Halensee
Halensee.
Dieweil der Mai zu blühn begann,
Verschloss ein junger Malersmann
Am Nachmittag sein Atelier
Und fuhr hinaus nach Halensee.
Er hat ein frohes Lied gesungen,
Durchgondelte die klaren Wogen
Des Sees, auf dem die Schwäne zogen,
Und als um Sonnenuntergang
Da ging – das tun wir Alle mal –
Der Maler in ein Tanzlokal.
Viel Jugend sah er dort sich drängen
Es wiegten sich nach frohen Klängen
Herrjeh! Die Mädel können tanzen!
Ja, die verstehn’s und sind dabei!
Meist tanzen sie zu zwei und zwei,
Erst wenige mit ihrem Schatz . . .
So recht weit hinten in der Eck’,
Und dann schaut er aus dem Versteck
All dem Getriebe und Getu’
Mit teilnahmsvollem Auge zu.
Denkt er, „soll nun die Meine sein?
Die Blonde mit der blauen Bluse?
Nicht schlank genug für meine Muse! . . .
Die Schwarze mit der roten Taille?
Vielleicht die Kleine dort in weiss?
Die ist zu wild, sie tanzt so heiss! . . .
Da drüben die Brünette? Nein, –
Zu schön! Das könnt’ gefährlich sein! . . .“
Mit Fragen sich und Zweifeln quälend,
Sitzt er gar lange in Gedanken . . .
Bis von den Runden und den Schlanken,
Die er so prüfend wägt und misst,
Weil so von Schlanken wie von Runden
Nun jede einen Schatz gefunden,
So dass allein und trist zum Schluss
Der Maler heimwärts wandern muss.
* *
Warum dies eine Fabel ist.
Jedoch, Herr Leser, nimm mal an,
Du selber seist der Malersmann,
Und setze für das Tanzlokal
Dann denke nach und schweige still,
Dann weisst du, was ich sagen will;
Dann weisst du, wie viel Schönes schon
In deinem Leben dir entfloh’n,
Zu viel bedacht, zu viel erwägt hast …
Drum –: wenn das Glück dir wieder winkt,
Nur schnell ihm nach, eh’ es versinkt!
Dann denk’ an unsern Maler du
Damit es dir nicht wieder geh’
Wie unserm Freund in Halensee.