Herbstreise (Werfer)
Wenn sonst der Herbst herbeigekommen
Mit seinen Nebeln dicht und feucht,
Da ward der Stock zur Hand genommen,
Der Hut, das Ränzchen klein und leicht:
Ging’s rasch aus Tübingen hinaus,
Aus enger Haft in freie Weite
Der Heimath zu, dem Aelternhaus.
Ob Sonnenschein, ob kalter Regen
Rasch zogen wir dem Ziel entgegen,
Den frohen Wandervögeln gleich;
Vorbei an Neufen und an Teck,
In’s Thal noch immer stolz und keck.
Und brach der Abend ein, dann stiegen
Wir rasch den Staufenberg hinan,
Um den die andern Hügel liegen
Gleich einer Braut im Hochzeitkleide
Lag vor uns hier lieb Schwaben da,
Rings Burgen, Wälder, grüne Haide,
So weit das trunk’ne Auge sah,
Uns an noch von dem Kaiserschloß,
Geröthet von der Sonne Schimmer,
Die still in gold’nen Duft zerfloß.
Der Vorwelt eherne Gestalten
Trat Barbarossa d’raus hervor.
Es war, als hörten wir zum Kampfe
Den Ruf um den geborst’nen Wall,
Der schmetternden Trompeten Schall.
Da flatterte das Haar im Winde,
Das Herz es glühte wie noch nie,
Es regt’ in ihm sich leis und linde
Ernst, sinnend ging es wieder weiter
Hinunter in die Wäldernacht,
Doch bald lag Gmünd, das Städtchen heiter,
Vor uns in klarer Mondespracht.
Frisch perlte in dem Glas der Wein,
Hell leuchteten des Liedes Funken
Von Loreley am grünen Rhein.
Vom Könige, der aus dem Becher
„Trank letzte Lebensglut.“[1]
Am andern Morgen rollte endlich
Der Wagen nach der Heimath hin,
Des schönen Bergs im Waldesgrün.
Hoch ward der Hut mit Lust geschwungen.
Gegrüßt das nahe Aelternhaus,
Rasch aus dem Wagen dann gesprungen,
So damals, – und wenn nunmehr wieder
Der Herbst schleicht trüb und still heran,
Nehm’ ich wohl Hut und Stock auch wieder,
Doch nicht so, wie ich einst gethan.
Herbstwetter in den Mantel dicht,
Geh’ ich hinaus beim Abendlicht,
Und seh’ die Wandervögel ziehen
Beklag’ des Sommers rasch Verblühen
Und sing' ihm leis ein Sterbelied.