Kein Freud ohn Leid mag mir nit widerfahren
1544. In diesem Jahre haben zwei Bürger zu Lübeck, Hartmann Turke und Paul Hagenau, der noch ein junger Geselle war, öffentlich auf dem Markte scharf gerennet.
Zuvor aber, ehe das scharfe Rennen angegangen, haben sie Speere gehabt, so da inwendig hohl gewesen: der eine war gefüllt mit lebendigen Mäusen, der andere mit kleinen Vögeln oder Finken. Da sie nun an einander geritten und beide Speere zerbrochen, sind die Vöglein [341] über die Leute hin geflogen, die Mäuse aber sind den zusehenden Weibern unter die Kleider gelaufen und haben also ein greulich Geschrei mit großem Gelächter angerichtet.
Nachdem aber solcher erste kurzweilige Ritt vollendet, haben die Beiden in rechtem Ernst angefangen scharf zu rennen. Danach ist von ihnen eine große Gasterei oder Collation bestellt, wobei man mit Frauen und Jungfern lustig, fröhlich und guter Dinge gewesen.
Wie aber der Hagenau mit seiner Jungfer aus dem Tanze kömmt, setzt er sich bei ihr nieder und legt sein Haupt in ihren Schooß. Sie meint, daß es Kurzweil sei; aber er ist alsbald dahin gestorben.
Das mag ja heißen: „Kein Freud ohn Leid mag mir nit widerfahren.“