Keller’s Bild
Es lag ein altes Nymphenbild
Im Tannenforst begraben,
Wo vormals Heiden grimm und wild
Mit Blut geopfert haben.
Wohl tausend Jahr vergessen,
Bis diesen Schatz ein Junker keck
Zu heben sich vermessen.
Einst ritt Herr Keller durch den Wald
Da winkt ihm eine Frau’ngestalt
Am Weg im Mondenscheine.
Ihr Auge kühn und minneklar
Hat schnell sein Herz umsponnen,
Schnell war das Bild zerronnen.
Durchforschen ließ er drob den Platz,
Wo ihn der Schein betrogen,
Viel Klafter tief, so ward der Schatz
Und als das schöne Nymphenbild
Nun prangt’ an jener Stätte,
Da schien sein Sehnsuchtstraum gestillt,
Als ob es Odem hätte.
Das holde Weib umfangen,
Es hielt, vom Marmortod erwacht,
Ihn fest mit Gluthverlangen.
Das hat kein sterblich Ohr belauscht,
Die Tannen krachten sturmdurchrauscht,
Des Berges Quellen tos’ten.
Und als des Frühthau’s erstes Naß
Den Jäger rief zum Haine,
Ein Leichnam, bei dem Steine.
Drob war im Thal der Oos und Murg
Viel Leids und ängstlich Wesen,
Man ließ zu Baden auf der Burg
Zerschlagen war das Marmorweib,
Der Höllenspuck vernichtet,
Und an dem Ort zum Fluchvertreib
Ein Kreuzbild aufgerichtet.