Ist Feueranzünden beim Gewitter nützlich oder schädlich
[580] Ist Feueranzünden beim Gewitter nützlich ober schädlich? In manchen Gegenden herrscht der Brauch, beim Herannahen schwerer Gewitter kräftige, und namentlich stark rauchende Feuer anzuzünden, weil durch den Rauch die Blitzgefahr verringert werde; in andern hingegen löscht man sorgfältig jedes Feuer, weil Feuer und Rauch den Blitz anziehen sollen. Welche von beiden Ansichten hat nun recht, oder hat weder die eine noch die andere etwas für sich und beruhen sie beide auf einem Aberglauben?
Wie jetzt im „Archiv für Post und Telegraphie“ mitgeteilt wird, ist das letztere keineswegs der Fall, vielmehr ist die erste Ansicht die richtige. Rauch und Verbrennungsgase schwächen thatsächlich den Leitungswiderstand der Luft. Das läßt sich durch einen einfachen Versuch beweisen.
Elektrisiert man nämlich zwei Holundermarkkügelchen derartig, daß sie sich gegenseitig abstoßen, so genügt es, um sie zum Zusammenfallen zu bringen, daß man in ihrer Nähe, und zwar am besten etwas unterhalb, ein kleines Stückchen Holz zum Brennen bringt. Die aufsteigenden Verbrennungsgase nehmen der Luft ihr isolierendes Vermögen, die Spannung zwischen den beiden Kugeln hört auf, sie fallen zusammen. Da nun aber Blitzschlag eben nur da möglich ist, wo zwischen zwei Punkten in der Atmosphäre eine große Spannung herrscht, so folgt, daß durch aufsteigenden Rauch und Verbrennungsgase die Blitzgefahr vermindert und ein langsamer aber friedlicher Ausgleich bewirkt wird.
Doch nicht allein die Wissenschaft beweist die Richtigkeit dieser Behauptung, sondern auch die Statistik. Denn während nach dieser in ebenen Gegenden von 1000 Kirchen 6,3 und von ebensoviel Windmühlen 8,5 vom Blitz getroffen wurden, kamen auf 1000 Fabrikschornsteine nur 0,3 Blitzschläge. Dr. –dt.