Gespenst an der Kanderer Straße (Hebel, 1803)
Siehe auch: Gespenst an der Kanderer Straße (Werkausgabe 1834) |
Siehe auch: Das Gespenst an der Kanderer Straße (Badisches Sagen-Buch) |
’s git Gspenster, sel isch us und isch verbey!
Gang nummen in der Nacht vo Chander hei’,
und bring e Ruusch! De trifsch e Plätzli a,
und dört verirrsch. I setz e Büeßli dra.
e Hüsli gsi; e Frau, e Chind, e Chatz
hen g’othmet drinn; der Ma het vorem Zelt
si Lebe g’lo im Heltelinger Feld.
Und wo sie hört: „Di Ma lit unterm Sand“
doch holt sie d’ Pappe no am Füür und blost,
und gits im Chind, und seit: „Du bisch mi Trost!“
Und’s wärs au gsi! Doch schlicht e mol mi Chind
zur Thüren us, und d’ Mutter sizt und spinnt,
und sieht no just, wie’s uffem Fußweg stoht.
Und drüber lauft e Ma, voll Wi und Brenz,
vo Chander her ans Chind und überrennt’s,
und bis sie ’m helfe will, sen ischs scho hi,
Jez rüstet sie ne Grab im tiefe Wald,
und deckt ihr Chind, und seit: „I folg der bald!“
Sie sezt si nider, hütet’s Grab und wacht,
und endli stirbt sie in der nünte Nacht.
Doch sizt der Geist no dört, und hüetet’s Chind,
und hütigs Tags, de Trunkene zum Tort
goht d’ Chand’rer Stroß verbey an selbem Ort.
Und schwankt vo Chander her e trunkene Ma,
und führt en abwärts; seig er, wer er sey,
er loßt en um kei Pris am Grab verbey.
Er chunnt vom Weg, er trümmlet hüst und hott;
z’lezt seit er: „Bini echterst, woni sott?“
se meint er, ’s chreih e Guhl an sellem Platz.
Er goht druf dar, und über Steg und Bruck
se maut sie’m eben all’wil witer z’ruck;
und wenn er meint, er seig jez bald dehei,
Doch, wandle selli Stroß her nüchteri Lüt,
se seit der Geist: „Ihr thüent mi’m Büebli nüt!“
Er rührt si nit, er loßt sie ordeli
passieren ihres Wegs. Verstöhntder mi?