Jugendspiele
[384] Jugendspiele. Der Sommer ruft unsere Jugend wieder hinaus ins Freie, wo Alles grünt und blüht; auf den Wiesen und Spielplätzen wird’s wieder lebendig, und selbst die kleineren Kinder tummeln sich wieder im warmen Sonnenschein. Da heißt es nicht mehr: „Wollen wir spielen?“ Diese Frage ist längst selbstverständlich mit einem „Ja“ entschieden. Es soll ja so viel in der Schule gelernt, so lange still gesessen sein. Es ist ja so schwer, bei den häuslichen Arbeiten geduldig auszuharren, während draußen der Himmel lacht und die Vögel singen. – Aber endlich ist die Pflicht gethan, und jetzt winkt die Erholung. Also, hinaus ins Freie! „Laßt uns spielen!“ „Mit wem?“ – Zunächst mit den Altersgenossen, die schon bereit stehen. Aber auch Erwachsene, die Eltern, der Lehrer, der und jener Kinderfreund betheiligen sich gern; man ordnet an, überwacht, bringt zu rechter Zeit Abwechselung hinein und sieht überhaupt selbst im kindlichen Spiele den Nutzen für Auge und Ohr, für Blutumlauf und Muskelkraft, für Körper, Geist und Charakter.
Da kommen eben zwei Büchlein so recht zu passender Zeit. Das eine, von einem Leipziger Lehrer, L. Mittentzwey, betitelt sich „Das Spiel im Freien“ (Leipzig, R. Merseburger). Angeregt durch die Spielgärten des dortigen Schreber-Vereins, die der Jugend viel Genuß gewähren, giebt der Lehrer hier für Jeden, der gern Spiele leiten und arrangiren möchte, eine Anleitung. Ein theoretischer Theil erörtert den Nutzen des Spiels, das im Wechsel zwischen Arbeit und Erholung bei unseren kleineren und erwachseneren Kindern Frohsinn, Heiterkeit, Gewandtheit und Thatkraft weckt, das Sinn für das Gesetzmäßige bildet, harmlose, edle Gesinnungen fördert und so überaus bedeutungsvoll für das spätere Leben ist. Der praktische Theil giebt dann die Beschreibung von Ball-, Lauf- und Fangspielen. Kampf-, Ziel- und Wurfspiele schließen sich an, und den Schluß bilden die Singspiele, denen die Noten zu den einfachen Liedern beigefügt sind.
Ein Thüringer Lehrer, Constantin Kümpel in Lauscha, ist der Verfasser der anderen Schrift: „Das Spiel der Jugend“ (Hildburghausen, F. W. Gadow und Sohn), die einem Berichte auf einer Lehrerkonferenz in Sonneberg, wo Herr Kümpel seine Schüler die Spiele vorführen ließ, ihr Entstehen verdankt. Dem guten Willen zur Anordnung von Jugendspielen fehlt oft die Kenntniß. Hier den Lehrern und Erziehern Unterweisungen und Winke zu geben, ist dem Verfasser durch Beschreibung, zum Theil auch bildliche Darstellung der Spiele für die verschiedenen Altersstufen gut gelungen. Vom einfachsten Kinderspiel bis zum Croquet und Fußball ist Alles vertreten.
Auf die Frage: „Was spielen wir?“ ist also eine Fülle von Antworten für Groß und Klein, für Knaben und Mädchen bereit. Nun denn!
„Laßt nur die Kinder spielen,
So lang’ sie froh und frei;
Bringt erst die Arbeit Schwielen,
Ist’s mit dem Spiel vorbei.“