutz Gottes stellt und ihnen ewigen Lohn verheißt (16–42).

 Im folgenden Abschnitt zeigt der Evangelist

 V. die Ursachen, weshalb JEsus weder bei der Menge noch bei den Pharisäern Eingang fand c. 11, 2–12, 50 (falsche Messiaserwartungen, Ungewilltheit zu Buße und Glauben, die sich bei den Pharisäern bis zur Lästerung steigert) und die Wirkung der selbstverschuldeten Unempfänglichkeit auf seine Lehrweise c. 13.

 Selbst Johannes schwankt und wartet ungeduldig auf die Offenbarung der Herrlichkeit Jesu. Jesus verweist ihn auf seine Werke, die ihn als Heiland Israels beglaubigen, rettet aber vor dem Volk die Ehre seines Vorläufers 11, 2–15 und schilt die Zeitgenossen, denen trotz der grundverschiedenen Weise des Annahens weder er noch Johannes es habe recht machen können (16–19). Dann ruft er das Wehe über die galiläischen Städte, die vergeblich der bevorzugte Schauplatz seiner Wunder gewesen waren, weil sie nicht Buße thaten (20–24), preist aber den Vater für die Offenbarung des Himmelreichs an die Unmündigen| und lädt alle Mühseligen in seine Arme (25–30). In c. 12 erreicht der innere Gegensatz der Pharisäer gegen Jesum seinen Höhepunkt. Sie treten ihm entgegen als Hüter der Heiligkeit des Sabbats, er aber nimmt seine Jünger in Schutz und verteidigt sein Recht am Sabbath zu heilen (12, 1–21). Als sie sich bis zu der Lästerung versteigen, daß Er seine Wunder im Bunde mit dem Teufel verrichte, warnt er vor der Sünde wider den heiligen Geist, welche nicht vergeben wird (15–37).

 Die Forderung eines Zeichens beantwortet er mit dem Hinweis auf das Ergehen des Jonas und weissagt dem Volk, das sich durch seine Gnadenheimsuchung nicht zu gründlicher Buße hat führen lassen, ein schlimmes Ende (38-45). (Der Besuch der Seinigen (46–50) steht mit dem Vorhergehenden wohl nur in zeitl. Zusammenhang.)

 Er ändert nun seine Lehrweise; er redet zwar noch zu dem ganzen Volk, aber in Gleichnissen, die dem stumpfen Hörer die Wahrheit verhüllen, den lern- und heilsbegierigen aber reizen, in ihr Verständnis einzudringen (13, 10–17). Sämtliche Gleichnisse beleuchten, ein jedes von einer anderen Seite, das Wesen des Himmelreichs. Das erste zeigt in der verschiedenen Beschaffenheit des menschlichen Herzens den Grund, warum das Wort vom Reich nur teilweise Aufnahme findet und Frucht bringt (13, 1–9 und 18–23); das zweite die Mischgestalt des Himmelreichs, die in diesem Aeon, wo neben göttlichen Kräften auch satanische wirken, getragen werden muß (24–30 und 37–43); das dritte und vierte weist auf das äußere Wachstum des Reiches aus kleinen, verborgenen Anfängen und seine alles von innen aus umgestaltende Lebensmacht hin (31–33); das fünfte und sechste zeigt es in seinem alle irdischen Güter überragenden Wert (44–46); das siebente verheißt die Aufhebung der Mischgestalt des Reiches und die Darstellung der Gemeinde in ihrer Reinheit nach dem Endgericht (47–52).

 Auch in Nazareth, wo man ihn gut genug zu kennen glaubt und sich für seinesgleichen hält, wird er verworfen (53–58).

 VI. Jesus zieht sich aus der Öffentlichkeit zurück c. 14, 1–16, 12. Jesus zieht sich auf die Nachricht, daß Herodes, der Mörder des Täufers (14, 1–12), auf ihn aufmerksam geworden sei, in die Einsamkeit zurück, wo er die 5000 speist (13–21), sodann den Jüngern auf dem Meere, die ihn fern glauben, seine hilfreiche Gegenwart erweist, und ihnen, sonderlich dem Petrus, den Glauben stärkt (22 ff.).

 Die Schriftgelehrten und Pharisäer, die wegen Nichtbeachtung der traditionellen Reinigungsgebräuche seitens seiner Jünger mit ihm rechten, straft er wegen ihrer heuchlerischen Gesetzlichkeit (15, 1–9), klärt Volk und Jünger über Unreinigkeit auf (10–20), und begibt sich aus dem jüdischen Lande weg, in die heidnische Gegend von Tyrus und Sidon. Hier heilt er, von der Demut und kühnen Geistesgegenwart ihres Glaubens bezwungen, die Tochter der Kananäerin (21–28). – Von hier wieder zurückgekehrt, heilt er viele Kranke und speist die Viertausend (29–39). Trotzdem begehren die Pharisäer und Sadducäer| von ihm ein Zeichen; er aber schilt ihr Begehren ein heuchlerisches, denn die vorhandenen Zeichen genügen zur Beurteilung der Gegenwart (als der messianischen Heilszeit) so völlig wie gewisse Himmelserscheinungen zur Wetterprognose (16, 1–5) Zum Schluß dieses Abschnitts warnt er seine Jünger vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer, von deren Denkungsart sie sich nicht anstecken lassen sollen (6–12).

 VII. JEsus bereitet seine Jünger für ihren Beruf, seine Gemeinde zu werden c. 16, 13–20, 28.

 In der Gegend von Cäsarea Philippi lockt JEsus durch seine Frage: was die Jünger von ihm halten, das Bekenntnis Petri zu ihm als dem Sohn Gottes hervor. Damit ist der Grund zum Bau der Kirche gelegt (das Wort ecclesia kommt hier im Mund des HErrn zum erstenmal vor) 16, 13–20. Sein Weg aber geht durch Leiden zur Herrlichkeit, darum heißt Bekenntnis zu JEsu: Nachfolge JEsu im Leiden (21–28), für welches ihn selbst und seine Jünger der Vorschmack der künftigen Herrlichkeit in der Verklärung stärken soll (17, 1–13). Als seine Jünger in seiner Abwesenheit dem Elend des mondsüchtigen Knaben gegenüber ihrer Ohnmacht inne werden, verweist er sie auf die Wunderkraft des Glaubens (14–21). (Neue Leidensverkündigungen (22–23; cf. c. 20, 17–19)). Mit der Entrichtung der Tempelsteuer weist er seinen Jüngern ihre Stellung gegenüber der A.T.lichen Gemeinde (für die noch kurze Dauer ihres Bestands) an: freiwillige Selbstuntergebung unter das Gesetz um Israels willen bei dem Bewußtsein innerer Freiheit vom Gesetz (24–27). Dann zeigt er ihnen a) was ihr Verhalten zu und innerhalb der christlichen Gemeinschaft sein soll, die er schaffen will, nämlich: 1) die Demut, welche, fern von ehrgeizigem Streben, wie das Kind sich selbst gering achtet, und darum auch den Geringen nicht verachtet und sich hütet ihn zu ärgern (18, 1–14); 2) der Ernst der züchtigenden Bruderliebe, die die Unbußfertigen aus der Gemeinde ausschließt, den Bußfertigen aber im Bewußtsein eigenen Bedürfnisses der Vergebung immer wieder vergibt (15–35); b) wie sie sich zu den Dingen und Ordnungen stellen sollen, die die Grundlagen unserer irdischen Existenz bilden: Ehe und Besitz, die er in ihrer schöpfungsordnungsmäßigen Berechtigung anerkennt, doch nicht ohne auf (Ausnahms-)Fälle hinzuweisen, wo der Verzicht auf diese Güter sittlichen Wert hat, ja sittliche Pflicht werden kann (19, 1–26). Im Anschluß hieran verheißt er den Jüngern für die in seiner Nachfolge gebrachten Opfer reichen Lohn (27–30), warnt aber durch das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg vor der unedlen Sinnesweise, die nur um Lohnes willen Gott dienen will (20, 1–16), während (wie er den Zebedäiden und den über ihre Anmaßung unwilligen Jüngern zeigt) es vielmehr gilt, das Ausmaß des Gnadenlohnes Gott zu überlassen und den Weg zur Größe in demütigem Dienen zu suchen (20–28).

 VIII. Die letzte Erfüllung des Heilandsberufs JEsu in Jerusalem, seine endgültige Verwerfung und die Verkündigung des göttlichen Gerichtes c. 20, 29–c. 25.

|  JEsus wird in Jericho von den Blinden als der Sohn Davids begrüßt (20, 29–34) und zieht dann als König in Zion ein, um die Weissagung zu erfüllen (21, 1–11). Er reinigt den Tempel, wird aber bei dem jauchzenden Zuruf der Kinder wieder angegriffen und zieht sich nach Bethanien zurück (12–17).

 Am andern Tage verflucht er bei dem Gange von Bethanien nach Jerusalem den Feigenbaum, das Sinnbild des an Glauben und guten Werken armen Israels (18-22). Im Tempel verweigert er den Hohepriestern und Ältesten die Rechenschaft über sein prophetisches Auftreten, denn wer des Täufers göttliche Sendung nicht wahrnahm, wird auch ihm die Anerkennung weigern (2327); dann deckt er ihre heuchlerische Scheinfrömmigkeit auf, die im Grunde nichts als frecher Ungehorsam gegen Gottes Gebot ist (28–32), und zeigt ihnen an den bösen Weingärtnern ihr eigenes Bild, sowie den Grund und das Ende ihrer Feindschaft wider ihn (33–46). Das Gleichnis von dem Hochzeitsmahl deutet auf den Übergang des Reiches Gottes von den Juden zu den Heiden 22, 1–14. Nun suchen ihm seine Feinde mit verfänglichen Fragen Fallstricke zu legen: die Pharisäer im Bund mit den Herodianern suchen ihn politisch zu verdächtigen, Er aber lehrt, daß religiöse und bürgerliche Pflicht bei richtiger Abgrenzung beider Gebiete sich wohl vertragen; die Spottfrage der Sadduzäer, die den Glauben an eine leibliche Auferstehung lächerlich machen wollen, widerlegt er durch den Hinweis auf Schriftaussagen und auf die völlig veränderten Daseinsbedingungen in jener Welt, wo geschlechtlicher Verkehr nicht mehr statt hat; die Schulfrage des Schriftgelehrten nach dem größten Gebot beantwortet er dahin, daß das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe das ganze Gesetz in sich fasse; endlich stellt er selbst an die Pharisäer eine Frage, die sie zur ahnenden Erkenntnis des Geheimnisses seiner Person und damit zum Heil hätte führen können, auf die sie aber nur mit verlegenem Schweigen antworten (15–46). Da hält er die zermalmende Strafrede gegen die Pharisäer, straft ihre Ehrsucht, die Heuchelei ihres Bekehrungseifers, ihrer unsittlichen Kasuistik, ihres gesetzlichen Buchstabendienstes, um schließlich wegen ihrer Feindschaft wider ihn und die Boten der Wahrheit ihnen und Jerusalem das Gericht anzukündigen c. 23.

 Damit schließt er sein öffentliches Wirken ab. Seine letzten Reden gehören seinen Jüngern.

 Er verkündet ihnen das Ende Jerusalems und der Welt und seine Wiederkunft (24, 1–35), ermahnt durch Hinweis auf das Gericht der Sündflut, sowie durch die Gleichnisse von dem guten und bösen Knecht, von den 10 Jungfrauen, von den Talenten zur wachsamen Bereitschaft und fleißigen Berufsarbeit in seinem Dienst (24, 36–25, 30) und schließt mit der Weissagung seiner Wiederkunft zum Weltgericht, bei welchem sich das ewige Geschick der Welt nach ihrem Verhalten zu seinen Jüngern entscheiden wird, (31–46).

 IX. Der Ausgang des Heilandes Israels c. 26–28.

 1. JEsus erfüllt, wie vorher durch sein Thun und Lehren, so nun durch sein Leiden und Sterben die Schrift (c. 26, 54–56), anderseits aber| vollendet Israel seine Verschuldung an ihm, indem seine Oberen mit Hilfe des Verräters Jesum gefangen nehmen, wider alles Recht ihn zum Tode verurteilen, ungerührt durch das reumütige Bekenntnis des Judas das Todesurteil von Pilatus erzwingen, und endlich den Leidenden noch höhnen und gegen das in den wunderbaren Erscheinungen bei JEsu Tod ergehende Zeugnis Gottes über den am Kreuze Getöteten sich verhärten, während der heidnische Hauptmann glauben lernt (c. 26. 27).

 2. Auch gegen den Eindruck der Auferstehung JEsu, deren Gewißheit ihnen durch ihre eigenen Grabwächter besiegelt wurde, verhärten sich die Oberen des Volkes und betrügen das Volk um dies letzte und größte Zeugnis von der Göttlichkeit des Heilandes. Der Auferstandene entsendet daher seine Jünger, nachdem Israel ihn verworfen, in die Völkerwelt, damit sie durch die Taufe aufgenommen werde in das Reich Gottes (c. 28). So schließt das Ende des Evangeliums mit seinem Anfang (c. 2) sich zusammen.


§ 72.
Das Evangelium nach Markus.
 1. Markus, mit vollständigem Namen Johannes Markus Akt. 12, 12 u. a.) war der Sohn der Maria, einer zu Jerusalem wohnhaften, angesehenen, dem Apostel Petrus befreundeten Christin, in deren Hause sich die Apostel oft versammelten (sehr wahrscheinlich identisch mit dem 14, 51–52 erwähnten Jüngling). Nach 1 Petri 5, 13 zu schließen, war Markus der geistliche Sohn des Apostels Petrus. Er begleitete zuerst den Apostel Paulus und den Barnabas als Diener auf ihren Missionsreisen (Akt. 12, 25; 13, 5), trennte sich aber dann von ihnen, so daß Paulus bei seiner zweiten Missionsreise sich entschieden weigerte, ihn mitzunehmen (15, 35–39). Später aber finden wir ihn doch (nach Kol. 4, 10; 2 Tim. 4, 11) während der zweimaligen Gefangenschaft des Paulus wieder in dessen Umgebung. Das Altertum stellt aber nicht ohne Anhalt in der Schrift (1 Petr. 5, 13) Markus in viel innigere Beziehung zu Petrus, als zu Paulus; Papias, Irenäus, Tertullian u. a. nennen ihn den „Dolmetscher“ des Petrus, der, wie Papias, oder sein Gewährsmann, der „Presbyter“ (Apostel?) Johannes sagt, die mündlichen Lehrvorträge des Petrus schriftlich aufzeichnete.[1] Ähnlich sagt auch| Hieronymus: Das Ev. des Markus sei so entstanden, daß derselbe niederschrieb, was Petrus mündlich erzählte. Es geschah dies jedoch, wie aus dem unten angeführten Citat hervorgeht, in selbständiger Weise. Demnach ist also das Evangelium des Markus nichts anderes, als die freie schriftliche Aufzeichnung der evangelischen Botschaft, wie sie Petrus zu verkünden pflegte, und schon Justin nennt das zweite Evangelium geradezu das Evangelium des Petrus. Dieses Verhältnis des Evangeliums zu der Verkündigung des Petrus war es auch, was das Altertum zur unbedingten Annahme desselben bewogen hat.

 2. Nach dem Zeugnis des Irenäus verfaßte Markus sein Evangelium erst nach dem Tode des Petrus und Paulus. Aus dem Zeugnis des Papias geht hervor, daß es bereits um 75 bis 100 n. Chr. in der Provinz Asien bekannt war. Die Schule des Kerinth, eines Zeitgenossen des greisen Apostels Johannes, gebrauchte es mit Vorliebe. Als Ort der Abfassung bezeichnen die Väter Rom. Jedoch ist das Evangelium nicht, wie etliche wollen, in lateinischer, sondern in griechischer Sprache abgefaßt, doch für Abendländer (vgl. die Erklärung griechischer Bezeichnungen durch beigesetzte lateinische in c. 12, 42 und 15, 16), vielleicht für die römische Christenheit selber, vgl. 15, 21 mit Röm. 16, 13.

 3. Der Zweck des Evangeliums ist, wie schon in der einleitenden Überschrift angedeutet, durch die Darstellung der Thaten JEsu in dem Leser den Glauben zu erwecken, daß JEsus der Sohn Gottes sei. Es gewährt uns dieses Evangelium das anschaulichste Bild von dem Menschensohne, der durch Wunder und Zeichen als der Sohn Gottes sich erwies. Von den anderwärts bei Matth. und| Lukas ausführlich mitgeteilten Reden JEsu gibt er meist nur die Grundgedanken vgl. 6, 8 ff., 8, 13. Die Bergpredigt übergeht er bis auf wenige Worte, die große antipharisäische Rede des HErrn Matth, c. 23 schrumpft bei ihm auf etliche Verse zusammen (12, 38 bis 40). Da das Buch nicht für Juden, sondern für Heidenchristen bestimmt war, so tritt die Beziehung aufs A. Testament und der Gegensatz gegen das pharisäische Judentum in den Hintergrund, wie wir denn, im Unterschied von Matth. bei Markus nur ein einziges auf seine Rechnung kommendes A.T.liches Citat (1, v. 2. 3) finden, durch welches er die Verbindung des Alten mit dem Neuen Testament herstellt. Die Ausführung c. 7, 1–23 mag auf die Bekämpfung der Neigung zu zeremonialgesetzlicher Frömmigkeit berechnet sein, welche unter anderen auch in Rom (Röm. c. 14) sich fand.

 Die Anlage des Evangeliums ist folgende:

 I. Das Wirken JEsu in Galiläa, 1, 14-9, 29.

 Die Einleitung zur Wirksamkeit JEsu bildet die Predigt Johannes des Täufers, welcher auf Christum hinwies (1, 2–8; v. 1 ist Überschrift für das Ganze), die Taufe JEsu, bei der das Zeugnis seines Vaters über ihn erging, seine Versuchung und Bewährung (9–13). Hierauf beginnt er sein Wirken mit der Verkündigung des Reiches Gottes (14–15), beruft seine ersten vier Jünger (16–20) und erregt durch sein Wort wie durch seine Wunder (Heilung des Dämonischen, der Schwieger Petri, vieler Kranken in Kapernaum) solches Aufsehen, daß er Kapernaum verläßt, um durch Galiläa zu wandern (21–39) und nach der Heilung des Aussätzigen, um sich dem Andrang des Volkes zu entziehen, die Einsamkeit suchen muß (40–45).[2]

 Gegenüber der Bewunderung des Volks offenbart sich der feindselige Gegensatz der Schriftgelehrten, bei Gelegenheit der Heilung des Gichtbrüchigen (2, 1–12), des Festmahls mit den Zöllnern bei der Berufung Levis (13–17), bei der Wahrnehmung, daß seine Jünger das Fasten unterlassen (18–22) und am Sabbat Ähren ausraufen (23–28) und gelegentlich einer von ihnen als Sabbatsheilung JEsu (3, 1–6).

|  Der folgende Abschnitt (3, 7–6, 6a) zeichnet ein Bild seiner Heilandsthätigkeit in dieser Zeit, zunächst im allgemeinen (3, 7–12) und dann im besonderen (3, 13–6, 6a).

 JEsus sondert eine Jüngerschaft im engeren Sinne aus, deren Kern die Zwölfe bilden, die er nun beruft, damit sie ständig um ihn sein und seine Gehilfen werden sollen (13–19). – Seinen Familienangehörigen wird bange um ihn (v. 20–21); den ihn lästernden Schriftgelehrten redet er von der unverzeihlichen Sünde wider den h. Geist (v. 22–30), seinen Verwandten gegenüber stellt er die Gemeinschaft des Glaubens höher als die Bande leiblicher Verwandtschaft (31–35). Von nun an spricht er nur in Gleichnissen, damit alle, die das Wort nicht mit dem rechten Sinne hören, es hören und nicht verstehen (4, 1–34). Neu bei Markus ist das Gleichnis v. 26–29 von der ohne Zuthun des Menschen vor sich gehenden Entwicklung des Samenkorns zur Ähre, ein Wort, das zum Vertrauen und geduldigen Warten auf die still wirkende Kraft des Wortes ermuntert. Das Gleichnis vom vierfachen Ackerfelde und vom Senfkorn hat er mit Matth. gemein.

 Die Stillung des Sturmes (4, 35–41), die Heilung des besessenen Gadareners (5, 1–20), des blutflüssigen Weibes und die Erweckung der Tochter des Jairus (21–43) ist wesentlich wie bei Matth. und in derselben Reihenfolge erzählt. Er schließt mit JEsu Besuch in Nazareth 6, 1–6.

 Es beginnt nun die Erziehung seiner Jünger (6, 6b–9, 29). Der Abschnitt wird eröffnet mit der Aussendung der Zwölfe 6, 7–13, infolge deren das Gerücht von ihm auch zu Herodes drang, der in ihm den wieder erstandenen Täufer vermutete, was Anlaß gibt, den Bericht von dessen Tod einzufügen (6, 14–29), dann die Speisung der 5000, nach welcher JEsus über den See sich wieder zu den Jüngern zurückbegibt (30–56).

 c. 7, 1–23 enthält die einzige (wohl wegen ihrer Bedeutung für die Heidenchristen ausführlicher wiedergegebene) Streitrede JEsu wider die Pharisäer, in der er zeigt, daß der A.T.liche Gegensatz von rein und unrein nicht auf leiblichem, sondern auf sittlichem Gebiet seine Bedeutung habe. Auf heidnisches Gebiet sich begebend heilt er dann die Tochter der Syrophönizierin (24–30) und einen Taubstummen (eine dem Markus eigentümliche Geschichte (31–37). Es folgt die Speisung der 4 Tausende (8, 1–9), die Abweisung der ein Zeichen fordernden Pharisäer, vor deren Sauerteig (sittliche Denkungsart) er seine Jünger warnt (10–21). Die Heilung des Blinden (22–29) in Bethsaida wird nur von Markus erzählt.

 In Cäsarea Philippi fragt JEsus seine Jünger um das Urteil des Volkes über ihn und um ihr eigenes; jenes schwankt, dieses aber ist fest und spricht sich in dem Bekenntnis Petri aus, daß JEsus der Christ sei. An dieses Bekenntnis der Jünger schließt sich die erste Leidensverkündigung JEsu und die Ermahnung an die Jünger, das Leiden um seinetwillen gerne zu tragen (30–39). Es folgt dann wie bei Matthäus der Bericht von der Verklärung JEsu (2–13), und der Heilung des mondsüchtigen Knaben (14–29).

|  II. Die letzte Wanderung JEsu durch Galiläa nach Peräa und von da nach Jerusalem 9, 30–11, 11.

 JEsus verkündigt den Jüngern sein künftiges Leiden und dessen Ausgang (30. 32); warnt sie vor Ehrgeiz (33–37), Unduldsamkeit gegen noch nicht völlig Entschiedene (38–41), vor dem Ärgernisgeben, und ermahnt zur selbstverleugnenden Strenge gegen sich selbst, damit man nicht durch sich selbst zum Bösen verführt werde und dadurch in die ewige Pein komme (42–50). Die Frage der Pharisäer, ob dem Manne erlaubt sei, sein Weib zu entlassen, verneint er mit Hinweis auf die göttliche Stiftung der Ehe (10, 1–12), ermahnt bei der Segnung der Kinder zu kindlichem Sinne (13–16), warnt auf Anlaß der Frage des reichen Jünglings nach dem Weg zur Seligkeit vor den Gefahren des Reichtums (17–27) und verheißt denen, welche um des Himmelreichs willen das Zeitliche verlassen, großen Lohn (28–31). Die Bitte der Söhne des Zebedäus bescheidet JEsus dahin, daß die Teilnahme an seiner Herrlichkeit von der Teilnahme an seinem Leiden, der Grad dieser Herrlichkeit aber von dem gnädigen Willen Gottes abhänge. Der Weg zur Herrlichkeit für die Jünger sei das demütige Dienen auf Erden (32–45).

 Mit der Heilung des blinden Bartimäus (46-52) schließt dieser Abschnitt.

 III. Das Wirken Jesu in Jerusalem und sein Ausgang 11, 12–c. 16.

 1. JEsus zieht königlich in Jerusalem ein (11, 1–11). Des anderen Tages verflucht er den unfruchtbaren Feigenbaum (11, 12–14), und treibt die Käufer und Verkäufer aus dem Tempel (15–19). (Die Tempelreinigung ist nach dem genaueren Bericht des Markus erst am Tage nach dem Einzug JEsu in Jerusalem erfolgt.) Den am andern Tage über die rasche Erfüllung des Fluchworts JEsu an dem Feigenbaum staunenden Jüngern preist er die Macht des gläubigen Gebets aus versöhntem Herzen (20–26). Die Obersten, die ihn nach seiner Vollmacht zu seinem prophetischen Auftreten fragen, setzt er durch die Gegenfrage, was von der Taufe Johannis zu halten sei, in Verlegenheit. Die Gleichnisrede von den bösen Weingärtnern ist im wesentlichen wie bei Matthäus wiedergegeben, ebenso der Bericht von den letzten Kämpfen JEsu mit seinen Widersachern im Tempel (12, 1–37). Von der großen Strafrede wider die Pharisäer und Schriftgelehrten bei Matthäus ist hier nur der Grundgedanke mitgeteilt (v. 38–40); ihrem ehrgeizigen und scheinheiligen Wesen gegenüber freut sich der HErr an der aufrichtigen Frömmigkeit der Witwe mit ihrem Scherflein (v. 41–44, ein kleiner, dem Markus mit Lukas gemeinsamer Abschnitt). Die Weissagung des HErrn von der Zerstörung Jerusalems und dem Weltende (13, 1–37) gibt Markus wesentlich übereinstimmend mit Matthäus wieder.

 2. Auch die Passionsgeschichte bei Markus enthält nichts wesentlich Neues c. 14, 1–15, 47. Es ist möglich, daß der Markus 14, 51 erwähnte Jüngling Markus selbst ist.

 3. Am Ostermorgen früh finden die Frauen, die JEsu Leichnam salben| wollen, sein Grab leer und hören aus Engelmund, daß Er auferstanden sei und seine Jünger in Galiläa wiedersehen werde 16, 1–8. (Mit diesem v. 8, der unmöglich den Schluß des Evangeliums gebildet haben konnte, bricht in vielen codices und insbesondere gerade in den beiden ältesten griechischen, das 16. c. ab. Aus diesem Grunde hat man Bedenken gegen die Echtheit des Abschnitts v. 9–20, resp. seine Abfassung durch Markus erhoben. Man fand ferner den Charakter der Erzählung in v. 9–13 zu kompilatorisch und den Schluß (19b und 20) über den Rahmen der evangelischen Geschichtserzählung hinausfallend. Doch kennt den Abschnitt bereits Irenäus, ja vielleicht sogar Justin. Von einem beschränkten Kreis aus scheint er allmählich in alle Handschriften übergegangen zu sein. Jedenfalls ist sein Inhalt, wenigstens in v. 14–18 so eigenartig und bedeutend, daß wir überzeugt sein dürfen, in demselben ein Stück apostolischer Tradition vor uns zu haben, vielleicht aus dem Munde des HErrenjüngers Aristion, des Lehrers von Papias.)


§ 73.
Das Evangelium nach Lukas.
 1. Lukas, oder mit seinem vollen Namen Lukanus, stammt nach Eusebius aus Antiochien in Syrien. Nach Kol. 4, 14 zu schließen, war er von Geburt ein Grieche. Sein Beruf war der des Arztes, was in seinem Evangelium auch hervortritt vgl. c. 22, 44; 13, 11; 8, 27; 8, 43 u. s. w.; einer Sage zufolge, welche Nicephorus aufbewahrt hat, wäre er auch Maler gewesen. Sein Beruf als Arzt, sein stellenweise der klassischen Sprache sich näherndes Griechisch (Ev. c. 1, v. 1–4; c. 23, 41; Ap.-Geschichte 17, 21) weist auf einen Mann von höherer Bildung hin. Aus dieser fließt es wohl (und vielleicht auch aus seiner näheren Berührung mit der Kulturwelt des röm. Reiches), daß er das Bestreben zeigt, die Heilsgeschichte mit der des röm. Reiches zu verknüpfen, sowohl im Evangelium, c. 2, 1; 3, 1, als auch in der Ap.-Geschichte c. 11, 28; 18, 2. – Über seine Bekehrung wissen wir nichts Gewisses: sie mag aber schon vor der Ankunft St. Pauli in Antiochien (c. 11, 25) erfolgt sein; denn nach einer zweiten Rezension der Apostelgeschichte (siehe unten) fanden ihn die c. 11, 27 etc. erzählten Ereignisse bereits unter den Gliedern der Gemeinde. Er scheint aber dem Apostel bald näher getreten zu sein. Wenigstens finden wir Lukas im Gefolge des Paulus, dem er sich bei dessen zweiter Missionsreise zu Troas anschloß (Akt. 16, 10), sowohl auf dessen Reisen (Akt. 16, 10–17; 20, 5–21, 18), als auch bei der doppelten Gefangenschaft| desselben (Akt. 24, 23; Kol. 4, 14; Philem. 24; Akt. 27, 1–28, 16, vgl. 2 Tim. 4, 11). Von seinem weiteren Lebensgange haben wir keine sichere Kunde: nach Gregor von Nazianz starb er als Märtyrer.

 2. Daß Lukas wirklich der Verfasser des dritten Evangeliums sei, bezeugt die einstimmige Tradition der alten Kirche. Die Zeit der Abfassung will man aus Luk. 3, 1 und Akt. 28, 30 erkennen. Danach wäre das Evangelium einerseits noch vor dem Ende der Herodeischen Herrschaft oder vor dem Ausbruch des jüdischen Krieges (66) geschrieben, weil Lukas nicht, wie er 3, 1 thut, die Zeit nach der Herodeischen Herrschaft angäbe, wenn diese nicht noch bestände. Anderseits aber würde die Abfassung nicht vor die erste Gefangenschaft des Paulus in Rom gesetzt werden dürfen, weil Lukas die mindestens zweijährige Dauer dieser Gefangenschaft Ap.-Gesch. 28, 30 ausdrücklich bezeugt. Demnach würde also die Abfassung des Evangeliums in den Zeitraum von 64–66 fallen. Lassen wir dagegen mit anderen die Angabe des Irenäus gelten, Lukas habe sein Evangelium nach dem Tode des Petrus und Paulus geschrieben, so rückte die Abfassungszeit näher an das Jahr 70, jedoch nicht über dieses Jahr hinaus, da wir weder im Evangelium (mit Unrecht hat man sich auf 21, 24 berufen), noch in der Apostelgeschichte eine Beziehung auf die Zerstörung Jerusalems finden. Wo Lukas sein Evangelium geschrieben habe, ist ganz unbekannt.

 3. Laut des Eingangs 1, 1–4 verfolgt Lukas mit seinem zweiteiligen Werke, dem Evangelium und der Apostelgeschichte, den Zweck, zunächst dem Theophilus, einem, wie es scheint, mit dem Christentum bereits näher bekannt gewordenen vornehmen Antiochener, „durch eine auf gründlichen Nachforschungen beruhende, zusammenhängende Darstellung der ganzen Entwicklung des Christentums die Zuverlässigkeit dessen, was er aus mündlicher Überlieferung davon kennen gelernt hatte, nachzuweisen.“ Lukas vermochte das; denn er hatte die N. T.liche Geschichte von Anfang an sorgfältig erforscht[3] und aufgezeichnet; von der Wirksamkeit der Apostel kannte er einen| großen Teil als Augenzeuge und Mitbeteiligter. Sie beginnt nach ihm im Tempel zu Jerusalem mit der Engelsbotschaft an Zacharias und schließt zunächst mit der Verheißung JEsu des Auferstandenen an die Jünger, daß sie den heiligen Geist empfangen sollten, um das Evangelium allen Völkern zu verkündigen, Buße und Vergebung der Sünden in Seinem Namen. Dann beginnt sie wieder mit der Ausgießung des heiligen Geistes, bis sie endlich mit der Verkündigung des Evangeliums in Rom, der Welthauptstadt, schließt. – Die Meinung, Lukas habe noch ein 3. Buch schreiben wollen, das den Abschluß der apost. Zeit gebracht haben würde, hat Manches für sich. Doch ist zu bedenken, daß über die wichtigsten Thatsachen des letzten Abschnittes dieser Zeit (Tod Petri und Pauli; Zerstörung Jerusalems) Theophilus als Zeitgenosse anderwärts her „gewissen Grund erfahren“ und genaue Kenntnis haben konnte. – Wie sehr das Evangelium des Lukas der Predigt des Paulus verwandt ist, ist danach offenbar. Diese Verwandtschaft ist auch jederzeit erkannt worden, und Irenäus sagt geradezu: „Lukas, der Gefährte des Paulus, hat das von jenem verkündigte Evangelium in Schrift gefaßt.“ Das dritte Evangelium galt deshalb ebenso als das Evangelium des Paulus,[4] wie das zweite als das des Petrus angesehen wurde. Jedenfalls hat das nahe Verhältnis des Evangelisten Lukas zu Paulus dem dritten Evangelium seine unbedingte Aufnahme und kanonische Geltung in den christlichen Gemeinden erworben.
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 4. Die Eigentümlichkeit des Lukas ist hiermit bereits angedeutet. Wenn man auch nicht behaupten kann, daß Lukas durchweg einen so bestimmten Lehrgang festhalte als etwa Matthäus, so ist doch in seinem Evangelium die Idee von JEsu, dem Welt- und Sünderheiland, die allbeherrschende. Dies zeigt sich namentlich in den dem Lukas eigentümlichen Abschnitten von der großen Sünderin (c. 7), von dem verlorenen Schaf, dem verlorenen Groschen, dem verlorenen Sohn (c. 15), in der Parabel vom Pharisäer und Zöllner (c. 18), der Erzählung von Zachäus (c. 19), dem reuigen Schächer (c. 23). Ein dem verwandter Zug ist es, wenn Lukas reich ist an Tröstung| für Arme und Unglückliche c. 7, 1–17, 16, 1–31; 21, 1–4; während die manchfachen Warnungen für die Reichen und Mahnungen zur Mildthätigkeit auf den „reichen“ Theophilus berechnet sein mögen; c. 6, 20–26; 11, 41; 12, 13–21; 14, 12–14 u. 16–24; 16, 1–31; 19, 2–10. Die Bestimmung des in Christo erschienenen Heils für die ganze Welt, schon in der Zurückführung des Geschlechtsregisters JEsu bis auf Adam angedeutet, in der Weissagung Simeons c. 2, 32, ausgesprochen, durch das thatsächliche Vorhandensein außerisraelitischer Frömmigkeit (7, 2–10; 10, 33; 17, 16; Ap.-Gesch. 10, 1 etc.) bewährt und bestätigt, geht nicht bloß aus einzelnen Stellen, sondern vor allem aus der Anlage des ganzen zweiteiligen Werkes des Lukas hervor, welches den Gang des Evangeliums von Jerusalem bis Rom, dem damaligen Mittelpunkt der Welt darlegt. – Das „ordentlich“ c. 1, 3 will nicht sowohl von genauer, chronologischer Ordnung verstanden werden (in chronolog. Angaben zeigt Lukas bei den einzelnen Geschichten eine vorsichtige Zurückhaltung c. 5, 17; 8, 22; 20, 1 „an einem der Tage“ und die anderen unbestimmten Einführungen c. 11, 1; 14, 1 etc.), sondern von der Ordnung der Sachen.
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 5. Was das Verhältnis des Lukasevangeliums zu dem des Matth. anlangt, so hat Lukas mit Matthäus den Stoff vielfach gemein, aber der Plan des Ganzen und die Anordnung des Einzelnen ist bei beiden völlig verschieden. Bemerkenswert in dieser Hinsicht ist, daß eine ganze Anzahl von Aussprüchen JEsu, welche bei Matthäus aus ihrem geschichtlichen Zusammenhang ausgehoben und (um ihres verwandten Inhalts willen) in sehr wirkungsvoller Weise zu großen zusammenhängenden Lehrreden verarbeitet sind, bei Lukas uns vereinzelt und mit genauer Angabe der geschichtlichen Situation, aus der sie erwachsen sind, begegnen. Vgl. z. B. Luk. 6, 20 ff. (Anschluß der Bergpredigt an die Jüngerwahl); Luk. 10, 13 ff. (Weheruf über Bethsaida und Kapernaum bei der Aussendung der 70 Jünger); Luk. 11, 1 (Die Veranlassung, bei der der HErr seine Jünger das Vater Unser gelehrt); Luk. 14, 31 ff. die Wehklage über Jerusalem (im Anschluß an die Meldung von dem Mordplan des Herodes) und v. a. Eine Benutzung des (aramäischen) Matthäus durch Lukas ist damit nicht bewiesen. Aber auch die Annahme,| daß Lukas unser Markusevangelium gekannt und benützt habe, ist nicht zu erweisen. Denn wenn auch namentlich am Anfang die Reihenfolge der Begebenheiten bei Markus und Lukas viel Ähnlichkeit aufweist, so finden sich doch auch hier Versetzungen und Auslassungen genug, welche obiger Annahme widersprechen. Wir müssen bekennen, daß wir – abgesehen etwa von der Kindheitsgeschichte, welche auf die Familie JEsu, wenn nicht auf Maria selbst, als Quelle zurückgeführt werden dürfte, – über die Luk. 1, 1–4 angedeuteten Quellen des Lukasevangeliums nichts mit einiger Sicherheit auch nur vermuten können.

 6. Inhaltsübersicht.

 Prolog 1, 1–4. Das Vorhaben des Evangelisten. Rechtfertigung und Zweck desselben.

 I. Die erste Verkündigung von JEsu, dem Heiland Israels und der Welt, 1, 5 bis 2, 52.

 Mit der Verkündigung von der Geburt und dem Beruf des Vorläufers welche sein Vater, der Priester Zacharias, im Tempel zu Jerusalem aus Engelsmund empfängt, hebt die N.Tl. Geschichte an (1, 5–25). Darauf folgt die Engelsbotschaft an Maria in Nazareth, daß sie in Kraft des hl. Geistes Mutter des Heilandes werden solle (26–38). Der Botschaft vom Himmel antwortet das gläubige Zeugnis der Menschen: Elisabeth begrüßt kraft prophetischer Erleuchtung Maria als Gottesmutter, worauf Maria den Gott preist, der so Großes an ihr thut (39–56), und Zacharias, nach der Geburt des Johannes, den in derselben sich ankündigenden Anbruch einer neuen Heilszeit für Israel besingt (57–79). Es folgt nun die Geburt JEsu selbst und alsbald wieder die Engelsoffenbarung über dieselbe an die Hirten und das Zeugnis von derselben durch die Hirten Bethlehems (2, 1–20). Nun hören wir, wie bei der Beschneidung die engelische Verkündigung von JEsu sich erfüllt und bei der Darstellung im Tempel Simeon und Hanna von JEsu, als dem Heilande Israels und der Welt, weissagen (21–40). Mit dem Zeugnis des zwölfjährigen JEsus von seiner einzigartigen Gemeinschaft mit Gott dem Vater schließt die erste Reihe neutestamentlicher Verkündigungen von JEsu (41–52).[5]

|  II. Die Verkündigung Johannes des Täufers, 3, 1–20.

 Er fordert angesichts der Nähe des Himmelreichs Buße oder Sinnesänderung und verheißt den Bußfertigen den Anbruch des Himmelreichs, den Unbußfertigen aber droht er mit dem Tage des Gerichts. Hieran schließt sich gleich der Bericht von der Gefangenlegung Johannis, die seiner kurzen aber tiefeingreifenden Wirksamkeit ein Ende macht.

 III. Das göttliche Zeugnis über JEsum bei seiner Taufe und seine Selbstbezeugung in der Wüste 3, 21–4, 13.

 JEsus wird bei seiner Taufe von Gott wunderbar als Sohn Gottes bezeugt und für seinen Beruf durch die Geistesmitteilung ausgerüstet (3, 21 bis 22). An dieses Zeugnis von seiner Gottessohnschaft schließt sich hier, unmittelbar vor dem Antritt seines Berufs, seine menschliche Genealogie an, durch die er als der, welcher Gottes- und Menschensohn in einer Person, also der rechte wahre Menschensohn (Gen. 3, 15) ist, dargestellt wird (23–28). (Die Verschiedenheit der Geschichtsregister JEsu bei Matthäus und Lukas erklärt sich am einfachsten durch die Annahme, daß Matthäus die Genealogie Josephs, Lukas diejenige Marias gibt. Für diese Vermutung spricht, daß auch im Talmud Maria „Tochter Elis“ heißt.) Er bewährt sich als der Heilige Gottes in der Wüste, wo er vom Teufel in unmittelbarer, also einzigartiger Weise versucht ward und als der andere Adam alle Anfechtung siegreich überwindend, im Gehorsam bestand (4, 1–13).

 IV. Die Selbstbezeugung JEsu als Heiland Israels 4, 14–21, 38.

 1. In der Synagoge zu Nazareth bezeugt JEsus, daß mit seinem Kommen die messianische Heilszeit angebrochen sei. Die anfängliche Begeisterung der Nazarener für ihn schlägt, weil er ihren Unglauben straft, in Verachtung und Feindschaft um, in der sie ihn töten wollen (4, 14–30). Die Begebenheit ist ein Vorspiel der Aufnahme, die JEsum von seiten seines Volkes erwartet.

 2. JEsu Heilandsthätigkeit in Galiläa 4, 31–9, 50.

 Lukas erzählt nun, wie JEsus sein Wort mit Wunderhilfe begleitet, um sich als den Heiland zu erzeigen, als welchen er sich in seinem Wort darstellt (4, 31–44). Der Abschnitt 5, 1–11 berichtet uns das Wunder des reichen Fischzugs, durch das JEsus den beiden Brüderpaaren, Petrus und Andreas, Johannes und Jakobus, voran dem Petrus, nachdem er demütige Erkenntnis der eigenen Sündigkeit und unbedingten Glauben an seine Person in ihm gewirkt, die Aufgabe und den wunderbaren Erfolg des Apostelamts vor Augen stellt.

 Der leitende Gedanke des Abschnitts 5, 17–6, 11 ist: den keimenden Gegensatz der Pharisäer wider JEsum zu zeigen. Er muß gegen sie sein Recht, Sünden zu vergeben (5, 17–26), seinen freundlichen Umgang mit den Zöllnern (27–32), die evangelische Weise der Frömmigkeit gegenüber der Askese der Johannesjünger (33–39), endlich gegenüber pharisäischer Gesetzlichkeit das Recht seiner freieren Auffassung des Sabbatgebots verteidigen (6, 1–11).

 Im Anschluß an die Auswahl der Zwölfe (6, 12–19) gibt Lukas| nun die Bergpredigt, die aber bei ihm in kürzerer Fassung als bei Matth. und an die Jünger gerichtet, also als das Lebensgesetz für seine Jüngerschaft erscheint (6, 20–49). Wieder folgen dann 7, 1–10 und 7, 11–17 Beweise von der Macht seines Worts, erst in der Heilung des Knechts des Hauptmanns zu Kapernaum, welcher auf seinen Glauben hin die Erhörung seiner Bitte erlangt, dann in der Erweckung des Jünglings zu Nain, welchen der mitleidige Heiland seiner Mutter wiedergibt.

 Trotz dieser Machterweise findet JEsus keinen Glauben. Selbst der Täufer ist fast in Gefahr, an JEsu Anstoß zu nehmen, weil er nicht in der Weise, wie er gehofft hat, – durch richterliche Offenbarung seiner Herrlichkeit – das Himmelreich auf Erden verwirklicht. Er erhält die Weisung, sich nicht an ihm zu ärgern. Das Geschlecht der Zeitgenossen aber schilt der HErr, weil sie wie vorhin gegen die strenge Weise des Täufers, so nun gegen die freundliche Art des Menschensohnes gleich ablehnend sich verhalten (7, 18–35). Ein andres, das da hindert, daß JEsus Eingang finde, stellt sich in der Erzählung von jener „Sünderin“ dar, die ihrer Sünden Vergebung sucht, während der Pharisäer, der hoffärtig auf sie herabsieht, keine Vergebung zu bedürfen meint (36–50). c. 8, 1–18 zeigt, wie gegenüber der aus Jüngern und Jüngerinnen (v. 1–3) sich sammelnden Gemeinde JEsu das Volk sich selbst um den Segen des gehörten Wortes bringt, weil es das Wort entweder gar nicht in ihre Herzen eindringen oder seine Kraft sich entfalten läßt.

 Im Kreis seiner Gläubigen findet JEsus Ersatz für die Familie (8, 19 bis 21). Unter ihnen offenbart er nun seine Macht, indem er bald dem Sturme auf dem Meere, bald den Legionen der Dämonen gebietet, bald durch die Kraft von seines Kleides Saum die Blütflüssige heilt und dann die Tochter des Jairus von den Toten auferweckt (22–56). Doch nicht bloß zu Zeugen seiner Wunder macht er seine Jünger, er verleiht ihnen auch die Macht, selbst Wunder zu thun, indem er sie – wie zur Probe für ihren zukünftigen Beruf – aussendet, einmal auch selbständig das Wort vom Himmelreich zu verkündigen (9, 1–6). Erst jetzt, auf dem Höhepunkt der galiläischen Wirksamkeit JEsu, hört Herodes von ihm – und wie Thörichtes und Verworrenes (v. 7–9)! Es folgt die wunderbare Speisung der 5000, welche den Abschluß der galiläischen Wirksamkeit des HErrn bildet. Die Glaubensprobe, auf welche JEsus seine Jünger mit der Zumutung stellt, selbst die hungernde Menge zu speisen, bestehen sie zwar noch nicht (10–17); wohl aber legen sie durch den Mund des Petrus auf JEsu Frage, wofür sie gegenüber den schwankenden Meinungen des Volks ihn halten, das feierliche Bekenntnis zu ihm als dem Christ Gottes ab. Daher weiht er sie nun auch in das Geheimnis seines bevorstehenden Leidens ein und zeigt ihnen im Zusammenhang damit auch ihren Leidensweg (18–27). Zugleich stärkt er ihren Glauben durch das wundersame Erlebnis seiner Verklärung, des Vorspiels seiner künftigen Verherrlichung (28–36). Zu der Szene auf dem Berg der Verklärung bildet die Begegnung mit dem Vater des mondsüchtigen (epileptischen?) Knaben einen auffallenden Kontrast.| Es fällt dem HErrn, dessen Gedanken auf den Ausgang gerichtet sind, schwer, noch länger unter diesem Volk von ungläubiger und verkehrter Sinnensart zu verweilen (37–43). Wie wenig auch die Jünger sich in die Leidensweissagung JEsu zu finden wissen, (v. 44–45), zeigt der eben jetzt unter ihnen sich erhebende Rangstreit (v. 46–48). Hiegegen wendet sich JEsus, ebenso wie gegen eine Engherzigkeit, welche die Sache des Reiches Gottes als Parteisache zu behandeln geneigt ist (v. 49–50).

 3. JEsu Lehrthätigkeit während seiner Wanderung nach Jerusalem c. 9, 51–18, 30.

 Alles was in diesem Abschnitt erzählt wird, sollen wir – scheint es – uns nach Lukas als Begebenheiten auf der letzten Reise des HErrn von Galiläa nach Jerusalem denken; vgl. 9, 21. 13, 22; 17, 11. Diese Reise haben wir uns demnach vorzustellen als eine langsame Wanderung zuerst von West nach Ost durch Südgaliläa (17, 11) dann von Nord nach Süd durch Peräa, durch welches Gebiet auch Matth. und Markus JEsum seinen nach Jerusalem nehmen lassen (Matth. 10, 1; Mark. 10, 1). Der ganze Abschnitt bildet ein dem Lukasevangelium eigentümliches Mittelstück zwischen der Schilderung der galiläischen Wirksamkeit JEsu und der Leidenswoche. Es begegnen uns in diesem Abschnitt viele Worte JEsu, die wir auch schon bei Matth. lesen, aber in einer dem Lukasev. eigentümlichen Gruppierung. Eine Schwierigkeit für die Annahme, daß wir c. 9, 51–18, 30 eine zusammenhängende Schilderung der letzten Reise JEsu nach Jerusalem vor uns haben, bietet allerdings die Erzählung c. 10, 38–42 (Besuch Jesu in Bethanien). Daher sind andere der Meinung, der erwähnte Abschnitt bringe eine (nachträgliche) Sammlung von nur nach sachlichen Gesichtspunkten geordneten Unterweisungen JEsu. (Sollte in Luk. 10, 38–43 eine Andeutung des kurzen Besuchs JEsu in Jerusalem beim Fest der Tempelweihe Joh. 10, 22 ff. enthalten sein?)

 Es folgt also nun eine Sammlung von Lehrsprüchen JEsu v. 9, 51 bis 18, 30, und zwar

 a. von der Nachfolge JEsu und dem Wesen der Jüngerschaft (9, 51–10, 24)

 Der HErr verweist den eifernden Jüngern die Herabrufung des göttlichen Zorns über das ungastliche Samariterdorf (51–56). In drei nur ihres Inhalts wegen zusammengestellten Aussprüchen zeigt der HErr, wie unbedingte Hingebung dazu gehöre, ihm nachzufolgen (57–62). Er sendet 70 Jünger vor sich her auf seiner Reise, unter Predigen und Wunderthun ihm den Weg zu bereiten, und gibt ihnen Verhaltungsregeln für ihren Beruf (10, 1–16), und da sie erfreut über ihre Erfolge zurückkehren, zeigt er ihnen den rechten Grund zur Freude und hält ihnen den Vorzug vor, den seine Jüngerschaft nicht bloß vor den Weisen dieser Welt, sondern auch vor den Gläubigen des A. T. ihnen verleiht (17–24). – Eine zweite Reihe sichtlich gleichartiger Sprüche finden wir 10, 25–11, 13. Es fragt sich hier überall, was erforderlich sei zum ewigen Leben. Da sagt der HErr vor allem jenem Gesetzkundigen, der| ihn hienach fragt, daß es dazu der Liebe Gottes und des Nächsten bedarf, und lehrt ihn dann an dem Beispiel des Samariters, was es heißt: seinen Nächsten lieb haben (10, 25–37). Dann folgt der Ausspruch des HErrn gegen Martha von dem Einen, was not thut (38–42), und dann, was es um das rechte Beten ist, daß und wie man beten müsse (11, 1–13).

 b. Vom pharisäischen Wesen und dem geistlichen Wesen eines Jüngers JEsu (11, 14–16, 31).

 Die sein Thun lästernden Pharisäer warnt JEsus unter der Gleichnisrede von dem rückfälligen Besessenen vor der Gefahr der Verstockung (v. 14–28), straft den Unglauben, der Zeichen von ihm begehrt und gegen das in Ihm erschienene Licht der Welt sich verschließt (29–36), ruft Wehe über die heuchlerische Frömmigkeit der ehrgeizigen Pharisäer und dehnt seine Strafrede auch auf die Schriftgelehrten aus, die anstatt das lebendige Wort der Propheten zur Geltung zu bringen, sich mit der Ehrung der Toten durch Erbauung ihrer Grabmäler begnügen 37–52. In unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang hiemit warnt er seine Jünger vor den Ohren von Tausenden vor der Heuchelei der Pharisäer und ermahnt sie zu mutigem Bekenntnis (11, 53–12, 12). Der folgende Abschnitt enthält lauter Mahnungen und Warnungen ernster Art vor Geiz und Habsucht (12, 13–21) und irdischen Sorgen (22–28), statt dessen die Seinen es ihre Hauptsorge sein lassen sollen, nach dem Reich Gottes zu trachten und Seiner Zukunft entgegenzuwachen, eingedenk des schweren Ernstes der nun beginnenden Zeit (29–53). Ein anderes Mal vermahnt er das Volk, auf die Zeichen der Zeit zu achten und Vergebung seiner Sünden zu suchen, ehe die Zeit des Gerichts anbreche, worauf eine Warnung an die Volksmenge folgt vor dem Gerichte, das dem jüdischen Volke bevorstehe (13, 1–9).

 Der Zusammenhang der nächstfolgenden Reden JEsu ist weniger leicht erkennbar; sie sind vielmehr je nach den verschiedenen Anlässen sehr mannigfaltig. Der Tadel eines Synagogenvorstehers über eine vom HErrn am Sabbat vorgenommene Krankenheilung gibt ihm Anlaß, diese vermeintliche Gesetzesstrenge ihrer Heuchelei zu überführen (13, 10–17). Dann ist die Rede von der Natur des Reiches Gottes, welches klein anfängt und allmählich in verborgener Weise wirkt und die Welt durchdringt (18–21). Sodann antwortet JEsus auf die Frage, ob es wenige sind, die da selig werden, daß man ernstlich sich bemühen müsse, den Weg ins Himmelreich zu finden, statt sich auf die äußerliche Bekanntschaft mit Ihm zu verlassen (22–30); und wie man ihn vor Herodes Nachstellung warnt, so sagt er, daß er nicht so bald, dann aber nirgends anders als in Jerusalem sterben werde, was ihm Anlaß zu seiner ergreifenden Klage über die prophetenmörderische Stadt gibt (31–35). c. 14, 1–24 enthält Tischreden JEsu. Bei Gelegenheit einer Krankenheilung am Sabbat deckt er die heuchlerische Strenge der pharis. Sabbatfeier auf (v. 1–6), beschämt ihre Eitelkeit (v. 7–11), empfiehlt gegenüber einer eigennützigen Freundlichkeit, die auf Wiedervergeltung rechnet, selbstlose und barmherzige Sinnesweise (12–14). Mit dem Gleichnis von dem großen Abendmahl| warnt er vor der irdischen Sinnesweise, durch die sich die schon Berufenen um das Himmelreich bringen (15–24). Ein andermal drängen sich viele an ihn heran; das gibt ihm Anlaß, von dem Ernste seiner Nachfolge und der notwendigen Selbstprüfung vor dem Eintritt in dieselbe zu reden, da ohne Entschiedenheit der Selbstverleugnung die Jüngerschaft wert- und nutzlos ist (25–35). Ein andermal murren die Pharisäer wieder, daß er mit den Zöllnern und Sündern sich abgibt, worauf er in drei Gleichnissen die barmherzige Liebe darlegt, welche sich gerade immer dem Verlorenen zuwendet (15, 1–7), dieses mit allem Fleiße sucht (8–10) und es wieder aufnimmt, auch wenn es solcher Aufnahme sich völlig unwert gemacht, wofern es diese nur wieder sucht (11–32), wobei in dem Bild des älteren Sohnes, der dem jüngeren die Begnadigung nicht gönnt, die Pharisäer sich spiegeln sollen. In dem Abschnitt von dem ungerechten Haushalter (16, 1–13) zeigt er, daß Verwendung des irdischen Gutes im Dienst der Barmherzigkeit die wahre Klugheit der Kinder des Lichts sei, und daß selbstsüchtiger Genuß des Irdischen den Menschen um den Anteil an dem Genuß des himmlischen Erbes bringe (14–31).

 c) Was JEsus von den Seinen erwartet, 17, 1–18, 30.

 Die folgende Reihe von Aussprüchen lehrt positiv das rechte Verhalten der Jünger. Sie sollen kein Ärgernis geben, dagegen einander vergeben (17, 1–4). Die Bitte der Jünger um Mehrung des (wunderthätigen) Glaubens bescheidet der HErr dahin, daß sie für ihren apostolischen Beruf kein sonderlich großes Maß desselben begehren und für die Ausrichtung desselben kein sonderliches Verdienst in Anspruch nehmen sollen (17, 5–10). Es folgt die Geschichte von den zehn geheilten Aussätzigen, unter denen nur ein Dankbarer sich fand und zwar ein Samariter (vielleicht eine Hindeutung darauf, daß der HErr für sein Heilswerk mehr Dank außer Israel finden werde als bei seinem Volk (17, 11–19). Den Pharisäern, welche nach dem Kommen des Reiches Gottes fragen, antwortet er, daß es (in seiner Person) bereits gegenwärtig sei, und ermahnt zur Wachsamkeit in Erwartung seiner Zukunft (20–37), und zu anhaltendem Gebet um die schließliche Erlösung der Gläubigen (18, 1–8), lehrt, daß man ohne demütiges Erkennen und Bekennen der Sünde nicht gerecht werde in Gottes Augen (18, 9–14); daß kindliche Hinnahme der Gnade nötig sei, um ins Reich Gottes zu kommen (15–17), desgleichen Freiheit der Seele vom irdischen Gut (18–30).

 4. Die letzten Zeugnisse JEsu an sein Volk 18, 31–21, 38.

 Mit 18, 31–19, 27 wird uns die Reise JEsu zum Todesleiden in Jerusalem berichtet. Eingeleitet ist sie durch die Leidensverkündigung (18, 31 bis 34), an welche sich die Heilung des Blinden in Jericho anschließt (35–43). Die Erzählung von der Einkehr JEsu bei Zachäus (19, 1–10), ist dem Lukas eigentümlich, ebenso einzelne Züge in dem Gleichnis von den anvertrauten Pfunden (11–27), besonders die Androhung der Strafe über das gegen Ihn, seinen König, sich auflehnende Israel, desgleichen das Bild des weinend in seine Stadt einziehenden Königs, der er den Untergang verkündigt (28–44).| Sein prophetisches Amt erscheint auf dem Höhepunkt, er reinigt den Tempel und lehrt Tag für Tag in demselben (45–48). Die Verhandlungen im Tempel mit seinen Gegnern (c. 20) sind ganz wie bei Markus erzählt, nur das Wunder mit dem Feigenbaum und die Frage nach dem größten Gebot fehlt (vielleicht weil Lukas Seitenstücke zu beiden Abschnitten in 10, 25 ff. und 13, 6 ff. geboten hat?).

 c. 21 enthält – nachdem v. 1–4 anerkennend des Witwenscherfleins gedacht ist – die Vorhersagung JEsu von der Zerstörung Jerusalems, die in eine umfängliche Weissagung über das Ende des gegenwärtigen Weltlaufs ausgeht. Mit dieser Weissagung schließt die Geschichte der Lehrwirksamkeit JEsu.

 V. Das Leiden und Sterben JEsu und sein Hingang zu Gott c. 22–24.

 1. Zuerst lesen wir 22, 1–38 wie sein Tod vorbereitet wird. Das Anerbieten des Verräters, die letztmalige Feier des Passahmahles, die Einsetzung des hl. Abendmahls, die Entlarvung des Verräters, die Vorhersagung der Verleugnung Petri – ist ganz im Einklang mit dem synoptischen Bericht erzählt. Neu sind einige von Lukas mitgeteilte Gespräche JEsu während des Passahs: die Beschwichtigung des Rangstreits der Jünger (24–30) und der Hinweis auf den schweren Ernst der für sie kommenden Zeit, in welcher sie sich allein durch die feindliche Welt werde schlagen müssen (35–38).

 2. Nun geht es ins Leiden und Sterben 22, 39–23, 54. Die Leidensgeschichte bei Lukas ist gegenüber der synoptischen um mehrere Züge bereichert. Die Zwischenszene bei Herodes (23, 6–12), das Wort JEsu an die weinenden Frauen von dem nächstkünftigen Untergang Jerusalems (27–31), seine Fürbitte für seine Feinde, das Trostwort an den Schächer, sein Gebetswort beim Sterben hat uns Lukas allein aufbewahrt.

 3. Es folgt die Geschichte der Auferstehung und Auffahrt JEsu 23, 55–c. 24. Die Frauen, welche mit der Osterbotschaft der Engel vom leeren Grab JEsu zurückkommen, finden bei den Jüngern keinen Glauben. Deshalb bezeugt nun JEsus selbst den beiden Emmauswanderern seine Auferstehung, indem er aus der Schrift nachweist, daß der Heiland Israels durch den Tod zur Herrlichkeit habe gehen müssen. (Diese liebliche Erzählung ist dem Lukas eigentümlich.) Er erscheint dann inmitten der versammelten Jüngerschaft und überführt sie auf sinnlich wahrnehmbare Weise von seiner Auferstehung.

 Mit der Erzählung von den letzten Aufträgen des Auferstandenen an seine Jünger und dem kurzen Bericht von seiner Auffahrt schließt Lukas die 1. Hälfte seines Werks. Eben hier wird die Apostelgeschichte wieder einsetzen.


§ 74.
Das Evangelium nach Johannes.
 1. Johannes war der Sohn des Zebedäus, eines wie es scheint, wohlhabenderen Fischers (Mark. 1, 20; Luk. 5, 10) am galiläischen See, und der Salome, der Schwester der Mutter JEsu| (Joh. 19, 25, vgl. Matth. 27, 56; Mark. 15, 40), einer jener Frauen, welche JEsu nachfolgten bis ans Kreuz (Matth. 27, 56; Mark. 15, 40; 16, 1; Joh. 19, 25). Seine Bekanntschaft im Haus des Hohenpriesters c. 18, 15 mag durch die Beziehungen seiner Mutter veranlaßt sein, Luk. 1, 36. Vorher Jünger des Täufers wurden er und Andreas die ersten Jünger JEsu (Joh. 1, 35 ff.), dem er, erst in der natürlichen Glut einer feurigen Seele (Mark. 3, 17; Luk. 9, 54; Matth. 20, 20 ff.; Mark. 10, 35 ff.), dann aber in der völligen Hingabe des brünstig glaubenden und liebenden Jüngers anhing (1, 14). Hinwiederum hat auch der HErr ihn mit Petrus und Jakobus dem Älteren in seine Nähe gezogen, ja ihn seiner sonderlichen Liebe und Freundschaft wert geachtet (13, 23; 20, 2 u. a.). Infolge dieser Freundschaft hat er ihm im Tode seine Mutter Maria anvertraut (Joh. 19, 26). Nach der Auffahrt JEsu behielt Johannes seinen Aufenthalt mit nur kurzen Unterbrechungen (vgl. Akt. 8, 14; Gal. 1, 19), in Jerusalem, eine der Säulen der dortigen Kirche (Gal. 2, 9), bis er, wie Irenäus berichtet, seinen Wohnsitz nach Ephesus verlegte, jedenfalls erst nach dem Tod des Paulus um die Zeit der Zerstörung Jerusalems. In Ephesus und überhaupt in Asien genoß Johannes, als der einzige Überlebende aus dem Kreis der Apostel, ein außerordentliches Ansehen; er nahm, nach dem Zeugnis des Polykrates von Ephesus c. 190 eine hohepriesterliche (oberhirtliche) Stellung in der damaligen Kirche ein. Später wurde er für eine Zeitlang auf die Insel Patmos verbannt (Apok. 1, 9). Ein größeres Leiden aber war es für Johannes, daß er die verderblichen Irrlehren des Gnostizismus (1. Joh. 4, 1–3) in die Kirche hereinbrechen sah. Diesem Verderben hat er sein unerschütterliches Zeugnis von dem entgegen gehalten, dessen gottmenschliches Bild er am tiefsten aufgefaßt hatte und darum am reinsten wiederspiegeln konnte, und dasselbe – wiewohl ohne erkennbare polemische Tendenz – in seinem Evangelium schriftlich fixiert. Er soll im höchsten Alter unter Trajan gestorben sein.[6]
.
  2. Nach uralter Überlieferung (des Irenäus u. a.) schrieb Johannes sein Evangelium in Ephesus auf Bitten seiner dortigen| Freunde, von wo es (mit dem 21. Kapitel als Anhang versehen) wohl erst nach des Apostels Tod, in weitere Kreise sich verbreitete. Wann das Evangelium verfaßt worden sei, darüber besteht keine genaue Angabe bei den Vätern. Vielleicht darf man das Jahr 80 als ungefähren Zeitpunkt setzen.

 Die von der neueren Kritik gegen den johanneischen Ursprung des 4. Ev. geltend gemachten Einwände sind nicht stichhaltig. Bei den Synoptikern soll sich JEsus als der Menschensohn, bei Joh. als der mit Gott wesensgleiche Gottessohn bezeugen. Allein die Person des Gottmenschen läßt eben zwei gleichberechtigte Standpunkte der Betrachtung zu. Bei Joh. fehlt übrigens die Anerkennung der wahren Menschennatur (Joh. 1, 14; 19, 33–34) des HErrn nicht, und höher als z. B. in Matth. 11, 27 hebt sich das göttliche Selbstbewußtsein JEsu auch nicht in den Reden bei Johannes (cf. Matth. 7, 22. 23; 25, 31 ff.). Im Verhältnis zu den anderen Ev. hat man in dem Johannesevangelium Auslassungen und Widersprüche gefunden. Allein erstere sind, da die synoptischen Ev. bereits vorlagen und die Bekanntschaft mit ihnen vorausgesetzt wird (Matth. 23, 27 und Luk. 13, 34) beabsichtigt, letztere (wie z. B. bei der Tempelreinigung) entweder nicht vorhanden (cf. unten) oder (wie bei der Frage nach dem Todestag JEsu) nicht unlösbar. Die Verwandtschaft ferner des Stils in den Briefen des Johannes mit den Reden JEsu im Ev. berechtigt höchstens zu dem Schluß, daß der Anteil des Joh. an der Form der Wiedergabe derselben ein größerer als der des Matth. sei, nimmermehr aber zu der Annahme, daß sie von ihm frei komponiert seien. Und wenn man schließlich behauptet hat, das Johannesevangelium gehe über die Fassungskraft der urchristlichen Gemeinde hinaus, so genügt – außer dem Hinweis auf paulinische Sendschreiben wie den Kolosser- oder Epheserbrief – die Bemerkung, daß dieses Ev. für eine Christenheit bestimmt war, die schon Jahrzehnte lang die apostolische Predigt vernommen hatte. –

 Das Zeugnis der Kirche von dem johanneischen Ursprung des 4. Ev. wird bestätigt durch das Selbstzeugnis desselben. C. 1, 14–18 läßt erkennen, daß der Verfasser dem Kreis jener Jünger angehört, die der HErr eines Einblickes in die verborgene Herrlichkeit seines Wesens gewürdigt hat (c. 2, 11). Aus dem Kreis derselben tritt im Ev. ein namenloser Jünger hervor 1, 37. 39; 13, 23–25; 19, 26–35; 20, 2–10; 18, 15, dessen Nichtbenennung eine absichtliche ist, da der Evangelist sonst geflissentlich die einzelnen Personen nennt. Die naheliegendste Erklärung dieses Verschweigens ist, daß der Betreffende eben der Berichterstatter selber ist. Da der Evangelist weiter gerade das in den synopt. Evangelien so oft genannte Brüderpaar| der Söhne Zebedäi gar nicht nennt, so haben wir in einem der beiden Brüder den Verfasser zu sehen. Da Jakobus schon a. 44 gestorben ist, bleibt als Verfasser nur Johannes.

 3. Der Zweck des Evangeliums ist nach Johannes’ eigener Angabe, „daß die Leser glauben sollen, JEsus sei der Christ, der Sohn Gottes, und daß sie durch den Glauben das Leben haben in seinem Namen (c. 20, 31). Er will indes nicht zum Glauben erst erwecken, – die Leser, welche er zweimal anredet (c. 19, 35; 20, 31) sind Christen – sondern im Glauben befestigen. Während Matthäus JEsum erweist als den Christ, den die Propheten verkündigt haben, Markus als den großen Propheten in Wort und That, Lukas als den Heiland aller Welt, so führt uns Johannes zur Anschauung des ewigen Wortes, welches Fleisch geworden ist, damit wir des göttlichen Lebens teilhaftig werden, welches in ihm geoffenbart ist. Mit Matth. berührt sich Johannes durch den Nachweis, daß Jesus die Wahrheit der A.T.lichen Vorbilder ist (1, 29; 2, 19; 3, 24 u. s. w.). Das Evangelium des Johannes heißt von alters her das geistige, weil es uns wie kein anderes in das Innere JEsu blicken läßt und das göttliche Wesen seiner Person enthüllt. Deshalb stellt er uns JEsum meist in seinen Worten vor die Seele, und die Wunder bilden trotz ihres Jesu Gottheit bezeugenden Charakters in der Regel nur die Grundlage für die Reden, die oft durch längere Abschnitte hindurch einen einheitlichen Zusammenhang bewahren. Aber es ist nichtsdestoweniger der Gottmensch, wie er leibte und lebte, den wir schauen, und wir sehen ihn im geschichtlichen Kampfe mit der Finsternis seine göttliche Herrlichkeit stufenmäßig entfalten, so daß wir es in dem johanneischen Evangelium nicht mit einem selbsterdachten idealen, sondern mit dem geschichtlichen Christus zu thun haben, dessen Reden und Thaten aber alle seine ewige Gottheit zur Voraussetzung haben (Vgl. 1, 1–14).

 4. In der Wahl des Stoffes setzt das Evangelium die anderen Evangelien voraus (so erklärt sich c. 3, 24 nur durch Beziehung auf Mark. 1, 14 und Matth. 4, 12; oder c. 11, 2 sieht zurück auf Mark. 14, 3–9 und Matth. 26, 6–13. – Joh. 20, 2: „wir“ wissen nicht, ist Mark. 16, 1–5 vorausgesetzt) und vervollständigt das in ihnen gegebene Lebensbild des HErrn; während diese nämlich| vorherrschend die galiläische, so schildert das des Johannes die judäische Wirksamkeit des HErrn. Dabei bringt es mannigfachen Ersatz für Uebergangenes; z. B. statt der Geschichte von der Einsetzung des hl. Abendmahls die Abendmahlsrede (Joh. 6, 26–65) u. a.; es erklärt auch häufig, was bei den Synoptikern dunkel geblieben ist z. B. den begeisterten Empfang am Palmsonntag c. 12, 18; den Verrat des Judas c. 12, 6. Doch trägt es deswegen nicht etwa den Charakter eines ergänzenden Nachtrages zu den übrigen Evangelien, sondern ist vielmehr ein kunstvolles Ganzes aus einem Guß. Noch weniger will es eine Kritik oder Korrektur der synoptischen Evangelien sein.

 Die Anlage des Evangeliums ist im ganzen und großen diese:

 Eingang 1, 1–18. Das ewige Wort,[7] welches von Anfang an beim Vater war, das Leben in ihm selbst ist und das Licht der Menschen gewesen ist, ist Fleisch geworden, von der Welt aber, die die Finsternis mehr liebte als das Licht, nicht aufgenommen; denen aber, die an ihn glaubten, die Quelle des ewigen Lebens, welches zu offenbaren er vom Vater kam. Diese drei Grundgedanken beherrschen die Gruppierung des ganzen Evangeliums.

 I. Die erste Einführung JEsu in die Welt 1, 19–4, 54.

 a) Sie geschieht durch das Zeugnis des Täufers, der hier nicht wie bei den Synoptikern als der Bußprediger Israels, sondern nur als der Zeuge von JEsu erscheint, als welcher er vor der Gesandtschaft des Hohenrats in Jerusalem (19) bekennt, daß er nicht der Christ, sondern nur dessen Wegbereiter sei, und sich von ihm unterscheide, wie der Zeitliche vom Ewigen, wie der Diener von dem HErrn. Dieses Zeugnis bekräftigt er durch die Berufung auf die wunderbaren Vorgänge bei der Taufe JEsu (1, 20–34). b) Durch seine Selbstoffenbarung im Worte an die Jünger, welche von Johannes auf JEsum, den Heiland, der der Welt Sünden tragen soll, verwiesen, ihm folgen und aus dem ersten Eindruck der Begegnung mit JEsu die Überzeugung gewinnen, daß er der Messias, der Sohn Gottes sei (1, 35–52). Endlich c) durch seine Selbstoffenbarung in der That und zwar zunächst im Jüngerkreise durch das Wunder| auf der Hochzeit zu Kana, sodann durch sein öffentliches Hervortreten vor seinem Volk in Jerusalem (2, 12–3, 36), in Samaria (4, 1–42), in Galiläa (43–54).

 JEsus straft durch die symbolische That der Tempelreinigung die veräußerlichte jüdische Frömmigkeit, welche das Heilige entweiht und stellt sich selbst als den wahrhaftigen Tempel Gottes dar (2, 12–22). (Diese 1. Tempelreinigung wird auch von den Synoptikern indirekt bezeugt vgl. c. 2, 19 mit Matth. 26, 61.) Eine Ausnahme unter seinesgleichen bildet Nikodemus, der sich von JEsu angezogen fühlt und in ihm wenigstens den Gottgesandten anerkennt. Ihm bezeugt er die Notwendigkeit der Wiedergeburt zum Eingang in das Reich Gottes und sucht ihn zum Glauben an Ihn als den Erlöser zu führen (3, 1–21). Die Jünger des Täufers, bei denen mehr Verständnis für JEsu Person vorauszusetzen war, können sich nicht darein finden, daß vor seinem Ruhm der ihres Meisters erbleicht, ungleich diesem, der sich gern bescheidet als Freund des Bräutigams vor dem Bräutigam selbst zurücktreten (22–36).

 JEsus verläßt Judäa, des Johannes Werk nicht zu zerstören (4, 1–3). In Samaria, wo er das sündige Weib am Jakobsbrunnen bekehrt, indem er in ihr Buße, und damit den Anfang geistlichen Lebens erweckt, findet er Glauben, überläßt aber die Einheimsung der schon reifenden Ernte seinen Jüngern (4, 4–42), und kehrt nach Galiläa zurück, wo man seinen Worten den Glauben versagt und denselben nur seinen Wundern schenkt (4, 43–54). Offenbar soll in diesem einleitenden Abschnitt die verschiedene Aufnahme, die der HErr fand und die die mannigfachsten Abstufungen des Glaubens und Unglaubens aufweist, dargestellt werden.

 II. Der Kampf zwischen dem Lichte und der Finsternis c. 5–12.

 a) Der Beginn des Kampfes (c. 5–6). Das Wunder am Teich Bethesda erregt wegen der vermeintlichen Sabbatschändung und wegen der Erklärung JEsu über sein einzigartiges Sohnesverhältnis zu Gott Anstoß und tödliche Feindschaft der Juden; vergebens beruft sich JEsus auf das ihm zur Seite stehende dreifache Zeugnis des Täufers, seiner Wunderwerke, der Schrift (c. 5). c. 6 bezeichnet den Wendepunkt in der galiläischen Wirksamkeit JEsu. Die Gäliläer schätzen wohl die leibliche Wohlthat JEsu; als er sie aber vom Sinnlichen zum Geistlichen erheben will und – im Anschluß an die Speisung der 5000 – von dem durch den Glauben vermittelten Genuß seiner Person, ja seines Fleisches und Blutes spricht, ärgern sie sich an ihm. Nur die Jünger bekennen sich zu ihm, doch in ihrer Mitte ist einer ein Teufel.

 b) Der Höhepunkt des Kampfes (c. 7–10). JEsus geht seinem anfänglichen Vorhaben zuwider, doch in anderer Absicht als seine meisternden Brüder ihm zumuten, zum Laubhüttenfest nach Jerusalem. Aber trotz des mächtigen Eindrucks seiner Selbstbezeugung und Verteidigung bleibt das Urteil des Volkes über ihn unsicher und zwiespältig, während die geistlichen Machthaber bereits entschlossen sind, Hand an ihn zu legen (c. 7). JEsus führt nun 8, 12–59 den Gegensatz zwischen ihm und den Juden auf seinen letzten Grund zurück. Er, als der Sohn des Vaters in Wesensgemeinschaft mit ihm stehend, redet die| Wahrheit, sie aber sind Kinder Satans, des Mörders und Lügners. Das Selbstzeugnis JEsu hebt sich immer höher und steigert sich bis zu zweifellos göttlichen Aussagen von seiner Person; es steigert aber in gleichem Maße den Widerspruch und Haß den Juden, die bereits nach Steinen greifen (c. 8). Das Thatzeugnis von der Gottheit JEsu in der wunderbaren Heilung des Blindgebornen macht sie vollends blind (c. 9).

 Hierauf zeichnet JEsus den scharfen Gegensatz zwischen ihm, dem guten Hirten und den geistlichen Oberen Israels, die, weil sie ihn nicht anerkennen und sich ihm nicht unterordnen, ihre göttliche Legitimation zur Leitung des Volkes Gottes verwirkt haben, und die als selbstsüchtige Mietlinge nur das Ihre suchen, während er sein Leben für die Schafe gibt (10, 1–21). Beim Fest der Tempelweihe verlangt das Volk ungeduldig eine offene Erklärung von JEsu über seine messianische Würde, er verweist sie auf seine Werke, in denen das Zeugnis für seine Wesenseinheit mit dem Väter vorliegt – ohne andern Erfolg, als daß er wieder mit Steinigung bedroht wird, worauf er sich nach Peräa zurückzieht (22–42).

 c) Der Ausgang des Kampfes (c. 11–12). Die höchste Herrlichkeitsoffenbarung JEsu als Fürsten des Lebens in der Auferweckung des Lazarus hat zur Folge die höchste Steigerung der Feindschaft der Juden. Um den Erfolg dieser Offenbarung zu hindern, beschließt der Hoherat die Tötung JEsu, der sich hierauf in die Wüste Ephrem zurückzieht (c. 11). In Bethanien deutet er bereits voll des Gedankens an seinen Tod die Salbung Marias als Einbalsamierung seines Leichnams und zieht dann, von dem Volk, das noch unter dem frischen Eindruck der Erweckung des Lazarus stand, jubelnd als König begrüßt, in Jerusalem ein (12, 1–19). Die Bitte der Griechen, ihn sehen zu dürfen, mahnt ihn an seinen bevorstehenden Tod, durch welchen die Kraft seines Lebens erst entbunden werden wird zum Segen auch für die Heidenwelt, läßt ihn aber auch vorahnend des Todes Bitterkeit empfinden, für welche er sich Stärkung erbittet und durch das Zeugnis des Vaters über seinen Todesausgang auch erhält, worauf er noch einmal die Juden ermahnt, die zu Ende gehende Zeit des Heils zu nützen (20–36).

 Hiermit beschließt Johannes die öffentliche Wirksamkeit JEsu; sie hat gemäß der Weissagung des Jesajas den Juden zur Verstockung gereicht. Daß es zu diesem Ausgang kam, lag nicht an JEsu Selbstoffenbarung, sondern an ihrem Unglauben: durch diesen sind sie gerichtet (37–50).

 III. JEsus und die Seinen c. 13–17.

 Die letzten Stunden seines Lebens gehört JEsus ausschließlich seinen Jüngern an, die er nun zur innigsten Gemeinschaft mit sich zusammenschließt. Die Fußwaschung, die er an ihnen vollzieht (wohl aus Anlaß des Luk. 22, 24 ff. erwähnten Vorfalls), soll den Jüngern ein Vorbild dienender Liebe sein und zugleich ein Sinnbild des höheren Liebesdienstes, den er ihnen thun wird in der Reinigung von Sünden (13, 1–20). Darauf entlarvt er den Verräter und scheidet ihn dadurch aus dem Jüngerkreis aus, sagt auch dem| Petrus seinen Fall vorher (21–30) und tröstet seine Jünger über seinen Hingang mit der Verheißung seiner Wiederkunft (14, 1–12), der Vollendung ihrer Gottesgemeinschaft, die in dem Gebet im Namen JEsu ihren vollkommensten Ausdruck findet (13–14), und der Sendung des Geistes (15–31); drei Trostgründe, welche, hier nur thematisch angeklungen, in c. 16 ihre weitere Ausführung finden, während er c. 15 die Jünger ermahnt, in der Lebens- und Liebesgemeinschaft mit Ihm zu bleiben unbeirrt durch den Haß der Welt. Den Schluß dieses letzten Zusammenseins bildet das Gebet JEsu um seine Verklärung und um die Bewahrung, Heiligung, Einigung und Verherrlichung der Seinen (c. 17).

 Leiden, Sterben und Auferstehung JEsu (c. 18–20). Auch im Leiden schimmert durch die Niedrigkeit die Herrlichkeit JEsu hindurch: in der Majestät, mit der er vor seine Häscher tritt und nach einem letzten Beweis seiner Macht sich freiwillig ihnen überliefert, und in der Hoheit, mit der er vor Pilatus steht und zu seinem Königtum sich bekennt (c. 18–19, 16), sowie in der Erhabenheit seines freien Ausgangs aus dem Leben, aus welchem er mit dem Bewußtsein seiner gelösten Lebensaufgabe scheidet (17–30), endlich in der Bewahrung seines der Verwesung entnommenen Leichnams und dessen ehrenvollem Begräbnis (31–42).

 Die Ostergeschichte (c. 20) ist dem Johannes eigentümlich. Von besonderer Zartheit ist die Begegnung JEsu mit Maria Magdalena. Ihr folgt die erste Erscheinung im Kreis der Jünger, die JEsus mit dem Geisteshauch seines verklärten Lebens und der apostolischen Vollmacht zur Sündenvergebung begabt; sodann die zweite Erscheinung im Jüngerkreis, durch welche auch der hartnäckige Unglaube des Thomas überwunden wird. Mit dessen anbetendem Bekenntnis: Mein Herr und mein Gott! ist die Höhe des Evangeliums erreicht und das Ziel, zu dem es seine Leser führen will.

 Der Anhang (c. 21), bis auf die zwei letzten Verse jedenfalls von Johannes – doch nicht unmittelbar – herrührend, scheint der Bildung einer durch Mißverstand des Wortes JEsu v. 22 veranlaßten Legende entgegentreten zu sollen, doch geht hierin sein Zweck nicht auf. Die Erzählung von dem wunderbaren Fischzug, in dem sich den Jüngern der Segen ihrer apostolischen Arbeit darstellt, sowie die von der Wiedereinsetzung Petri in sein Apostelamt ist offenbar von selbständiger Bedeutung.


§ 75.
Synoptische Übersicht des Inhalts der vier Evangelien.

 Es sind viele Versuche gemacht worden, eine Übersicht oder Synopse der evangelischen Geschichte nach den vier Evangelien herzustellen. Da aber die Evangelien die Geschichte weniger in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge erzählen, als unter sachliche Gesichtspunkte zusammenordnen, so ist diese Übersicht überaus schwierig und unterliegt im einzelnen immer dem Zweifel.

 Wir geben die Synopse nach Tischendorf.

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Erster Teil.
Die Kindheitsgeschichte JEsu. Johannes Lukas Markus Matthäus
1. Die Vorrede des Lukas als Einleitung in die h. Geschichte überhaupt 1, 1–4
2. Der ewige Ursprung JEsu oder das ewige Wort 1, 1–14
3. Die menschliche Abstammung JEsu oder die doppelte Genealogie 3, 23–28 1, 1–17
4. Verkündigung der Geburt Johannes des Täufers 1, 5–25
5. Verkündigung der Geburt JEsu 1, 26-38
6. Mariä Besuch bei Elisabeth und ihr Lobgesang 1, 39–56
7. Die Geburt des Johannes, Zacharias Lobgesang 1, 57–80
8. Die Heimführung Marias durch Joseph und JEsu Geburt im Hause Josephs 1, 18–25
9. Die Geburt und Beschneidung JEsu 2, 1–21
10. Die Darstellung im Tempel 2, 22–38
11. Die Anbetung der Weisen, die Flucht und der Bethlehemitische Kindermord, die Heimkehr ins jüdische Land 2, 1–18
12. Die Übersiedlung nach Nazareth 2, 39–40 2, 19–23
13. Der zwölfjährige JEsus im Tempel 2, 41–52
Zweiter Teil.
Das dreijährige Wirken JEsu.
A. Vom Auftreten Johannes des Täufers (Herbst 29) bis zum ersten Osterfeste (30).
14. Johannes der Täufer tritt auf, predigt und tauft …. 3, 1–18 1, 2–8 3, 1–12
15. Die Taufe JEsu 3, 21-22 1, 9–11 3, 13-17
16. Die Versuchung JEsu 4,1–13 1, 12–13 4, 1–11
17. Das Zeugnis Johannis von JEsu Person und Werk 1, 15–36
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Johannes Lukas Markus Matthäus
18. Die ersten fünf Jünger JEsu 1, 37–51

19. JEsu Rückkehr nach Galiläa und die Hochzeit zu Kana

2, 1–12

20. Die Reise nach Jerusalem zum (ersten) Osterfeste

2, 13
B. Vom ersten Osterfeste (30) bis zum Purimfeste (31?)
21. JEsus reinigt den Tempel 2, 14–25
22. Gespräch mit Nikodemus 3, 1–21
23. Die Jünger JEsu taufen in Judäa 3, 22–36
24. Johannes wird gefangen gesetzt 3, 19–20 6, 17–20 14, 3–5
25. JEsus geht nach Galiläa zurück 4, 1–3
26. Unterwegs bekehrt er die Samariter 4, 4–42
27. In Galiläa heilt er den Sohn des Königischen 4, 43–54
28. JEsus geht nach Jerusalem zum Purimfest (?), vgl. 4, 35, heilt den 38 Jahre lang Kranken am Teich Bethesda und unterredet sich mit den Juden 5, 1–47
C. Vom Purimfeste (?) (31) bis zum Laubhüttenfeste (31).
29. JEsus beginnt sein Wirken in Galiläa 4, (14) 15 1, (14) 15 4, (12) 17)
30. JEsus predigt in Nazareth und wird verworfen 4, 16–30
31. Übersiedlung nach Kapernaum 4, 31 4, 13–16
32. Berufung des Simon und Andreas, Jakobus und Johannes 1, 16–20 4, 18–22
33. Der Fischzug Petri 5, 1–11
34. In Kapernaum heilt dann JEsus den Dämonischen 4, 31–37 1, 21–28
35. Ebendaselbst heilt JEsus Petri Schwieger und viele andere 4, 38–41 1, 29–34 8, 14–17
36. Von Kapernaum geht er in die Wüste und durchzieht Galiläa 4, 42–44 1, 35–39 4, 23
37. Er heilt den Aussätzigen 5, 12–16 1, 40–45 8, 1–4
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38. Er heilt den Gichtbrüchigen 5, 17–26 2, 1–12 9, 1–8
39. Berufung Levis (Matthäus). Gastmahl. Das Nichtfasten der Jünger JEsu 5, 27–39 2, 13–22 9, 9–27
40. Die Jünger raufen am Sabbat Ähren aus 6, 1–5 2, 23–28 12, 1–8
41. JEsus heilt am Sabbat die verdorrte Hand 6, 6–11 3, 1–6 12, 9–14
42. JEsus wählt zwölf Jünger aus 6, 12–16 3, 7–19 10, 2–4
43. Die Bergpredigt 6, 17–49 c. 5–7
44. Heilung des Knechtes des Hauptmanns von Kapernaum 7, 1–10 8, 1. 5–13
45. Erweckung des Jünglings zu Nain 7, 11–17
46. Die Sendung des Johannes an JEsus. JEsu Zeugnis von Johannes 7, 18–35 11, 2–19
47. JEsus und die Sünderin bei Simon, dem Pharisäer 6, 36–50
48. JEsus durchzieht mit den Zwölfen und begleitet von den dienenden Frauen das galiläische Land 8, 1–3
49. JEsus heilt den Dämonischen und wird von den Pharisäern beschuldigt, mit Beelzebub im Bunde zu stehen (11,17ff. 6,43ff.) 3, 20–30 12, 22–37
50. Seine Mutter und Brüder unterbrechen ihn 8, 19–21 3, 31–35 12, 46–50
51. Gleichnis vom Säemann und dem vierfachen Ackerfeld 8, 4–18 4, 1–25 13, 1–23
52. Verschiedene Gleichnisse: a) vom Unkraut unter dem Weizen (Matth.), b) dem Säemann, dem Wachstum des Samens und dem Schnitter (Mark.), c) dem Senfkorn (Matth., Mark., Luk.), dem Sauerteig (Matth., Luk.), d) von der Anwendung der Gleichnisse (Matth., Mark.), e) Auslegung des Gleichnisses vom Unkraut unter dem Weizen (Matth.), f) Gleichnisse vom Schatz, von der Perle etc. 13, 18–21 4, 26–34 13, 24–53
53. JEsus stillt den Sturm auf dem galiläischen Meer 8, 22–25 4, 35–41 8, 18. 23–27
54. JEsus heilt die zwei besessenen Gergesener 8, 26–39 5, 1–20 8, 28–34
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Johannes Lukas Markus Matthäus
55. JEsus heilt die Blutflüssige und erweckt des Jairus Tochter 8, 40–56 5, 21–43 9, 18–26
56. JEsus lehrt wiederum in der Synagoge zu Nazareth 6, 1–6 13, 54–58
57. JEsus erbarmt sich bei seiner Reise durch Galiläa des hirtenlosen Volkes 6, 6 9, 35–38
58. Aussendung der zwölf Jünger in die Städte Israels 9, 1–6 6, 7–13 10, 1–11, 1
59. Tötung des Täufers durch Herodes 6, 21–29 14, 6–12
60. Meinung des Herodes von JEsu 9, 7–9 6, 14–16 14, 1. 2
61. Rückkehr der Jünger. JEsus geht über den See in die Einsamkeit. Speisung der Fünftausend 6, 1–14 9, 10–17 6, 30–44 14, 13–21
62. Hierauf entläßt er die Menge, schickt seine Jünger über den See voraus und folgt ihnen später auf dem Wasser wandelnd nach 6, 15–21 6, 45–52 14, 22–33
63. Heilungen im Lande Genesaret 6, 53–56 4, 34–36
64. JEsu Unterredung vom Brot des Lebens 6, 22–65
65. Die Pharisäer werden zurückgewiesen, welche die Jünger anklagen, daß sie die Waschungen nicht beobachten 7, 1–23 15, 1–20
66. Heilung der Tochter des kananäischen Weibes 7, 24–30 15, 21–28
67. Heilung des Taubstummen und anderer 7, 31–37 15, 29–31
68. Speisung der Viertausend 8, 1–9 15, 32–38
69. Pharisäer und Sadducäer fordern ein Zeichen vom Himmel 8, 10–12 15, 39–16, 4
70. Warnung vor dem Sauerteig der Pharisäer 8, 13–21 16, 5–12
71. Heilung des Blinden in Bethsaida 8, 22–26
72. Petri Bekenntnis. Erste Leidensverkündigung 6, 66–71 9, 18–27 8, 27–9, 1 16, 13–28
73. Die Verklärung 9, 28–36 9, 2–13 17, 1–13
74. Heilung des Mondsüchtigen 9, 37–43a 9, 14–29 17, 14–21
75. Zweite Leidensverkündigung 9, 43b–45 9, 30–32 17, 22–23
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76. Entrichtung der Tempelsteuer 9, 33 17, 24–27
77. Der Hochmut der Jünger – das Kind; das Heilen des Fremden im Namen JEsu 9, 46–50 9, 33–41 18, 1–5
78. Ärgernisse meiden (das verlorne Schaf, Matth. 18, 10–14; Luk. 15, 3–7) 17, 1–2 9, 42–50 18, 6–9
79. Die Pflichten gegen den sündigenden Bruder 18, 15–20
80. Die Versöhnlichkeit. Der Herr, der mit seinem Knecht rechnete 17, 3 ff. 18, 21–35
D. Vom Laubhüttenfeste (31) bis zur Reise zum letzten Osterfeste (32).
81. JEsus und seine Brüder schicken sich an zur Festreise 7, 1–10
82. JEsus zieht durch Samarien und wird übel aufgenommen 9, 51–56
83. Unterwegs treten neue Jünger zu ihm 9, 57–62 8, 19–22
84. JEsus, in der Mitte des Festes zu Jerusalem, predigt von seiner Person 7, 11–36
85. Am letzten Tage redet er vom hl. Geist. Das schwankende Urteil in Judäa 7, 37–53
86. JEsus und die Ehebrecherin 8, 1–11
87. Im Tempel zeigt er den Juden ihres Unglaubens letzte Ursachen 8, 12–59
88. Heilung des Blindgebornen: Angriff der Juden; Rede vom guten Hirten 9, 1–10, 21
89. Die Aussendung der 70 Jünger 10, 1–16 11, 20–24
90. Die Rückkehr der 70 Jünger 10, 17–24 11, 25–30
91. Vom barmherzigen Samariter 10, 25–37
92. JEsus in Bethanien ein Gast der Martha 10, 38–42
93. JEsus lehrt seine Jünger beten 11, 1–13 6,9-13; 7,7-11
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Johannes Lukas Markus Matthäus
94. JEsus heilt zwei Blinde 9, 27–31
95. Wie JEsus
 a. den dämonischen Stummen heilt 11, 14–16 9, 32–34
 b. die Schmähung der Pharisäer zurückweist 11, 17–26 12, 43–45
 c. sagt, welches Weib selig sei 11, 27 ff.
 d. die Forderung eines Zeichens vom Himmel abweist 11,16.29-36 12, 38–42
96. Im Hause eines Pharisäers redet er gegen die Pharisäer 11, 37–54
97. Wen man fürchten müsse. Die Sünde Wider den h. Geist 12, 1–12
98. Abweisung der Entscheidung von Erbstreitigkeiten 12, 13–21
99. Zeitliche Sorgen, ewiger Reichtum, Wachsamkeit, Zeichen der Zeit 12, 22–59
100. Die Ermordung der Galiläer, der unfruchtbare Feigenbaum 13, 1–9
101. Heilung des Weibes am Sabbat 13, 10–17
 (Gleichnisse vom Himmelreich) 13, 18–21 4, 30–32 13, 31–33
102. JEsus beim Fest der Tempelweihe in Jerusalem 10, 22–39
103. JEsus geht über den Jordan und weilt hier; viele werden gläubig 10, 40–42
104. (Auf dem Rückwege nach Jerusalem.) Werden viele selig? 13, 22–30
105. Die Nachricht von Herodes’ Nachstellung und JEsu Antwort 13, 31–35
106. Heilung des Wassersüchtigen am Sabbat und anknüpfende Reden 14, 1–24
107. Wie JEsu Nachfolger sein sollen 14, 25–35
108. Zum Schutze der Zöllner drei Gleichnisse von der Sünderliebe 15, 1–32
109. Gegen den Geiz der Pharisäer (ungerechter Haushalter, armer Lazarus) 16, 1–31
110. Für die Jünger: Ärgernis, Versöhnlichkeit, Glaube, Demut 17, 1–10
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111. JEsus geht nach Bethanien und erweckt Lazarus 11, 1–46
112. JEsus weicht vor den Nachstellungen der Pharisäer nach Ephrem. Vergebliche Frage der Festpilger nach JEsu. Der Haftbefehl 11, 47–57
113. JEsus tritt die letzte Reise nach Jerusalem an 17, 11 10, 1 19, 1f.
114. JEsus heilt die zehn Aussätzigen 17, 12–19
115. Vom Himmelreich und Christi Wiederkunft (vgl. Matth. 24, 23–28; 37–41; Mark. 13, 21–23. Zu Luk. 17,31 ergänze Matth. 24, 17; Mark. 13, 15) 17, 20–37
116. Vom Richter und der Witwe; der Pharisäer und der Zöllner 18, 1–14
117. Antwort auf Ehescheidungsfragen 10, 2–12 19, 3–12
118. JEsus nimmt die Kinder an 18, 15–17 10, 13–16 19, 13–15
119. Der reiche Jüngling. Gefahr seines Reichtums. Lohn der Nachfolge 18, 18–30 10, 17–31 19, 16–30
 Von den Arbeitern im Weinberg 20, 1–16
120. Dritte Leidensverkündigung auf dem Wege 18, 31–34 10, 32–34 20, 17–19
121. Die Bitte der Söhne des Zebedäus 10, 35–45 20, 20–28
122. Der Blinde von Jericho 18, 35–43 10, 46–52 20, 29–34
123. Besuch bei Zachäus 19, 1–10
124. Die Pfunde 19, 11–28 25, 14–30
125. Die Salbung JEsu in Bethanien 12, 1–11 14, 3–9 26, 6–13
Dritter Teil.
Leidens- und Herrlichkeitsgeschichte.
A. Vom Einzug in Jerusalem bis zur Stiftung des h. Abendmahls (Ostern 32).
126. Der Einzug in Jerusalem 12, 12–19 19, 29–44 11, 1–11 21, 1–11
127. Verfluchung des Feigenbaums 11, 12–14 21, 18 f.
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Johannes Lukas Markus Matthäus
128. Reinigung des Tempels 19, 45–48
(21, 37 f.)
11, 15–19 21, 12–17
129. Der Feigenbaum verdorrt. Vom Glauben 11, 20–25 21, 20–22
130. JEsus fragt die Obersten nach des Täufers Beruf 20, 1–8 11, 27–33 21, 23–27
131. Von den zwei Söhnen, die in den Weinberg geschickt wurden 21, 28–32
132. Die bösen Weingärtner, die den Erben töten 20, 9–19 12, 1–12 21, 33–46
133. Vom hochzeitlichen Mahl 22, 1–14
134. Die Fragen nach dem Zinsgroschen, der Auferstehung, dem ersten Gebot: JEsu Gegenfrage und Überwindung der Frager 20, 20–44 12, 13–37 22, 15–46
135. JEsus straft das Wesen der Pharisäer (das große Wehe) 20, 45–47
(13, 34 f.)
12, 38–40 23, 1–39
136. Das Scherflein der Witwe 21, 1–4 12, 41–44
137. Der Besuch der Griechen. Die Stimme vom Himmel 12, 20–36
138. JEsus verläßt für immer den Tempel 12, 37–50 24, 1
139. Die prophetische Rede JEsu vom Ende Jerusalems und der Welt und von seiner Wiederkunft c. 24–25
 a. Die Zeichen oder der Anfang der Wehen 21, 5–19 13, 1–13 24, 1–14
 b. Höchste Not. Gefahr der Verführung. Das Zeichen des
 Menschensohnes
21, 20–36 13, 14–37 24, 15–42
 c. Die plötzliche Wiederkunft. Wachet! Die zehn
 Jungfrauen. Die Talente (Matth. 24, 43–51, cf. Luk.
 12, 39–46. Mark. 13, 14–30, cfr. Luk. 19, 11-28)
25, 1–30
 d. Vom Weltgericht 25, 31–46
140. Zwei Tage vor dem Passah der Rat der Hohenpriester 22, 1 f. 14, 1 f. 26, 1–5
141. Der Verrat des Judas Ischarioth 22, 3–6 14, 10 f. 26, 14–16
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142. JEsus befiehlt, daß man das Passahmahl bereite 22, 7–13 14, 12–16 26, 17–19
143. Das Passahmahl*. Der Ehrgeiz gestraft**. Fußwaschung***. 13, 1–20*** 22, 14–30** 14, 17* 26, 20*
144. JEsus bezeichnet beim Mahle seinen Verräter 13, 21–35 22, 21–23 14, 18–21 26, 21–25
145. Einsetzung des h. Abendmahls 22, 19 f.
(1 Kor. 11, 23 f.)
14, 22–25 26, 26–29
146. Die Zerstreuung der Jünger und des Petrus Fall verkündigt 13, 36–38 22, 31–38 14, 27–31 26, 31–35
147. Abschiedsreden JEsu c. 14–17
 a. Hingang zum Vater und Sendung des Trösters 14, 1–31
 b. Der Weinstock und die Reben. Der Haß der
 Welt
15, 1–27
 c. Das künftige Leiden und der Trost (Geist,
 Gebet)
16, 1–33
 d. Das hohepriesterliche Gebet JEsu 17, 1–26
B. Von der Gefangennahme bis zum Tode und Begräbnis.
148. Der Kampf in Gethsemane 18, 1 22, 39–46 14,26.32-42 26,30.36-46
149. Gefangennehmung in Gethsemane 18, 2–11 22, 47–53 14, 43–52 26, 47–56
150. Abführung zu Hannas und Kaiphas, dem Hohepriester. Petri Fall 18, 12–15
18,16-18;25-27
22, 54–62 14,53f.66-72 26,57f.69-75
151. Das Urteil der Juden. Die Verspottung 18, 19–24 22, 63–71 14, 55–65 26, 59–68
152. JEsus wird dem Pilatus übergeben 18, 28 23, 1 15, 1 27, 1. 2
153. Judas erhenkt sich 27, 3–10
154. JEsus vor Pilatus verklagt 18, 29–38 23, 2–5 15, 2–5 27, 11–14
155. JEsus vor Herodes 23, 6–12
156. Pilatus sucht JEsum loszulassen 18, 39 f. 23, 13–23 15, 6–14 27, 15–23
157. Barnabas losgelassen, JEsus gegeißelt und zur Kreuzigung übergeben 19, 1–16a 23, 24 f. 15, 15–19 27, 24–30
158. JEsus wird nach Golgatha geführt 19, 16b. 17 23, 26–33a 15, 20–23 27, 31–34
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Johannes Lukas Markus Matthäus
159. Kreuzigung. Überschrift. Kleider 19, 18–24 23,33b.34.38 15, 24–27 27, 35–38
160. Die Verspottung des Gekreuzigten. Maria und Johannes 19, 25–27 23,35-37.39-44 15, 29–32 27, 39–44
161. Die Finsternis. Der Tod des HErrn 19, 28–30 23, 44–46 15, 33–37 27, 45–50
162. Die Zeichen. Der Hauptmann. Die Frauen 23,45b.47-49 15, 38–41 27, 51–56
163. Die durchbohrte Seite 19, 31–37
164. Das Begräbnis. Joseph. Nikodemus. Die Frauen 19, 38–42 23, 50–56 15, 42–47 27, 57–61
165. Die Grabeswache 27, 62–66
C. Von der Auferstehung bis zur Himmelfahrt.
166. Die Frauen finden den Grabstein abgewälzt 20, 1 24, 1–3 16, 1–4 28, 1–4
167. Engel verkündigen ihnen die Auferstehung 24, 4–8 16, 5–7 28, 5–7
168. Die Frauen bringen die Botschaft in die Stadt 20, 2 24, 9–11 16, 8 28, 8
169. Petrus und Johannes eilen zum Grab 20, 3–10 [24, 12]
170. Der Auferstandene erscheint der Maria Magdalena 20, 11–18 16, 9–11 28, 9. 10
171. Die entflohenen Wächter werden bestochen 28, 11–15
172. JEsus begleitet die Jünger nach Emmaus 24, 13–35 16, 12–13
173. Der Auferstandene erscheint den Jüngern ohne Thomas 20, 19–25 24, 36–43 16, 14
174. Der Auferstandene führt Thomas zum Glauben 20, 26–29
175. Erscheinung am See Tiberias 21, 1–24
176. Erscheinung auf dem galiläischen Berge 16, 15–18 28, 16–20
177. Abschied und Auffahrt vom Ölberg 24, 44–53
(Akt.1,3–12)
16, 19–20
178. Beschluß des Evangeliums des Johannes 20, 30–31
21, 25




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§ 76.
B. Die Apostelgeschichte des Lukas.

 1. Die Apostelgeschichte, Acta Apostolorum, bildet mit dem Evangelium des Lukas ein Werk. Aus dem Schluß des Evangeliums, wie aus dem Anfang der Apostelgeschichte geht klar hervor, daß Lukas, als er das Evangelium schloß, bereits den Plan gefaßt hatte, die Apostelgeschichte aufzuzeichnen. Wir beziehen uns also, was Verfasser, Zeit und Ort der Abfassung anlangt, auf das oben in § 73 Gesagte.[8] Sorgfältige Vergleichung der Handschriften und Beachtung der Mitteilungen der Kirchenväter in neuester Zeit haben es wahrscheinlich gemacht, daß die Apostelgeschichte in 2 Ausgaben vorhanden war, einer früheren, die im Abendland verbreitet war, und einer zweiten, wohl vom Verfasser selbst umgearbeiteten, die ihre Heimstätte im Morgenland hatte und jene erste (vielleicht in Rom geschriebene) Ausgabe verdrängte.

 2. Das zweiteilige Werk des Lukas hat, wie wir oben sahen, keinen andern Zweck, als den Lauf des Evangeliums von Jerusalem nach Rom, oder was dasselbe ist, von Israel in die Völkerwelt darzustellen. Dieser Gedanke trägt denn auch wirklich, wie das Evangelium, so die Apostelgeschichte. Wie uns das Evangelium zeigte, daß JEsus inmitten Israels sein Evangelium verkündete, aber bei dem pharisäisch gesinnten Volke keinen Glauben für dasselbe fand und darum seine Apostel zu Zeugen für die Völkerwelt abordnete, so zeigt die Apostelgeschichte, wie die Kirche JEsu Christi in Jerusalem zwar entstand, hier aber keine bleibende Stätte fand,| sondern endlich außerhalb des jüdischen Landes unter den Heiden sich eine solche suchte und fand. Die Apostelgeschichte zerfällt demnach in zwei große Hälften, c. 2–12 zeigt, wie die Apostel Israels ihr Volk zum Glauben riefen, aber nur eine Auswahl ihrem Rufe gehorchte, während die jüdische Obrigkeit und von ihr geleitet auch das Volk die Apostel verfolgte, tötete oder zwang, das h. Land zu verlassen. Nicht weniger aber berichtet dieser Teil, wie der HErr inzwischen den Paulus zum Apostel für die Heiden auserwählte, und durch Petrus die israelitische Gemeinde darauf vorbereitete, daß auch die Heiden als solche Teil an der Kirche haben, ohne Juden zu werden. Dieser Ratschluß Gottes findet nun durch die Wirksamkeit des Paulus seine Verwirklichung. Die Darstellung der paulinischen Wirksamkeit umfaßt den zweiten Teil der Apostelgeschichte c. 1228. An dem Faden der verschiedenen Reisen des Apostels Paulus zeigt Lukas, wie auch das Israel der Zerstreuung das Evangelium nicht aufnahm, sondern seine Verkündiger verfolgte, während die Völkerwelt dem Evangelium Gehorsam leistete, bis dieses endlich selbst in der Welthauptstadt verkündet wurde. – Hier bricht Lukas ab, denn sein Zweck ist erreicht. Aus der Darstellung, wie er sie gibt, gewinnt der Leser die Überzeugung, es sei Gottes Ratschluß, daß auch die Heiden durch den Glauben an JEsum selig werden sollen, JEsus sei der Heiland der Welt und sein Evangelium solle allen angeeignet werden, die es glauben.
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 3. Man hat, mit der Darlegung dieses einfachen Sachverhalts sich nicht begnügend, der Ap.-Gesch. die verschiedensten Tendenzen unterschieben wollen. Sie soll z. B. eine Rechtfertigung der heidenmissionarischen Wirksamkeit des Ap. Paulus sein. Allein diese liegt in dem geschichtlichen Verlauf der Dinge selbst. Nach Ansicht der Tübinger Schule soll die Ap.-Gesch. ein Kompromiß zwischen der juden- und heidenchristlichen Richtung innerhalb der Kirche des 2. Jahrhunderts sein, weshalb Petrus in möglichster Annäherung an den paulinischen Standpunkt (Akt. 15, 10, 11), Paulus in möglichster Anbequemung an judäistische Vorurteile (Akt. 16, 5; 18, 18; 21, 24) dargestellt werde. Allein den späteren Gegensatz der juden- und heidenchristlichen Richtung in die apostolische Zeit zurückdatieren und auf eine Spannung zwischen Petrus und Paulus zurückführen| wollen ist angesichts von Gal. 2, 1–10 geschichtslose Willkür. Die Briefe Petri und Pauli zeigen uns beide Apostel in völliger Einigkeit des Geistes. Nicht einmal das Bestreben, den Apostel Paulus dem Petrus als vollkommen gleichstehend und ebenbürtig darzustellen, kann man dem Verf. der Ap.-Gesch. mit irgend welcher Sicherheit nachweisen, da es fraglich ist, ob die in der That vorhandenen Parallelen zwischen den beiden Aposteln, ihren Wundern und ihrem Ergehen (Akt. 3, 1–10 mit 14, 8–10; c. 9, 36–43 mit c. 20, 7 bis 12; 8, 18–24 mit c. 13, 6–12; c. 12, 3–11 mit c. 16, 25 bis 34; die Pfingstpredigt Petri und die Rede Pauli in Antiochia Pisidias etc.) beabsichtigt waren oder ungesucht sich ergaben. Soweit in Ap.-Gesch. eine Anbequemung des Apostels an Jüdisches zu finden ist, findet es seine Erklärung in 1. Kor. 9, 20. – Besonders in ihrer 2. Hälfte könnte die Apostelgeschichte als eine Apologie des Christentums gelten gegenüber der Anklage, daß es eine staatsgefährliche Bewegung sei. Mindestens ist dem Verfasser die in den berichteten Geschichten thatsächlich vorliegende Apologie nicht unbewußt geblieben.

 4. Wert und Bedeutung der Ap.-Gesch. liegt zunächst darin, daß sie, mit Luther zu reden „eine Glosse über die Episteln St. Pauli“ ist. Sie verhält sich zu den paulinischen Briefen wie die Bücher der Könige und Chronika zu den Propheten, ist offenbar unabhängig von ihnen geschrieben, was ihre Glaubwürdigkeit erhöht, und bildet die unentbehrliche geschichtliche Grundlage, auf welcher die N. Tl. Einleitung ihre Bestimmung der chronologischen und sonstigen Entstehungsverhältnisse der Episteln aufbaut. Als älteste Kirchen- und Missionsgeschichte ist die Ap.-Gesch. für uns ein Buch von unschätzbarem Wert.

 5. Inhaltsübersicht.

 I. Der Eingang c. 1 enthält den Prolog des Geschichtschreibers (1–3), den Bericht über die Himmelfahrt JEsu (4–11) und die Ergänzung des ap. Zwölfzahl durch die Wahl des Matthias (12–26).

 II. Die Wirksamkeit des Petrus oder die apostolische Predigt innerhalb Israels.

 c. 2 berichtet, wie die Jüngerschar durch die Geistestaufe zur Gemeinde JEsu wird, die infolge der mächtigen Erweckungspredigt Petri noch am Tag ihrer Entstehung einen Zuwachs von 3000 Seelen gewinnt – auf kurze Zeit| das unübertroffene Ideal der Kirche auf Erden darstellend (c. 2). Die Heilung des Lahmen und die daran sich anschließende Bußpredigt Petri bringt der Gemeinde einen neuen Zuwachs, aber auch die erste feindselige Berührung mit den geistlichen Oberen des jüd. Volkes, welche durch Drohungen die Apostel mundtot machen wollen – ein Vorgang, in welchem die Gemeinde ein Vorspiel ernsterer Kämpfe sieht, auf welche sie sich mit Gebet rüstet (c. 3 u. 4, 1–31). In das lichte Bild christlichen Gemeindelebens wirft die Heuchelei des Ananias und seines Weibes, die einen erschütternden Akt göttlicher Kirchenzucht hervorruft, den ersten Schatten (4, 32–5, 11). Wiederum, infolge wachsenden Zulaufs ins Gefängnis geworfen, aber wunderbar befreit, werden die Apostel durch Gamaliels mehr weltkluges als wohlwollendes Wort, der den weiteren Verlauf der christlichen Bewegung abzuwarten rät, vor dem Schlimmsten bewahrt (5,12–42).

 Die Überbürdung der Apostel durch die mit der wachsenden Gemeinde sich mehrenden amtlichen Aufgaben führt die Abzweigung des ersten Gemeindeamts von dem ap. Amt, die Einsetzung des Almosenpflegeramts, herbei und erhebt Stephanus, den Vorläufer Pauli, auf den Plan, der bald über seinen nächsten Beruf hinausgewachsen, erst als Apologet, dann – wegen seiner freieren Äußerungen über Gesetz und Tempel der Gotteslästerung angeklagt – durch sein Martyrium Christum verherrlicht (c. 6 u. 7).

 Damit erweitert sich der Kreis der ap. Predigt. Durch den Diakon Philippus wird das halb jüdische, halb heidnische Samaria ihr nächster Schauplatz und so (nach 1, 8) die erste Station auf dem Übergang des Ev. von den Juden zu den Heiden. Ein nur äußerer Erfolg ist die Bekehrung Simons, dem das Christentum nur als eine Art höherer Magie gilt. Ein weiterer Missionserfolg des Philippus ist die Bekehrung eines Beamten der nubischen Königin Kandake – offenbar eines Proselyten des Thors (c. 8).

 Die Zukunft der Heidenkirche wird eingeleitet durch die mittels einer persönlichen Erscheinung JEsu erfolgte Bekehrung und Berufung des zukünftigen Heidenapostels (9, 1–30). Auch die Muttergemeinde muß für diese Zukunft vorbereitet werden. Dies geschieht, indem Petrus in das Haus des Hauptmanns Cornelius geführt wird, woselbst seine jüdischen Vorurteile und Bedenklichkeiten (gegen Aufnahme der Heiden als solcher in das Reich Gottes) durch den Erfolg seiner Predigt und die Besiegelung desselben durch ein Nachspiel des Pfingstwunders endgültig besiegt werden. Auch die anfangs unzufriedene Gemeinde in Jerusalem beugt sich dem Eindruck der geschichtlichen Thatsache (9, 31–11, 18). Inzwischen ist nun auch in Antiochien die erste rein heidenchristliche Gemeinde entstanden und durch Barnabas, der Paulum dorthin holt, der rechte Mann an den rechten Platz gestellt. Die unabhängig von der Muttergemeinde entstandene antiochenische Gemeinde weiß sich mit ersterer doch durch das Band der Liebe verbunden (11, 19–30).

 Mit c. 12, welches in dem Bericht von dem Martyrium des Jakobus und der Einkerkerung des mit gleichem Tode bedrohten, aber wunderbar erretteten Petrus die Feindschaft des jüdischen Volkes gegen JEsu Jünger völlig ausgereift| zeigt, verläßt die Ap.Geschichte die jüdische Christenheit und das jüdische Volk, dessen Schicksal nun entschieden ist.

 Es beginnt III. die paulinische Missionsperiode und die Predigt des Evangeliums in der Heidenwelt c. 13–28 und zwar a) die Zeit des erfolgreichen Wirkens Pauli c. 13–21.

 1. Die erste südkleinasiatische Missionsreise des Paulus c. 13–15, 35.

 Barnabas und Paulus, durch den Geist der Weissagung als Sendboten JEsu an die Heiden bezeichnet, dringen über Cypern, wo der Widerstand des jüdischen Zauberers Elymas gebrochen wird, in das Innere Kleinasiens ein. Die große Missionsrede des Paulus in Antiochia Pisidias – ein Seitenstück zu der Pfingstrede Petri, mit der sie sich auch an einzelnen Stellen inhaltlich berührt, doch mit echt paulinischem Schluß (v. 39) – hat die Bildung einer wesentlich heidenchristlichen Gemeinde, aber auch den erbitterten Gegensatz der ungläubigen Juden zur Folge. In ähnlicher Weise entstehen die Gemeinden in Ikonium, Derbe und Lystra, wo Paulus erst vergöttert, dann gesteinigt wird. Auf der Rückreise nach Antiochien bestellen die beiden Sendboten den Neubekehrten Älteste zur ferneren Pflege ihres Glaubenslebens c. 13. 14. Die von judenchristlichen Eiferern aufgestellte Forderung, daß die Heidenchristen sich der Beschneidung und damit dem Gesetz Mosis unterwerfen müssen, wird auf dem Apostelconcil als unberechtigt abgewiesen und nur gewisse Grundzüge einer christlichen Lebensordnung (zur Ermöglichung eines Zusammenlebens zwischen Juden- und Heidenchristen) letzteren zur Beobachtung empfohlen (c. 15, 1–35).

 2. Pauli zweite Missionsreise c. 15, 36–18, 21.

 Die zweite Missionsreise, die Paulus mit neuen Gehilfen (Silas, Timotheus) unternimmt, führt ihn durch göttliche Weisung nach Makedonien, zunächst nach Philippi, wo er die Lydia tauft und als Gefangener den Kerkermeister bekehrt, dann über Thessalonich und Beröa, wo überall unter feindseligem Gegensatz der ortsansässigen Judenschaft heidenchristliche Gemeinden entstanden, in den Mittelpunkt griechischer Bildung, nach Athen. Doch nicht Athen, wo seine den Bedürfnissen seiner philosophisch gebildeten Zuhörerschaft möglichst entgegenkommende Rede nur spärlichen Erfolg hatte, sondern Korinth wurde der Mittelpunkt einer reichgesegneten Wirksamkeit des Ap. im Abendland und die Metropole der achaiischen Christenheit c. 15, 36–18, 21.

 3. Pauli dritte Missionsreise c. 18, 22–21, 16.

 Nach erneutem Besuch der Gemeinden in Jerusalem und Antiochien verlegt Paulus den Sitz seiner Thätigkeit nach Ephesus, das nun der Mittelpunkt der Heidenchristenheit Vorderasiens wird. Sein Wort wird durch seine hier zum Höhepunkt ihrer Entfaltung gelangte charismatische Begabung mächtig unterstützt. Das gründliche Abthun alles heidnischen Zauberwesens seitens der Neubekehrten beweist den durchschlagenden Erfolg der christlichen Predigt und| die Gründlichkeit der Bekehrung der ephesinischen Christen. Der von Demetrius, welcher Gewerbsinteressen mit lokalpatriotischem Religionseifer zu maskieren sucht, angestiftete Aufruhr verläuft trotz drohenden Aussehens ungefährlich, worauf der Apostel die schon länger geplante Reise nach Jerusalem – Rom als letztes Ziel im Auge – antritt (18, 22–20, 2). In Milet nimmt er von den dorthin beschiedenen ephesinischen Presbytern rührenden Abschied, sich und seine Hirtentreue ihnen zum Vorbild hinstellend, nicht ohne schwere Ahnungen in Bezug auf sein eigenes Geschick und die Zukunft der von Irrlehrern bedrohten kleinasiatischen Kirche. Je näher gen Jerusalem hin, desto mehr häufen sich die Warnungsstimmen, aber der Apostel hält, nicht aus Starrsinn, sondern einem unwiderstehlichen inneren Triebe folgend (20, 22), seinen Entschluß fest (20, 3–21, 16).

 b) Die Leidenszeit des Apostels c. 21, 17–c. 28.

 Im Begriff, nach Jakobus’ Rat den Juden einen Beweis der Achtung vor dem Ceremonialgesetz zu geben, wird Paulus von fanatischen Juden aus Kleinasien im Tempel überfallen und nur durch das rechtzeitige Eingreifen des römischen Tribuns von dem sichern Tod gerettet (21, 17–40). Vergebens sucht er die Volksmenge durch die Erzählung von seiner Bekehrung und göttlichen Sendung zu den Heiden zu beschwichtigen (c. 22). Die Verhandlung vor dem Hohen Rat verläuft ergebnislos, da es dem Apostel gelang, die Pharisäer auf seine Seite zu ziehen (23, 1–10). Ein Mordanschlag gegen sein Leben kam zu seiner und durch ihn zu des römischen Tribuns Kenntnis, der ihn deshalb nach Cäsarea zu dem Prokurator abführen ließ (11–35). In dem Verhör vor Felix war es dem Apostel ein Leichtes, die Nichtigkeit der gegen ihn vorgebrachten Anklage auf Tempelentweihung zurückzuweisen; doch behielt ihn Felix ohne Grund in, übrigens leichter, Haft während seiner noch zweijährigen Amtsdauer (c. 24). Da auch sein Nachfolger Festus mehr als wünschenswert gegen die Juden willfährig zu sein schien, so appellierte Paulus an den Kaiser, ein folgenschwerer Schritt, der sein Geschick für die nächsten Jahre entschied, aber auch in Gottes Hand das Mittel wurde, daß er, ob auch als Gefangener, nach Rom kam (25, 1–12). Und so trat er denn, nachdem ihm zuvor noch einmal Gelegenheit geworden war, vor Agrippa und Festus, den äußeren und inneren Entwickelungsgang darzulegen, der ihn zu einem Jünger und Zeugen von JEsu dem Auferstandenen gemacht hat (25, 13–c. 26, 32), die weite und gefahrvolle Seereise an, die von Lukas mit großer Anschaulichkeit und Genauigkeit beschrieben ist. Trotz Sturm und Wogendrang, trotz Schiffbruch und anderen sein Leben bedrohenden Gefahren gelangt er, von Gottes Hand wunderbar behütet, an das Ziel seines Wunsches und seiner Bestimmung. In Rom angekommen sucht er zunächst eine Verständigung mit den Vorstehern der dortigen Judenschaft, aber auch hier wie überall auf den bisherigen Stationen der Wirksamkeit des Apostels kommt es zum Bruch mit der Synagoge. Doch ermöglicht ihm die milde Haft, in der er gehalten wird, die ungehinderte Predigt des Evangeliums in der Welthauptstadt c. 27 und 28.

|  6. Wir geben noch eine Übersicht der wichtigsten Data der Geschichte des apostolischen Zeitalters.


Übersicht der apostolischen Geschichte.
a. 35 Stephanus Märtyrertod und Pauli Bekehrung
a. 38 Die erste Reise des Paulus nach Jerusalem Akt. 9, 26 (cf. Gal. 1, 18)
a. 43 Barnabas holt Saulus nach Antiochien Akt. 11, 25
a. 44 Des Paulus zweite Reise nach Jerusalem Akt. 11, 30
a. 44 Die Hinrichtung Jakobus des Älteren durch Herodes (Agrippa I.) Akt. 12, 1–2
a. 45 (50?) Erste Missionsreise des Paulus c. 13 und 14
a. 52 Des Paulus dritte Reise nach Jerusalem
a. 52 Das Apostelkonzil Akt. 15, 5–29 (Gal. 2, 1 ff.)
a. 52 ff. Zweite Missionsreise des Paulus Akt. 15, 40–18, 22
a. 52 f. Paulus in Korinth (11/2 Jahre). (Abfassung der beiden Thessalonicherbriefe) Akt. 18, 1–16
a. 54 Des Paulus vierte Reise nach Jerusalem über Kenchrea, Ephesus und Cäsarea und Rückkehr nach Antiochien Akt. 18, 17–22
Dritte Missionsreise des Paulus Akt. 18, 23–21, 15
a. 55 –58 Paulus in Ephesus (21/4 Jahre). (Brief an die Galater)
(Erster Brief an die Korinther, um Ostern 57)
Akt. 19, 1–20, 1
a. 58 Reise durch Makedonien und Achaja und Rückfahrt nach Troas Akt. 20, 1–12
a. 58 (Zweiter Brief an die Korinther. Brief an die Römer.)
a. 58 Des Paulus fünfte Reise nach Jerusalem Akt. 20, 13–21, 15
a. 58 –60 Zweijährige Gefangenschaft Pauli in Cäsarea Akt. 23, 23–26. 32
a. 60 –61 Die Reise nach Rom Akt. 27, 1–28, 14
a. 62 Erste römische Gefangenschaft des Paulus Akt. 28, 15–31
Bekehrung des Onesimus
(Briefe an die Epheser, Kolosser, an Philemon und an die Philipper.)
Phil. 10




Anhang. Weitere Data aus dem apostolischen Zeitalter.
Hinrichtung Jakobus des Gerechten, zwischen dem Tod des Festus und der Ankunft des Albinus Jos. ant. 20, 9. 1.
Eus. 2, 23 ff.
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a. 63 Des Paulus Befreiung und Reise nach dem Morgenland (Hebr. 13, 26? Tit. 1, 5; 3, 12; 1. Tim. 1, 4). Brief an die Hebräer? I. Brief an Timotheus und Brief an Titus.
a. 65 Reise nach Spanien (Clem. ad Cor. 5) Röm. 15, 24
a. 66 Zweite römische Gefangenschaft des Paulus; II. Brief an Timotheus 2 Tim. 4, 16 ff.
Eus. 2, 22
(?) Petrus in Rom 1 Petri 5, 13?
a. 67 Des Paulus und Petrus Martyrium Joh. 21, 19. 2 Petri 1, 14
a. 67 Johannes in Ephesus Eus. 3, 1. 23
a. 95 ? Johannes in Patmos
a. 14 Domit.
Apok. 1, 9
Eus. 3, 18
a.101 ? Johannes † in Ephesus
a. 3. 5. 7. Traj.
Eus. 5, 8. 24
Eus. 5, 8. 24.





  1. Die Stelle lautet: „Markus, der des Petrus Dolmetscher war, hat die Worte und Thaten JEsu, soweit er sie durch Erinnerung wußte, genau, doch nicht der Ordnung nach niedergeschrieben. Denn er hat weder den HErrn gehört, noch ist er ihm gefolgt, wohl aber, wie gesagt, späterhin dem Petrus, [291] der je nach den Bedürfnissen seine Lehrvorträge einrichtete, nicht als hätte er eine geordnete Zusammenstellung der Aussprüche des HErrn geben wollen. Daher hat Markus nicht gefehlt, wenn er einiges so niederschrieb, wie er es in der Erinnerung hatte. Denn er war nur auf eins bedacht: nichts von dem was er gehört wegzulassen oder etwas daran zu fälschen.“ – Die Stelle hat ihre Schwierigkeiten, namentlich der Ausdruck „Dolmetscher“, der hier von schriftlicher Vermittlung der Predigt Petri an die Mit- und Nachwelt zu verstehen sein dürfte. Was aber in ihr über die Entstehungsweise des Evangeliums, aus der sich auch der Mangel an strenger Ordnung und Vollständigkeit desselben erklärt, gesagt ist, erscheint völlig glaubwürdig.
  2. Schon in diesem ersten Kapitel zeigt sich die ganze Eigentümlichkeit des Markus. Seine Erzählung hat etwas Gedrängtes, zum Ziele Eilendes (vgl. das auf Schritt und Tritt begegnende εὐθέως). Daher bleibt die Geburt und Kindheitsgeschichte Jesu außer Betracht, die Predigt des Täufers schrumpft zu einem einzigen Wort des Zeugnisses von JEsu zusammen, von der Versuchungsgeschichte wird nur der Anfang und der siegreiche Ausgang erzählt, nicht aber die einzelnen Versuchungen. – Mit diesem Streben nach Kürze aber verbindet sich bei Markus eine malerische Anschaulichkeit der Darstellung, die er durch Hervorhebung charakteristischer Einzelzüge erreicht vgl. 1, 7; 1, 13 (er war bei den Tieren); 3, 5; 7, 34; 8, 12; 9, 36; 10, 16 u. ö.
  3. Dies erhellt besonders aus der Vergleichung des Lukas-Evangeliums mit Josephus in Bezug auf die Schatzung des Quirinius c. 2, 2 und Apost.-Gesch. 5, 37. Jene Schatzung und der Aufstand des Judas fand kurz nach des Herodes Tod statt. Josephus datiert beides 10 Jahre später.
  4. Vergl. die auffallende Übereinstimmung in dem Bericht von der Einsetzung des hl. Abendmahls, Luk. 22, 19. 20 mit 1 Kor. 11, 23–25.
  5. Die Erzählungen des Matthäus und Lukas aus der Kindheitsgeschichte JEsu, in der Hauptsache, dem Bericht von der wunderbaren Geburt, übereinstimmend, sind von einander völlig unabhängig. Die harmonistischen Schwierigkeiten lösen sich am einfachsten durch die Annahme, daß die Ankunft der Weisen und die Flucht nach Ägypten nach der Darstellung JEsu anzusetzen, in der hier zusammendrängenden Erzählung des Lukas also zwischen v. 38 und 39 des 2. c. einzuschieben sind.
  6. Über die Beziehungen des Verfassers des Evangeliums zu den anderen Johanneischen Schriften siehe diese.
  7. Man hat in der johanneischen Bezeichnung des HErrn als des Logos einen Anklang an alexandrinische oder jüdische Spekulation finden wollen, aber mit Unrecht. Der Ausdruck ist zweifelsohne von Johannes geprägt und bezeichnet in einer an Hebr. 1, 1 erinnernden Weise Jesum als den Träger aller Gottesoffenbarung, ja als die persönliche Offenbarung Gottes an die Welt. Als Mittler der Weltschöpfung und als der Welt innewohnendes Lebensprinzip (1, v. 3 u. Col. 1, 16–17) hatte er ein auch durch die Sünde (Finsternis) nicht aufgehobenes Verhältnis zu allem Geschaffenen, insonderheit zur Menschenwelt, so daß er, als er der Menschheit sich einsenkte, in sein Eigentum kam, und in der Menschwerdung seine Einwohnung in der Welt sich nur vollendete. Das Verhältnis Gottes zur Welt und der Welt zu Gott ist von jeher und in jedem Moment nur als ein durch Christum vermitteltes zu denken. Dies die praktische Bedeutung der Logoslehre des Johannes.
  8. Mit c. 16, 10 geht die Erzählung ganz unvermittelt aus der dritten in die erste Person über und setzt sich in dieser Weise bis v. 18 fort. Derselbe unvermittelte Übergang wiederholt sich c. 20, 5(–21, 18) und c. 27, 1–28, 16. Die einzig natürliche Erklärung des Sachverhalts ist, daß wir in diesen s. g. „Wirstücken“ den Bericht des Lukas über diejenigen Begebenheiten vor uns haben, bei welchen er selbst nicht bloß Augenzeuge, sondern auch aktiv Beteiligter war, während er im übrigen nach seinen (mündlichen oder schriftlichen) Quellen erzählt. – In Ausgabe I findet sich das „Wir“ zum erstenmal im 11. Kap., wo nach v. 27 die Worte eingeschoben sind: und es war eine große Freude; als „wir“ aber (um die Propheten) versammelt waren, sagte einer von ihnen namens Agabus u. s. w.
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