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Haenel Kostbare Waffen/Tafel 76

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Tafel 75 Kostbare Waffen aus der Dresdner Rüstkammer (1923) von Erich Haenel
Tafel 76
Tafel 77
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TAFEL 76
KREDENZMESSER
ARMBRUST UND BOLZENKASTEN
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[154] a, b, c. Kredenzmesser. – a. Griff Malachit, geschliffen, Blatt geätzt und vergoldet, mit dem großen kursächsischen Wappen und der Umschrift: IOHAN • GEORG • HERTZOG • ZV • SACHSEN • IVL • CLEV • V • BERG • C der Jahreszahl 1612; darüber die Buchstaben S. V. M. C. (Scopus vitae meae Christus), die Devise des Kurfürsten, auf beiden Seiten. Die Klinge ist mit dem Griff durch einen Ansatz von punziertem, vergoldetem Silber verbunden. (FHM. M 43).

b. Griff Elfenbein, mit Bernstein eingelegt, das mit figürlich geschnittener Silberfolie unterlegt ist; dazwischen mit Messingleisten eingefaßte Hornplatten. Blatt auf beiden Seiten geätzt und vergoldet, mit der Darstellung eines Jünglings, der zwei Delphine trägt, und eines Mannes, der einem Knaben aus einem Krug in eine Schale einschenkt, umrahmt von Renaissanceranken (FHM. M 31).

c. Tranchiermesser. – Griff Holz mit graviertem Messing, Horn und Perlmutter belegt; auf der schweren, am Rücken reich geschnittenen Klinge die Zahl MDXIV. – Das Stück ist im Jahre 1834 von „dem Juden Mendel“ gegen 1 Zentner altes Eisen, also wohl Harnischteile, Schwerter u. dergl., erworben worden. Die Profilierung des Griffes zeigt noch deutlich gotischen Einschlag. – (FHM. M 26).

d. Armbrust und Bolzenkasten des Kurfürst August. – Armbrust: die Säule ist völlig mit getriebenem, gebläutem, mit Gold und Silber tauschiertem Eisen umkleidet. Darstellungen: auf den Breitseiten römische Krieger, auf der Wange eine Szene von zwei Kriegern und zwei Frauen (Cloelia?), rechts unten ein sitzender, gestiefelter Putto; vier Ovalfelder mit Szenen aus der römischen Geschichte, darunter eine Krönung und eine Hinrichtung; der Tod des jungen Manlius auf Befehl seines Vaters, des Konsuls Titus Manlius Torquatus, unter dem Fallbeil, 340 n. Chr. Am Abzugsbügel ein sitzender Faun; den Reiber bildet eine weibliche Büste, die Knebel der Winde Astbündel mit Blätterschmuck. – Unter der Bolzenkammer das kursächsische Wappen. Die ornamentalen Flächen werden von dem Motiv der Weinranke beherrscht. – Bolzenkasten: die Reliefs der Seiten zeigen knieende, kauernde, sitzende Krieger in antiker Tracht, mit Geräten und Trophäen beschäftigt; dazwischen Putten mit Fahnen, Gewandstücken, Waffen, Früchte, Schalen u. a., auch ein Hirsch und ein Hund. Auf dem Deckel die Huldigung vor einem Feldherrn, der unter einem Zelte sitzt: ein Mann kniet, mit bittend erhobenen Händen, fünf Männer, in Krieger- und Priestertracht, und zwei Frauen stehen. Im Randornament vielfach das kursächsische und das dänische Wappen, und das Monogram A (August Anna), von Händen gehalten. An den vier Ecken als Träger des Kastens eiserne Schnecken. Der Hintergrund der Szenen ist punziert und vergoldet.

Inventarium über das Schießzeug 1580, fol. 10: 1 Schön getriben eysen Armbrust mit gemasculierter Arbeytt, von Golt und Silber, hat Frantz Kaphan gemacht. – 1 Schöne getribene Boltzen Laden, Gemasculirter mit Golt und Silber Arbeyt, mit einem Sperrschloß.

Die beiden Stücke hat Christian II. im Jahre 1606 seinem Vetter, dem Markgrafen Johann Sigismund von Brandenburg, geschenkt. Die Armbrust gelangte später in den Besitz Wallensteins, und aus dessen Familienfideikommiß in Dux in die Waffensammlung des Prinzen Carl von Preußen, der den Bolzenkasten besaß. 1884 erwarb das Zeughaus beide mit der Sammlung des Prinzen, und 1907 konnte das Histor. Museum durch Tausch den alten kursächsischen Besitz zurückgewinnen.

Armbrust und Bolzenkasten sind wohl im Auftrag des Kurfürsten oder seiner Gemahlin Anna von Dänemark von dem Dresdner Meister, im Anschluß an die Arbeiten des Mailänders Lucio Piccinino und seiner Schule (s. Tafel 27, S. 54) geschaffen worden. Die beiden „türkischen Hacken“ (Tafel 71, S. 144) sind zweifellos auch von seiner Hand. Von der Familie Kaphan sind mehrere Mitglieder, Matthias (Matz), Paul und Georg, als Dauben- und Faßmacher, Holzschnitzer und Eisentreiber bekannt (Rüstkammerrechnungen 1585 u. a,). Wenn auch der künstlerische Stil der Werke Franz Kaphans an Freiheit und Schwung der Komposition dem der Mailänder Tausiatoren, die von den Zeichnern und Stechern der Raffaelschule zehrten, nicht ebenbürtig ist, verdient doch seine Arbeit, was die Güte der Technik anlangt, die höchste Anerkennung. Die Arbeiten dürften in der Zeit zwischen 1570 und 1580 entstanden sein.