Hermann und Dorothea (Die Gartenlaube 1872/50)
[830] Hermann und Dorothea, unseres Goethe ewigfrische Dichtung, wird auch für jede frische künstlerische Kraft ein Gegenstand bleiben, der zu immer neuer Darstellung der herrlichen Gestalten der Dichterphantasie anlockt. Zu den gelungensten dieser Illustrationen gehören die acht großen Cartons von L. Hofmann in München, welche, im Verein mit zwei Kaulbach’schen Blättern, die Brückmann’sche Ausgabe der Dichtung schmücken. Von diesen legen wir unseren Lesern das erste mit der Scene vor, an welche auch das etwas später erschienene Ramberg’sche Bild hinsichtlich der Auffassung und Gruppirung der Personen erinnert, jedenfalls ein interessantes Zeichen, daß beide an der Hand der Dichtung zum richtigen Ziel gelangt sind.
L. Hofmann’s vorliegende Illustration bedarf keiner Erklärung; als solche ist ihm die betreffende Stelle des Gedichtes beigedruckt. Dagegen wird man über des Künstlers bisheriges Erdenwallen gern Einiges erfahren wollen. Hofmann ist ein geborener Zeitzer und hat seine ersten Kunststudien in Leipzig gemacht, wo er auch mit den ersten Arbeiten auftrat. Er blieb da, bis er sich die Mittel erschwungen hatte, vor etwa zehn Jahren die Akademie München zu beziehen. Dort schloß er sich anfangs aus Vorliebe und Neigung Schwind an, von dem er dann auf seine eigene Bahn überging, um Malen zu lernen, ohne der herrschenden schroff realistischen Richtung zu verfallen. Für Brückmann führte er die ersten kleinen Oelbilder aus, lieferte 1867 vier Zeichnungen zu deutschen Volksliedern, 1868 und 1869 die Cartons zu „Hermann und Dorothea“ und malte seit Ostern 1870 eine Reihe großer und kleiner Bilder, welche Beifall und Absatz fanden, wie sein „Verdorben und gestorben“ zu dem Volkslied: „Es fiel ein Reif in die Frühlingsnacht“, seine „Turcos in Ingolstadt“ und vieles Andere. Möge die rüstige Schaffenskraft den Künstler und uns noch recht oft erfreuen! –