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Königgrätz

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Textdaten
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Autor: Theodor Fontane
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Titel: Königgrätz
Untertitel: Prolog, gesprochen am 12. Juli 1866
aus: Gedichte, Seite 338–340
Herausgeber:
Auflage: 10. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1905
Verlag: J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart und Berlin
Übersetzer:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
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[338]
Königgrätz.

(Prolog, gesprochen am 12. Juli 1866[1].)

     Sie höhnten uns, sie glaubten es zu dürfen;
Was Langmuth war, sie nahmen’s hin als Schwäche,
Sie warfen uns, zerdeutelt und zerrissen,
Versprechen und Verträge vor die Füße,

5
Und als in Ruh wir dann das Wort gesprochen:

„Laßt uns was unser sein muß, nehmt das Eure,“
Da drohten sie: „Versucht’s, wir sind am Platz;
Es kost’t euch Schlesien und die Grafschaft Glatz.“

     Das war zu viel. Es klang zurück die Antwort:

10
Wollt ihr den Krieg, wohlan, ihr sollt ihn haben!“

Und nieder von den Bergen Schlesiens, Sachsens,
Auf Wegen, die der Ruhm uns vorgezeichnet,
An Stätten hin, die Siegesnamen tragen,
In Böhmens Kessel stieg das Preußenheer.

15
     Ein heißer Kessel! Manches Kriegeswetter,

In Tag und Jahren, die nun rückwärts liegen,
Hat drin die Junihitze schon gebraut,
Doch solche Wetter, wie sie jetzt sich thürmen
Und Tag um Tag sich grollender entladen,

20
Sind selbst in diesem Böhmerkessel neu.

Bei Podoll – Mondlicht lag auf allen Feldern –
Zerbricht wie Glas die eiserne Brigade;
Bei Nachod, in drei Tage langem Ringen,
Hält Löwe Steinmetz seine Beute fest;

25
Und hügelan – Clam-Gallas[2] mußte fliehn –

Stürmt Friedrich Karl[3] die Straße von Gitschin.[4]

[339]
     So stand das Spiel; ein siebenfaches Siegen

In sieben Tagen. „Wird der Sieg uns bleiben?“
So zwischen Furcht und Hoffnung ging die Frage;

30
Noch fehlte die Entscheidung, doch sie kam.


     Da, wo die Elbe, die sich nordwärts windet,
Auf kurze Strecke wieder südwärts fließt,
Auf weitem Feld, umstellt von Hügelkuppen,
Bei Festung Königgrätz entbrennt die Schlacht.

35
Anstürmen unter Trommelklang und Pfeifen

Von Altmark, Magdeburg, die Regimenter,
Thüringsche Bataillone, dicht geschlossen,
Sie folgen unter Hurrah, – all’ vergeblich;
Sie dringen vor, sie jubeln und sie fall’n,

40
Der Regen fällt in Strömen, schon ist Mittag,

„Wo bleiben sie?“ Es fragen’s nicht die Lippen,
Es fragt’s nur still das Herz. Da, horch von Westen,
Und nun von Osten her in raschen Schlägen,
Roll’n unsre Preußendonner durch die Luft.

45
„Das sind sie!“ geht ein Jubel durch die Reihen

„Das ist das achte Corps! das sind die Garden!“
Und rechts und links des Feindes Flanke fassend,
So reichen jetzt zwei neue Preußenheere
Dem dritten über’s Schlachtfeld hin die Hand.

50
     Im Feuer hält der siebzigjähr’ge König[5],

Er sieht die Schale sich für Preußen neigen,
Und sieh, zum letzten Stoße, der entscheidet,
Erklingt sein Aufruf jetzt: „Nun, Manstein[6], vor!“
Ein Hurrah ist die tausendstimm’ge Antwort,

55
Mit weh’nden Fahnen und mit kling’ndem Spiele

Anrücken all’ die Düppel-Bataillone,
Es fällt kein Schuß, die Glieder halten Richtung.

[340]
Und ihrem Stoß erliegt der Feind. Er flieht.

Bunt wird das Feld von aufgelösten Massen,

60
Geschütze, Wagenzüge und Colonnen,

Ein wirrer Knäul, Alles häuft sich, drängt sich;
„Jetzt ist es Zeit!“ und in die flieh’nden Massen
Einhau’n die Unsern. Welch ein Spiel von Farben!
Hier schwarz und weiß die Fähnlein der Ulanen,

65
Hier silberfarbne Adler auf den Helmen,

Hier roth und weiß die Zietenschen Husaren, –
Ein glänzend Schauspiel, glänzender der Sieg.

     Ja, Sieg! Er hat die Herzen uns erhoben,
Er gab uns viel, – er hat auch viel genommen;

70
Ein Tag des Ruhmes, aber schwer erkauft.

’nen Schleier über Noth und Tod und Wunden;
Es ziemt uns nicht, das Elend hier zu malen,
Es ziemt uns nur zu trösten und zu lindern.
In Tod zu gehn war unsrer Brüder Pflicht,

75
Die unsre heißt: „Vergeßt zu helfen nicht!“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Schlacht vom 3. Juli 1866 bei Königsgrätz war die Entscheidungsschlacht des Deutschen Krieges und der Sieg Preußens über Österreich hat die weitere politische Entwicklung Deutschlands in großem Maße beeinflußt (Wikipedia).
  2. Eduard Clam-Gallas (1805–1891), (Wikipedia).
  3. Friedrich Karl von Preußen (1828–1885), (Wikipedia).
  4. Podol, Nachod und Gitschin waren Austragungsorte von Schlachten des gleichen Krieges.
  5. Wilhelm I. von Preußen (1797–1888), hatte den Oberbefehl über das preußische Heer (Wikipedia).
  6. Albrecht von Manstein (1805–1877), führte die Reserve der 1. Armee (Wikipedia).