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Kavaliertour eines jungen Dresdners im 17. Jahrhundert.

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paul Buchner, ein Dresdner Baumeister der Renaissance Kavaliertour eines jungen Dresdners im 17. Jahrhundert. (1900) von Oskar Lehmann
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900)
Bürgermeister Christian Brehme, ein Dichter des 17. Jahrhunderts
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Kavaliertour eines jungen Dresdners
im 17. Jahrhundert.
Von Professor Dr. Oskar Lehmann.

Nachdem es schon im 16. Jahrhundert an den deutschen Höfen üblich geworden war, die jungen Prinzen zu ihrer Ausbildung und zu Erweiterung ihres Horizonts auf Reisen in fremde Länder zu schicken, nach Frankreich, England und Italien, verbreitete sich diese Sitte im folgenden Jahrhundert, insbesondere nach dem dreißigjährigen Kriege, in weiteren Kreisen. Nicht bloß adelige, sondern auch wohlhabendere bürgerliche Familien hielten es für unerläßlich, ihre Söhne als Abschluß ihrer Ausbildung „die herkömmliche Kreisfahrt durch das gesittete Europa“, wie sich Goethe in Wilhelm Meisters Wanderjahren ausdrückt, antreten zu lassen, um sie des für ihre künftige Laufbahn unbedingt erforderlichen weltmännischen Schliffs und gesellschaftlicher Gewandtheit theilhaftig zu machen, vor allen Dingen aber auch, um sie in den Stand zu setzen, sich fremde Sprachen anzueignen, namentlich die französische, deren Kenntniß in gewissen Kreisen und für gewisse Dienststellungen im Staats- und Hofdienst für unerläßlich galt.

Ueber viele dieser Reisen sind Tagebücher geführt worden, deren jedenfalls eine große Anzahl in adeligen Archiven schlummert. Ein solches Tagebuch, einen stattlichen, in Schweinsleder gebundenen Folianten von nicht weniger als 523 Seiten, hatte unsere Stadtbibliothek neuerdings Gelegenheit zu erwerben, und ich folge der freundlichen Aufforderung des Herausgebers dieser Blätter, aus dem dickleibigen Buche einen gedrängten Auszug zu geben, um so lieber, als es die Beschreibung der Kavaliertour eines Dresdners enthält.

Der Name des Verfassers der Reisebeschreibung ist Jakob Wilhelm Griebe, geboren 1639, wahrscheinlich in Dresden, wo sein Vater Georg Gotthelf Griebe das Amt eines Kriegszahlmeisters bekleidete. Der Vater war jedenfalls ein wohlhabender Mann, denn er war Besitzer des Rittergutes Ober- und Niederlangenau in der Nähe von Brand bei Freiberg. Er erfreute sich des Besitzes dreier Söhne, von welchen der älteste, Georg Gabriel, und der jüngste, Gottlob, zum Studium bestimmt und zu diesem Zweck auf die Universität Wittenberg geschickt wurden, während der mittelste, unser Jakob Wilhelm, nachdem er wohl die in vornehmen Kreisen übliche Ausbildung durch Hofmeister erhalten hatte, dazu bestimmt wurde, in fremde Länder zu gehen, dieselben zu besehen und ihre Sprache zu erlernen. Im Alter von 21 Jahren, am 29. Mai 1661, trat unser Griebe seine Reise an, bereiste Frankreich und Italien – in welcher Weise, das werde ich sofort des Näheren auseinandersetzen – und kehrte am 8. August 1664, also nach mehr als dreijähriger Abwesenheit, nach Dresden und auf das väterliche Gut Ober- und Niederlangenau zurück. Die erlangten Sprachkenntnisse scheinen Veranlassung gewesen zu sein, daß man ihn gewissermaßen probeweise in den diplomatischen Dienst übernahm, indem er schon im folgenden Jahre, 1665, der Gesandtschaft, welche nach Dänemark gesandt wurde, um für den Kurprinzen, den späteren Kurfürsten Johann Georg III., um die Hand der Prinzessin Anna Sophie zu werben, als Legationssekretär beigegeben wurde. Er blieb jedoch nicht im auswärtigen Dienst, erhielt vielmehr nach dem Tode seines Vaters dessen Amt als Kriegszahlmeister, dazu den Titel als kurfürstlicher Rath, und verheirathete sich mit Rahel Magdalena Hanitsch, nachdem er vorher, wie die unter seinem Bildniß befindlichen Verse anzudeuten scheinen, deren ältere Schwester heimzuführen begehrt hatte, was aber durch deren Tod vereitelt wurde. Frau Rahel war 20 Jahre jünger als ihr Gatte, denn sie war erst am 4. November 1659 geboren; die Ehe scheint eine sehr glückliche gewesen zu sein. „Als der Tod gar sehr Sachsenland betrübte“, also vermuthlich im Jahre 1680, wo die Pest zum letzten Male in Sachsen und speziell auch in Dresden wüthete und an letzterem Ort, Hasche zufolge, 11517 Personen hinraffte, auch der Kurfürst Johann Georg  II. selbst mit Tod abging, gab Griebe seine Stellung auf und zog sich zurück auf sein Gut Ober- und Niederlangenau, neben welchem ihm auch das Gut Gränitz gehörte. Noch über 30 Jahre lebte er hier als Landwirth und fand [261] nun Muße, seine Tagebuchnotizen auszuarbeiten zu einer wirklich musterhaften Reisebeschreibung. Er starb 1713, nachdem ihm seine Rahel ein Jahr vorher im Tode vorangegangen war. Sein jüngster Sohn, Dr. jur. Gottfried Heinrich Griebe, ließ die Bilder seiner Eltern durch den Hofkupferstecher Bodenehr in den Jahren 1726 und 1727 in Kupfer stechen und klebte Abzüge in das Reisewerk seines Vaters, auf die Innenseite des Vorderdeckels.

Wie bereits bemerkt, ist das Reisewerk wahrhaft musterhaft ausgearbeitet. Zwar ist es weiter nichts als ein Tagebuch, in dem unter jedem einzelnen Datum erzählt wird, was Griebe an dem betreffenden Tage unternommen und erlebt hat; ist von einem Tage nichts Merkwürdiges zu berichten, so heißt es einfach: „Nichts passiret“, und diese Notiz erstreckt sich mitunter auf den Zeitraum von mehreren Wochen. Das Buch ist aber außerordentlich sauber geschrieben und, was von ganz besonderem Werthe ist, mit einer ganzen Menge Abbildungen, insbesondere Kupferstichen, aber auch einigen Handzeichnungen geziert, die sich Griebe nach und nach zu verschaffen gewußt hat, denn wie schon die auf einzelnen Bildern befindlichen Jahreszahlen zeigen, hat er die wenigsten bei seiner Anwesenheit an den betreffenden Orten erworben, da sie zum größten Theil erst später hergestellt worden sind.

Das Buch führt den Titel: „Kurtze, jedoch eigentliche Beschreibung, der Reißen in das Königreich Franckreich, Italien und Königreich Dennemarck, gethan, und auffgezeichnet von mir, Jakob Wilhelm Grieben, Dresdens. Misnic. Anno 1661.“

Wie das Vorwort an den „günstigen lieben Leser“ beweist, war Griebe stolz auf sein sauber ausgeführtes Werk. Zwar giebt er zu, daß ähnliche Reisebeschreibungen schon vielfach durch den Druck veröffentlicht worden seien; auch sei er, was den Stylum anlange, zum Bücherschreiben niemals gehalten noch informiret worden; gleichwohl habe er mit seinem Buche manchem vornehmen Kavalier gedient. „Wird Dir nun“, fährt er fort, „diese meine wohlgemeinte Arbeith nicht anstehen, So solstu wißen, daß es auch vor Dich nicht geschrieben, und ein Zoilus von mir in schlechten Werth gehalten wird“.

Für uns hat das Werk im Wesentlichen einen kulturgeschichtlichen Werth, indem wir daraus erfahren, wie sich die damaligen Verhältnisse und Zustände in den Beschauern abspiegelten, mit welchen Augen Land und Leute zu jener Zeit betrachtet wurden. Es wird nicht überraschen, wenn ich versichere, daß für Naturschönheiten, wie sie doch dem Reisenden fast auf Schritt und Tritt aufstoßen mußten, namentlich in Südfrankreich, in der Schweiz und Italien, auch nicht ein Fünkchen Verständniß vorhanden ist. Sie existiren für ihn nicht. Zu einer Zeit, wo sich die französischen Gartenkünstler bemühten, die Natur zu korrigiren, gewissermaßen in eine Montur zu zwängen, und für ihre Bemühungen auf allseitiges Verständniß rechnen durften, hatte man keinen Sinn für die große ungebändigte Natur, die wir in unserer Zeit vor Allem zu bewundern geneigt sind. Langweilige, symmetrisch gebaute Schlösser, geschorene Hecken und Wasserkünste aller Art, das waren die Dinge, welche damals auf Bewunderung rechnen durften. Aber auch für die Kunst hat Griebe kein Verständniß. Er besucht ja selbstverständlich die Sammlungen in Florenz, Rom und anderen Orten, wo die unsterblichen Meisterwerke der antiken Kunst aufbewahrt werden; aber er fertigt sie mit so kurzen Worten ab, daß man wohl sieht, er hatte keinerlei Interesse für diese Gegenstände. Daß aber nicht nur Griebe in dieser Beziehung ein Barbar war, sondern daß er nur als Kind seiner Zeit fühlte und dachte, das zeigen auch die dem Werke beigegebenen Kupferstiche, unter denen sich zahlreiche Nachbildungen von Meisterwerken der griechischen Plastik finden. Die Laokoongruppe, der Apollo von Belvedere, der farnesische Stier und wie sie alle heißen, sie sind uns ja alle wohlbekannt, wir bewundern das Ebenmaß der Formen, das in diesen unvergleichlichen Bildwerken zu Tage tritt; auf den Abbildungen sehen sie aber so aus, als wenn ein Riese den Figuren mit aller Gewalt auf die Köpfe gedrückt und sie dadurch in die Breite gequetscht hätte, so daß sie kurz und dick erscheinen.

Was unserem Reisenden am meisten imponirte und wofür er das meiste Verständniß zeigt, das sind die Kuriositäten, ich möchte sagen die „Kinkerlitzchen“, für welche die damalige Zeit so viel Geschmack entwickelte, wie wir sie namentlich auch in unserem Grünen Gewölbe in großen Mengen haben, und selbstverständlich ist die Bewunderung um so größer, je kostbarer der Stoff ist, aus dem die Sachen gefertigt sind, und je länger die Zeit, welche der Künstler zu ihrer Anfertigung gebraucht hat. Diesen Dingen widmet Griebe die liebevollsten und ausführlichsten Beschreibungen. Außerdem ist er ein guter Kenner von Festungswerken.

Nach dieser Einleitung lade ich den Leser ein, sich zu rüsten, um unseren Landsmann auf seinen Reisen zu begleiten. Selbstverständlich ersparen wir es uns mit Rücksicht auf den beschränkten Raum unserer Zeitschrift von vornherein, uns aufzuhalten bei der Betrachtung von Schlössern, Gärten und Wasserkünsten; auch Kirchen können übergangen werden, die ja zum weitaus größten Theil noch heute in demselben Zustande sich befinden, wie damals; endlich werden wir uns auch bei der Erwähnung der von Griebe betrachteten Kostbarkeiten und kunstvollen Arbeiten eine große Reserve auferlegen können. Das Wesentlichste für uns ist, zu erfahren, wie zu jener Zeit ein Kavalier reiste und wie er sich dabei benahm.

[262] Die Reise wird, wie schon bemerkt, angetreten am 28. Mai 1661, und zwar wird sie unternommen zu Wasser in Gesellschaft eines gewissen Daniel Zentner, Kammerdiener der Kurfürstin, der ebenfalls nach Paris reisen soll. In Torgau schließen sich noch zwei Herren an, die aber nur bis Hamburg mitreisen. In Magdeburg nimmt man kurzen Aufenthalt, um den Dom zu besichtigen. Das einzige bemerkenswerthe Abenteuer erleben die Reisenden in Schnackenburg, wo sie sich unter die Bauern mischen, die anläßlich des Pfingstfestes dem Tanze huldigen. Auf deren Bitte tanzen sie mit ihren Frauen und Töchtern, dehnen aber die Sache zu lange aus, weshalb sie beinahe Schläge bekommen hätten. Am 7. Juni, also nach zehntägiger Wasserfahrt, gelangen sie nach Hamburg und schiffen sich am 10. nach Rouen ein. Das Schiff hieß „Der weiße Reuter“ und war 43 Schritt lang und 12 Schritt breit, also wesentlich kleiner, als unsere heutigen Lloyddampfer. Es war mit Hafer beladen. Wegen Windstille müssen sie auf der Unterelbe vier Tage lang still liegen und erst am 17. Juni erreichen sie die hohe See, wo unseren Helden sofort die Seekrankheit befällt und nicht eher wieder losläßt, bis sie den französischen Hafen erreicht haben. Auch andere Fährlichkeiten blieben nicht aus: einmal erhob sich ein Sturm, bei welchem das Schiff beinahe mit einem anderen zusammengestoßen wäre; ein ander mal kam ein Schiff in Sicht, welches nach der Ansicht eines erfahrenen Schiffsknechts einem Seeräuber ähnlich sah, worauf die Passagiere all ihr Geld und sonstige Kostbarkeiten dem Schiffer übergaben, der sie zusammen mit seiner eigenen Baarschaft in den Hafer bis auf den Grund versteckte. Sie blieben jedoch unangefochten.

Am 22. Juni gelangt das Schiff nach Havre, wo man ans Land geht. Hier kann auch Griebe, der während der ganzen Seekrankheit nichts gegessen hat, das erste Mal eine Kollation zu sich nehmen, die ihm recht wohl bekommt. Am 23. Juni sticht man wieder in See und landet am 29. in Rouen, womit die Seefahrt glücklich zu Ende ist.

Die Weiterreise nach Paris wird am 2. Juli in einer Miethkutsche angetreten und hat einen schnelleren Verlauf, denn schon am nächsten Tage Abends kommt man in Paris an. Vorher, in Argenteuil, haben die Reisenden noch die Freude, den Bruder des Leibschneiders der Kurfürstin anzutreffen, mit Namen Bürckner, der sich dort niedergelassen und verheirathet hatte; mit ihm trinken die Reisenden auf gute deutsche Art auf die Gesundheit der zu Hause zurückgelassenen Lieben.

In Paris logiren sich die beiden Reisenden bei einer Madame Bonnet ein, bei welcher Zentner schon früher gewohnt hat, später bei dem Königlichen Kammerdiener Henri. Die Zeit wird zunächst größtentheils mit Nichtsthun und Flanieren verbracht, wobei sich aber Griebe sehr hüten muß, seinen Begleiter zu verlieren, da er der französischen Sprache nicht mächtig ist. Man besieht wohl einige Schlösser, später aber wird Griebe unwohl und endlich erkrankt er sogar an einem gefährlichen hitzigen Fieber. Während er noch krank liegt, kehrt Zentner nach Deutschland zurück und Griebe ist sich selbst überlassen. Nicht sehr angenehm mag es ihn berührt haben, daß auch der Sohn seines Wirthes, ein lüderlicher Mensch, sich durch Ausschweifungen eine Krankheit zuzog und in demselben Zimmer wie Griebe darniederlag, auch am 29. August in diesem selben Zimmer verstarb. Er wurde auf dem Kirchhofe St. Innocent beerdigt, wo die Leichen binnen 24 Stunden verwesen. Erst am 12. September ist Griebe soweit hergestellt, daß er sich in einer Chaise in die Tuilerien tragen lassen kann. Das Fieber hatte 27 Tage gedauert, während seiner Krankheit war ihm 12 Mal zur Ader gelassen worden, er hatte nichts weiter genossen als Bouillon und Wasser dazu getrunken. Arzt und Apotheke kosteten 135 Thaler, was jedenfalls einen argen Riß in die Reisekasse machte.

Nach seiner Genesung nimmt Griebe einen Sprachmeister an, dem er monatlich eine Pistole oder 4 Thaler geben muß. Nun besieht er auch sehenswerthe Gebäude, das Rathhaus, Schlösser, Kirchen u. s. w., ebenso verschiedene Schlösser der näheren Umgebung. Auch hat er das Glück, daß in dieser Zeit, am 22. September, anläßlich der Geburt eines Prinzen große Feierlichkeiten und Volksbelustigungen stattfinden mit Illumination, Feuerwerk, Laufenlassen von Wein aus Brunnen, der allerdings nur Wenigen zu Gute kommt, die das Geschick und die nöthige Rücksichtslosigkeit haben, sich heranzudrängen.

Der Winter vergeht in ziemlicher Ruhe. Erwähnen möchte ich nur die Erzählung von einem Duell, welches im Januar 1662 vor sich geht und wobei vier Edelleute gegen vier andere fechten. Den Anlaß gab eine Kleinigkeit: es hatte ein Kavalier dem anderen aus Versehen an den Kopf gestoßen; die Folgen waren aber bedeutend, denn in dem Duell fielen zwei der Kämpfer und die anderen mußten entweichen, weil damals das Duelliren mit dem Galgen oder doch mindestens mit der Galeere bedroht war und der König hierauf so streng hielt, daß er einem Vater, der für seinen Sohn um Gnade bat für Uebertretung des Duellverbotes, erwiderte, er könnte in seiner Gnade nicht weiter gehen, als dem Sohne den Kopf abschlagen zu lassen, statt ihn an den Galgen zu hängen.

Im Februar vollzieht sich in dem bisherigen ziemlich eintönigen Leben ein angenehmer Wechsel: es erscheinen nämlich in Paris die beiden Söhne des sächsischen [263] Generalleutnants von Arnim mit ihrem Hofmeister und schließen sich an Griebe an. Mit ihnen hat er denn auch die ganze übrige Reise gemacht. Zunächst werden allerhand Ausflüge in die Umgebung unternommen und zwar zu Pferde, unter anderem nach Fontainebleau, wo sie schlecht essen, aber doch für die Mahlzeit pro Kopf 1 Thaler 8 Groschen bezahlen müssen, weiter über Melun nach Veaux, einem Schloß mit Garten, in dem sich über 200 Fontainen befinden. Auch die Sorbonne, die Bibliothek, die Schlösser St. Cloud, St. Germain und das Palais Luxembourg, damals Palais d’Orleans, werden besichtigt, wobei sie unter anderem die Wahrnehmung machen, daß zwei Prinzessinnen Kleider von Trödlerweibern kaufen, weil sie vom König „gar genau und geringe gehalten wurden".

Am 25. März verlassen Griebe und die beiden Herren von Arnim Paris und reisen auf gemietheten Pferden nach Orleans, wobei unserem Helden das Unglück widerfährt, daß er ein schlechtes Pferd bekommt und herunterfällt. Von da fahren sie auf der Loire nach Blois, wo sie sich zu einem längeren Aufenthalt niederlassen. Sie nehmen Pension bei einem Uhrmacher und zahlen da für Wohnung und Kost monatlich 15 Thaler. Griebe nimmt auch hier einen Sprachmeister, der zugleich Mathematiker ist, auch nimmt er Fecht- und Tanzstunden an. Selbstverständlich besucht man auch verschiedene Schlösser der Umgegend, ferner das Dorf St. Gervais, wo der „beste Milchraum in ganz Franckreich“ anzutreffen ist und wo sie sich in diesem „Milchwerg“ wohl sättigen. In Folge einer in Blois auftretenden Epidemie sehen sie sich veranlaßt, diesen Ort am 3. Juli zu verlassen und die Reise weiter fortzusetzen. Zunächst kommen sie, wiederum auf der Loire, nach Tours, wo sich unser Reisender, nach der Beschreibung der Kirchen, doch auch gedrängt sieht zu bekennen: „Nicht ist zu vergeßen die lustige gegendt und herrliche Land, wie dann der Situs von der Stadt gleichsfalls ist.“ Weiter nach Saumur, wo sie andere Deutsche, mit denen sie schon in Paris zusammengewesen waren, wieder antreffen. Hier lassen sie sich nieder, nehmen wieder Pension bei einer Wittwe für 15 Thaler monatlich, auch erhält Griebe wieder Tanzunterricht. Sie kommen übrigens gerade zurecht zur Verlobung der ältesten Tochter ihrer Wirthin, werden auch in der Folge von ihrer Hausfrau mit einem Blumenstrauß angebunden, worauf sie sich mit einem Abendessen und Ball an einem Nachbarorte revanchiren. In Saumur bleiben die Reisenden fast drei Vierteljahre. Bemerkenswerth ist nur ein elftägiger Ausflug, den sie in Begleitung vieler anderen deutschen Kavaliere, die sich inzwischen zusammengefunden haben, am 18. November unternehmen, zuerst auf dem Wasser nach Nantes – man sieht, daß, wenn irgend möglich, der Wasserweg eingeschlagen wird – , dann auf gemietheten Pferden weiter. Zunächst gelangt man nach Angers, das sich besonders auszeichnet durch die Menge und Kostbarkeit der daselbst aufbewahrten Reliquien: es giebt da einen von den sechs steinernen Krügen, die, bei der Hochzeit zu Cana benutzt worden sind, zwei Stücke vom Rocke Christi, etwas Haar von der Jungfrau Maria, ein Dorn aus der Dornenkrone und Holz vom Kreuze Christi. Bei der Weiterreise haben die Reisenden auch das Unglück, daß sie in der Dunkelheit durch ein Wasser reiten müssen und, wenn man ihnen nicht von einer Schiffmühle aus zugerufen hätte, in den vollen Strom gerathen und ertrunken sein würden. Am 28. November treffen sie wieder in Saumur ein, um daselbst den Rest des Winters zu verbringen. Gewissenhaft wird berichtet, daß sie sich daselbst purgirt und zur Ader gelassen haben; unter anderem werden monatlich wiederkehrende Kopfschmerzen durch einen Aderlaß an den Füßen geheilt. Am 5. März 1663 endlich wollen sie abreisen. Unglücklicherweise bekommt aber nunmehr der ältere Arnim ein Geschwür hinter dem Ohr, so daß er zwei Mal zur Ader gelassen und die Abreise auf den 10. März verschoben werden muß. An diesem Tage wird denn auch die Weiterreise angetreten. In dem ersten Nachtquartier Touars lernen sie den aus der Mark gebürtigen Hofmeister des Herzogs von Trémouille kennen, der sie herrlich traktirt und ihnen bei der alten Herzogin und dem jungen Prinzen Audienz verschafft, von denen sie auch zum Handkuß zugelassen werden. Dann geht es durch die Provinz Poitou über Poitiers, wo sie in Folge Erkrankung des älteren Arnim einige Tage verweilen müssen, und Rochelle, zuletzt auf der Garonne zu Schiff nach Bordeaux und nach einem Aufenthalte von nur wenigen Tagen zu Pferde weiter, die Garonne aufwärts, nach Montauban und Toulouse, Carcassonne und Narbonne, wo sie zwischen dem Getreide auf den Feldern viele Oel- oder Olivenbäume sehen. In Beziers trinken sie den ersten und besten Muskatellerwein. Weiter geht es nach Montpellier und Nimes, wo das Amphitheater und die Ruinen der übrigen daselbst befindlichen römischen Bauwerke bewundert werden. Die Gasthöfe, in denen eingekehrt wird, werden auf das Gewissenhafteste aufgeführt; besonders häufig kommen vor das „Weiße Roß“, das „Weiße Kreuz“ und der „Französische Thaler“. Hier in Südfrankreich können sie auch nicht umhin, die südliche Vegetation zu bewundern: „Hier unterwegens wahren allerhand wohlrüchende Kräuter und Bäume, auff dem Felde, Roßmarin-Sträucher, Timian und andere, welche die Einwohner anstatt des Holz und Reußes (Reisigs) brauchen, maasen Sie dann in diesem Hause einen Backofen mit Roßmarien heuzten, welches einen starcken [264] Geruch von sich gab.“ Sie gelangen nach Marseille und bewundern den Hafen, dann geht es ohne großen Aufenthalt nach Toulon, wo sie wiederum den Hafen mit den daselbst befindlichen Galeeren sehen und die größte der letzteren besichtigen. Von da müssen sie über sehr rauhe und hohe Berge, zum Theil zu Fuß, weiterziehen. Sie gelangen zur Kirche St. Beaume, in welcher Maria Magdalena 33 Jahre Buße gethan haben soll, allezeit auf den Felsen liegend. „Allhier wird niemahls Fleisch gegeßen, noch einiges Weibsbild gelitten, wie dann der Würth seine Ehefrau 3 Meulen von hier hatte und wir statt der Mägde, von unterschiedlichen Jungen bedienet worden.“ Dafür werden sie im Wirthshaus durch die schönsten Sardellen entschädigt. Ueber Aix geht es weiter nach Avignon, welche Stadt damals noch dem Papste gehörte, „wie dann auff dem Palais der Vice Legat wohnet und Justitiam administrirt. Nachdeme aber vor weniger Zeit die Stadt die Päbstliche Gvarnison weggejaget und sich in französische Prodection begeben, durffte der Legat nicht gros sich sehen laßen, indeme ihn die Kinder nachgelauffen, angeschriehen und auff das ärgste beschümpffet haben.“ In dem päpstlichen Palast interessirt sie besonders ein Saal, der nur noch die nackten vier Mauern zeigt; es ist der Saal, in welchem der Papst Gregor XI. die vornehmsten Einwohner Avignons bewirthete und während der Mahlzeit insgesammt in die Luft sprengen ließ, und zwar, weil die Bürger seinen Neffen, einen argen Don Juan, nächtlicherweile gefangen und kurzer Hand vor dem päpstlichen Palaste aufgehängt hatten. Besonders merkwürdig ist es auch, daß es in Avignon Juden giebt, die sonst in ganz Frankreich nicht geduldet werden; doch müssen sie besondere Kleidung tragen, die Männer gelbe Hüte, die Weiber ebensolche Schleier. Sie haben auch eine Synagoge, müssen aber alle Wochen einen Mönch darin predigen lassen. Endlich wird noch die Seidenmanufaktur bewundert; in einer Fabrik gewahren sie bereits eine Maschine, in welcher viele hundert Spindeln von einem einzigen Mädchen bedient werden.

Ueber Orange, das damals dem Prinzen von Nassau gehörte und durch römische Alterthümer bemerkenswerth ist, Valence und Vienne gelangt man am 30. April nach Lyon, woselbst wieder längerer Aufenthalt stattfindet. Es wird für 16 Thaler monatlich eine Pension genommen, wo sich bereits acht Leipziger Kaufmannssöhne aufhalten und zwei Holländer. Auch wird wieder ein Sprachmeister engagirt. Die Sehenswürdigkeiten werden nach Gebühr bewundert. In einer Kirche bemerkt man viele Statuen von Aposteln und Heiligen, denen die Reformirten allen die Köpfe abgeschlagen haben, nur Johannes der Täufer war verschont geblieben[WS 1]. Auch ein künstliches Uhrwerk sollten die Reformirten verderbt haben.

Die Reisenden bleiben in Lyon drei Monate und reisen erst am 2. August wieder ab. Am 4. kommen sie in Genf an, wo sie wieder Pension nehmen für den unerhört billigen Preis von 11 Thaler monatlich. (Heute sollen sie theurer sein.) Natürlich wird auch der Genfer See befahren und zwar mit zwei Schiffen, von denen sie das eine zum Fischen, das andere zum Schnepfenschießen gebrauchen. Sie sind auch so glücklich, zwei Hechte zu fangen. Von der wundervollen Umgebung, die allerdings auf dem beigegebenen Kupferstiche ganz absonderlich aussieht, weiß Griebe nichts zu melden; es heißt nur: „Der Lac hatt durchgehendes hell Waßer und soll an die 600 Klafftern tieff auch an unterschiedlichen Orten ohne Grund gefunden werden, führet sehr schöne undt grose Fische insonderheit aber Forellen; Wie dann König Heinrico Quarto von denen Genffern eine Forelle geschencket worden, welche 60 Pf. gewogen haben soll. Dieser Lac theilet auch Sovoy und Franckreich von der Schweiz ab.“ Im Uebrigen ist noch bemerkenswerth, daß in der Bibliothek alle Bücher an Ketten liegen, dafür steht sie aber offen, so daß ein Jeder sich ihrer bedienen kann.

Ziemlich der ganze August wird in Genf verbracht. Am 29. bricht man auf in der Richtung nach Turin, wohin ein Fuhrwerk gemiethet worden ist, das 102 Thaler 16 Groschen kostet. Sie reiten aber gleichwohl. Es geht hinein in die erhabene Alpenwelt Savoyens. Was aber Griebe davon zu rühmen weiß, ist weiter nichts als Folgendes. In der Nähe von Remilly „haben wir sehr bösen steinigten Weg gehabt und La montagne de Ton, welches ein sehr hoher Berg ist, gesehen“. Bei Chambéry heißt es: „hier unterwegens giebet es sehr viel Waßerfälle, von hohen Bergen“, die ihm aber entschieden bei Weitem nicht so imponiren, wie die Springbrunnen und Wasserkünste der französischen Schlösser. Sie gelangen nach Grénoble, von wo sie über sehr rauhe und steinige Berge bis zur Grande Chartreuse reiten. Sie werden eingelassen, müssen Pistolen und Degen abgeben und werden in das deutsche Gemach geführt, wo sie aber miserabel genug gespeist werden, „in deme einem ieden unter uns auff einem Teller ein stücklein Eyer Kuchen, zwey Finger breit, zwey Löffel Rabunzel Salade, soviel Grün Kraut und ein stücklein Käse auch zwey Finger breit, zur Abendmahl Zeit gereichet und schlechter sehr wäßer reicher Wein eingeschencket wurde.“ „Alß es nun zum Schlaffen ginge, zogen die Fratres zwey nicht gar grose und noch zwey kleinere Betten aus den Wänden, welche wie Schräncke verkleidet wahren, heraus, in welche sich unserer Sieben legen und ich selbst Ander, nicht wenig incommodiret, schlaffen muste.“ Am anderen Tage besehen sie das Kloster, werden auch zum Ordensgeneral gelassen, der sie freundlich empfängt. Sie besehen auch [265] die Zellen der Mönche. „In dem Studier Cämmerlein, sahe mann in der Wand von außen eine Scheibe auff die arth, wie an den Nachtigallgebauern, welche mann herumbtrehen kunte, in solches wird einem ieden sein Eßen gesetzet, herumbgetrehet und von auswendig wieder verschloßen, Wann nun der Speisemeister dieses eröffnet und die Speise annoch darinne findet, läßet er sollches ein oder zwey mahl passiren, woferne es aber mehr geschiehet, giebet er solches bey dem General an, welcher dann die Zelle zu öffnen befiehlet, Da mann dann diese Leuthe zu weilen sehr kranck, in agone, todt und auch die Hälße umgetrehet, gefunden.“ Weiter wird bemerkt, „daß in diesem Kloster täglich 300 Personen, ohne die Frembten, welche daßelbe zu besehen dahin kommen, unterhalten werden, unter welchen alleine 100 Patres begriffen, wie Sie dann auch 30 Maulthiere haben, welche alle Nächte umb 12 Uhr ausgehen und Proviant vor das Kloster zutragen, dann umb diese jegent nichts wächßet, Sondern ein recht receptaculum nicht der Menschen, sondern der Bäre, Uhue und Eulen ist.“

Auch weiterhin haben sie sich über schlechte Wege zu beschweren. Endlich kommen sie an den Mont Cenis, über den damals noch keine Straße führte. Man kann über diesen Paß nicht reiten, sondern muß sich auf Chaisen tragen lassen, die von Schilf geflochten waren. Die Chaisenträger werden Maroni genannt; zwei gehören zu einer Chaise. Sie zeichnen sich durch einen unerhörten Durst aus; gleich im ersten piemontesischen Dorfe müssen ihnen die Reisenden etliche Maß Wein reichen lassen, „welche Sie in vollen Schweiß und ganz erhüzet in sich soffen und ihrer Außsage nach, dennoch nichts schadet, weiln Sie solchen wieder ausschwitzen“. Auf sehr steilem Wege geht es endlich hinab in die Ebene und Griebe meint bedenklich: „Es ist in Warheit die Reise durch Savoyen und über den Mont Senis, kein Kinderspiel, und nicht sonder Gefahr, in deme mann über sehr viel grose Berge, Klippen, liederliche Brücken und grausame praecipitia zu passiren hatt.“

Zu Pferde gelangen sie dann über Susa und Rivoli nach Turin, wo sie sich wieder an der Besichtigung von Schlössern und anderen Gebäuden erfreuen können. Den „Situm loci“ finden sie von dem Rathhausthurm aus sehr schön, lustig und angenehm, auch die Festungswerke interessiren Grieben sehr. Desgleichen fällt es ihm auf, daß hier sehr viele Juden wohnen, deren Weiber alle gelbe Perrücken tragen müssen. Sie reiten nun weiter über Alessandria in der Richtung nach Genua und müssen unterwegs über die Apenninen, auf welchen keine anderen Früchte als Kastanien wachsen. Auf genuesischem Gebiet, in das sie nun eintreten, ist der Banditenschrecken sehr groß; erst vor wenigen Tagen sind Reisende beraubt und ermordet worden. Welcher Schreck daher, als die Karawane plötzlich von Bewaffneten angehalten wird! Zum Glück ergiebt sich bei näherer Aussprache, daß die Bewaffneten friedliche Bauern sind, welche ihrerseits die Reisenden für Banditen halten und sie unschädlich machen wollen. Es klärt sich alles zu beiderseitiger Zufriedenheit auf und die Reisenden gelangen unangefochten nach Genua. Hier werden sie vom Wirth nicht eher aufgenommen, bis sie sich beim Gouverneur gemeldet haben. Sie verlassen aber die Herberge bald wegen Theuerung, weil der Wirth für die Mahlzeit zu Mittag 5 Julier oder 15 Groschen und des Abends 6 Julier oder 18 Groschen fordert. Sie besehen hier Kirchen und Paläste, bewundern unter anderem im Palazzo Doria eine Fontaine, die 45 000 Thaler gekostet hat, und reiten am 20. September wieder weiter nach Pavia, wo sie am 22. ankommen. Am folgenden Tage geht es nach Mailand, das damals zu Spanien gehörte. Man besichtigt Festungswerke, Kirchen und Klöster, unter anderem den Dom, der noch nicht ausgebaut ist, gleichwohl aber bereits 26 Millionen kostet – was für eine Münze, wird nicht gesagt – nur die „Facciata“ ist fertig. Auch das Hospital und das Lazareth werden besichtigt, nicht minder die Kunstkammer, endlich auch die ambrosianische Bibliothek, von welcher aber weiter nichts gesagt wird, als daß alles voll Bücher steht. Sie akkordiren auch mit zwei Kutschern, welche sie nach Bologna fahren sollen, weshalb sie sich von dem Orte mit einem Gesundheitspaß, „La fede di Sanitá“, versehen, sonst wären sie nirgends durchgelassen worden. Es schließen sich noch einige Herren an, mit welchen sie am 26. September abfahren. In den mailändischen Städten liegen überall „viel Teuzsche Völcker“. Unterwegs bewundern sie die üppige Vegetation: „Die Weinstöcke stehen reihenweiße zwischen denen Bäumen auff dem Felde, und hängen die Trauben von denselben herunter und ziehen sich die Rancken von einem Baume zu den andern, zwischen den Weinstöcken stehet mitten im Felde das Getreyde.“ Von Piacenza, wo sie bei der Einfahrt ihre Pistolen unter dem Thore abgeben müssen, geht es noch denselben Tag weiter, nach Besichtigung der üblichen Sehenswürdigkeiten, und am 28. gelangt man nach Parma. Hier bewundert man unter anderem eine Art zoologischen Garten, worin sich ein Strauß befindet, der vorgehaltene Münzen „wie Haber“ verschluckt. Am 29. passiren sie Reggio und Modena und am folgenden Tage kommen sie in Bologna an. An der Universität giebt es eine deutsche Nation, deren Pedell als Fremdenführer dient und alle Sehenswürdigkeiten zeigt. Unter anderem wird ihnen in einem Kloster gezeigt der Körper der heiligen Catharina di Bologna, auf einem Stuhle sitzend, welcher die Nägel noch wachsen sollen. „Diese sahe ganz schwarz aus, wie ein halb geräucherter Schüncken.“ Sie handeln hier [266] mit ihrem Wirth wegen der Beschaffung von Pferden nach Florenz, und es muß die Person 3 Thaler zahlen und sich auch noch selbst beköstigen. Der Gesellschaft schließt sich hier ein polnischer Graf an, so daß sie nun 16 Personen umfaßt. Im Uebrigen wird über die Merkwürdigkeiten Bolognas gesagt, daß es hier die beste wohlriechende Seife in ganz Italien giebt, wie auch die delikatesten geräucherten Würste. Die kleinen Hunde (Bologneser) werden um 20, 30, 40 bis 50 Thaler verkauft.

Am 3. Oktober wird. die Weiterreise nach Florenz angetreten. Unterwegs, in Lajano, werden sie schlecht beköstigt; wenn sie nicht gute Bologneser Würste bei sich gehabt hätten, hätten sie müssen hungrig vom Tische gehen. Nichtsdestoweniger hatten sie ihre Mahlzeit theuer genug zu bezahlen. Am nächsten Tage kommen sie nach Florenz, wo sie bei einem deutschen Wirthe wohnen. Auch hier müssen sie die Pistolen in der Thorwache abgeben. Geführt werden sie von einem Schweizer von der großherzoglichen Garde. Besichtigt werden natürlich zunächst die großherzoglichen Schlösser und Gärten, wobei in der Regel die Kostbarkeit des Geschauten hervorgehoben und bemerkt wird, wie lange die Leute daran gearbeitet haben. Von wirklichen Kunstwerken wird weit weniger gesagt, beispielsweise wird von einer Gruppe, Adam und Eva von Michel Angelo, nichts weiter erwähnt als das daran befindliche Wahrzeichen, eine Heuschrecke, die auf Adams Feigenblatt sitzt. Auch die Menagerie macht ihnen viel Vergnügen. Zahl und Art der Tiere werden genau aufgezählt. Erwähnt werden besonders Wildschweine, die vorn bis zur Hälfte des Leibes mit Locken versehen, hinten aber glatthaarig sind, ferner eine Löwin und ein Tiger, welchen sie zwei Schöpskeulen zu einem hohen Fenster heraushängen lassen mit dem Erfolge, daß die Thiere in die Höhe springen und sie wirklich in ihre Gewalt bekommen. Es wird auch ein Platz erwähnt, an dem die Tiere mit einander kämpfen, und insbesondere eines Falles gedacht, in welchem ein Schwein einen Löwen besiegt hatte. „Diese des Schweins herrliche Victoria, hatt verursachet, daß es alßbald abgezeignet, in Metall klein abgegoßen und in alle rare Cabinette gesetzet worden, wie wir an unterschiedlichen Orthen es selbsten gesehen.“ Die Gemäldegalerie dagegen wird sehr kurz abgefertigt, in der Kunstkammer werden nur die Kostbarkeiten bewundert; dafür werden die Kirchen und das Lusthaus Pratolino mit schönen Wasserkünsten ausführlicher Beschreibung gewürdigt.

Am 8. Oktober fährt ein Theil der Gesellschaft, nämlich außer Griebe noch die beiden von Arnim nebst ihrem Hofmeister, auf dem Arno nach Pisa, wofür der Schiffer 5 Thaler erhält; der andere Theil begiebt sich direkt nach Rom. Auch in Pisa müssen die Pistolen unter dem Thore abgegeben, auch Geld gezahlt werden, um einer Visitation zu entgehen. Nach Besichtigung des großherzoglichen Palastes und des Domes mit dem schiefen Glockenthurm reisen sie noch denselben Tag zu Schiff nach Livorno und fahren von dort am 11. Oktober in einer Karosse zurück nach Pisa, von wo die Reise zu Pferde fortgesetzt wird, zunächst nach Siena, wo die Pistolen nicht unter dem Thore abgegeben zu werden brauchen, ein Vorzug, welchen nur die deutsche Nation genießt. In Montefiascone bewundern sie in der Kirche St. Flaviano das Epitaphium des Bischofs Johannes Fugger, welcher sich Anno 1013 in Muskatellerwein zu Tode gesoffen haben soll – das bekannte „Est est est“. Greulich ist das Nachtquartier in Boccano. „In diesem Würthshauße hatt der vorige Würth, diejenigen Leute so etwas fett von Leibe gewesen und da pernoctirt, des Nachts überfallen, erschlagen und hernach andern verspeiset, Welches hernach offenbahr gemacht, und er sambt seiner Frauen, verbrant worden.“ Am 19. Oktober kommt man in Rom an, der „Mutter aller Städte und Grund aller Laster“, wie sich Griebe in der Randbemerkung ausdrückt. Wie in den meisten italienischen Städten wird beim Eintritt das Gepäck visitirt, wobei alle gedruckten Bücher weggenommen und einem Pfaffen zur Durchsicht gegeben werden, ob vielleicht ketzerische oder lutherische darunter sein möchten. Erst nach einigen Tagen werden sie zurückgegeben, „Wie wohl der gute Pfaffe gleichwohl von uns betrogen wurde, in deme Wir dennoch Dr. Lutheri Postilla und deßen Gesang Büchlein bey uns hatten und alle Sonntage auff unserer Cammer die Predigt, in dieser Stadt Rom, gelesen und die darauff geordneten Lieder, Gott zum Lobe und seinem Evangelio zu Ehren, gesungen.“ Sie zahlen für eine Miethwohnung von drei Kammern und einem Saale, ingleichen für das Kochen, wie auch für das Tisch- und Bettgeräthe monatlich 13 Scudi oder 16 Thaler 6 Groschen; die Viktualien mußten sie sich selber schaffen, zu welchem Zwecke sie einen Diener für monatlich 7 Scudi miethen mußten.

Der ersten Besichtigung unterzogen wurde natürlich die Peterskirche, an welcher noch gearbeitet wurde. In einer Kapelle befand sich der Stuhl Petri, der von Antiochien nach Rom gekommen ist; er war von Holz, stand aber in einem metallenen vergoldeten Futteral und „sahe aus wie ein alter Nacht Stuhl“. Mit dem Antiquar oder „Wurmschneider“ Matthias Meyer, in der Nähe von Augsburg gebürtig, dem sie für die Zeit ihres Aufenthalts in Rom für seine Mühe, einschließlich Neujahr- und Osterpräsent, 3 Thaler 12 Groschen monatlich jeder geben, um sie in Gemeinschaft mit einem Schweizer-Korporal, der die Fremden bei allen Funktionen einläßt, zu genießen, besuchen sie ferner das Quirinal, weiter die Kirche Ara Celi, unter welcher sich das [267] unterirdische Gefängniß der Apostel Petrus und Paulus befindet. Es ist so tief, daß die Apostel mit Stricken herabgelassen werden mußten, wobei es sich einst ereignete, daß Petrus beim Herablassen an die Wand stieß, wovon die Spuren noch zu sehen sind. Griebe bemerkt dazu, daß Petrus hiernach einen harten Kopf gehabt haben müsse.

Auch in Rom nimmt Griebe einen Sprachmeister an, einen Deutschen, dem er monatlich eine Pistole zahlt. Während seiner Studien findet er aber noch Zeit genug, allerhand Sehenswürdigkeiten aufzusuchen, die er an der Hand einer von ihm auch namhaft gemachten Beschreibung in ödester Weise aufzählt. Ich hebe nur einiges Wenige heraus. Beim Besuch des Vatikans werden die Gemälde von Raffael und Michel Angelo nur flüchtig erwähnt ohne jede Andeutung, ob und wie sie ihm gefallen haben. Von der Laokoongruppe wird hervorgehoben, daß sie aus einem Stück weißen Marmor gefertigt sei, auch sei sie mit solcher Kunst gefertigt, „daß die Liebhaber der Statuen, sich nicht genug an derselben delectiren können“. Auch der Apollo von Belvedere, Antinous und Venus werden nur aufgezählt mit dem Zusatz, daß sie alle aus weißem Marmor sind. Die ganze Beschreibung der berühmten Sammlung umfaßt noch nicht eine Seite, während auf die Beschreibung mancher Kirche 6–8 Seiten verwendet werden. Auch die Engelsburg ist ziemlich ausführlich behandelt. Von der Villa Ludovisi heißt es: „Heunte haben wir des Prinzen Ludovisi Garten, in Augenschein genommen, Darinnen Drey schöne Lusthäußer, in welchen alles voll, von alten und neuen Statuen, auch Gemälden, anzutreffen.“ Viel interessanter als diese Kunstwerke ist ihm eine kostbare Bettstatt, die auf 100 000 Scudi bewerthet ist. Von der Gruppe des farnesischen Stiers wird gesagt, sie „läßet sich wohl sehen“; interessant daran ist ihm vor allem die Geschichte des Transports der Gruppe von Rhodus nach Rom, wobei der Strick an dem Ochsen ganz unversehrt geblieben ist. Der Niobidengruppe im Palazzo Medici wird nachgerühmt, sie sei „der maasen naturel fürgestellet, daß man nichts beßers wünzschen kann“. Auch im Palazzo und in der Villa Borghese wird nur flüchtig des Ueberflusses von Statuen und Schildereien gedacht, die zur Genüge vorhanden seien; einer besonderen Hervorhebung werden aber nur die Kostbarkeiten gewürdigt.

Eine uns als Dresdner speziell angehende Sache erwähnt er bei der Beschreibung des Franziskanerklosters S. Pietro in Montorio, der Stelle, wo Petrus gekreuzigt worden sein soll. Es heißt: „In diesem Kloster ist der Ehr vergeßene, Gottlose und leichtfertige Schelm Schober, welcher sich von denen Catholiqven, zu den Evangelischen gewendet und zu Alten-Dreßden Pfarrer worden, hernach die Evangelische Lutherische Lehre wieder verlaßen, von Alt Dreßden entlauffen und nach Rom gelauffen, gewesen, Nachdeme er aber seiner Hurerey wegen, in der grösten Hütze, nach Neapolis geschicket worden, ist er zusambt seinen Maul Esel, auff dem Wege schon vor 3 Jahren wie ein Viehe, verrecket. Par nobile fratrum.“

Im Jahre 1664 machen die Reisenden den Karneval mit. Derselbe bringt wie noch heute den Wagenkorso dem bekannten Confetti-Werfen. Die Freunde miethen dazu einen Balkon, wofür ein jeder ein Pistol oder 4 Thaler zahlen muß. Ferner brachte der Karneval Opernaufführungen und Wettrennen von Eseln, Pferden und Büffeln. Das Wettrennen der Büffel war das letzte. Da diesen Thieren der Ehrgeiz, die ersten am Ziele zu sein, vollständig fremd ist, so war das Wettrennen selbstverständlich ganz eigenthümlich; die faulen Ochsen mußten „mit Ringen durch die Nasen, darzu geschleppet und gezwungen werden“.

Nach dem Karneval wollten die Freunde einen Abstecher nach Neapel machen. Schon hatten sie mit einem Vetturino wegen eines Wagens akkordirt, da wird Griebe abermals von einem hitzigen Fieber befallen und er muß todtkrank in Rom zurückbleiben, während die Herren von Arnim mit ihrem Hofmeister nach Neapel reisen. Seiner Krankheit halber bekommt er aber einen Fastendispens, der dem Buche im Original beigebunden ist. Erst am 4. März, an welchem Tage die Herren von Arnim von Neapel zurückkommen, kann Griebe zum ersten Male wieder aufstehen, nachdem er 16 Tage im Fieber zugebracht hat und acht Mal an Armen und Füßen zur Ader gelassen worden ist. Sie blieben nun noch die Osterzeit in Rom, wohnten einem päpstlichen Konsistorium bei, bei welchem 400 Mädchen mit Heirathsgut ausgestattet wurden, der Gründonnerstagsfeier im Vatikan, der Fußwaschung und der am Ostertage, dem 5. April, vom Papste persönlich zelebrirten Messe.

Am 5. April machen sie einen Ritt nach Tivoli mit seiner schönen „Cascata“, dem Abfluß des Flusses Teverone, „welcher mit groser Gewalt ziemlich hoch, mit schrecklichen Geräusche über grose Klippen herabfället und sich zweymahl in dem Felßen ganz verlieret, Es stäubet oder spritzet auch das Waßer der maasen in die Höhe unten von dem Fall, daß es, wenn die Sonne darein scheinet, einen rechten schönen colorirten Regenbogen machet“. Der Palazzo Este mit seinen Gärten und Fontainen scheint ihm aber noch besser gefallen zu haben.

Nachdem sie am 19. April noch einer Kanonisierung beigewohnt haben, brechen sie am 19. April von Rom auf, und zwar wieder zu Pferde. Ihr erstes Ziel ist Loretto, von wo sie ihr Gepäck über Bologna nach Ferrara vorausschicken. Sie besichtigen die Kirche [268] mit der Casa Santa, dem Geburtshaus der heiligen Jungfrau, welches von Engeln über das Meer aus Palästina hierher getragen worden ist. Aus Versehen gehen sie mit Waffen hinein, was mit der Exkommunikation bedroht ist; doch erklärt man sich befriedigt durch ihre Versicherung, sie hätten die betreffende Schrift nicht gelesen. Sie geben dann ihre Degen ab und werden nun durch Pfaffen vor den Altar geführt. In dem Städtlein wohnte Griebes Versicherung nach Niemand als „Gastwürthe, Pfaffen und Leuthe, so Paternoster machen.“ Die Weiterreise geht über Ancona, Sinigaglia, Rimini und Ferrara nach Verona, wo die Ruinen des römischen Amphitheaters besichtigt werden; das Grab Julias scheint man damals noch nicht gekannt zu haben. In einer Miethkutsche gelangen sie nach Padua und endlich auf einer Gondel nach Venedig, wo sie im „Weißen Löwen“ einkehren. Ihre Ankunft erfolgte am 3. Mai; aber erst nach dreitägiger Ruhepause machen sie sich an die Besichtigung der Sehenswürdigkeiten, wobei der dasige „Wurmschneider“ Karl Pfeifer als Führer dient. Sie besichtigen den Marcusplatz, die Marcuskirche, den Dogenpalast und das Arsenal. In letzterem befindet sich ein Brunnen, aus dem die Arbeiter trinken; es ist aber kein gewöhnlicher Wasserbrunnen, sondern es laufen aus zwei großen Messinghähnen zwei Drittel Wein und ein Drittel Wasser hinein und es werden auf jeden Arbeiter wöchentlich 4 Pfund Wein gerechnet, so daß der Wein für die Arsenalarbeiter allein wöchentlich auf 5000 Dukaten zu stehen kommt. Auch der Bucentoro wird ihnen gezeigt, die Gondel, von welcher aus der Doge jährlich am Himmelfahrtstage die Republik Venedig mit dem Meere vermählt. Sie haben es auch gut getroffen, denn am 12. Mai bereits ist der Himmelfahrtstag, an welchem die Ceremonie vor sich geht. Die Freunde miethen dazu eine Gondel mit acht Ruderern, wofür sie freilich 14 Scudi=17 Thaler 12 Groschen zahlen müssen. Dabei bestand die Ceremonie aus weiter nichts, als daß in einem kupfernen Eimer etwas Wasser aus der See geschöpft und geweiht wurde, worauf der Herzog einen Ring, der ungefähr 6 Thaler Werth hatte, in das Meer warf. Dann fuhr der Herzog in die Kirche auf der Insel Lido, während die Reisenden nach Venedig zurückkehrten. Am nächsten Tage wird noch die berühmte Spiegelfabrik besichtigt, wobei man ihnen auch die Blasrohre gab, um sich im Glasmachen zu versuchen; „es wurden aber nichts als monstra draus, daführ wir ihnen eine Verehrung thaten“.

Am 18. Mai reisen die Freunde von Venedig wieder ab, zunächst mit Gondel nach Mestre, wo mit einem Vetturino akkordirt wird. Sie zahlen für die Beförderung bis Salzburg für Kost und die Pferde pro Person 26 Thaler. Bei Primolano kommt man nach Wälsch-Tirol und durch das Val Sugana „über etliche Berge und Klippen“ nach Trient, wo halb deutsch halb italienisch gesprochen wird. Man besichtigt einige Kirchen und gelangt alsdann im Etschthal abwärts nach Bozen, von dessen Einwohnern erzählt wird, „daß Sie einen Hund, statt eines Bären erschlagen und gefreßen haben“. Der wunderbaren Umgebung von Bozen, der Naturschönheiten, die sich auf der Weiterreise über den Brenner bieten, wird mit keinem Worte Erwähnung gethan. In Innsbruck werden wie üblich die Kirchen besucht, dagegen wollte man sie nach Schloß Ambras, wo sich der Erzherzog aufhielt, aus Furcht vor den Blattern nicht lassen. Kein Wort wird gesagt über die wunderbare schöne Lage der Stadt, es heißt nur, daß Innsbruck in einem Thale liegt „umb und umb mit Bergen umbgeben, auff deren einen Kayser Maximilianus sich verstiegen und in Lebensgefahr gerathen“. Weiter geht es über Unken und Reichenhall, von Griebe Reichenthal genannt, nach Salzburg. Unterwegs wird der hohen Berge gedacht, die sie sehen, sowie eines großen und vieler kleinen Wasserfälle; größer ist aber die Bewunderung der Salzsoolenleitung. In Salzburg bewundern sie die schönen Brunnen, die Domkirche und das Franziskanerkloster. Dann wird das Lustschloß Mirabell besichtigt. „Von hier gingen Wir nach Hause, traffen unterwegens etliche vollgesoffene Bauerweiber an, welche ganz kurze Kittel, so nur bis an die Knühe gingen, anhatten, die langen geflochtenen Hahr-Zöpffe hingen ihnen über den Rücken hinunter, worbey Sie jauchzeten und schriehen. Dieses kame einen Italianer, welcher in unserer Compagnie war, sehr ärgerlich vor, indeme Sie bey ihnen dergleichen zu sehen, nicht gewohnet“. Der Erzbischof, welcher sie in der Domkirche gesehen und sich durch seinen Kammerdiener nach ihren Namen hatte erkundigen lassen, ließ sie überall umherführen, ihnen auch die Festung zeigen, sowie das Lustschloß Hellbrunn.

Am 30. Mai brach die Reisegesellschaft wieder auf, um über München nach Augsburg zu reisen. Sie langten daselbst am 3. Juni an und waren sehr erfreut, nach langen Jahren wieder in einer evangelischen Kirche eine Predigt zu hören. Am 7. Juni ging es auf einem Floß den Lech abwärts in die Donau, bei Neuburg und Ingolstadt vorüber nach Regensburg, wo die Donaubrücke ihre Aufmerksamkeit erregte. Ihre Weiterreise nach Nürnberg treten sie in einer Landkutsche an, für welche sie 9 Thaler zahlen müssen; sie kommen aber nicht ganz bis Nürnberg, sondern müssen in Altdorf liegen bleiben wegen Unpäßlichkeit des jüngeren Arnim. Sie miethen sich hier ein, zahlen für drei Stuben, ebenso viele Kammern und vier Betten wöchentlich 1 Thaler 8 Groschen und beim Professor Dr. Rittershaus gehen sie wöchentlich für 1 Thaler zu Tische. Ihr Aufenthalt [269] in Altdorf, wo übrigens nichts passirte, dauerte vom 15. Juni bis 5. Juli. An letzterem Tage fahren sie nach Nürnberg, wo sie in der „Goldenen Gans“ absteigen. Die Sehenswürdigkeiten, die ja alle noch vorhanden sind, übergehe ich, nicht unerwähnt bleiben darf jedoch die von Griebe gemachte Wahrnehmung, daß „die Mannes Bilder ingemein hübscher, als die Weibes Bilder formiret“ sind, ferner ein Besuch beim Eisenschneider Gottfried Leigebe, der Karls II. von England Bildniß zu Pferde, den Drachen bekämpfend, aus einem Stück Stahl ausgeschnitten hatte und dieses Stück auf 1000 Thaler hielt. Bekanntlich befindet sich dieses Kunstwerk in unserem Grünen Gewölbe.

Nach einwöchentlichem Aufenthalte in Nürnberg, am 12. Juli, wird die Weiterreise angetreten über Bamberg, Coburg, Ilmenau, durch den Thüringer Wald nach Erfurt, wo ihnen das gute Zerbster Bier, „welches so lange Zeit vor unsern Mund nicht kommen“, so trefflich mundet, daß sie „beynahe ein Räuschlein mit nach Hause genommen“ hätten. Am 18. Juli wird die Reise in einer Landkutsche fortgesetzt, für die sie bis Leipzig 12 Thaler geben. Ueber Weimar, Naumburg, Weißenfels, Rippach, Lützen und Ranstädt gelangen sie am 21. Juli in Leipzig an und steigen beim Torgauischen Bierführer am Brühl ab. Auf Einladung des Obristleutnants Kuffer begeben sie sich auf das Gut Abtnaundorf zu zweitägigem Aufenthalt, dann nach Pretzsch in das dem Kurfürstlichen Generalleutnant von Arnim gehörige Schloß, wo sie mit Freuden empfangen werden. Acht Tage werden hier mit Tanzen, Hetzen und anderem Wohlleben zugebracht. Am 31. Juli verabschiedet sich unser Griebe und begiebt sich mit Miethpferden nach Wittenberg zum Besuch seiner daselbst studierenden Brüder: am 5. August geht es mit der Post weiter in der Richtung nach Dresden. Nachdem er in Annaburg und Großenhain übernachtet hat, trifft er am 7. August in Dresden ein. Sehr charakteristisch für die damaligen hiesigen Verhältnisse ist, was er über den Empfang hier erzählt: „Allhier wurde ich unter der Wache angehalten, und woher ich komme und wem ich zugehörte, befraget? Nach dem aber der, von ihrer Churf. Durchl. zu Sachßen Herzog Johann Georgen dem Andern, bey meiner Abreiße gnädigst erhaltene und in Lateinischer Sprache verfaste Paß, dem Commendanten in Alten Dreßden, Herrn Johann Levin von Bölau, überbracht wurde, ließ mann mich alßbald paßiren, und habe ich ob erwehnten Paß, sonst an keinem Orthe, auff dieser ganzen Reise, produciren dürffen.“ Griebe erfährt, daß seine Eltern augenblicklich nicht in Dresden sind, sondern auf ihrem Gute Ober- und Niederlangenau sich aufhalten, bleibt daher nur einen Tag in Dresden bei seiner Schwester, Gattin des Hofpredigers Lucius, und reist am folgenden Tage zu seinen Eltern. „Womit, der Heiligen und Hochgelobten Dreyfaltigkeit sey Lob, Ehre, Preiß und Danck gesagt! welche mich zu Wasser und Lande gnädiglich erhalten, aus vielen Gefährligkeiten errettet, in schweren Kranckheiten dem Todte aus dem Rachen gerißen und durch die Heiligen Engel beschützet, daß mir auch nicht ein Finger verletzet worden, Ich gemacht habe, diesen meinen Reisen, ein glückseliges Ende.“

Die Reise nach Dänemark, 29. Juni bis 26. August 1665, bietet wenig Bemerkenswerthes. Die Gesandtschaft, welcher unser Griebe als Legationssekretär beigegeben war, besteht aus dem Hofmarschall Ernst Baron von Kanne, dem Hof- und Justizienrath Geheimen Kammersekretär Gabriel Voigt und dem Kammerjunker Hans Siegmund von Miltitz. Die Reise wird zunächst wieder auf der Elbe begonnen und zu Wasser fortgesetzt bis Lauenburg. Ein kurzer Aufenthalt unterwegs in Magdeburg wird benutzt zu einem Besuche des Bürgermeisters Otto von Guericke, des bekannten Erfinders der Luftpumpe, welcher Erfindung aber in der Reisebeschreibung nicht gedacht wird; er hat nur allerhand Raritäten und Wasserkünste gezeigt. In Lauenburg wird die Gesandtschaft von dem Herzog versorgt mit 6 Wagen und 36 Vorspannpferden, die sie ohne weitere Gefährde nach Lübeck befördern. Die Seefahrt von hier nach Kopenhagen, 20. bis 22. Juni, brachte wieder Grieben und fast allen anderen Theilnehmern die Seekrankheit. Ich will die Leser nicht ermüden mit Aufzählung der Fürstlichkeiten und Excellenzen, welchen in Kopenhagen Besuche gemacht wurden; ich schweige auch von den Audienzen und Empfängen; nur einiger Festlichkeiten muß ich kurz gedenken, welche der dänische Hof der sächsischen Gesandtschaft bereitete. Einmal besuchte man die dänische Flotte, wobei die Spiele gerührt und die Trompeten gehört wurden; unter anderem „schwunge sich ein Trompeter, welcher von einem Schiff an das Andere ein Seul gezogen, in der Lufft, hinge sich an ein Bein und bließ also mit dem Haubte unterwärts hangende die Trompete.“ Ein andermal wurden sie zu einer Schwanenjagd eingeladen, wobei die Jagdgesellschaft des Königs 30 Schwäne erlegte, diejenige des Kronprinzen sogar 116. Bei der Abschiedsaudienz passirte den Gesandten das Unglück, daß, als sie „etwan 1000 Schrit von dem Ambassadeur Hauße gefahren, der schöne vergüldete Wagen zubrach, daß Sie zu Fuße wieder nach Hause gehen und so lange daselbsten, bis Ihnen ein ander Wagen vorgerücket, warten musten, Welches bey denen Scharffsinnigen, vor kein gut Omen gehalten werden wolte.“ Die Rückreise ging zu Wagen nach Nykjöbing, dann zu Schiff nach Warnemünde. In Rostock wurde mit zwei Fuhrleuten unterhandelt. [270] welche die Gesandtschaft bis Wittenberg bringen sollten, und es mußten für zwei Landkutschen 106 Thaler und für einen Lastwagen 58 Thaler gezahlt werden. Die Reise von Rostock nach Wittenberg dauerte vier Tage. Von hier kehrte man in weiteren zwei Tagen, ebenfalls zu Lande, nach Dresden zurück.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: gebieben