Geschichte des Marktfleckens Grönenbach/B. Spezieller Teil: Innere Geschichte
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Grönenbach ist wohl den ältesten Pfarreien des Allgäues zuzuzählen. Denn nach Kham., Hierarchia Augustana, wurde vom damaligen Augsburger Bischofe Walther am 27. Mai 1136 die Pfarrkirche dahier zu Ehren der heiligen Apostel Philippus und Jakobus, Petrus und Paulus und der heiligen Märtyrer Petrus, Felix, Castor, Christophorus, Gordian und Epimachus, Sixtus, Rustikus, Eleutherius, Crispinus und Crispinianus, Desiderius, Pelagius, Cyprianus und zu Ehren der heiligen Jungfrauen Walburga, Niceta, Marianna, Felizitas eingeweiht. Bereits im Jahre 1150 wird ein regelrechter Pfarrherr, plebanus oder rector in den Urkunden genannt, nämlich Berthold von Grönenbach aus dem Stamme der Edlen von Wolfertschwenden und Grönenbach. Für das hohe Alter der Pfarrei zeugt wohl auch die romanische Krypta unter dem Chore der Pfarrkirche dahier, die jedenfalls bedeutend weiter hinaufreicht als die darüber erbaute jetzige spätgothische Pfarrkirche.
Bezüglich der Einführung des Christentums im Allgäu und der Bildung der Kirchensprengel sei es gestattet, nach Baumann, Geschichte des Allgäus, kurz folgendes anzufügen: Das westliche Allgäu wurde viel früher dem christlichen Glauben erschlossen als der Osten des Allgäus am Lech. Von St. Gallen in der Schweiz kamen die aus Irland eingewanderten Glaubensboten und verbreiteten schon bald nach den Stürmen der Völkerwanderung die christliche Lehre. St. Gallus selbst, ein Schüler des aus Irland zugewanderten Missionsboten St. Columban, war tätig im westlichen Allgäu, so daß er mit Recht der Apostel des Westallgäus genannt werden kann, ähnlich wie St. Magnus der Apostel des östlichen Allgäus wurde. Vollendet wurde die Christianisierung von der Stiftung des heiligen Gallus, vom Kloster St. Gallen aus. Von hier kamen die Mönche und Priester, welche die „Zellen“ im Alp- und Nibelgau anlegten und hier die [151] ersten Kirchen erbauten – wahre Missionsposten und christliche Enklaven –; diese Zellen bestanden aus schmucklosen, von den Mönchen selbst errichteten Holzhütten, in deren Mitte sich ein einfaches Holzkirchlein erhob. Das erste Geschäft der mönchischen Zellenerbauer war, damit sie selbst den nötigen Lebensunterhalt hatten und den die Arbeit verachtenden freien Schwaben ein tatkräftiges Beispiel gaben, den Wald um ihre Zellen zu lichten und den gewonnenen Boden anzupflanzen; zugleich predigten sie denen, die sich um sie versammelten, das Wort Gottes und brachten das heilige Meßopfer dar. Auch Weltpriester folgten diesem Beispiele der Missionsmönche und erbauten auf eigenem, ererbten oder gekauften Grund und Boden Wohnungen und Kirchen, von denen aus sie die Nachbarschaft pastorierten. Außerdem errichteten auch reiche Grundherren solche weltliche Zellen, übergaben deren Besorgung einem geistlichen Verwandten oder auch einem leibeigenen Knechte, den sie zu diesem Zwecke frei gaben, in einem Kloster notdürftig ausbilden und zum Priester weihen ließen.
Je größer nun die Zahl der Kirchen und des Klerus wurde, desto notwendiger wurde eine kirchliche Organisation; darum wurden zwischen 786 und 789 im Bistum Konstanz und wahrscheinlich um dieselbe Zeit auch im Bistum Augsburg die sogenannten Landkapitel eingerichtet. Als Grundlage diente im Konstanzer Bistum der Gauverband, während im Augsburger Bistum ohne Rücksicht auf den Gauverband rein nach geographischer Lage die Landkapitel bestimmt wurden. An die Spitze trat ein „Archipresbyter“, später Dekan oder Dechant. Die eigentliche Abgrenzung der Pfarrverbände oder Pfarrgemeinden geschah in der Zeit, als St. Ulrich Bischof in Augsburg war, zirka 900. In dieser Zeit, nachdem die Missionszellen ihren Zweck erfüllt und ihr Ende erreicht, war die Seelsorge beinahe ausschließlich in die Hände der Weltgeistlichen übergegangen. Der Pfarrverband wurde vollständig ausgebildet und abgegrenzt; jede der Seelsorge gewidmete Kirche hatte nunmehr einen bestimmten Pfarrsprengel, innerhalb dessen nur ihr Priester zu geistlichen Amtshandlungen befugt war. Jede Kirche mußte einen Pfarrhof und mindestens zwölf Jauchert Widdum umfassen. Die Kirchen waren in dieser Zeit noch immer Eigentum der Stifterfamilien oder solcher Herren, welche sie von den letzteren rechtmäßig entweder durch Kauf, Schenkung oder Erbe erworben hatten. Dieses Eigentumsrecht beschränkte sich jedoch nur auf das sogenannte Patronatsrecht, das man gewöhnlich Kirchensatz nannte, und die Kastenvogtei, vermöge welcher der Eigentümer aus dem Kirchengute eine bestimmte Steuer oder eine festgelegte Abgabe zog.
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Laut Kaufbrief-Kopie im Augsburger Ord.-Archiv vom Vorabend unserer Frau in der Fasten (d. i. 24. März) im Jahre 1357 verkauften Ludwig der Jüngere von Rotenstein und seine Gemahlin Adelheid von Ysenburg, ihre Tochter Anna, eines Bürgers eheliche Hausfrau, und ihre drei Söhne – wohl infolge Verarmung – ihren Widemhof und Wideme zu Grönenbach und die Vogtei und das Vogtrecht auf denselben Widemhof und auf die Kirchen zu Grönenbach und den Kirchensatz derselben Kirchen zu Grönenbach und was dazu gehört, mit allen Nutzen und Rechten an den ehrsamen Ritter H. Heinrichen von Rotenstein zu Babenhausen um vierhundert Pfund Heller mit Genehmigung des Fürstabtes Heinrich von Kempten.
Als ein weiterer Pfarrherr in Grönenbach erscheint um das Jahr 1400 Christoph von Rotenstein aus dem edlen Geschlechte derer von Rotenstein. – Am 3. Februar des Jahres 1339 hat der damalige Papst Benedikt XII. durch eine Bulle der hiesigen Pfarrkirche einen Ablaß verliehen, so daß alle, welche die Pfarrkirche in frommer Absicht besuchen oder der Kirche etwas schenken, jedesmal einen Ablaß von 40 Tagen gewinnen können. Als weiterer Pfarrherr in Grönenbach ist aufgeführt Johannes Peppel, rector und parochus. Nach Kham. wurde nämlich, aus welcher Ursache ist nicht ersichtlich, die Pfarrkirche hier anno 1445 am Freitag vor St. Gallitag von „neuem“ eingeweiht; anwesend waren des weiteren bei diesem Weihakte: Herr Johannes Unglert und Herr Konradus Fischer, Capellani in Grönenbach, des weiteren Johannes Schreiber aus dem Benediktinerorden in Ottobeuren; Herr Johannes Trüchler, Pfarrer (kath.) in Woringen; Herr Jodokus Henckel, Pfarrer (kath.) in Herbishofen.
Im Jahre 1478 war Pfarr- und Kirchherr in Grönenbach Ludwig Nagell, der seine Einwilligung und Zustimmung zur Umwandlung der Pfarrkirche in eine Kollegiats- und Stiftskirche durch Namensunterschrift hergab. In diesem genannten Jahre wurde durch den edlen Ritter Ludwig von Rotenstein und Leostein und seine Gemahlin Jutta von Hirnheim diese Umwandlung vollzogen und vom damaligen Bischofe in Augsburg Johannes, Graf von Werdenberg, diese Stiftung und Errichtung kirchlich konfirmiert und approbiert anno 1479. Das bisherige pfarrliche Einkommen, bestehend in Groß- und Kleinzehent mitsamt dem vorhandenen Pfarrwiddum wurde nunmehr zusammengelegt mit den von Ludwig von Rotenstein hergegebenen Gütern, Waldungen, Renten, Gilten, Zinsen etc. – Das war, wie man sich [153] später ausdrückte, eine unio plenissima, eine vollkommene Verschmelzung vom Pfarrgut und Kollegiatsgut – eine Vereinigung, die im Jahre 1803 bei der Säkularisation des Kollegiatstiftes äußerst verhängnisvoll wurde, indem nicht bloß das Kollegiatstiftsgut, sondern auch das Pfarrgut der Säkularisation zum Opfer gefallen ist. Die Stiftungsurkunde ist nur mehr in Kopie vorhanden, und in der im hiesigen Pfarrarchive aufbewahrten Abschrift ist die Aufzählung der von Ludwig von Rotenstein dem Kollegiatstift überlassenen Güter, Höfe, Felder, Wälder und Äcker nicht eigens spezifiziert, wie der
Abschreiber launisch bemerkt brevitatis causa ommisi redditus specificos.[1] Jedenfalls sind diese Güter ganz bedeutend gewesen, da ja das Kollegiatstift für zwölf Kanoniker dotiert worden. Im bischöfl. Archive befindet sich ein Urbar des löblichen Kollegiatstifts Grönenbach pro anno 1685, daraus lassen sich die Einkünfte des Stifts einigermaßen ersehen; sie bestehen aus 3 Klassen:
1. Einnahmen an Gilten für Haber und Roggen, also Getreidegilt, und Geld von den zur Nutznießung überlassenen Gütern, als da [154] sind in Grönenbach, Herbisried, Gornhoffen, Ziegelberg, Zell, Wießlings, Haizen, Hochmans, Schachen, Herbolz, Theinselberg, Visbers, Wolfertschwenden, Au, Grenenberg, Mayhen, Moos, Straß, Legau-Dorff, Binwang, Berchtoldried, Erolzhaim, Schrattenbacher Wald, Aichholz, Wieckmannsried, Keßers, Kreenberg, Haistaig, Eselstahl, Pfosen, Altusried im Flecken, Vischers, Hergers, Horns, Weyberg Straß, Brugners, Ganß-Mühle, Halden, Hüzenschwenden, Manzen, Vom Stüguß Eggensberg, Schrayloch, Stockers oder Bachthal, Diessenbach, Lüttensberg oder Strobels, Knaurs, Hellenschwenden, Straiffen, Vischers, vom Wißmad am Theinselberg.
2. Zinsgelder: Von dem zum Stift Grönenbach in der Stadt Kempten gehörigen Haus (Gasthaus zum weißen Hund) 15 fl. Vom Stiftshause auf dem oberen Grund hier: 3 fl. Vom Stiftshause im Dorfe hier: 5 fl.
3. Zinsen aus ausgeliehenen Kapitalien:
a) | 1000 | fl. | bei der Fuggerschen Herrschaft macht Zins | 50 | fl. | |
b) | 45 | „ | bei Jörg Graf Vordergsäng macht Zins | 2 | „ | 15 kr. |
c) | 250 | „ | beim Fuggerschen Jäger Adam Müller macht Zins | 12 | „ | 30 „ |
d) | 30 | „ | bei Hans Brest, Fuggerscher Unterthan, macht Zins | 1 | „ | 30 „ |
e) | 10 | „ | bei Martin Tausch v. Altusried macht Zins | — | „ | 30 „ |
f) | 50 | „ | beim Lammwirt in Wiggensbach macht Zins | 2 | „ | 30 „ |
Außerdem besaß das Kollegiatstift Grönenbach laut Eintrag im gemeindlichen Urbar (Gem.-Archiv Grönenbach) hier in Grönenbacher Gemarkung 1. an Gärten, Bainden und Gehöften: 4 Jauch. 1 Viertel 251/2 Rut.; 2. an Ackerfeld: 58 Jauch. 1 Viertel 1131/2 Rut.; 3. an umbrächigen Ängern: 3 Jauch. 1 Viertel 1141/2 Rut.; 4. an Holzböden (Waldungen): Pannholz, Hirschtal, Pfaffenhalde 68 Jauch. 117 Rut.; zusammen den stattlichen Besitz von 134 Jauch. 1 Viertel 110 Rut., d. d. anno 1765. Deshalb hatte das Kollegiatstift auch eigene Ökonomie mit eigenen Dienstboten, Ehehalten genannt, ca. 3 bis 4 Pferden (Stiftsmähnen) und 12 bis 15 Kühen, Hennen und Federvieh.
Die wichtigsten Obliegenheiten der hiesigen Stiftskanoniker sollen nach dem Stiftungsbrief Ludwigs von Rotenstein hier Platz finden:
1. Die 12 Kanoniker sollen nach ihrem freien Ermessen aus ihrer Mitte einen Dechant wählen, dessen Name dann zur Approbierung und Bestätigung dem Augsburger Bischofe unterbreitet wird. 2. Der Dekan soll mit seinen 12 Kanonikern in selbem Hause, das nahe der Kollegiatkirche errichtet ist, wohnen, in einem und demselben Speisesaal, [155] am nämlichen Tische die gleichen Speisen und Getränke genießen, wobei je einer der Kanoniker während des Mahles den Vorleser machen solle. 3. Der Dekan und seine Kleriker sollen fleißig Residenzpflicht halten und niemals vom Stift aus irgend einem Grunde abwesend sein. 4. Der Dekan soll das Pfarramt und die Seelsorge tragen mit der Erlaubnis, einen oder zwei oder soviel er für nötig erachtet, von seinen Kapitularen zur Seelsorgemithilfe heranzuziehen. 5. Der Dechant soll das Recht haben, gegen fehlende Kanoniker mit leichteren Strafen vorzugehen, die größeren Strafen bleiben dem Bischofe vorbehalten; die Kanoniker sollen dem erwählten und bestätigten Dechant Gehorsam erweisen und seinen guten Mahnungen Folge geben. 6. Der Dekan und seine Kleriker sollen schwarzer oder blauer Kleidung sich bedienen und in den Chor nie ohne Chorrock erscheinen. 7. Der Dekan und die Kanoniker sollen tagtäglich die 7 kanonischen Tagzeiten in der Kollegiatkirche und 2 feierliche Messen singen, des weiteren 6 heilige Messen täglich zelebrieren, an den Sonntagen aber sollen alle zelebrieren. 8. Der Dechant und seine Kanoniker sollen von den benannten Gilten, Zinsen, Renten mit einem ehrbaren Tisch versehen werden und einem jeglichen Dechant und Chorherrn Wein nach ziemlicher Notdurft über das Mahl gegeben werden und zum Schlaftrunk, zu welcher Zeit sie wollen, 3 Maß Wein gegeben werden. Jeder von den 12 Kanonikern erhielt anfänglich, nebendem sie victum et amictum bekamen, jährlich zur Besoldung 205 fl.[2]
Aus dem Jahre 1663 ist im bischöfl. Archiv eine Bestallungs-Kopie vorhanden, was einem Dechant hier jährlich an Bestallung gereicht wird: „nemlich jährlich aus dem Stifftskasten 80 Malter Getreide: Roggen 15 Malter, Feesen 15 Malter, Gersten 1 Malter, Haaber 49 Malter. Überdies seine 205 fl. Ebenso den Kleinzehnt bey beederseits Herrschaften Underthanen. Die Beholzung wirdt den Herrn Geistlichen insgesambt im Stüfft uff des Stiffts Costen gemacht, heringeführt und die Notturft, was auf dem Herdt verbraucht wird, im Hoffe gespreitelt. Was am Stifftshaus dessen Gemächer, Zimmer, an Fenstern oder Öfen zu reparieren kommet, beschieht auf Stiffts Costen“ etc. Die Chorherrn samt dem Dechant wurden von der gräflichen Herrschaft berufen und aufgenommen, nach der Glaubensspaltung immer von der katholischen Herrschaft allein, und dann dem Bischofe präsentiert.
Wahrhaft reichlich und nobel hatte Ludwig von Rotenstein dieses Kollegiatstift ausgestattet und ist es daher leicht begreiflich, daß, nachdem [156] in den freien Reichsstädten und lutherisch gewordenen Ständen des Reichs die Kirchengüter zur Aufbesserung der eigenen oft schwachen Finanzen weggenommen worden, auch für den keineswegs reichen Landadeligen Philipp von Pappenheim die Versuchung hinsichtlich des reichen Kollegiatstiftes Grönenbach sehr nahe lag, das gleiche zu tun und seinen Finanzen aufzuhelfen.
Laut Kopie im Neub. Kreisarchiv, d. d. 26. April 1662, „seyndt 12 Priester in Vigilia Nativitatis Dmi wirklich aufgestellt worden und der Erste Dechant gesetzt worden H. M. Jacobus Walther ex Memmingen. Solches hat aber nit lang continuirt, sondern uß mangel des Unterhaltes ist man von 12 bis uff 6 Priester kommen und weilen diese 6 Priester ziemblich schlecht gehauset, dem Stifft große Schuldenlast angehenkt, haben beede Herrschaften Ursach genommen, einen weltlichen Stifftsschaffner im Stifft uff zu setzen, die Priester zu alimentiren und Ihnen jährliche Besoldung per 205 fl. forthin reichen zu lassen.“ Nach einem andern Schriftstück im bischöfl. Archiv in Augsburg heißt es aber: „Solch nun auf diese Weise errichtete Stifftung florierte ungekränkt bis ins Jahr 1550, alwo durch damals grassierende Seuche der Dechant sambt den meisten Chorherrn gestorben, auch in selbiger bekannten penuria sacerdotum (Priestermangel) das Stifft mit anderen subjectis nit alsogleich besetzen, sondern die Verwaltung einem weltlichen Schaffner überlassen worden, dessen Administration nur einige Jahr gedauert und das Collegiatstifft in den vorigen Stand restituirt worden.“ Es scheint aber tatsächlich die Zahl der Chorherren schon früher auf 6 abgemindert worden zu sein. „Solches hat continuiret bis anno 1558, allda hat sich die Religion der Pappenheimisch-rottensteinischen Herrschaft zertrennet und ist dieselbe calvinisch geworden; gleich selbiges Jahr wie auch anno 1559 hat die calvinische[157] Herrschaft uff Rotenstein allsobalden angefangen, alle Stifftsgefähl bei ihren eigenen Underthanen zu arrestiren, dem Stifft die Gefähl zu entziehen und die katholisch gebliebene Herrschaft in Grönenbach soweit genetiget, daß man von dessen (Stiffts) Gefählen dem Calvinischen Prädicanten 200 fl. jährlich geben müssen und weilen nun das Stifftseinkommen merklich geschmölert worden und die sechs Priester nicht mehr haben können underhalten werden, hat man vier Priester blos mehr angestellt bis ad annum 1577. Allda den 30. May haben beede Herrschaften einen Vertrag gemacht, crafft dessen hinfüran im Stifft mehrer nit dann 3 Priester sollen uffgestellt werden und denselben neben dem Essen und Trinken jährlich 120 fl. an Gelt, dem Prädicanten 200 fl. dem calvinistischen Schuelmeister 16 fl. und 2 Malter Roggen gegeben werden und im Fall yber solche Ausgaben bey des Stifftseinkommen noch viel oder wenig pr. Rest verbleibe, sollen es beede Herrschafften miteinander theilen und ad pias causas Ihres Gefallens verwenden. Nun hat dies gedauert bis ad annum 1592; damals hat die unruwige calvinische Herrschafft Rottenstein abermahlen per forze (mit Gewalt) erzwingen wollen, das Stüffts-Einkommen in 2 Thail abzutheilen; seyndt auch 1593 unterschiedliche Cavaliere und vom Adel als „schidtleuth“ nacher Grönenbach kommen, solche Abtheilung vorzunemmen. Unterdessen hat die katholische Herrschaft Grönenbach solches uff Augspurg berichtet und als die Tagessazung angesagt gewesen, ist am abend zuvor der H. Weihbischoff von Augspurg hierher ins Stifft kommen; des Ambts Tag als beede Herrschafften und andre Herren beysammen im Stifft (in der Ritterstuben) gewesen, der H. Weihbischoff zue Ihnen getretten und wider solche Abtheilung protestirt und also die Sach zertrennet worden; nichtsdestoweniger ist zwischen beeden Herrschaften damahlen ein receß uffgerichtet worden, crafft selbigen es beim Vertrag von anno 1577 sein Verbleiben völlig haben solle.“
Bereits früher in der Einführung der Reformation hier ist angegeben, daß auf Betreiben des katholisch gebliebenen Alexander II. von Pappenheim im Jahre 1602 ein kaiserl. Konservatorium von Kaiser Rudolph dem Anderen (II.) für das Grönenbacher Kollegiatstift in den zwei Fürsten (Bischof von Augsburg und Abt von Kempten) errichtet worden, wodurch dem weiteren gewalttätigen Andrängen und Anstürmen des Philipp von Pappenheim in Rotenstein auf Verweltlichung und Einzug des Kollegiatstiftes ein Riegel geschoben worden.
Ludwig von Rotenstein hatte 1479 ein geräumiges Haus für zwölf Kollegiatsherren hergestellt. Laut Ottobeurer Chronik von [158] P. Feierabend (III. Bd.) ist im Jahre 1572 den 25. Hornung das Stiftsgebäude mit einem großen Vorrat von Früchten durch Sorglosigkeit der Domestiken abgebrannt; das gleiche berichtet Kinzels handschriftliche Memminger Chronik: „Anno 1572, 25. Hornung ist das Stiftsgebäude zu Grönenbach, erbaut von Ludwig von Rotenstein und seiner Gemahlin Juta von Hirnheim, 1479 nicht weit von Memmingen abgebrunnen, welches Stift hernach Alexander und Philippus, des heil. röm. Reichs Erbmarschalke zu Rotenstein und Kalden, wieder aufbauen lassen“ (jetziger Pfarrhof). Desgleichen ist dieser Brand des Kollegiatstiftes und der Wiederaufbau erwähnt in dem zwischen Alexander und Philipp von Pappenheim anno 1577 errichteten Vertrag, indem im vierten Punkte besagt wird, daß weder Alexander 100 fl., noch Philipp 130 fl. von dem Einkommen des Kollegiatstiftes an sich nehmen dürfe, bis nicht das Stiftsgebäude wieder vollständig hergestellt und die zu diesem Zwecke gemachte Bauschuld von 1000 fl. wieder reduziert und der frühere Verwalter Kasparus Fehlin völlige Satisfaktion erhalten habe. An diesem Neubau ist das Alliancewappen Rotenstein-Hirnheim auf der Nordseite eingelassen. Ob dem äußeren Stiftsportale war angebracht ein gemaltes Pappenheimisches Wappen mit der vielsagenden In- und Umschrift: „Schutz-, Schirm- undt Aigenthums-Herr“.
Im Stiftsgebäude selbst war eine sogenannte Ritterstube eingebaut, die jetzige Waschküche, in welcher die Herren Pappenheimer ein- und auszugehen und zu beraten pflegten. Schon anno 1591 sahen die Herrschaften das Stiftsgebäude als ein offen Haus an zu ihren Handlungen und Ergötzlichkeiten in Freud und Leid; daher sah es Fürstabt Rupert v. Bodmann bei der Besitzergreifung des um 65 000 fl. zurückgekauften Pappenheimischen Lehens als sein gutes Recht an, im Jahre 1692 großartige Besitzergreifungsfeierlichkeiten im Kollegiatstiftshause abzuhalten, wozu umfangreiche Einladungen, reichliche Gasterei mit hinreichend Trunk geboten war, so daß es in dem Berichte heißt: „So ist dieser Tag also beschlossen und mancher mit gutem Rausch ins Beth gewiesen worden.“ Daher betrachtete derselbe Fürstabt Rupert von Bodmann, während der Augsburger Bischof es als Violenz (ungehörige Gewalttat) bezeichnete, als sein gutes Recht, daß sein Statthalter in Lautrach einige Zeit Wohnung im hiesigen Stift nahm, wobei dann großes Geräusch und Bewegung, Jagdzüge mit Hunden und Hörnerblasen vom Stiftshause aus veranstaltet wurden. Deshalb gab auch Bonaventura Fugger seinem Verwalter die Weisung, „wenn Pappenheim gar so groß thue im Stifft und in der Ritterstuben sein Wappen anbringe und vermeine damit ein [159] sonder Auszeichnung und Vorrecht gesetzt zu haben, so erteile nunmehr auch Er dem Verwalter den Auftrag, das Fuggerwappen machen zu lassen und in der Ritterstuben im Stifft aufzuhängen.“
Doch bedeutend mehr Unannehmlichkeiten als durch dieses Offenhalten des Stiftes und der eingebauten Ritterstube ja gerade zum direkten enormen Schaden verursachten dem Stifte die ihm aufgehalsten weltlichen Stiftsschaffner. Wohl wehrten sich die Stiftsdekane und suchten, wie es auch der Stiftsbrief vorgesehen, die Verwaltung selbständig in die Hand zu bringen und zu behalten, jedoch die Verhältnisse und der Machtwille der schutzvogtischen Herrschaft brachte immer wieder einen weltlichen Stiftsschaffner; ja von den beiden Herrschaften wurde sogar aus Mitteln des Stifts ein eigenes Stiftsschaffnerhaus erbaut, jetzt Hausnummer 28 hier in Grönenbach.
So war ein Georg Treuchtlinger 33 Jahre hindurch von 1662 bis 1695 Stiftsschaffner, und es wurde ihm durch Dechant Koler in dessen Schreiben an das Ordinariat, d. d. 28. Jänner 1695, der Vorwurf gemacht, daß derselbe das Kollegiatstift jährlich um 1000 fl. geschädigt habe; das macht also ohne die Zinseszinsen die horrende Summe von 33 000 fl. (Vergleiche bischöfl. Archiv.) Gegen diesen Treuchtlinger, der sich mit Hilfe des Fürstabtes von Kempten zu halten suchte, gegen den aber das bischöfl. Ordinariat „vi Ordinariatus“ vorging und gegen den es seinen Pönitentiarius Franz Wilhelm Aymayr als Visitator verwendete, mußte, wie sich der Protokollakt ausdrückt, anno 1695 cum fulmine excommunicationis[3] verfahren werden. Dieser Herr Pönitentiarius als Visitator schrieb über genannten Herrn Verwalter Treuchtlinger anno 1694 an Herrn Grafen Paul Fugger in München: „Den jezmaligen Stifftsschaffner betr. kann Ihme seine bisherige Administration in keine renommé versetzen, zumalen vor Augen liegt, daß in derselben sein Partikularinteresse iedesmalen die praelation (Vorzug) hat; hiedurch mehrerwähntes Stifft in irreparabile damnum[4] verfallen und sothaner Schaffner diese sein Fatalsach durch kein Gesuech wirdt rechtfertigen können, derentwillen mein gnädgst. Fürst und Herr (Bischof) gnädgst. bedacht sein werden, Seinen Abscheu, so Er an dergleichen unrechtlicher Administration hat, an den Tag kommen und solches angestecktes und ungesundes Glied von diesem geistlichen Leib absondern zu lassen.“
Von diesem bischöfl. Visitator wurden die Stiftsrechnungen aus den Jahren 1687 bis 1692, welche der Stiftsschaffner Georg [160] Treuchtlinger gestellt, eingehend revidiert und mögen einige Proben hier Platz finden (bischöfl. Archiv Augsburg). Aus der Jahresrechnung 1687: „9°. fol. 5 der Erolzheimer Haber viel zu wohlfaill – ist die Ursach, weil denselben Haber derselbe Wirth in Memmingen gekaufft, bei dem „Er“ (der Stifftsschaffner) sein Ainkehr hat. 11°. fol. 7 werden 10 Saugkälber verrechnet, da Er aber fol. 37 von 12 Kälber-Küen meldung thuet; sagt Er, er habs ins Hauß gemetzget, wo ist dann das Häutlin hinkommen; sagt Er aber, sie haben nit tragen oder verworffen, warumb verrechnet Er dann fol. 44 für 12 Kühe die Veesen; sagt Er, er habs aufzogen, so muß in der Rechnung zu finden sein. 12°. fol. 8 hat Er von 12 Küen nit mer als nur 771/2 ℔ Schmalz; ist die Frag, wo das übrige Schmalz seye hinkommen und ist dies ein starkh und gefährlicher Posten, denn nit der halbe theil schmalz ist verrechnet worden, da doch die Ehehalten offt gar schier ungeschmalzen gessen; frag man einen Bauersmann, wieviel Zentner Schmalz man machen können jährlich von 12 Milch Küen – es erschröckt einer darob.
17°. fol. 19 verrechnet Er 74 fl. 9 kr. 4 hlr. für Tagwerker – mein! umb Gotteswillen! was thuen dann die Ehehalten im Stifft? Item Michael Dreer seines Bruders Knecht gibt Er im Stifft zu essen und den Tag 12 kr.; muß denn das Stifft seinem Bruder die Ehehalten verhalten und besolden? 21°. fol. 25 specificirt Er alle heilige Täg und Zeiten zu dem Bier; über diese aber bringt Er noch 10 fl. in Rechnung für Bier, ist die Frag, wer, wann und wo dieses Bier getrunken worden? 23°. fol. 26 ist ein Fahr oder Stier ins Hauß für die Ehehalten den 10. Dezember gemetzget worden; worumb kauft Er gleich darauff das rindtfleisch 10 ℔ auf Waynächt von dem Metzger; ist die Frag, wo dieses Fleisch alles hingekommen. 24°. fol. 26 kaufft Er ein Unschlett; ist die Frag, wo das Unschlett von dem Stier sey hinkommen, item die Hautt? 26°. fol. 29 Kaufft Er 1 ℔ Rübsamen und fol. 26 kaufft Er für 5 fl. 8 kr. Rüben; wo ist dann der Saamen hinkommen? 31°. fol. 21 zalt Er vier Treschern zu Herbisriedt (im Zehentstadel) ied 35 Täg, da sy doch nit mehr als nur 20 Täg getroschen 2 Tag Roggen 1 Tag Gersten 6 Tag Veesen 11 Tag Haber – ist umb 15 Tag 4 Treschern zu viel und zu wenig – Es mueß notwendig fehlen – fehl’s wo es woll – viel Trescher, viel gelt und zu wenig Korn.
37°. Item ist es auch ein großer und starker Posten, wo alle Zeit das Affter- oder Nach-Korn sye hinkommen? weilen Er gar nie Keins in seiner Rechnung führet, welches doch in vier Zehendstädel [161] (Grönenbach, Herbisriedt, Ziegelberg und Zell) sehr viel machet. Gib Rechenschaft! 49°. Es ist auch allhier zu fragen, wohin die Indianische Stück, Andten, Hennen, Hühner, Tauben etc., deren offt im Jahr über 100 Stück seindt und vom Stifftskosten gemästet worden, hinkommen seyen. Bekannt ist es, das der Schaffner oft ein gantze Herdt indianische Stück gehabt und einen aigenen Hirten gehabt, welcher solche gehütet und vom Stifft ist verhalten worden, wo wird den das geld, so Er oft viel dafür gelöst hat, verrechnet? item ist wohl noch anderes Vieh mehreres als Stiere und Schweine, Kälble etc. im Stifft gemästet worden, ist die Frag wohin solches kommen und verrechnet worden.“
Aus der Rechnung 1688. „14°. fol. 21 haben 5 frembde Trescher 23 Täg und 6 Stifftsehehalten 53 Täg in Sa. 76 Täg getroschen, doch nit 76 Täg, sondern 20 Täg aufgehebt worden und mehreres nit als nur 40 Malter getroschen; ist die Frag, was die 11 Trescher die übrigen 50 Täg getroschen haben – ist schier zu glauben „dem Schaffner das Gelt in den Beutel“, ist ja unverantwortlich. 17°. fol. 25 verrechnet Er Weberlohn 7 fl. 39 kr., aber kein Tuech – Er hat’s gewiß zu dem Säckl gebraucht.“
Aus der Rechnung 1689. „8°. fol. 15 ist unglaublich 6 fl. 28 kr. Wagensalb. fol. 22 zuviel Zöhrung bei der Erolzheimer Gült wie auch die Kemptner 3 fl. 3 kr., item die Altusrieder und Kempter Zöhrung zuviel wie auch des Orglmachers aus Dietmannsried. 21°. fol. der Haber für die Stifftsmähnen (Stifftspferde) ist immer gleich hergeben worden, da doch oft die Stifftspferd 8 Tage lang zu hause gewesen. 22°. fol. 36 und in allen Jahresrechnungen ist für 6 Ehehalten 19 Malter Roggen und fol. 54 2 Malter und 14 Viertel hergeben worden – ist die Frag, wer soviel alle Jahre gegessen hat.“
Aus der Rechnung 1690. „4°. fol. 12 gibt Er seiner Schwäger Rochusin, der Köchin, zu viel, weilen das Stifft das ganze Jahr ihren Ehemann umbsonst und umb nichts schon viele Jahre verhalten thuet, aus was Ursach? als weil Er des Schaffners Schwager ist. 5°. fol. 15 Umb 9 fl. Wagensalb – ist eine Ungebühr; aber schmirb, wie Du willst, kommbst dennoch nit mit Ehren hinaus. 20°. Ist im übrigen der Haubtfehler wie in allen Rechnungen, daß allzeit handgreifflich zu wenig Korn verrechnet wird, welches öffters mehr zu notieren ist: denn seine Entschuldigungen seind frivole und unüberlegt, „es sey dieses Jahr alles im Winter blieben“; dann wann ein Orth winterhafftig ist, so ist es Ziegelberg, gleichwohl aber hat Ziegelberg dieses Jahr vielmehr als andere gehabt.“
[162] Aus der Rechnung 1692. „3°. fol. 5 ist alle Frucht Roggen, Veesen und Haber alles laut Schrannenzettel viel zu wenig verrechnet worden; man sieht’s ja handgreiflich, wie älter der Rechnungsgeber, wie kecker und unverschämter Er hauset. 5°. fol. 16 zalt Er wieder gar zuviel „seinem Michael Hipp“ das erstemal 12 fl., das andermal 36 fl. Und das soll ein getreuer Verwalter sein? Ey pfui Dir! Wie mit den Stifftseinkünfften dieser Verwalter gehaust, zeigt nachfolgendter Extract aus der 1692ger Stifftsrechnung, was für großen Schaden das Stifft jährlich leide von des Schaffners neu angestöllter Öconomia (bischöfl. Archiv):
fl. | kr. | H. | |
Dem Schaffner | 100 | — | — |
Den 6 Ehehalten insgesambt an gelt | 96 | 15 | — |
Für Leinwath und Schue | 20 | — | — |
Für ein brunnen Stüffel dem Schaffner | 12 | — | — |
Umb aichen Holtz und Säulen | 7 | — | — |
M. Jacob Endres, Zimmermann | 3 | 27 | — |
Michael Hippen | 12 | — | — |
Für des Schaffners brunnen | 2 | — | — |
Mer an des Schaffners brunnen | 11 | 43 | — |
Michael Stainer ein Stieg ins schaffner Hauß | 3 | — | — |
Schneidr und Neerin | — | 50 | — |
Seiler undt Schuester, schlosser, Kupferschmidt, Schreiner | 28 | 4 | — |
Dem Küeffer | 3 | — | — |
Wagner | 3 | 32 | — |
Sattler | 7 | — | — |
schmidt | 41 | — | — |
glaser | 1 | 30 | — |
Den Tagwerkhern | 70 | 32 | 4 |
Potten undt Fuhrlohn | 11 | 4 | — |
Grönenbachsch. Treschern | 27 | 48 | — |
Zährung extraordinari | 46 | 22 | — |
Umb Flaisch neben den aigenen gemetzten Stückchen | 11 | 13 | 4 |
Umb saltz, schmalz etc. | 16 | 59 | — |
Umb Bier | 9 | 34 | — |
Spinner- undt Weberlohn | 14 | 30 | 2 |
Umb Lichter neben dem aigenen Unschlitt | 7 | 4 | 3 |
Umb Roß undt Vieh | 247 | 48 | 3 |
Umb beserung des Hausrath | 35 | 33 | — |
Verehrung | 9 | 15 | — |
Insgemain | 14 | 31 | 6 |
Allmuessen | 2 | 55 | — |
An Roggen ins Haus 21 Malt thuet zu gelt à 12 fl. | 253 | 30 | — |
Drey Malter der Schaffner | 36 | — | — |
Vor das Vieh | 5 | 15 | — |
Ausgesähet 2 Malt 4 Vrl. | 30 | — | — |
Übertrag | 1202 | 16 | 6 |
[163]
fl. | kr. | H. | |
Übertrag | 1202 | 16 | 6 |
Abgang Roggen 3 Malter 3 Vrl. | 40 | 30 | — |
An Gersten auff die Öconomie 3 Malter 4 Vrl. 2 Metz à 13 fl. | 39 | 48 | 4 |
Ausgesäet 5 Vrl. | 8 | 5 | — |
Abgang 7 Vrl. | 11 | 19 | — |
Veesen dem Schaffner 2 Malter 5 Vrl. à 40 kr. | 22 | 40 | — |
Vor die Haushaltung 12 Malter 14 Vrl. 2 Metz | 145 | 40 | — |
Ausgesähet 2 Malter 14 Vrl. | 52 | — | — |
Abgang 3 Malter 3 Vrl. | 36 | — | — |
Dem schaffner 1 Malter | 11 | 20 | — |
Haber vor die Haushaltung 3 Malter 1 Vrl. à 40 kr. | 34 | 40 | — |
Vor die Stifftpferd 25 Malter 3 Vrl. | 285 | 20 | — |
Für des Schaffners Gäst: 8 Malter, 10 Vrl., 2 Metz | 97 | 40 | — |
Ausgesähet 191 Vrl. | 127 | 20 | — |
Mastung 8 Vrl. | 5 | 20 | — |
Abgang 8 Malter 15 Vrl. | 100 | 40 | — |
Summe aller Außgaben vor die Öconomie | 2193 | 35 | 2 |
Folgt dagegen alle Nutzniessung: | |||
Aus Häutten erlöst | 4 | 30 | — |
Aus verkaufften Roß undt Vieh | 165 | 43 | — |
Aus schmaltz undt Milch | 22 | 16 | 4 |
Insgemain | 17 | 30 | — |
Aus den Widumb Güettern ertroschen an Roggen 7 Malt. 2 Vrl. à 11 fl. thuet an gelt |
79 | 44 | — |
Aus den Widumb Güettern ertroschen an Gersten 1 Malt. 6 Vrl. à 10 fl. thuet an gelt |
17 | 30 | — |
Aus den Widumb Güettern ertroschen an Veesen 11 Malt. 3 Vrl. à 40 kr. thuet an gelt |
125 | 10 | — |
Aus den Widumb Güettern ertroschen an Haber 14 Malt. 10 Vrl. à 32 kr. thuet an gelt |
132 | 16 | — |
Mer kann man nit herausbringen aus der gantz Rechnung. | |||
Summa | 564 | 39 | 4 |
Ainnamb | 564 | 39 | 4 |
Außgaab | 2193 | 35 | 2 |
So bleibt ein Rest zuviel und dem Stifft höchstschädlich | 1629 | 55 | 2 |
Jetzt noch dazu hette man die 15 Küe verstöllen können à 4 fl. | 60 | — | — |
Das Heu und Zehendt Stroh verkaufen können | 150 | — | — |
Item den ganzen Widumb verlassen pr. | 100 | — | — |
Summa, was Stifft Schaden leidt in einem Jahr | 1939 | 55 | 2 |
Und dies sollte ein getrewer Knecht seyn?“
Laut einer Kopie im hiesigen Pfarrarchive haben die Stiftsherren im Grönenbacher Kollegiatsstift im Jahre 1503, ähnlich wie alle Klöster und die auf dem Flachlande wohnenden Adeligen, in der befestigten Stadt Kempten ein eigenes Haus sich erworben, das spätere [164] Gasthaus zum weißen Hund in der Altstadt Kempten, das ihnen in schweren Zeiten und Kriegsläufen als Zufluchtsort diente. In dem Vertrage, welchen anno 1503 Conradus Rottmayr, damaliger Stiftsdechant, „mit dem fürsichtigen, ehrsamen und weißen Bürgermeister und Rath der Stadt Kempten“ wegen dieses Refugium abgeschlossen, kommt vor, „daß das Collegiatstifft alljährlich auf Sankt Michaelis des hl. Erzengelstag der Stadt Kempten für Steuer, Wacht und Reißgelt drei Gulden rheinisch richten und geben; daß die Stiftsherrn in Grönenbach an diesem Hause, das beym Ratshaus und Kornmarkt herüber zwischen gemeiner der Schmiedzunfthaus und Mangen liegt kein Neubau, denn mit Eines Raths oder ihrer geschworenen Bauleuth Wißen und Vergünsten aufgerichtet, wohl aber innerhalb dieses Hauses nach freiem Ermessen Kornkasten, Stuben, Kammer, Keller, Roßställ und ander Einbaue erfolgen dürfen; daß die Stiftsherrn weiters befugt seien, in Kriegsläuffen oder sonst zu einer jeglichen Zeit ihr Korn, Haab und Guat in solche Behausung zu thuen und fahren zu lassen, ja daß sie selbst auch darinnen Wohnung nehmen dürfen zu ziemlicher Notturft und dabei des Schutzes der Stadt genießen sollten wie andere Stadtbürger.“
[165] In dieses Haus flohen die Stiftsherren im Bauernkriege anno 1525. Laut bischöfl. Archiv legte der Fürstabt Rupert von Bodmann, als er anno 1692 das rotensteinische Lehen von den Pappenheimern wieder an sich gezogen, zum Zeichen der Oberherrlichkeit und der Besitzergreifung anno 1692 sein fürstabtliches Wappenzeichen an, bis anno 1803 resp. 1806 der bayerische Staat auch diese fürstabtlichen Insignien vom Kemptnerhause des Kollegiatstiftes entfernte anläßlich der Säkularisation und das Haus durch Kauf von Privaten das Gasthaus zum weißen Hunde wurde. Ende des 17. Jahrhunderts schafften die Chorherren sich auch ein eigenes großes Farbdrucksiegel an, das in der Umschrift folgende Inschrift trägt: Sigillum Ecclesiae Collegiatis Grönenbacensis (Sigel der Kollegiatkirche Grönenbach, cfr. S. 156).
Obwohl die ursprüngliche, vom Stifter Ludwig von Rotenstein festgestellte Zahl der Stiftsherren infolge verschiedener Ursachen und Wirrnisse in den späteren Jahrhunderten niemals mehr erreicht wurde, lebten im Stiftsgebäude immerhin ein Dechant und zwei Kanoniker, die dem Dechant in der Seelsorge behilflich waren. Seit dem Jahre 1624 kam noch ein dritter Kanonikus hinzu in Gestalt des „Pfarrers von dem benachbarten Zell“.
In dem im Neub. Kreisarchiv befindlichen Originalberichte aus dem Jahre 1696 ist ein Bericht und eine Bitte von den Zellern Pfarrkindern an den damaligen Grafen Paulus Fugger ausgesprochen um Wiederselbständigmachung der Pfarrei Zell, da sie ja eine uralte Pfarrei sei. Hiebei ist auch erwähnt, wie es kam, daß diese Pfarrei stillschweigend dem Kollegiatstift Grönenbach inkorporiert wurde. Die unselige Glaubensspaltung, der sich auch einzelne Familien in Zell anzuschließen genötigt worden waren und die infolgedessen ihrem rechtmäßigen bisherigen Pfarrherrn Peter Kollmann keinen Zehent mehr gaben, nötigten den armen Zeller Pfarrherrn, um nicht zu verhungern, im Kollegiatstift Grönenbach Zuflucht zu suchen, die er auch fand. Seit dieser Zeit wurde die Zeller Pfarrei immer excurrendo von Grönenbach aus versehen, indem immer einer von den drei Kanonikern als quasiparochus vom Dechant aufgestellt wurde und die pfarrlichen und seelsorgerlichen Funktionen vornahm. Dafür bezog aber auch das Kollegiatstift den Gesamtzehent von Zell.
Selbstverständlich war diese Art der Pastorierung – daß der Pfarrer seinen Sitz im Stift Grönenbach hatte – nur eine mangelhafte und setzte daher auch manche Klage seitens der Zeller Pfarrkinder ab. So erhoben sie anno 1680 gegen den Dekan Megglin Klage vor dem Forum des Grafen Bonaventura Fugger. Dagegen [166] rechtfertigte sich der H. Dekan, wie folgt: „Was jüngst verwichenen Monats April an Ihro Excellenz die catholische Unterthanen zu Zell klagend und ein mehreres den gewöhnlichen Gottesdienst (betreffend) underthänig vorgebracht, hab ich ablesend genugsam verstanden und bin ich jederzeit der Meinung, es geschehe ihnen nach Gestalt der Sachen eine Satisfaction; was aber das Colleg. Stüfft, weilen es von altershero dem Stift incorporiert, ihnen Zellern die Gottesdienst zu halten schuldig, auser wie bishero gehalten, nemblich den andren Sonntag oder wenn es füglich sein kann den dritten Sonntag; von Feurtagen ist mir niemalens gesagt worden, welches vileicht die Incorporation (Urkunde) ein klärlicheres in sich haben wirdte. Die christliche Lehr haben die Zeller vor diesem allher (so nit bald underlassen wirdt) besucht außer der Zeit, da H. Elias (Canoniker, Magister Elias Egg) seinen sonderen Fleiß erzeigen wolte, indem allgemeinen Gebett coram Venerabili besonders mit der Jugend begriffen pro avertenda contagione.[5] Daß aber die Zeller klagen, daß der Gottesdienst bei ihnen immer schlechter und im 5. und 6. Sonntag keine hl. Meß gelesen noch viel weniger eine Catechesis gehalten werd, wirdet H. Elias zu antworten wissen. Es ist auch nichts unbilliches, daß ihnen der gebührende Gottesdienst zu seiner Zeit gehalten, sonderlich wann das anerbottene Pferdt zu seiner Zeit vor dem Stüfft würde sein und der bestellte Canonicus zu rechter Zeit sich würde bei der Music allzeit einfinden, so wirds dem Stifft nit prajudicirlich sein; falls aber der Pfarrverweser von Zell nit sollte beim Stifft occupiret sein, kann Er under ieder Woch wochentlich wohl nacher Zell kommen. Es haben aber die Zeller, bevor diesem bei keinem Decano, so gewesen, Gottesdienst gehabt als eben der Zeit, habe ihnen kein einigen gesprochen, wann sie sich haben vermerken lassen, daß es der Gebühr nach nit hergangen; zudem haben andre Pfarrkinder alhero ebensoweit als die Zeller; wann sie einen solchen Eiffer haben zur hl. Messe, die allhier täglich zu gewißer Stund gehalten wird; welches alles und iedes ich zu seiner Zeit lieber ein mehreres möchte unterthänig mündlich möchte referieren als schriftlich.“
Als im Jahre 1533 die Klosterfrauen, „die grauen Schwestern vom Orden St. Franziskus III. Regel“ im Memminger Kloster „Mariä Garten“ vom Rat der Stadt bedrängt wurden wegen ihrer Glaubenstreue, blieben selbe im Gegensatz zu den Mönchen in dieser Stadt, die sich den Anordnungen des Rates der Stadt in Glaubensneuerung [167] sofort unterwarfen, ihre Kutten auszogen und die zwinglischen Predigten eines Schappeler und des ausgesprungenen und beweibten Karthäusermönchs Sympert Schenk von der Karthause Buxheim in der Martinskirche anhörten und zum Großteil neugläubig wurden, ihrem hl. kath. Glauben getreu und flüchteten, da die Drangsale seitens des Rates immer stärker wurden, zuerst 1529 am 19. Juli nach Kaufbeuren. 1533 erhielten sie Zuflucht im Schlosse Falken auf Verwenden des Abtes von Ottobeuren und des Marschalles Heinrich Burkhart von Pappenheim in Grönenbach. Vier Jahre weilten sie dorten, indem ihnen an Sonn- und Feiertagen das Kollegiatstift Grönenbach einen Geistlichen zur Abhaltung des Gottesdienstes in einem Schloßzimmer zusandte, während der Woche dagegen die Pfarrherren von Wolfertschwenden und Böhen je zweimal die hl. Messe droben lasen, wofür jeder jährlich 5 fl. erhielt. 1537 kamen diese vielgeprüften Klosterfrauen endlich durch Vermittlung des Ottobeurer Abtes nach Eldern bei Ottobeuren.
Im Jahre 1695 machte Dechant Georgius Koller in seinem Schreiben an den Generalvikar in Augsburg sogar den Vorschlag, noch weitere drei Pfarreien dem Kollegiatstift Grönenbach zu inkorporieren; nämlich die zwei nach Kempten zuständigen Pfarreien Wolfertschwenden und Woringen, also daß die Pfarrherrn zugleich Kanoniker würden, mithin auch das Stift Kempten das jus praesentandi für diese zwei Kanoniker in Zukunft bekäme. Ebenso sollte Teinselberg resp. Lachen incorporiert werden, wenn nämlich nach Teinselberg ein eigener kath. Kuratus aufgestellt würde, der zugleich Kanonikus wäre; jedoch scheiterten diese Vorschläge an der zu großen Entfernung.
Im Jahre 1696 wurde durch Bischof Alexander Sigismund eine Visitation des Grönenbacher Kollegiatstifts durch dessen geheimen Rat, Kanzler Christoph Servilian Veyhlin, auf Grund einer 28 Punkte umfassenden Designation und 10 Punkte umfassenden Instruktion vorgenommen. Auszugsweise sei folgendes mitgeteilt: „Es war wahrzunemmen, daß H. Stifftsdechant Koler in seinem Bericht an das Ordinariat den Eiffer per generalia zuviel habe vordringen lassen, daß also alle specialia zu behaupten mehrere Inquisition und Prob von nöten sein wirdt. Es hat sich in der Stifftskirchen Grönenbach gezeigt, das das alte Monumentum von ausgehauenem Stein for einen hiebevor verstorbenen Calvinischen Grafen von Pappenheim vorhero an eine Saulen ad cornu Evangelii und nit wie ehemals vorkommen, mitten in der Kirchen noch auch versus populum, sondern transversim gestanden, so H. Dechandt eigenwillig hat hinwegtuen lassen, mithin bey der Churbrandenburgischen Gesandtschafft zue Regenspurg [168] den bewußten motum verursachet, anstatt dessen aber ist nunmehr der vorher oberhalb des Epitaphii gehangene und gleichfalls weggethan gewesene hölzerne große Schild mit der Umbschrift außerhalb gedachter Saulen an die Hauptmauer aufgehenkt und an der Malerei auch Faßung in Gold, suis wie Dechandt vorgibt sumptibus[6] renoviert worden, womit sich nun die ehevorige Ahndung bisher verloren. Sonsten ist das Collegiathaus, so H. Dechandt und Canonici bewohnen, ganz wol, bequemb und also gebaut, daß für ihn und noch 6 Chorherren auch iedem besonder, da man soviel aufstellen wollte, genügsambe ehrbar Wohnung neben einem Orth pro communi refectorio u. der s. g. Ritterstuben auch Unterkommen for die Dienstbotten vorhanden. Stehet auch intra septa und des Stifftseingang eine separate Wohnung, die Canzley genannt, in welcher die Schaffner die acta reponiert, auch die ambtliche Verrichtungen, hierzu auch alleinig die Schlüssel gehabt. Diejenige Behausung aber, so der jüngst abkommene Schaffner wirklich bewohnt hat, ist außerhalb und wie mir hinterbracht worden ehevor desselben eigentümblich gewesen, so er folgendts dem Collegiatstifft zu kauffen gegeben, ohnwissend, ob und wie der pappenheimbische und Fugger’sche Consensus erfolgt. … Die Collegiatkirche, worein man aus der Stifftsbehausung mittelst eines gedeckten Ganges (Stiftsgang) gehet, stehet auf einem erhöhten Hügel, das Fugger’sche große Schloß und Garten außerhalb des Dorfes auf einem ziemblich hohen Berg, hiegegen das gewesene pappenheimbische Schloß in dem Dorffe, in welchem sich auch das von Ludwig von Rotenstein, fundatore Collegiatae, gestifftete Spital befindet, hingegen die daran gehenkte Kirchen ganz profanirt und ohne Fenster befindet; das calvinische, nach dem Friedensschluß neu erbaute Predighaus, ist gleichfalls inner dem Etter doch ohne Thurm.“
Als im Jahre 1692 der eine Teil (rotensteinische) des Lehens wieder an die gefürstete Abtei zurückgekauft worden war unter Fürstabt Rupert von Bodmann, begann für das Grönenbacher Stift eine lange, lange Kampfeszeit. Großartig und vielversprechend war zwar die Besitzergreifung durch den Fürstabt Rupert; im Neub. Kreisarchiv ist darüber folgender Bericht: „Den 1. Jänner Vormittag umb 11 Uhr geschah der Aufbruch des Fürstabtes von seiner Residenz Kempten nach Grönenbach. Die völlige Suite bestand ungefähr in 100 Pferdten und 3 mit sechs Pferdten bespannten Caroßen; in der vornemblichsten, welche ganz mit roth Sammet ausgemacht mit seiden und goldt vermengten [169] Porten innerhalb umb und umb garniert, sassen Ihro hochfürstliche Gnaden und dero Dechandt alleinig, in der anderen waren 2 Capitulares H. Anselmus Roth von Schreckenstein und H. Castolus von Neuenstein. In der dritten die zwey Pappenheimb’schen Comissarii, Dr. Motz, Canzler zu Aichstett, und Dr. Heberer, Syndicus zu Pappenheimb, item H. Motz, Hoffrath und Landrichter im fürstlichen Stifft Kempten, Dr. Forster, Leibmedicus. Der Auszug geschahe durch die Stadt Kempten, welche im Gewehr beym oberen und unteren Thor gestanden. Ungefähr eine Wegstunde von Grönenbach kamen entgegengeritten H. Dechant Moll von Grönenbach sambt zweyen seiner Canonicis, Verwalter zu Grönenbach Dr. Bartholomi, zwey reformierte Prediger oder Prädicanten (Grönenbach und Herbishofen) sambt ihren leuthen und suite. Als man bis eine halbe stundt gen Grönenbach ankommen, haben die Grönenbach’schen neuen Underthanen die auf den Berg gepflanzte mortalliti (Pöller) unter völligem Geläut aller Gloggen angefangen, los zu brennen, welches gedauert bis man in das loschament ist kommen. Die neuen Underthanen standen im Gewehr. Umb 5 Uhr ist man arrivirt und sobald Ihro hochfürstl. Gnaden aus der Guetschen gestiegen, hat Dr. Motz, Hoffkanzler zu Aichstätt und Comissarius Ihro hochfürstl. Gnaden mit einer schönen Red im namen Pappenheimb beneventirt, als dann man den Einkehr in dem Collegiatstift genommben und ist diesen Tag sonst nichts remarquable vorgangen. Den anderten Tag 2. Jänner, welches zugleich der Anniversarius Electionis, indem daran Ihro hochfürstl. Gnaden vor 15 Jahren seindt elegiert worden, nach 8 Uhr morgens hat man sich in die Kirch begeben; bey Eintritt derselben hat sich das völlige Geläuth, Pauken, Trompetten und Orgel hören lassen, H. Dechant zu Grönenbach in pluviali una cum ministris hat bey Eingang der Kirchen Ihro hochfürstl. Gnaden das aspersorium geben und darauff das Ambt unter einer vortrefflichen Musig gesungen; nach vollendetem Gottesdienst begaben sich Ihro hochfürstl. Gnaden mit völligem Comitat in Ihro Zimmer, allwo Sy unter dem Baldaquin sitzend neben dero Rechten Handt H. Decanus von Kempten unbedeckt in einem langen Mantel stehend waren, an der linggen Seiten standen H. Obrist Stallmeister Baron von Hornstein und neben diesem H. Motz, Kemptischer Hoffrat und Landrichter; auf beyden Seiten stunden die 12 Trabanten mit ihren Hellebarden, item etwelche Fußspännige mit ihren Carabinern, hernach in einem halb Mond die Ordinari Wacht und die neu angehenden Underthanen, auff der linggen Seithen etwas entfernt vom Baldaquin stunden [170] 3 Capitulares, Hoffcavaliere, Clerici und andere sowohl domestici als extranei in ziemblicher Anzahl untereinander; alles war mit vielem Volk umgeben. Auf der rechten Seithen ein Schritt vom Baldaquin stunden auf einem auff die Erde ausgebreiteten grünen Teppich etwas schrägs die 2 H. Pappenheimb’schen Commissarii, Doctores Motz und Heberer mit ihren langen Mänteln in der Klag.
Nachdem alles in die Ordnung gestellt und durch die Trompetter und Pauknehr ein kurzer Aufzug gemacht worden, hat diesem feierlichen Act H. Commissarius Motz mit einem zierlich gestellten sermon mit lauter heller Stimm modo concionatorio den Anfang gemacht. Synopsis dieses sermon ware, daß nach dem durch hohe interposition des Churfürsten in Saxen (totus titulus) und Bischoff zu Aichstett (totus titulus) die durch 43 Jahre gewährte Strittigkeit endlich per amicabilem transactionem beygelegt und durch Herschießung 65 000 fl. contenti die Rotensteinische Pappenheimische Allgäuische Underthanen plenissimo et omni jure cum omnibus appertinentiis, jurisdictionalibus etc. etc. auf das fürstl. Stifft Kempten gefallen und hiemit angewiesen und übergeben worden. Danach ermahnte derselbe Commissar die neuen Underthanen, daß sie die gleiche Unterwürfigkeit, Treue und Gehorsam fortan dem Kemptner Fürstabt und dessen Nachfolger erweisen möchten wie ehedem dem Grafen von Pappenheimb; hernach empfahl er dieselben dem mildesten Schutze des neuen Oberherrn, daran reihte er eine Gratulation in specie, wie der Allgütige den 2. Jänner 1678 zu einem günstigen Tag gestaltet wegen der an diesem Tage geschehenen Wahl zum Fürstabte, so habe er auch den heutigen 2. Jänner zu einem günstigen gestaltet wegen Erwerbung und Besitzergreifung der neuen Herrschafft und Territoriums; es möge dieser vom Allerhöchsten selbst gleichsamb geheiligte Tag in ohnzahliger revolution allzeit gnadenreich erscheinen und wahrhafftig secunda sein wolle in regiminis felicitate und secunda zu allen dero intention glücklichen Saccessen. Nach geendigtem diesem Sermon hatte darauf H. Motz K. Hoffrat und Landrichter stehend vor dem Baldaquin zur linggen Ihro hochfürstl. Gnaden im namen Ihro hochfürstl. Gnaden geantwortet, welche Beantwortung summariter in 4 oder 5 Puncten bestunden 1mo daß sie alles wohl vernommben, 2° sich gegen den Churfürsten (v. Saxen) bedanken, 3° gegen denen neuen Underthanen ein gütiger, gnädigster Landesfürst sich erzeigen, 4° ihre privilegia manuteniren und defendiren, 5° bonum et commodum promovieren wollten. Nach diesem folgte durch Trompetten und Paukenschall ein Aufzug. Als [171] dies vorbey, trat der Pappenheimbische Syndicus H. Dr. Heberer in die Mitte 8 Schritt vor dem Baldaquin entfernt und nach auf französischer Art gemachter Reverenz thäte er im namen der neuen Underthanen mit erhobener heller und lauter stimm modo oratorio Ihro hochfürstl. Gnaden gratulieren, derselben protection et specialiter reformatorum religionem und dessen liberum exercitium juxta tenorem Instrumenti pacis Monasteriensis rekommandieren. Auf dieses hat der K. Hoffrat Motz wiederrumb wie zuvor das Erstere kürzlich recapitulirt.
Als dieses vorbey, hat H. Hoffrats Secretarius Johann Gg. Schnell aus einem Buch mit heller stimm denen neuen Underthanen alles dasjenige, was die Vasalli nach Ordnung des hl. römisch. Reichs ihrem landtsfürstlichen Herrn zu leisten schuldig secundum longum, vorgelesen, darnach durch H. Landrichter Motz das gewöhnliche juramentum vorgesprochen und sie, die neuen Vasalli, solches mit erhobenen 2 Schwurfingern nachgesprochen, nach welchem man die neuen Underthanen alle nächst an den Baldaquin machen stehen, so Ihro hochfürstl. Gnaden mit kurzen worten angeredt, ihnen versprochen, sich gegen dieselben als ein milder, barmherziger, guter, gnädiger Landtsfürst iederzeit zu erzeigen. Alsdann haben alle neuen Underthanen, deren 302 waren (da 16 wegen Krankheit abwesend) einer nach dem anderen Ihro hochfürstl. Gnaden sitzend unter dem Baldaquin und H. Dechant (des Stiffts Kempten) gleichfalls sitzend die Hand gegeben. Als dies vorbey, ist man unter Lösung der mortalliti, Trompetten und Paukenschall in die Kirch gangen und das Te Deum laudamus solennissime gesungen worden. Hernach hat man sich wiedrumb in die loschement retiriert und ¼ stunde pausiret. Hierauf folgten die Congratulations-Complimenten; zum ersten legten solche ab H. Decanus von Kempten und die 2 bey sich habendte Capitulares im namen des ganzen Kemptner Kapitels; darauf folgten H. Motz Canzler von Aichstett, alsdann die Stifft Kemptischen Hofcavaliere und Hofräth zugleich, hernacher 3 Deputierte von der Stadt Memmingen und letztlichen H. Dechant von Grönenbach mit seinen 3 Canonicis. – his finitis um 2 Uhr Nachmittag saß man zur Taffel, deren in 3 unterschiedlichen appartamenten drey waren; bey der fürstlichen, allwo man in Silber gespeist, waren 17 Personen, worunter auch die 2 reformierten Prediger; allda hörte man die Tafelmusik, welche in Vocal, Instrumentalstimmen, auch Trompetten und Pauken bestunden. Zu deren Gesundheit hatte man eine ¼ stunde salve gegeben. Die Tafel hat gewährt bis 6 Uhr. … Zu nacht thäte man [172] nicht mehr speisen, sondern nach Schluß der Mahlzeit, nachdem eine ziembliche Zeit in Discurs und poculando zugebracht, ist dieser Tag also beschlossen und mancher mit guatem Rausch ins Beth gewiesen worden.“
Im Jahre 1639 erlosch der Mannstamm der Rotensteiner-Pappenheimer Linie im Allgäu und wurden nunmehr die Fürstäbte von Kempten auf dieses feudum apertum Rotenstein, auf das die Nebenlinien derer von Pappenheim-Stühlingen-Fürstenberg fälschlich Anwartschaft erhoben, aber auch auf den schon durch den Tod Alexanders von Pappenheim in Grönenbach, † 1612, apert gewordenen zweiten Lehensteil Grönenbach aufmerksam, den durch einen Rechtsirrtum die Fugger von Kirchberg-Weißenhorn in Besitz genommen, und begannen nunmehr gegen diese Eindringlinge – Pappenheim-Stühlingen-Fürstenberg – und Fugger von Kirchberg-Weißenhorn – einen Prozeß, der 43 Jahre währte und der laut juristischem Entscheid durch Innsbrucker Rechtsgelehrte, d. d. 2. Mai 1690, datum Innsprugg ex Stubâ Academicâ zugunsten Kemptens entschieden wurde, jedoch so, daß das Kemptner Stift die zu den Lehen (feuda) hinzugekauften und neuerworbenen Appertinenzien eigens bezahlen und entschädigen mußte, zuerst 1692 an die Pappenheimer 65 m. fl., dann 1695 an die Fugger 60 m. fl., d. i. 65 000 resp. 60 000 fl.
Für diese große Summen nun scheint das Stift Kempten sich eine Entschädigung gesucht zu haben in dem Kollegiatstifte Grönenbach. Die reichen Einkünfte des Stiftes sollten die Lücken füllen in des Fürstabtes leeren Geldkasten, das Stift sollte aufhören und Grönenbach wieder eine einfache Landpfarrei werden, was sie schon vor 1479 gewesen; also was anno 1803 wirklich geschehen durch die damalige Kurpfalzbayrische Regierung in der sog. Säkularisation, das erstrebte 1692 bereits Fürstabt Rupert. Gleichsam als schwebte dem edlen fundator Ludwig von Rotenstein bei Errichtung dieser seiner Stiftung dieses Zukunftsbild vor Augen, hat derselbe in seinem Stiftungsbrief festgesetzt: „Keiner seiner Erben dürfe diese Kastenvogtey über das Collegiatstifft aus der Erb- und Freundschaft auf keinerley Weis veräußern; im falle aber einer derselben diese Alienatio undernemmen sollte, solle ein Dechant und Capitul des neuen Collegii ihne, Erben, bitten, solches nit zu thuen und da dieser dennoch auf der Alienation beharren würde, solle alsdann ein Decan und Capitul befugt sein, sich mit der Kastenvogtey an einen s. t. regierenden H. Bischofen zue Augsburg zu ergeben.“ Deshalb richtete der damalige Dechant Joh. Gg. Koller am 2. März 1694 an den Bischof von Augsburg nachfolgendes Schreiben:
[173]
Gnädigster Fürst und Herr!
Daß Ihro hochfürstl. Durchlaucht das jus patronatus, Castenvogtey und Vogtrecht der H. Erbmarschallen Grafen von Pappenheimb durch Alienierung Ihres Antheils der Herrschafft Grönenbach in frembde Händt jure fundationis zugewaxen seye, thuen wir Dechant und Capitul alda solches vi juramenti et fundationis nostrae gerne gestehen und auff gdgste befelch ihro Hochfürstl. Durchlaucht mit diesem Uns unterthänigst und gehorsambst submittieren demütigst bittend, Ihro hochfürstl. Durchl. wollen uns neben Ihro hochgräfl. Excellenz H. Grafen Paul Fugger under Ihro Hochväterliche protection auf undt annehmen, uns unwürdigste Capläne undt unser weniges Collegiatstifft bey Unserer Fundation kräfftiglich conservieren undt schützen, welches wir namentlich mit unserem armen priesterlichen Gebett und hlstn. Meßopfern umb höhere Aufnamb Ihro hochfürstl. Dchlt. langwüriger glücklichen Regierung bey dem lieben Gott zu gedenken die Zeit unseres Lebens niehmals underlassen wollen.
- Grönenbach, 2. März 1694.
Johann Gg. Koller, Dechant und Pfarrer,
Franz Daindl, Mersperger, Chorherrn.“
Selbstredend war durch diese Wendung, die in dem Zukunftsschicksal des Stifts Grönenbach durch diesen Brief des Stiftsdechants und das darauf erfolgte Einschreiten des Augsburger Bischofs herbeigeführt wurde, der Fürstabt Rupert aufs höchste empört und beschwert sich in einem Brief an den Bischof von Augsburg am 3. März 1695, daß Dechant Koller diesen Streit zwischen Augsburg und Kempten wegen des Grönenbachschen Kollegiatstiftes ohnnötig angesponnen; er spricht ziemlich verächtlich und wegwerfend über den Dechant Koller und „Konsorten“; von Kohlerischen desiderata, von denen nicht zu wissen, ob mehr die Blödigkeit der Vernunft oder mehr die gefährlichste Kühnheit dieses Mannes zu befremden sei. „Wir überlassen es“, schreibt er weiter, „einer ganzen ehrbaren Welt, ob bei so bewandten Dingen dermaliger Dechant zue Grönenbach meritire, daß Ihme in Sachen, so Er contra omnes leges prudentiae civilis et modestiae clericalis impertinenter angezettelt, dero gnädigste protection und Assistenz gedeye undt ob nicht bey so gestalteten Sachen und deren Umbständen zugemutet werden könne in favorem tam indigni et ingrati hominis (welchen sein aigener superior „Antesteiner“ serpentem in sinu genennet) in einige liberalität und Condonation der heimgefallenen Lehen zu condescendiren.“ Des weiteren bezeichnet H. Fürstabt Rupertus gedachten H. Dechant Koller als einen wunderlichen, unruhigen, schifrigen, lunatischen Kopf (bisch. Archiv).
[174] Zwischen dem Bischofe von Augsburg und dem Kemptner Fürstabt entwickelte sich nun ein Jahrzehnte hindurch währender Streit, ob nämlich der vom Stifter Ludwig von Rotenstein im Stiftsbriefe vorgesehene Fall der „Alienatio“ oder Veränderung der Kastenvogtei und des Vogtrechtes durch diese Rücknahme des Rotensteiner aperten Lehens seitens der Fürstäbte von Kempten eingetreten sei oder nicht und infolgedessen der Augsburger Bischof wirklich die Kastenvogtei, das Vogtrecht und das jus patronatus für sich bekommen habe oder nicht. Hierüber ist eine Information ausgearbeitet worden von Kemptischer Seite (bischöfl. Archiv) circa annum 1698 folgenden Inhaltes:
„1°. Im Jahre 1479 hat Ludwig von Rotenstein, Stifft Kemptischer Vasall, zwar mit Wissen seiner Agnaten oder Erben, aber ohne Consens des Lehenherren aus der Pfarrkirchen zue Grönenbach eine Collegiatam gemacht, in mainung der Kirchensaz Vogtey, jus patronatus allda sey sein aigen, als wie er in dem Fundationsbrieff austrucklich meldet.
2°. Diese Mainung, das jus patronatus zue Grönenbach aigen und nit Lehen seye, hat ein damaliger Fürst zue Kempten und seine Successores auch gehabt, dahero dieser Fundation nit widersprochen und folglich auch diese irrige Mainung von dorten bis ad annum 1684 gewesen, da man erst antiqua authentica documenta zu hand gebracht und daraus sich belehret, daß mehr gedachtes jus patronatus und Vogteyrecht zu Grönenbach „Kemptisches Lehen“ seye.
3°. Gedachter Ludwig von Rotenstein hat in dieser seiner Fundation yber die neue Collegiata für sich und seine Erben die Kastenvogtey reserviert, dergestalten, daß Keiner seiner Erben diese Castenvogtey aus der Erb- und Freundschaft auf keinerley Weis veräußern solle; im falle aber einer derselben diese Alienatio undernemmen sollte, solle ein Decan und Capitul des neuen Collegii ihne, Erben, bitten, solches nit zu thuen, und da dieser dennoch auf der Alienation beharren würde, solle alsdann ein Decan und Capitul befuegt sein, sich mit der Kasten Vogtey an einen s. t. regierenden H. Bischoffen zue Augspurg zu ergeben.
4°. Es hat auch mehrgedachter fundator Ludwig von Rotenstein dies sein Stifft mit sichern, aber einigen von dem fürstl. Stifft Kempten zu Lehen habenden gemeinen Höffen und Pauerngüettern jährlich gehenden Zehenten, Gülten und Zinsen, jedoch mit der austrücklichen declaration dotirt, daß Dechant und Capitul mit dem Lehen der Güether nichts zu thuen, sondern allein die „Nutzniesung“ haben sollen; nachdem nun
[175] 5°. anno 1685 und 1695 nach langem und schwerem Proceß vor dem Kayserl. Hoff und dessen Commissionen „ex capiti feudi aperti“ die Sachen dahin gediehen, daß die von Pappenheimb die ganze Herrschaft Rotenstein und damit auch die jura patronatus und Kastenvogtey zue Grönenbach (iedoch gegen einem starken, vom eigentlichen Wert aber nit zur Helfte äquivalierenden sondern vom Stifft Kempten in weit anderer Consideration accordirtem stuck Gelt) völlig abgetretten, hat damaliger Decanus Collegii (Moll) nit nur nit contradicirt sondern vielmehr manibus pedibusque dazu cooperirt; dessen successor aber
6°. jezmahliger Decanus Jörg Koller, nachdeme das fürstl. Stifft Kempten schon etliche Jahr in ruhiger Possession mehrgedachter Vogtey, patronatus und administrationis bonorum seu redituum (iedoch cum expressa reservatione juris sui ad revocandos istos reditus utpote jure feudi aperti ad eos revolutos et interim mere precario et gratis Collegio permissos) dem Officio zu Augspurg vorgetragen, die Castenvogtey sei contra tenorem der Fundation verkaufft und folglich einem H. Bischoffen zue Augspurg zugefallen. Dagegen hat
7°. das Stifft Kempten allzeit behaupten wollen, diese Devolution feudi in praesenti casu habe weder nach dem Willen noch auch nach der Machtvollkommenheit des Vasallenstifters keinen Platz:
8°. Nicht „nach dem Willen“, weil aus dem Stifftungsbrief clar zu ersehen, die Alienatio der Kastenvogtey sey nur quâ singulariter et separatim, nit aber cum universitati bonorum inhibirt worden; es seye auch die transactio mit Pappenheimb keine Alienatio, sondern rei non suae „Cessio“; es sey auch die Vogtey bereits nit mehr in des fundatoris Lehenfreundschafft, sondern in Wirklichkeit in Händen „Fremder“ gewesen; schlüßlich habe der verstorbene Decanus z. B. der Cession nit contradicirt sondern vielmehr cooperiert.
9°. Nicht „nach der Machtvollkommenheit“, denn wann schon der fundator auch den heutigen Streitfall im Auge gehabt hette, so hett er doch diese Anordnungen nur „feudali modo“ und daher zum Nachteil seines direkten Vorgesetzten H. es niemals thuen können, woraus clar abzunemmen, daß Er, fundator, die Lehenqualität der Grönenbach’schen Vogtey nit müesse gewußt, folglich das ganze Gebäude des errichteten Collegiats auf solchen grundt gebaut haben; denn so Er die feudalität gewußt hette, so hette Er auch wissen sollen, daß im Falle der Veräußerung eines feudalen Besitzes, dieser [176] nit auf einen frembden, nemblich auf einen H. Bischoffen zu Augspurg, sondern die feudal Rechte an den direkten H. sage an das fürstl. Stifft Kempten heimb fallen müesse.
10°. Mit dieser ungeräumbt gegnerischen Praetension aber würde dem Lehenherrn nur desto mehr billigste Ursach gegeben, nit nur diese Vogtey, sondern auch die „verstifftete Nutzniesung“ der Lehengüter einzuhalten, welche von der Collegiata weder nach hundert noch nach tausend Jahren, obstante perpetua mala fide orta ex certa scientiâ sei feudalis utpote in litteris fundationis expressa nit haben praescribirt werden können.
11°. NB! Augspurg wolte zwar gern diesen Streitfall vor sein kirchliches Forum ziehen, Kempten aber bestand praecise auf der Zurücknahme seiner Lehenstücke und Lehensappertinenzien als einem „weltlichen Afterlehen“ des Reiches, folglich die vorrichterliche Frage, ob diese stuck Lehen seyen und ob sie gegen den Text cap. 56. feud. 2. auch zu frommen Zwecken verschafft werden können und daher ad forum imperiale gehörig ist. Als Hauptsache seye zu wissen, daß der Geistlichen Herrenstifft nicht bestehe und niemals bestanden habe in der vom Stiffter vorgeschriebenen Form, da im Gegenteil sicher sey, seit mehr als 150 Jahren habe dieses Gestifft Grönenbach niemals das Zeichen, das essentielle, noch auch den wahren Charakter eines Collegiatstifftes besessen, dum nullum habuit insigne, nullum sigillum, nullum protocollum capitulare, nullam decani electionem concessam, nullam administrationem bonorum, sed hanc a patronis semper exercitam, des weiteren im Stifftshause niemals mehrere Cleriker gewesen, denn ein sog. Decan, eigentlich aber Pfarrherr, mit einem Gesellpriester, wie es schon lange vor der angeblichen Collegiatsgründung in Usus gewesen.“
Des weiteren warf der Fürstabt zu Kempten nachfolgende Punkte zur Streitfrage auf:
1. Ob ein kirchlicher Oberer oder irgend jemand anderer gegen den Willen des Landesherrn eine einfache Pfarrkirche in eine Collegiatkirche umwandeln könne? (Das war anno 1479 in Grönenbach nach Auffassung der Kemptner geschehen.)
2. Was für Rechte stehet dem Stifft Kempten zu gegenüber den Zinsen, Gilten und Einkünften, die durch die Fundation Ludwig von Rotenstein der Grönenbacher Collegiatskirche bestimmt worden sind?
3. Ob der dominus directus, d. i. der Lehensherr, nachdem das Lehen offen geworden und an den Lehensherrn wieder zurückgefallen, [177] sich an diese Fundation halten müsse und so die Collegiatsstiftung durch zukünftige Weiterüberlassung der bisherigen Einkünfte erhalten müsse und ob er nicht berechtigt seye, die Collegiatsstifftung auf den früheren Stand einer einfachen Pfarrkirche zurückreducieren zu dürfen.
4. Welche Hilfsmittel und Handlungen dazu nötig und vor welchem gerichtl. Forum diese Fragen auszutragen wären“ (bisch. Archiv).
„Im Jahre 1781 gab der Augsburg’sche Sigelbewahrer Nigg über die seitens des Augspurger Hochstifftes praetendiren wollende jura bey dem Collegiatsstifft Grönenbach folgendes Votum ab: Das jus patronatus kann bestehen ohne Kastenvogtey und umgekehrt; auch die Kastenvogtey ohne kayserl. Specialconservatorium und wenn es zum processiren kommen sollte, so müssen diese Rechte sogar in verschieden Foris ausgestritten werden; daher könnten verschiedenartige Rechte nicht wohl nach den gleichen Principien beurteilt und durcheinander geworfen werden. Gehorsamster Votant will also über jeden Punkt ein gesondertes Votum, Gutachten, führen und zwar belangend:
1mo. jus patronatus ad parochiam resp. Decanatum Groenenbacensem hat Kempten unstrittig das possessorium vor sich und kann solches wohl coloriren (beweisen); mithin müßte Kempten nach allen Rechten vom Richter auch im Besitzstande erhalten und das Ordinariat ad petitorium von Rechtswegen verwiesen werden. – Was kann, was soll, was will nun das Ordinariat in petitorio vorbringen? Documenta legalia sind nach dem Beschreib nicht vorfindig: Copiae illegales aber beweisen nichts. Die PP. Khamm und Fabriruagman wohl in dissertatione academica in dictionis causâ, aber nicht in judicio contradictorio ad effectum probandi allegieren: cum nuda Historicorum mutuo sese describentium asserta sine documentis non probent. Da also einerseits in betreff juris patronatus in contradictorio auszulangen nicht wohl möglich, andrerseits aber juxta relationem gar kein Schatten einer Hoffnung vorhanden, daß Kempten in hoc puncto sive in judicio sive extra judicium jemalen nachgeben werde, so kann Votant in diesen Umständen keiner anderen Meinung sein, denn es seyen Gelt – Zeit – und Pappier im voraus verloren, so man auf congress zusammentritt, negotiationem und Correspondenz nach des H. Referenten Gutachten verwenden würde. Was man äußerstens noch etwa in Ehren thuen könnte, wäre allein nach diesseitig iedoch unvorgreiflicher Meynung, daß man sich und seine jura mitelst einem aus dem Churfürstl. Cabinet an Kempten zu erlassendes Protestationsschreiben [178] verwahren möge, die Institution des Kemptischen praesentati aber nicht difficultiren solle, damit nicht etwa Kempten Anlaß daraus nehmen möchte, seine possession in contradictorio zu befestigen und das Ordinariat wider erwarten zu Processen zu zwingen.
2°. Die Castenvogtey ist ein ad forum seculare gehöriger und Vicariatus officium gar nicht berührender Gegenstand. Ob und wie entweder in viâ juris oder in amicabili auszulangen seye, muß nach Votanten Meynung lediglich der hochfürstl. Regierung zu Dillingen überlassen werden. Votant glaubt inzwischen, daß nachdem der Rotensteinische Fundationsbrief (das einzige sachdienliche Document) nicht mehr vorhanden, gedachte hochfürstl. Regierung mit einer ex defectu documentorum unerweislichen action schwächlich auftretten oder auf kostspielige Zusammentritt voraussichtlich unnützen Aufwand anrathen werde umsoweniger zwar als die quaestiones praeliminares
a) ob nemlich der Casus im Stifftsbriefe ausdrücklich sich wirklich ergeben?
b) ob Kempten als Dominus directus in seinem Lehen als ein „Extraneus“ und folglich
c) ob eine Vereinigung des dominii utilis cum dominio directo nach dem Sinne des Fundators als eine Alienatio anzusehen seye? nach des Votanten Ermessen sehr bedenklich aussehen. Endlich
3°. das von Kayser Rudolph II. dem Augspurg’schen Hochstifft ertheilte Conservatorium kann Votant nach der Person des Verleihers abermalen nur als ein weltliches dem Augspurger Bischof quâ „Fürsten“ ertheiltes Recht ansehen, welches mehrmalen der Hochfürstl. Regierung zu exerciren und zu verfechten zustehet; hiebey mag es darauf ankommen:
a) ob das diploma Caesareum annoch in originali vorhanden?
b) ob das Conservatorium nicht etwa ein nur auf die ehemalige calvinische, nunmehr aber erloschene Grönenbachsche Orths Herrschaft restringirtes Protectorium gewesen?
c) ob ein Kays. Conservatorium aus Mangel an Erneuerung oder wenigstens infolge „der Nichtausübung“ nicht gar erloschen seye? All dieses hat die weltliche Regierung zu untersuchen. Augustae 5. Dez. 1781.“
Im Jahre 1784 endlich wurde diesem unerquicklichen Streite zwischen Ordinariat und Fürstabt Kempten wegen des Kollegiatstifts Grönenbach durch eine Kommission ein glückliches Ende gemacht.
[179]
den 28. Septembris 1784:
„Nachdeme jene langwierige Irrungen, die zwischen den Hochstiftern Augspurg und Kempten wegen der Collegiat-Stiftskirche zu Grönenbach durch viele Jahre obwalteten unter den ruhmvollsten Regierungen Sr. Hochfürstl. Durchlaucht Clemens Wenzeslaus, Erzbischoffen zu Trier und Bischoffen zu Augspurg etc. etc. und Sr. Hochfürstl. Gnaden Honorius Abbten des Hochfürstl. Stifts Kempten etc. etc. durch die hiezu gndgst. niedergesetzte Kommission, nemlich den Hochw. Hochgelehrten H. Johann Kegl, Hochfürstl. Augsburg. Geistl. Rath und Fiscal, dann den Hochw. Hochgelehrten H. Dominicus v. Brentano, Hochfürstl. Kempt. Geistl. Rath und Hof-Caplan unterm 1ten Mai dieses Jahres gänzlich und nach den friedliebenden Gesinnungen Höchster Principalen beygelegt und hierauf Höchstgedacht Sr. Churfürstl. Durchlaucht zu Trier als Bischof zu Augspurg ein feierliches Instrumentum confirmatorium von Hochbischöfl. Augsspurg’schen Hochw. Ordinariat ausfertigen lassen, in welchem die Kirche zu Grönenbach zu einer wahren Kollegiat-Stiftskirche erhoben, anerkannt und erklärt worden, so wurde von denen hiezu verordneten Hochbischöfl. Augspurg’schen und Hochfürstl. Kempt’schen H. Commissären, benammtlich dem Hochw. Hochgelehrten H. Frz. Xaveri Schmidtner, Hochbischöfl. Augsburg. und Hochfürstl. Kempt. geistl. Rath des wohllöbl. Landcapitels Ottobeuren Dechant und Pfrr. zu Obergünzburg, dann den Hochw. Hochgelehrten H. Dominicus v. Brentano, Hochfürstl. Kempt. geistl. Rath und Hofcaplan in dem Stifft Grönenbach unter heutiger Tagsazung dem H. Dechant und Canonicis nach mündlich vorgetragenen Verhandlungsinhalt zuerst der das Collegiatstifft Grönenbach betreffende Vereinigungsvergleich verlesen und hievon eine Abschrift dem H. Dechant und Canonicis, um selbe zu denen Collegiatsacten zu legen, übergeben, hernach aber das Hochbischöfl. Augsp. Instrumentum Confirmatorium publizirt und denenselben in originali zu ebenmässigen Aufbewahrung behändiget, nach welchem der H. Dechant mit seinen H. Canonicis für diese erhaltene höchste Gnade den unterthänigsten gehorsamsten Dank erstattet und sich quâ Testes pro se suisque succesoribus in gegenwärtiger Verhandlung unterschrieben, wovon 3 gleichlautende protocolla verfertigt und Eines ad Revmam Curiam Augustanam, eins in das Hochfürstl. Kempt. Archiv und eins zu denen hiesigen Collegiatstifts-Acten geleget worden, so geschehen in dem Collegiat-Stifft Grönenbach.
Diese Abmachung hatte nun folgenden Inhalt:
„Das Ordinariat Augsburg entsagt den bisher erhobenen Rechten auf das Collegiatstifft Grönenbach, herentgegen entsagt aber auch das Stift Kempten den ebenfalls erhobenen Rechten, genannte [180] Collegiatstiftung auf den Stand einer einfachen Landkirche zurückzuführen, so daß also dieses Collegiatstift in statu quô nunc est, in perpetua tempora belassen werde. Der Bischof von Augsburg erhielt das Recht, einen Canonicus im Grönenbacher Stift zu präsentieren, iedoch so, daß allemal auf einen Stifft Kempt’schen Titulanten gnädigste Rücksicht genommen werde. Weilen aber die dermaligen zween Canonici respective müssig dasitzen und dem Decano und parocho in cura animarum auszuhelfen nicht verbunden sind, so soll im Falle des Todes oder Resignation des derzeitigen Decanes ihnen die Aushilfe in cura animarum quoad totam extensionem aufgetragen werden. Dafür mußte aber der Dechant aus seinen pfärrlich bisher reichlich bezogenen Einkünften jedem dieser Kanoniker jährlich 50 fl. zulegen. Zudem soll jedem Canonicus sein bisheriges Salair 250 fl., das bisher Gnadensache (ex gratia principis seit 1692 resp. 1695) aus der fürstl. Hofkammer Kempten pro vera et irrevocabili Congrua iedem gnädigst assignirt werden. Die Canoniker mußten kraft neuester bischöfl. Confirmation mit ihrem Dechant auch fernerhin nicht nur die Mette und Vesper wie bisher entrichten im Chore, sondern sollten auch eine Collegiatmeß zu halten verbunden sein. Nichtweniger sollen besagte Canoniker einem jeweiligen Dechant und Pfarrer subordinirt verbleiben; dieser aber eine discrete Direction führen und zu keinen billigen Klagen Anlaß geben. Das Stift Kempten wird auch die alt gestifteten Jahrtäg wieder resuscitiren und die davon abfallenden Stipendia der Collegiatkirche hinüberlassen, doch in solchem Abmaß, daß dieselben von einem Decano und Canonicis in gleichen Theilen sollen bezogen werden.“
Diese gleichsam zweite Gründung des Kollegiatstifts Grönenbach 1784 sollte, so hoffte man wohl damals allseits, der Anfang und Ausgangspunkt einer neuen, blühenden, segensreichen Zukunft werden fürs Stift und die Pfarrgemeinde. Aber der Mensch denkt und plant, und die Zukunft zerreißt und zerstört alle Hoffnungen und Pläne; so auch hier. Die französische Revolution und der geniale Napoleon hatten in dem gemächlichen Europa eine Erschütterung hervorgebracht, wie seit den Tagen der Völkerwanderung nie gewesen. Am 17. Oktober 1797 wurde in dem kleinen Dorfe Campoformio in der Provinz Udine ein Friedensvertrag abgeschlossen zwischen Österreich und Frankreich. Österreich lag erschöpft danieder; seine Bemühungen, die Ehre und Interessen des hl. römischen deutschen Reiches zu schützen, waren [181] erfolglos, weil der Kaiser mit seinen österreichischen Stammländern fast allein die Last des Krieges zu tragen hatte. Die Reichsfürsten standen gleichgültig nebenan, ja Preußen hatte 1795 den schmählichen Separatfrieden von Basel geschlossen und mit den Franzosen vereinbart, gegen eine Entschädigung auf dem rechten Rheinufer seine linksrheinische Besitzungen an die Republik abzutreten. Von den Reichsfürsten nicht unterstützt, teilweise verraten, mußte der letzte römisch-deutsche Kaiser im Frieden zu Campoformio unter anderen schweren Bedingungen auch die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich bewilligen. Die deutschen Fürsten, die infolge dieser Abmachungen am linken Rheinufer Gebietsteile verloren, wollten auf dem rechten Rheinufer Entschädigung haben, und diese Entschädigung sollten die geistlichen Reichsfürsten und die Klöster bieten. Auf dem Kongreß in Rastatt wurden diese Entschädigungen unter Vormundschaft von Frankreich und Rußland von den deutschen Fürsten förmlich ausgerauft. Grundsätzlich war die Säkularisation rasch beschlossen; jedoch verzögerte sich ihre Durchführung, weil neuerdings der Krieg ausbrach, der erst im Frieden zu Luneville am 9. Februar 1801 seinen Abschluß fand. Der Artikel 7 dieses Friedens bestimmte, daß in Gemäßheit der beim Rastatter Kongresse aufgestellten Grundsätze das deutsche Reich gehalten sei, den erblichen Fürsten, welche auf dem linken Rheinufer Besitzungen verloren, eine Entschädigung zu geben, die aus dem Schoße des Reiches zu nehmen sei, d. i. aus den Kirchengütern.
Bayern ging in erster Linie voran und hatte schon am 24. Mai 1801 einen besonderen Vertrag mit Frankreich abgeschlossen, wonach die Bistümer Würzburg, Bamberg, Passau, Freising, Eichstätt, Augsburg ihm zugesichert wurden. Im Oktober 1801 beschäftigte sich der deutsche Reichstag in Regensburg mit der Regelung der Säkularisation und am 25. Februar 1803 wurde das Schlußwort, der sog. Reichsdeputationshauptschluß, gesprochen, das am 24. März 1803 bestätigt wurde. Am 14. Mai 1804 nun war das Todesurteil auch über das Grönenbacher Kollegiatstift gesprochen. Hier der Wortlaut (Pfarrarchiv hier):
„Im Namen Sr. Churfürstlichen Durchlaucht zu Pfalzbayern.
Vermög höchster Entschließung vom 14. May d. J. haben seine Churfürstl. Durchlaucht geruhet, das Collegiatstifft zu Grönenbach nach dem Beyspiel aller geistlichen Corporationen in höchst dero alten und neuen Erbstaaten unter nachstehenden Modificationen für aufgelöst zu erklären:
- Den sämtlichen Mitgliedern des säcularisirten Stifts ist der Genuß ihrer dermaligen Einkünffte nach den eingeraichten Fassionen ungeschmälert zu belassen; dagegen
[182]
- ist der bisherige Chorgesang völlig aufgehoben;
- ist der pfärrliche Gottesdienst aber nach der in allen cathol. Pfarrkirchen der Provinz Schwaben gewöhnlichen Observanz reformirt auch noch ferner von der ehrmaligen Stiftsgeistlichkeit mit Ausnahme des Pfarrers von Zell zu verrichten;
- ist die Stifts-Kirche zu Grönenbach als Pfarrkirche beyzubehalten;
- wird die Pfarrei mit dem Land-Capitel Ottobeuren in Verbindung gesetzt, die ehemaligen Exemtionen aber sind alle ohne Ausnahmen aufgehoben;
- dem Frühmesser zu Grönenbach werden die Verrichtungen der Seelsorge, die Mitaufsicht der Schule und vorzüglich die Leitung der Feiertags- und Sonntagsschule übertragen und
- die Stelle eines 4ten Hilfspriesters solle nach dem Tode des Seniors Kaltenhauser als überflüßig eingezogen, diese Canonical-Praebende aber dem höchsten aerario einverleibt werden.
Diese höchste Bestimmungen hat nun das Landgericht den säcularisirten Individuen geziemend zu eröffnen, das nötige zu verfügen und über die Vollziehung dieses Auftrages binnen 3 Wochen einen pflichtgemäßen Bericht zu erstatten.
- Ulm, den 28. Septbr. 1804.
An das Churfürstl. Landgericht
- zu Grönenbach.
Die Secularisation des Collegiatstiffts
- zu Grönenbach betr.“
Wie eilig es Bayern mit der Säkularisation hatte, ist zu ersehen aus einem Berichte des Dr. Johann Martin Edler von Abele, Syndikus und churbayr. Stadtchronist, der als churfürstl. delegierter Kommissar am 2. Dezember 1802 die Vollmacht erhalten, in sämtlichen auswärtigen Stift Kemptischen Besitzungen: als Schlössern, Maierhöfen, Bräuhäusern und vorzüglich zu Grönenbach und Lautrach alle Effekten, Mobilien, Naturalien und Materialien, Vorräte, Viehstand, Schiff und Geschirr, dann sämtliche Haus- und Baumannsfahrnisse in ein genaues Inventar aufzunehmen und die dazu beizuziehenden Ortsverwalter und Ortsaufseher zur Mitunterzeichnung anzuhalten, auch in den dazu gehörigen Zehentstädeln den Fruchtvorrat zu verzeichnen. Noch am gleichen Tage, am 2. Dezember 1802, begab sich der Vorgenannte von Abele nach Grönenbach aus untertänigster Pflichtschuldigkeit gegen Seine churfürstl. Durchlaucht und traf in Grönenbach den Herrn Propst auf dem hohen Schlosse, Baron von Zweyer, und den Pflegverwalter Hofrat Karg und übergab Herrn Propst das churfürstl. Wappen zur Anheftung an das Schloß und Herrn Pflegverwalter [183] das von einer provisorischen Regierung zu Kempten mitgegebene Patent und Eidesformular. Am anderen Tage nahm von Abele Kassasturz vor beim Grönenbacher Pflegeamt und Versiegelung der Barvorräte; darauf wurde alles im Schlosse peinlichst inventarisiert bis auf den Stiefelknecht und Nachthafen und wurde das ganze Inventar im hohen Schlosse abgeschätzt auf 789 fl. und 38 kr., lizitiert wurde am 16. und 17. August 1803 und wurde dabei erlöst bei der Versteigerung 1559 fl. und 8 kr. Das Steigerungspublikum war sehr gemischt, selbstverständlich fehlten auch die Juden nicht; so wird aufgeführt unter den Steigerern „Rapf“ ein Jud, des weiteren „Isaak Manuel“.
Dann schreibt von Abele, Kommissar, weiter: „Gern hätte ich das Schloß ganz versiegelt. Allein da teils H. Propst aus Abgang einer eigenen Speisekammer sich der Schloßküche hiezu bedienen muß, teils die im Schloß befindliche Feuerspritze und Feuerkübel nicht wohl anders aufbewahrt werden können, so mußte ich mich mit Versiegelung der Beschließerei und eines Porzellankastens begnügen.“
Auch im Kollegiatstift fand sich Herr Kommissar ein und bemerkt: „Die im Stifft Grönenbach vorhandenen Mobilien sind den Chorherrn zuständig. Die daselbst befindliche Bibliothek ist in dem Zimmer des H. Dechant aufgestellt und konnte also nicht versiegelt werden; doch ist ein sehr sauber geschriebener Katalog darüber vorhanden, in welchem ich einige seltene Werke fand.“
Ebenso wurde im fürstlichen Bräuhause alles genauest inventarisiert, ebenso im Werkhaus und auch im Garten; desgleichen wurde im Spital alles genauest inventarisiert und Kassasturz gehalten und versiegelt; darnach bereiste der Aufhebungskommissar die unter Aufsicht des Stiftsschaffners Kolb stehenden nachfolgende Zehentstädel zu Grönenbach, Zell, Woringen, Herbishofen, im Thal, Herbisried und Ziegelberg, nahm die Drescher in Handgelübd und darauf sowohl das ungetroschene wie das getroschene Getreid und Stroh aller Art auf den Speichern und Städeln in Beschrieb; desgleichen musterte er auch die in der Herrschaft Grönenbach gelegenen 7 herrschaftlichen Bau- und Maierhöfe, nämlich 1. das Spitalgut zu Grönenbach; dieses ist auf 6 Jahre gegen jährl. Pachtschilling von 160 fl. verliehen; 2. den Hof zu Kaltenstein, der auf lebenslänglich verehrschatzt ist; 3. Tiefenau wird ebenfalls nicht auf herrschaftl. Rechnung gebaut, ebenso nicht 4. Kalden in der Pfarrei Altusried; 5. Schwinden bei Ittelsburg ist im Bestand verliehen und zugleich zur Reichsritterschaft mit cirka 48 kr. auf jede Anlag steuerbar; [184] 6. Stiftbauhof zu Grönenbach ist auf 6 Jahre gegen jährlich 250 fl. in Bestand verliehen; das Gut soll bei 70 Jauchert halten; 7. der Bauhof der Propstei ist ebenfalls unter mehrere Einwohner von Grönenbach bestandweise ausgeteilt.
Noch hatte der Säkularisationssturm nicht ausgetobt; anno 1802 waren die sämtlichen auswärtigen stiftkemptischen Besitzungen eingezogen worden, anno 1806 war auch das Stift Kempten einverleibt worden; nun kam anno 1813 über die Pfarrpfründe Grönenbach nochmals eine Säkularisation. (Pfarrarchiv von Grönenbach.)
„Im Namen Seiner Majestät des Königs v. Bayern etc. etc.
Von jenem allerhöchsten Rescripte, welches S. Kgl. Majestät in betr. der Organisation der kath. Pfarrei Grönenbach unterm 3. vor. Monats erlassen hat, wird dem K. Rentamt in der Anlage eine Abschrift unter folgenden Aufträgen mitgeteilt:
- Mit dem 1. Oct. laufenden Jahres anfangend, cessiren alle bisherigen Bezüge ex aerario des Kirchenpersonals zu Grönenbach sowohl an Geld als an Naturalien, dagegen sind demselben vom 1. Oct. anfangend, und zwar
a) dem Pfarrer Frey als jährliche Besoldung einstweilen und bis auf weitere Verfügung mit Einschluß des für einen Hilfspriester ausgesprochenen Gehaltes zu 300 fl. 825 fl. 5 kr. (achthundert zwanzig fünf Gulden und 5 kr.);
b) dem Mesner Wintergerst zu Grönenbach 80 fl.;
c) dem Mesner Jos. Frey zu Ittelsburg 5 fl. gegen gesetzliche Bescheinigung auszubezahlen und vorschriftsmäßig zu berechnen. - Jene 48 fl., welche das allerhöchste Aerar bisher für die von den fundatoren des ehemaligen Collegiatstifts gestifteten Jahrtäge bezalte, sind auch fernerhin, iedoch nicht an den Pfarrer, sondern an die K. Stiftungsadministration Kempten zu bezalen und nicht mehr wie bisher geschehen ist, als Besoldung, sondern sub rubro „auf Passivreichnisse“ zu verrechnen.
- Sind dem Personale des Stifts nach § 4 des allerhöchsten Reskriptes die Fassionen über ihre bisherigen Bezüge abzufordern und mit Belegen und Gutachten zu Regulirung ihrer Pensionen resp. der allenfallsigen Mehrbezüge vorzulegen.
- Das bisherige Schulhausgebäude, welches mit dem Onus an die Gemeinde überlassen wird, daß dem zeitlichen Mesner die erforderliche Wohnung darin vorbehalten wird, ist aus dem rentamtlichen Gebäude-Kataster auszustreichen.
[185] Das K. Rentamt hat gegenwärtigen Auftrag in genaue Erfüllung zu bringen und die Vorlage der Fassionen zu beschleunigen.
- Kempten, den 29. Oct. 1813.
An das k. b. Rentamt Memmingen.
Die Organisation der Pfarrei
- Grönenbach betr.
- Memmingen, 31. März 1814.
Gegenüber diesem kärglichen, von der neuen Finanzdirektion ausgeworfenen Gehalte eines kath. Pfarrers in Grönenbach vergleiche man die Fassion der k. Pfarrei, verfaßt vom gegenwärtigen Pfarrer Joh. Nep. Frey den 28. April 1814 im 69. Jahre seines Lebens, im 27. seines Dienstes als Pfarrer: Bezüge, welche der kath. Pfarrer-Dekan bis 1803 bezog und dann, gewährleistet durch Churpfalz-bayer. Fürstenwort, ungeschmälert auch für die fernere Zukunft hätte beziehen sollen:
- Einnahmen:
Aus Staatskassen resp. aus der ehemaligen Stiftsschaffnerei, vom k. Rentamt, resp. Kassenamt Kempten und vom k. Forstamt Ottobeuren (seit 1803):
fl. kr. | |
1. Roggen 20 Malter in Memminger Maß | 322.44 |
2. Veesen 20 Malter „ | „ „370.29¼ |
3. Haber 40 Malter „ | „ „459.24 |
4. Holz, 50 Klafter weiches, mit Einschluß des Fuhr- und Macherlohns per Klafter 4 fl. | 200.— |
5. Torf, 20 Klafter, einschließlich des Fuhr- und Stecherlohnes per Klafter 2 fl. 26 kr. | 48.— |
6. Genuß der freien Wohnung einschließlich Holzremise | 50.— |
7. „ eines Gemüsegärtchens | 3.— |
8. Flachszehent, 290 Reift à 20 kr. per Reift | 70.— |
9. Krautzehent, verpachtet für | 25.— |
10. Rübenzehent, | „ „30.— |
11. für gest. Jahrtag v. k. Stiftungsadministration | 126.55 |
12. vom k. Rentamt für 12 herrschaftl. Jahrtäg | 48.— |
13. an Stolgefällen und Opfern | 41.57 |
fl. 1796.9¼ kr. |
Zur Haltung von 2 Hilfspriestern als Beitrag ad congruam mit 50 fl. für einen | 100.— |
dann das zur Beheizung ihrer Zimmer erforderliche Holz und Torf à 50 fl. | 100.— |
fl. 200.— |
Einnahmen | 1796 fl. 9¼ kr. |
Ausgaben | 200 „ — „ |
Reineinnahmen des Pfarrers | 1596 fl. 9¼ kr. = 2736.— ℳ. |
NB. Alle kleineren oder größeren, wie immer Namen habende Bauten werden vom Ärar bestritten. Für Holzbezug: Zeugnis des k. b. Forstamtes Ottobeuren vom 3. Juli 1812; liegt beim Ministerio des Innern zu München. Für Zehentbezug: Zeugnis des k. Kastenamtes Kempten vom 6. Juli 1812; liegt beim Ministerio des Innern zu München.
Pfarrer Eduard Hohenecker bemerkt zu den Ausführungen des Kronanwaltes vom 18. Dezember 1843, „daß ja der bayr. Staat, wenn er auch mit dem Collegiatstiftsgut auch das Pfarrgut eingesackt habe und nichts mehr herausgebe, ganz „erklecklich“ für den kath. Pfarrer in Grönenbach gesorgt habe“, folgendes mit Sarkasmus: „Mit welchem Rechte konnte man die kath. Pfarrei „zweimal“ organisieren? Es geschah das erstemal anno 1804, gemäß welcher Organisation man den parochus im ungeschmälerten Genusse seiner Einkünfte bis zum Jahre 1812 beließ. Erst in diesem Jahre ward die ungeheure Ungerechtigkeit begangen, daß man dem Pfarrer einer der schwierigst zu leitenden Gemeinden des ganzen Bistums von seinem jährlichen Einkommen zu 1596 fl. nur wieder die erbärmliche Summe von 825 fl. verabreichte und dabei noch widerrechtlich die Jahrtagsdeputate zu 177 fl. mit einrechnete. „Erklecklich“, das ist wahr, hat man für die Ausübung der Seelsorge anläßlich der Säkularisation anno 1804 und 1813 gesorgt; allein der Punkt, um den sich’s bei den Eingaben anno 1814 und 1842 an Se. Majestät um Wiederherausgabe des ehemaligen leider mitsäkularisierten Pfarrgutes Grönenbach handelte, ist mit vieler Schlauheit zu umgehen gesucht: nämlich die erkleckliche Verabreichung der Subsistenzmittel für den Pfarrer, der die Seelsorge ausübt; seit 31 Jahren (1813–1844) zog man dem Pfarrer an seinem vor Gott und der Welt rechtlich zustehenden Einkommen jährlich nur gering angeschlagen 771 fl. ab, das macht in 31 Jahren 23 901 fl.
Dafür sorgte man so „erklecklich“ für den Seelsorger, daß man ihm das alte, gegenwärtig in ganz ruinösem Zustande äußerst feuchte, ungesunde Stiftsgebäude zur Wohnung anwies; ein Gebäude, das schon vorher ziemlich vernachlässigt war, und an das man außen seit der Säkularisation keine Hand zur Ausbesserung von Schäden anlegte, so daß die durch diese Vernachlässigung noch vermehrte Feuchtigkeit des Gebäudes im Innern alle Teile anzugreifen droht und den Bewohnern ihre Gesundheit schon in Gefahr gebracht hat. Leute von 70 bis 80 Jahren Alters können sich nicht erinnern, daß man außen eine Renovation, [187] ja nur eine Reparatur vorgenommen habe, und seit 10 Jahren weiß man, daß nichts Erhebliches für Ausbesserung im Innern geschah; ja man darf ganz sicher annehmen, daß man die Bedachung des Gebäudes gewiß ganz hätte vergehen lassen, wenn nicht, was auch widerrechtlich ist, unter demselben Dach der königliche Getreidekasten läge; denn am Ende des Daches fängt schon die Vernachlässigung an, da die Traufrinnen ganz verfault sind und in Strömen beim Regen das Wasser gerade zum Portale des Hauses herabsenden, so daß oft der Hausgang voller Wasser ist und die Thürschwellen ganz verfault sind. Kurz mit wenigen Worten gesagt, das Gebäude von innen und außen besichtigt gewährt den Anblick eines Hauswirtes, der vielleicht nächster Tage auf die Gant kommen soll, und zu allem Unstern steht diese Wohnung noch auf einer schönen Anhöhe, um dem sonst nicht zu verachtenden Marktflecken zur Unzierde zu sein und allen, die heraufblicken, zu sagen: Seht, so erklecklich sorgt die kgl. bayr. Regierung für jenen Seelsorger, der eine der schwierigsten Stellungen in diesem paritätischen Orte einnimmt; so sorgt sie für einen kath. Seelsorger erklecklich, damit seine Achtung schon durch den Anblick der schönen Wohnung, die man ihm gegeben, auch bei denen der reform. Partei gehoben und angezeigt werde, wie die k. Regierung die Diener des kath. Cultus zu ehren wisse.
„Erklecklich“ sorgt die k. Regierung für den Seelsorger, daß sie ihm, der einer Gemeinde von mehr als 1300 Seelen in 23 Ortschaften vorsteht, Zimmer zum Bewohnen anweist, die übermäßig hoch und groß sind und wegen der freien Lage vom Wind von allen Seiten bestürmt werden und die mit nicht zu verheizenden Backöfen besetzt sind; dazu gibt sie dem Bewohner natürlich aus erklecklicher Vorsorge keinen Splitter Holz, ihm, dessen Vorfahren, um das riesige Gebäude ordentlich heizen zu können, 50 Klafter Holz und 20 Fuhren Torf besessen und zwar stiftungsgemäß besessen; dagegen hat die k. Regierung, wie wenn sie den kath. Seelsorger mit seiner ganz ansehnlichen Gemeinde absichtlich dem Spotte und dem Gelächter der reformierten Parthey Preis geben wollte, dem lutherischen Pfarrer der reformirten kaum 500 Seelen zählenden Gemeinde (der noch dazu eine kleine, leicht zu heizende, einst den Katholiken Grönenbachs gehörende Wohnung besitzt) aus nicht erklecklicher Vorsorge 24 Klafter Holz gegeben, damit er die Hälfte dieses Quantums, das er bezieht, doch noch verkaufen kann, weil es ihm unmöglich wird, auch bey der stärksten Beheizung alles zu verbrauchen: man macht diese letztere Bemerkung nicht aus Mißgunst über die vortheilhafte Bedachtnahme, womit die k. Regierung den Geistlichen der anderen Konfession beehrt, [188] sondern nur deshalb, um recht augenfällig zu machen, wie „erklecklich“ die bezeichnete k. Regierung für den kath. Seelsorger hiesigen Orthes gesorgt habe. Wahrlich für diese „erkleckliche“ Vorsorge wird kein kath. Pfarrer dahier, den die übermäßige Größe des Gebäudes, worin er wohnt, nötiget 2 Dienstboten zu halten, wo er sonst nur einen notwendig hätte, und der jährlich für Holz, um nur spärlich 2 Zimmer im Winter zu heizen, 108 fl. ausgeben und was man bald vergessen hätte, nicht einmal eine ordentliche Küche hat, wo man kochen kann, und deßhalb seine Speisen unterm Ofenloche bereiten muß, Dank wissen.“ Diese Exspektorationen des Herrn Pfarrers Hohenecker sind zwar derb, aber sie sind der Ausdruck der damaligen Herzensstimmung der Gesamtbevölkerung kath. Anteiles gewesen.
Am 17. Mai 1814 haben sich der damalige Exdekan und erster Säkularpfarrer Frey und ebenso im Namen der ganzen kath. Pfarrgemeinde die beiden hochachtbaren Bürger Keller und Kolb und Sebastian Boneberg, damaliger Kaplan in Grönenbach, direkt an S. Majestät den König gewendet, daß diese zweite „Organisierung“ der Pfarrei vom 29. September 1813 rückgängig gemacht und die kath. Pfarrei Grönenbach bei ihren schon Jahrhunderte hindurch währenden Bezügen und Emolumenten belassen werde resp. wieder eingesetzt werde, wie der König selbst, damals noch Churfürst, in der Entschließung vom 14. Mai 1804 zugesichert habe. Eine Inschrift im Totenbuche beim Eintrage des Todesfalles des armen Pfarrers und Exdekans Joh. Nep. Frey lautet: „Qui jura parochialia et redditus parochiae per recursum ad ministerium regium Bavariae intimum magnis cum expensis defendebat et denique morbo confectus exspectans regiam resolutionem ad Dmm migravit sperans pro parochia et parochianis optimum eventum.“
Herr Pfarrer J. N. Frey hatte sich auch in einem Schreiben an das Ordinariat Augsburg gewandt, 17. Mai 1814, mit der Bitte um gütige Unterstützung des am 17. Mai 1814 an S. Majestät den König eingesendeten Immediatgesuches; am 25. Juni 1814 wurde demselben vom bischöfl. Ordinariate reskribiert, daß dieses am 4. Juni 1814 ganz nach dem Antrage des Herrn Pfarrers Frey geschehen sei, „es sollen der k. Pfarrei Grönenbach ihre Pfarrgefälle in quantitate et qualitate belassen werden und dieselbe möchte überhin mit 2 nötigen Hilfspriestern dotiert werden.“ Pfarrer Frey starb am 21. Januar [189] 1815 und durfte nicht mehr Zeuge sein, wie diese Eingabe vollständig erfolglos, ja sogar ohne Antwort geblieben.
Nach seinem Tode wurde die Pfarrei als organisierte Pfarrei ausgeschrieben zur Bewerbung (cfr. Intelligenzblatt 1815 pag. 51/52). Die geringen Einnahmen dieser neuorganisierten Pfarrei hatten aber zur Folge, daß sich kein Bewerber einstellte; 2 Jahre lang wurde dieselbe als vakante Pfarrei vikariert, dann wurde sie zum zweiten Male ausgeschrieben (cfr. Intelligenzblatt Jahrgang 1816 pag. 525). Zum zweiten Male wandte sich die kath. Pfarrgemeinde mit einem Immediatgesuch vom 4. Februar 1815, wiederum von Kolb und Keller gezeichnet, an S. Majestät. Auch diese zweite Eingabe wurde seitens des bischöfl. Ordinariates durch eine Eingabe vom 22. März 1815 an S. Majestät aufs nachdrücklichste wiederum begutachtet und unterstützt; aber auch diesmal weder Antwort noch Erfolg. Im Jahre 1843 parochia vacante – Merkle war damals Kaplan hier und Pfarrverweser – wurde nochmals ein Versuch gemacht, die Eingabe aber an S. Majestät wurde diesmal nur vom Ordinariat Augsburg in vorstehendem Betreff eingereicht; die Pfarrgemeinde Grönenbach richtete ihr Gesuch diesmal an das Ministerium des Innern. Zugleich hat sie sich ins Benehmen gesetzt mit dem Rechtsanwalt Wibmer in Memmingen, welcher ebenfalls in gleicher Sache eine Eingabe ans Ministerium des Innern abgehen ließ, d. d. 19. März 1843. Auf diese letzten Eingaben erfolgte nun am 18. Dezember 1843 seitens des K. Ministeriums des Innern an die K. Regierung K. d. J. nachfolgende Antwort: „Die K. Regierung erhält anruhend die Beilagen ihres in unten bezeichnetem Betreffe erstatteten[WS 1] Berichts vom 28. Februar lfd. J. mit der Eröffnung zurück, daß das K. Finanzministerium die Herausgabe des in Anspruch genommenen ehemaligen Vermögens der kath. Pfarrei Grönenbach gleichnamigen Landgerichts in der Erwägung, daß dasselbe wie in dem hieneben gegen Wiedervorlage angefügten Kronanwaltlichen Gutachten ausführlich erörtert und nachgewiesen erscheint, längst wahres Staatsgut geworden ist, als verfaßungsmäßig unzuläßig abgelehnt habe.“
Aus diesem Kronanwaltlichen Gutachten möge folgendes angefügt sein: „Nach kurzer geschichtlicher Entwickelung der Ereignisse von 1803 und danach auf grund des Stifftungsbriefes in bezug auf Pfarrei und Collegiatstifft faßt er seinen Rechtspunkt dahin: I. die klaren Worte der mit bischöfl. Vorwissen im Jahre 1479 über die Stiftung des Collegiatstiffts Grönenbach ausgefertigten Urkunde lassen entnehmen, daß die Einkünfte der Pfarrei Grönenbach unwiderruflich zum Unterhalt des Stifts einverleibt und daß die [190] Pfarrei in ein Stifft umgewandelt wurde, der Dechant aber als parochus actualis aufgestellt wurde; eine solche Umwandlung ist eine wahre vollständige Union per alterationem; sie hat somit die Wirkung einer ieden Union, wornach der titulus beneficii vel parochiae auf dem Kloster oder Collegio haftet und bey welcher Union je nach den Bestimmungen der Stiftungs- oder Incorporations-Urkunde entweder der Prälat oder Stiftsdechant einen vicarium parochiae statt seiner bestellen kann oder (wie es bey der Pfarrei Grönenbach geschehen) es wird die Cura dem Kloster oder Stifte dergestalt annectirt, daß sie der Dechant oder Prior selbst vertreten, mithin parochum actualem machen muß. II. Ist aber solches Pfarrvermögen wirklich per unionem plenissimam mit allen oben angezeigten Merkmalen ein Theil des neuen Stifts Grönenbach für ewige Zeiten geworden und geblieben und hat die bayr. Regierung nach eingetretener Säkularisierung für die Seelsorge in dem bekannten Maaße „erklecklich“ gesorgt, so ist das übrige Gut des Stifts wahres Staatsgut also verfassungsmäßig und unveräußerlich geworden und es kann dem K. Finanzministerium nicht zustehen, nach dem Verlauf von vierzig Jahren das Dasein eines solchen Staatsgutes aufzuheben und eine Veräußerung desselben zuzugeben, da die völkerrechtlichen Verträge gemäß obgelegene, erkleckliche Vorsorge für Seelsorge und Gottesdienst gehörig gepflogen worden ist.
München, 18. November 1843.Das Rechtsgutachten des Advokaten Wibmer in Memmingen vom 31. Mai 1844 geht dahin, daß man nicht prozessieren solle mit dem Fiskus, da kein Maßstab für das quale und quantum des ehem. Grönenbacher Pfarrgutes bei Ausscheidung vom Kollegiatstiftgut gegeben, abgesehen von allen übrigen Schwierigkeiten, und so unterblieb die Klagestellung und blieb der magere Congruagehalt für die kath. Pfarrei Grönenbach.
- Berthold von Grönenbach um 1150.
- Konrad 1322.
- Christophorus von Rotenstein 1377–1405.
- Johannes Wiedemann 1416–1418.
- Johannes Peppel 1445.
- Ludwig Nagel (Negelin) 1479.
- Mag. Jacob Walder (Walther) von Memmingen 1480?
- Mag. Konrad Rotmayr 1500–1517.
[191]
- Johannes Kimpel (Kümpel) von Memmingen. Priester 18. Dez. 1484, Dekan 1517–1523, gest. 23. Sept. 1523.
- Sigmund Frey (Freymann) 1533–1550, saevissima contagio sustulit Decanum et omnes Canonicos.
- Mag. Georgius Meuerle (Meuerlin), Vicedecanus 1579.
- Johannes Mayr, Canonicus Regularis O. S. Aug. Wettenhusii prof. 1581–1586.
- Andreas Weiß von Grönenbach, Priester 26. Mai 1584, war zugleich Pfarrer in Illertissen; er war als solcher abwesend von hier vom 21. Sept. 1591 bis 23. Jan. 1596; posthac in decanatu residens usque ad obitum.
- Johannes Lengst, Vicedecanus 1604.
- Mag. Balthasar Lengst von Haid, Bistum Konstanz, Priester 25. Jänner 1604, praes. 3. März 1604; Decanus 1604–1609.
- Ludovicus Zeltenbach von Gaienhofen, Bistum Konstanz, Priester 5. März 1605, praes. 20. Jänner 1609; Decanus 1609 bis 1613.
- Andreas Weiß zum zweiten Male praes. 8. März 1613, † 6. Nov. 1613, ejusque vices Georgius Kreutter supplevit.
- Wolfgang Geßler, S. S. Theol. et J. U. Doctor aus der Markgrafschaft Baden, praes. 2. April 1614, Decanus 1614–1615.
- Andreas Epplin von Ottobeuren, Priester 2. April 1611, praes. 15. April 1615, † 30. Aug. 1629, Decanus 1615–1629.
- Mag. Georg Viescher (Fischer) von Ottobeuren, Priester 20. Dez. 1625, praes. 24. Sept. 1629, Decanus 1629–1643, † 5. Juni 1643, hic per aliquot annos abfuit, Frisingae exul commoratus.
- Mag. Nikolaus Brunner, Soloturensis Helvetus, praes. 6. Juli 1643, Decanus 1643–1653.
- Mag. Lukas Mayr von Ottobeuren, praes. 7. Mai 1653, Decanus 1653–1660.
- Georg Holzer Lizientiat der Theologie von Hall in Tirol, Priester 29. März 1653, praes. 26. Dez. 1660, Decanus 1660 bis 1663; trat in diesem Jahre in den Franziskanerorden, verließ aber schon im Noviziatjahr das Kloster wieder, versah dann mehrere Pfarreien der Augsburger Diözese nacheinander; trat dann bei den Prämonstratensermönchen in Wiltbin, nächst Innsbruck, ein; verließ das Kloster wiederum, wurde Pfarrer in Imst in Tirol. Zuletzt geriet er in die neue Lehre Luthers, verheiratete sich in Leipzig und wurde lutherischer Prädikant (miser Apostata).
[192]
- Mag. Georg Megglin von Obergünzburg, Priester 20. März 1638, praes. 23. Jan. 1663, Decanus 1663–1682, † hier 1682.
- Johann Ulrich Moll, Lizentiat der Theologie, aus Ellwangen, Priester 20. Sept. 1681, praes. 17. Sept. 1682, Decanus 1682–1693.
- Johann Georg Koller (Kohler) von Dillingen, U. J. Lizentiat, apostol. Protonotar, Romae immatriculatus; Priester 27. Mai 1684, praes. 12. Mai 1693, Decanus 1693–1719.
- Johann Georg Huber von Bernbeuren, praes. 31. Okt. 1719, † 2. Juni 1762, fundator stipendii (3000 fl.) ad seminarum Salesii Dillinganum.
- Ignaz Schnell von Grönenbach, geb. 6. Febr. 1715, Priester 1. März 1738, praes. 3. Jan. 1762, Decanus 1762–1781, † 15. April 1781.
- Franz Xaver Kaltenhauser von Kempten, geb. 15. Nov. 1727, Priester 31. Mai 1751, praes. 18. April 1781, Decanus 1781 bis 1787; war auch fürstl. Kempt. geistl. Rat.
- Joh. Nep. Frey von Wirlings, Pfarrei Buchenberg, geb. 7. Febr. 1746, Priester 10. März 1775, praes. 1787, † 3. Oct. 1814, ultimus Decanus.
- Joh. Nep. Christoph Frey von 1803–1814.
- Alois Hertrich von Hetzlinshofen, Pfarrei Lachen, geb. 16. Nov. 1744, Priester 21. Sept. 1799, inst. 12. Sept. 1816; von 1828 an auch Kammerer, war auch kgl. Distriktsschulinspektor im Landgericht Grönenbach von 1816–1832.
- Ignaz Mayer von Frankenried, geb. 11. Juni 1801, Priester 24. Sept. 1825, hat sich am 10. Febr. 1834 in einem Anfall von Schwermut während des Gottesdienstes im Pfarrhause selbst entleibt durch Erschießen. Pfarrer von 1833–1834.
- Franz Xaver Egger von Denklingen, geb. 6. Jan. 1798, Priester 28. Mai 1825, inst. 6. Juni 1834, war auch k. Distriktsschulinspektor im Landgericht Grönenbach. Pfarrer 1834–1840.
- Andreas Becherer von Geisenried, geb. 1. Aug. 1793, Priester 1. Mai 1824, inst. 11. Jan. 1841. Pfarrer 1841–1843.
- Eduard Hohenecker, Findelkind aus Wien, geb. 18. Aug. 1809, Priester 7. Juli 1835, inst. 18. April 1844, starb als Benefiziat in Bühl bei Günzburg, wurde hieher überführt und begraben. Pfarrer 1844–1847.
[193]
- Joseph Fischer von Augsburg, geb. 7. April 1808, Priester 7. Juli 1835, inst. 6. April 1848, Pfarrer 1848–1869; zog nach Knottenried.
- Alban Winter von Obenhausen, geb. 5. Sept. 1828, Priester 6. Aug. 1852, inst. 30. Juni 1870, Pfarrer 1870–1880. Wurde Stadtpfarrer von Schrobenhausen, daselbst auch Distriktsschulinspektor und 1886 Domkapitular in Augsburg.
- Franz Xaver Breher von Heimertingen, geb. 1. Dez. 1850, Priester 9. Aug. 1874, inst. 22. Juli 1880; wurde Distriktsschulinspektor und 1903 Stadtpfarrer in Kempten. Pfarrer hier 1880–1903.
- Joseph Sedelmayer von Oberreichenbach, geb. 8. März 1862, Priester 1. Aug. 1885, inst. 13. Aug. 1903.
In Khamm, Hierarchia Augustana, pars Collegialis, ist auch eine große Anzahl von Kanonikern (78) aufgeführt und am Schlusse bemerkt: Ceteris nominibus à novercante fortunâ sublatis. Im bischöfl. Ord.-Archiv ist originaliter der Eid, den die neuen Kanoniker bei ihrer Aufnahme ins Stift leisten mußten: „Ego N. N. juro et promitto Deo omnipotenti et B. M. Virgini sanctisque Philippo et Jacobo, Apostolis et Patronis quod Rmo Ep°. Augustano ejusque Vicario et Tibi N. N. Collegii hujus Grönenbacensi Decano fidelis et obediens statuta praescripta et mandata tua salubria in omnibus reverenter et effectualiter suscipiam et exequar, sic me Deus adjuvet et haec sancta Dei Evangelia.“ Darnach folgte die Intronisatio auf folgende Weise: „Auctoritate quâ fungor ordinariâ mihi commissâ admitto et intronizo Te N. N. in collegiatam nostram Ecclesiam et admissum constituo Te in statum tuum Chori unâ cum aliis presbyteris Collegis iuxta ritum August. dioecesis legendi et decantandi horas Canonicas, offerendi sacrificium Deo propitiatorium et si videbitur administrandi aliaque sacramenta penes meum in curâ pastorali Coadjutorem. In Nomine † Patris et † Filii et † Spiritus sancti. Amen.“
Unter den Kanonikern des Kollegiatstifts Grönenbach sind besonders noch zu nennen: anno 1490 Balthasarus Laminet, anno 1587 Johannes Dodel, anno 1614 Johannes Erhardus Holzhay Campidonensis, anno 1662 Philippus Jacobus Ettlinger aus Schwaz in Tirol, anno 1663 Franziskus Epp aus Lurz in Tirol, anno 1671 Johannes Georgius Spatz aus Grönenbach, anno 1792 Martin Boos aus Huttenried.
[194]
Zwischen dem damaligen Herrn Dechant Gg. Holzer und seinem Stiftskanonikus Philippus Jakobus Ettlinger war 1661 ein Streit ausgebrochen und hatte letzterer in Verbindung mit dem gräfl. von Fugger’schen Verwalter hier, Valentin Zeis, den Dechant Holzer beim Generalvikariat Augsburg verklagt, „1. daß derselbe den Fundationsstiftbrief auf Verlangen der gräfl. Herrschaft nicht herausgegeben habe. 2. daß Er, der Dechant, fast täglich nach Rotenstein ins Schloß zur Gräfin von Pappenheim laufe, dorten allerlei Unwahrheitn referiere und groß Feuer anblas, so bald möcht ausbrechen zwischen den beeden Herrschaften Fugger-Pappenheim. 3. Wegen Einnahm des ganzen Zehent. 4. Er wolle sich Sachen unterstehen, die ihm nit gebühren. 5. Daß Er den Verwalter V. Zeis einen Erzfeind der kath. Priester gescholten. 6. daß Er gesagt, alle Priester wollen ringsweis gegen Verwalter klagen. 7. wegen Einnahm 100 fl. Prädicaturgeld; 9. daß Er aus gesprengt, es sey langmächtig Jahr außer Dachung im Stifft nichts gebaut worden. 10. daß er dem Verwalter Einiges Schmirbale vorgeworfen“ – „fiat inquisitio et patebunt cuncta“ schreibt Herr Dechant am Schlusse. Gegen seinen Kanonikus Ettlinger aber erhebt Herr Dechant nachfolgende Klagen, „daß er sich von liederlichen Leuthen verführen und verhözen lasse; dadurch komme er wieder in Schuldenlast wie in Tyrol; Tag und Nacht bald liege Er in stetem lueder, schon in die 6 Wochen habe er keinen Buchstaben gestudirt, 6 Wochen nit Ein stund Dags im Hauß gewösen, gewöhnlich bis 8, 9 und 10 uhr nachts ausgeblieben, aneinander ißt und trinkt, in Wirtshäusern vorderist in Zell umbfahret und schon 7 necht nit im Stüfft gelegen.“ Im Schreiben an Herrn Weihbischof vom 30. April 1661 meldet Herr Dechant über den Kanonikus Ettlinger weiter: „derselbe frag nichts nach dem Weichbischoffen, mache Ausflüge bald an diesen bald an jenen Orth, iez nach Memmingen, bis nach Lindau, wolle alle Tag 2–3 Stunden spazieren gehen zu großem despekt des Stiffts, bald gehe er in das Bierbrauhaus bald in ein anderes Wirtshaus zu gänzlichem Ruine aller guten Disciplin, im Mößlösen sei er ganz schlauderisch, damit in Einer Viertelstund wol begnigt ist, nichts will er sich sagen lassen; will H. Dechant eine Disciplin gebrauchen, so klagt er noch, man halte ihn als einen Gefangenen.“
Bereits ebensolche Irrungen, Späne und Differenzen spielten sich ab zwischen Dechant Gg. Megglin und seinem Stiftskanonikus [195] M. Franziskus Epp, der zugleich auch excurrendo Pfarrer von Zell war. Die Punkte, so zwischen diesen beiden Herren viel Mißverständnis verursacht, waren nachfolgende:
„1. Daß H. Epp schon 6 Jahre lang auf sein aigen Costen per spass ein aigen pferdt gehalten und dazu einen solchen Ornat mit Sattel, Zaum und Zeug, daß es für einen Cleriker viel zu toll erscheint. 2. Jeden Winter habe er einen Schellenschlitten und für das Pferdt ein Rollbandt, so mehr einer Faßnacht als einem priesterlichen Aufzuge gleichkomme. 3. Daß er gar vielmalen nächtlicherweil ziemlich spatt heimkomme als umb 10, 11 Uhr oder wol noch spatter, welche H. Dechant in specie zwar nit mer wissen kann quibus diebus und wenn Er es schon negieren möcht, ist doch deme nit anderst. 4. Seine Gesellschaft sey bis dato meistens mit „Weltleuten“; Er hat die ganze Zeit, seit er hier ist, keine einige Predigt für Dechant begeret zu thun, von keinem Buech oder Casu conscientiae geredt, kein einiges mahl mit wissen den Dechant in specie eines oder anderes gefragt oder besprechet, discurrirt, wie dies oder ienes administrirt werde, also keine geistliche Gmeinschaft niemalen gepflogen. 5. Was H. Franz für Büchsen hat, kann Er, Dechant, nit wissen; er hat sich eine Zeit her des Schüessens ziemblich abgethan. 6. Als jüngst verwichenen Winter der hochfürstl. Lüneburgischen etwelche Officire allhero kommen, hat er ihnen seinen Schlitten geliehen, dann auf seinem aigenen Pferdt selber mit ihnen nacher Dietmannsried, Stifft Kempt. Marktflecken abendts geritten (da doch kein Beampter solches getan), alldort übernacht geblieben, welches H. fürstl. Stifts Kempt. Pfleger Renner dem Dechant sogleich vorgehalten. 7. Zell und deroselben Pfarrkinder Bitt- und Klageschrift anlangend, dahero iezige differenz rühret, beruft sich H. Dechant auf seine gemachte Entschuldigung und erwartet gnädige Sentenz, wie der Gottesdienst alldorten hinfüro zu verrichten, wer alldorten proprie Pfarrer seye, und was ieder zu Zell zu thuen und zu lassen hat. Wir haben für beede Orth (Grönenbach und Zell) nur Ein baptisterium, Einen Tabernacul pro Venerabili, zur Winterszeit in der größten Kälten ist der Tauf in meinem Musaeo.“
H. Franz Epp wurde Punkt für Punkt in Augsburg vernommen und entschieden, daß der Stiftsdechant in Grönenbach eigentlicher Pfarrer in Zell und jederzeit berechtigt ist, dort munera parochialia vorzunehmen, und der jeweilig vom Dechant aufgestellte Kanonikus, quâ parochus in Zell, bleibt in allen Stücken dem Dechant untertan.
[196]
Doch größere Beachtung unter den Stiftskanonikern als die zwei vorausgehenden Ettlinger und Epp verdient wohl der Aftermystiker Martin Boos, der von 1792 an bis 1799 Kanoniker hiesigen Stifts war. Mit Recht wird Martin Boos der Patriarch des Aftermystizismus genannt. Es ist dieser Aftermystizismus, auch Irwingianische Irrlehre oder vulgär Lindlianismus genannt, eine sonderbare Mischung von katholischen und protestantischen Ideen, durchhaucht von einem eigentümlichen mystischen, schwärmerischen Anflug, die am Ende des 18. und anfangs und Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen Gegenden auch in unserer Diözese auftraten und ganze Gemeinden samt Pfarrherren ergriffen. Erweckung und Auserwählung einzelner, Wiederkunft Christi und Stiftung eines Friedensreiches waren die Schlagworte; großartige Nächstenliebe, die werktätig sich überall erwies, verbunden mit einer süßlichen Frömmelei und scheinbarem Asketentum, gleichwohl aber auch vermengt mit Sinnlichkeit, indem oscula pacis und amplexus mutui unter den Anhängern dieses Glaubens männlichen und weiblichen Geschlechtes vorkamen und geschlechtliche Ausschweifungen in letzter Konsequenz bei den geheimen Konventikeln und Zusammenkünften auftraten, lockte die Leute an.[7]
Martin Boos ist nunmehr der eigentliche Begründer dieser neuen sektirischen Schwärmerei; er war geboren 1756 oder 1757 in Huttenried, studierte in Augsburg bei den Exjesuiten, – sein Onkel war der Domkapitular, Sigillifer und Fiskal Johann Kögl in Augsburg, – wurde sogar Präfekt der marianischen Kongregation unter den Studierenden; seine Universitätsstudien machte er in Dillingen, seine Lehrer waren Weber, Zimmer und Sailer. Ende der 1780er Jahre wurde er Kaplan in Unterthingau, las vielfach protestantische Mystiker und 1790 erfolgte seine Erweckung! 1791 kam er als Stiftskaplan nach Kempten und von da gar bald als 4. Kanonikus nach Grönenbach. Im hiesigen Pfarrarchiv ist ein Empfehlungsschreiben, d. d. 10. Dezember 1791 vom Onkel des Martin Boos, H. Domkapitular und Fiskal Johann Kögl, worinnen vermerkt: „Ich empfehle Ew. Hochw. diesen meinen ex sorore Nepotem angelegentlichst und ich hoffe, daß er sowohl in Rücksicht seiner Sitten als seelsorgerlichen Verrichtungen sich selbst recommandieren wird. Ich bitte also, Ew. [197] Hochw. wollen denselben mithinkommen lassen und was ihm noch an Kenntnissen abgeht, gütig belehren.“ Infolge seiner sonderbaren Predigten wurde er jedoch schon 1793 seines Kanonikates mit Belassung des Gehaltes entsetzt; nur mußte Martin Boos dafür einen Vikar stellen.
Am 6. März 1793 schrieb der Kemptische geistl. Rat von Brentano an Herrn Dekan Frey: „Ich kann Ew. Hochw. nur soviel zur Beruhigung melden, daß man im hiesigen Vikariatshause wirklich ein Zimmer für H. Boos zurichtet; sobald dieses fertig ist, wird er hieher ziehen, und dann soll auch die Sache wegen seinem Substituten berichtigt werden.“ Am 18. April 1793 schrieb H. Boos selbst vom Stift Kempten aus an den Dechant Frey hier: „Euer Hochwürden H. Dekan wird schon bekannt sein, daß ich in der Auswahl eines Vicarii Ihrer Neigung zu entsprechen gesucht habe; ich wählte nämlich H. Anton Epple, der bis Pfingsten dem seminario entkommen, dann sobald möglich meine Lücke ausfüllen und Ihnen in der Seelsorge künftig aushelfen wird. Euer Hochw. kennen nun den Mann und sehen an ihm Ihren Wunsch erfüllt. – Nun bitt ich, mir für diesen meinen H. Vicario das Kostgeld quartaliter bestimmen zu wollen; ich möchte ihn von Ihrem Hause geradeso bedient wißen, wie ich selbst bedient war, und für eine gleiche Bedienung und Kost wünschte ich Euer Hochw. H. Decan mit einem gleichen Kostgeld befriedigen zu können und ich schmeichle mir, Ew. Hochw. werden mir diese freimütige Äußerung um so minder verargen, weil Ihnen meine gegenwärtige Lage bekannt und auch ich durch Aufstellung eines Ihnen angenehmen Subjects Ihren Wunsch zu befriedigen gesucht habe.“
Nun verlangte Herr Stiftsdekan eine Zulage zu des Herrn Vikars Epple Quartalkost und Pflege wegen teuern Zeiten. Darüber entspann sich ein interessanter Briefstreit zwischen Herrn Stiftsdechant und Pfarrer Abraham Brackenhofer in Wiggensbach und dessen Schützling Martin Boos, dem das Generalvikariat ein Ende machte und entschied, Boos Martin müsse sich drein ergeben, daß für seinen Chorvicario quartaliter eine Teuerungszulage aufgerichtet und ihm an seiner Pension in Abzug komme. Anno 1794 kam Boos nach Seeg zu Pfarrer Feneberg; 1795 wurde er Kaplan in Wiggensbach, und als er von da aus wieder in Seeg Besuch machte, erweckte er den Pfarrer Feneberg und dessen beide Kapläne Bayer und Siller „mit der ihm eigenen Seilerschen gravitaet“, wie Pfarrer Brackenhofer von Wiggensbach über Boos an Herrn Dechant Frey schrieb. Anläßlich einer Neujahrspredigt 1796 mußte er aus Wiggensbach fliehen und kam nach Seeg; dann acht Monate ins Priesterkorrektionshaus in Göggingen bei Augsburg.
[198] Herr Joh. Gg. Hoffmann, Benefiziat und Direktor dieses Hauses, bedankt sich am 22. Oktober 1797 bei Herrn Dechant Frey für die gütigst übermachte Kanonikatspension des Herrn Kanonikus Boos und bittet Herrn Dechant auch weiter um Wohlwollen für den Genannten, indem er dem Herrn Dechant vorschlägt, einen Tausch in der Person herbeizuführen, da es für jeden doch ein guter Tausch wäre, der dem Kanonikus (Boos) ein geringes Benefizium gäbe und dafür das „gute Kanonikat“ Grönenbach annähme. Im Jahre 1799 schickte Herr Dekan Frey auf Aufforderung des Vic. glis Anton Nigg zum letzten Male die Kanonikatspension für Martin Boos, die 119 fl. betrug, wovon aber 4 fl. 24 kr. und 4 hl. Kriegsbeiträge in Abzug kamen, an den Herrn Direktor Hoffmann des Priesterhauses in Göggingen. Nach Abschwörung von zehn irrigen Sätzen wurde Boos nach zweimonatlichem Stadtarrest in Augsburg Kaplan in Langenneufnach; aber bald begann er wieder seine Erweckungen, und wieder vors Ordinariat zitiert erschien er nicht mehr, sondern fand auf seines früheren Professors Sailer Verwenden Unterkunft im Schlosse Grünbach bei Hohenlinden; 1798 stellte er sich wiederum dem Ordinariat und erhielt seine Dimissorien durch Generalvikar Nigg, kam nun in die Diözese Linz, wurde zuerst Kaplan in Leonding, Waldneukirchen und Peyerbach, dann Pfarrer in Gallneukirchen. – Er war vorsichtiger, aber der alte Mystiker geblieben. 1810 hielt er eine aufreizende Marienpredigt, ward verklagt, 11 Monate ins Karmeliterkloster zu Linz gesperrt, kam dann wieder nach Bayern und erhielt zuletzt die Pfarrei Sayn bei Koblenz, die er von 1819 an bis zu seinem Tode 1825 inne hatte.
Bei all den Kanonikern des Stifts Grönenbach vom Jahre 1681 an ist beinahe bei jedem noch hinzugefügt Cleric. Saecul. in communi viventium sacerdos, d. h. Priester des Institutes von Weltgeistlichen, die in Gemeinschaft zusammenleben nach der Regel des berühmten Bartholom. Holzhauser. So sind aufgeführt 1681 Johannes Ulrich Moll aus Ellwangen, Joh. Oberlânder von Gundremmingen 1682, Petrus Steinherr von Oberstotzingen 1684, Karl Christoph Müller von Bernbeuren 1690, Franz David Mersperger von Wallenstein 1692, Franz Mech von Monheim 1692, Joh. Michael Schmid von Grimmelsthofen 1693, Joh. Philippus Haas von Dillingen 1704, Joh. Petrus Mezner von Kemnat in Pfalz 1704.
[199] Dieses Institut der Weltpriester hatte Bartholomäus Holzhauser, ein seeleneifriger, frommer Priester, geb. in Laugna im Jahre 1613, gestiftet, um die furchtbaren Schäden, die der schreckliche 30jährige Krieg besonders auf dem Gebiete des Glaubens und der Sitten herbeigeführt, wieder zu beheben; namentlich wollte er den tiefgesunkenen Geist des Klerus reformieren und damit auch eine Erneuerung der religiös-sittlichen Zustände im Vaterlande hervorbringen. Dieses Institut war gleichsam eine Nachahmung der Vita communis, wie sie der hl. Augustinus, gestorben 430, bei seinem Klerus eingeführt und wie sie der Bischof Chrodegang von Metz um 762 bei seiner Geistlichkeit durchsetzte; es schloß in sich drei Hauptpunkte: 1. brüderliches Zusammenleben der Weltgeistlichen mit Ausschluß der weiblichen Dienstboten, 2. Gütergemeinschaft und 3. Gehorsam gegenüber den Gesellschaftsoberen: „Absit feminarum sexus, adsit dulcis fratrum nexus vera confraternitas. Caput esto singulorum praeses unus et bonorum sacra sit communitas.“ In der Diözese Salzburg gründete Holzhauser 1640 das erste Institut und nannte es Institutum Clericorum saecularium in communi viventium. – Später wurde er Dechantpfarrer (1642) von St. Johann in Leukenthal (Tirol), und zuletzt übersiedelte er nach dem Rheinlande und starb als Dekan zu St. Johann in Bingen. In seiner Heimat und Mutterdiözese Augsburg wurde dieses Institut des Holzhauser nie ganz aufgenommen, da der damalige Weihbischof Kaspar Zeiler (zugleich Dechant des Kollegiatstifts St. Moriz in Augsburg) ein heftiger Gegner war. Erst später unter dem Bischofe Christoph von Freiberg in Augsburg wurde auch in der Augsburger Diözese dieses segensvolle Institut begründet und ausgebreitet, und besondere Bedeutung erlangte das für Priesternachwuchs sorgende Institut Salesianum in Dillingen. Der ehemalige Grönenbacher Stiftsdechant J. Gg. Koller hatte die laut Kaufbrief vom 21. August 1684 erworbenen beiden sog. Hofrat Weiß’schen Häuser für 1800 fl. durch Erbauung des mittleren und westlichen Traktes miteinander verbunden, welche jetzt die Seitenflügel gegen Süd und Nord bilden (jetziges Taubstummeninstitut). Die Inschrift im unteren Hausgang des Taubstummeninstitutes Dillingen besagt: „Hoc seminarium et emeritorum Cleric. Secul. in coenobio viventium domum propriis exstruxit mediis et duobus ditavit stipendiis Joh. Gg. Koller Dillinganus. J. U. Lic. Protonotarius Apostolicus Coll. Eccl. Grönenbac. Decanus.“ Auch der spätere Dechant und Pfarrer in Grönenbach, Georgius Huber, bestimmte testamentarisch 2500 fl. zu diesem salesianischen Seminar, da er in diesem Seminare seine Studien [200] vollendet hatte, ein Stipendium, das heute noch besteht zum Segen der Studierenden unserer kath. Pfarrgemeinde. Dieses Salesianum war also eine Pflanzschule, ein Seminar zur Heranbildung tüchtiger Weltgeistlichen und zugleich ein Austragshaus für Emeriten, alles aber in den Händen der Mitglieder des Instituts Holzhauser und geleitet von ihnen. Diese Säkularpriester, die sich in Barth. Holzhausers Instituten zusammenfanden, führten ein sehr geregeltes, sittenstrenges, dem Studium, der Betrachtung und dem Gebete und der Seelsorge gewidmetes Leben.
Laut Urkunde im bischöfl. Archive Augsburg vom 31. Mai 1700 wird von Pfarrer Johann Jakob Ensle in Nesselwang gegenüber Sebastian Lutzenberger, geistl. Rat und Advokat beim bischöfl. Konsistorium Klage geführt über den Grönenbacher Dechant und seine Kanoniker, quod contra substantiale punctum nostri Instituti (Bartholomäer Institut) peccaverint: „Sunt nempe in mensa divisi“; timendum esse, ne in disgratiam cadant maxime ob lites Campidoni excitatas.[8]
Wenn nun auch in der langen Zeit, in welcher das Kollegiatstift Grönenbach bestanden, d. i. von 1479 bis 1803 manches vorgekommen, was zu beklagen und nicht gutzuheißen, so muß doch, wenn man gerecht sein will, auch anerkannt werden, daß die Herren Dekane sowie die Kapitularkanoniker zum größten Teil ihrer Stellung würdig sich betragen, einen geziemenden Wandel geführt und die Seelsorge zum Segen der ihnen anvertrauten Gemeinde geleitet haben. – Ihr Andenken wird in Grönenbach unvergessen bleiben, und die Namen eines Andreas Weiß, von dem der Großteil der heute noch vorhandenen Pfarrbibliothek stammt, eines Georgius Megglin, der 1663 die Stiftskirche restaurierte und dessen Grabstein in der Krypta noch vorhanden, eines Georg Huber, der das Grönenbacher Ortsstipendium zum Salesianum stiftete, „subitanea morte defunctus 27. Septembris 1719 prope pedem Altaris Smi Cordis Jesu a se erecti sepultus est“, eines Johann Nepom. Christoph Frey, des letzten Dekanes, dessen Grabstein, ein schlichter Monolith, auf unserem Friedhofe steht, der die Säkularisation erlebte, zugleich erster Säkularpfarrer wurde, und von dem der Eintrag im Sterbebuch lautet: „Er hat die pfarrlichen Rechte und die pfarrlichen Einkünfte durch Rekurs an das Ministerium des Innern [201] mit großem Aufwande verteidigt und hat sterbend die K. Resolution erwartet, aber nicht mehr – Gott Dank – erlebt“, werden nie in Grönenbach vergessen werden.
Die Gemeinde Grönenbach hatte, wie aus Vorstehendem sich ergibt, schon sehr frühe ein Gotteshaus. Dasselbe war, wie die Krypta der Pfarrkirche ersehen läßt, jedenfalls romanisch. Die erste Konsekration erfolgte am 27. Mai 1136 durch den Augsburger Bischof Walter. Am Freitag vor St. Gallus anno 1445 wurde die Pfarrkirche denuo konsekriert in Gegenwart des damaligen Herrn Pfarrers Peppel, des Benediktinerpriors Joh. Schreiber von Ottobeuren, des Hl. Geistherrn Jodokus Azenried von Memmingen, des Pfarrers (kath.) Trüchler von Woringen, des kath. Pfarrers Jordanus Henkel von Herbishofen und der zwei Kapläne Ulrich Schilling und Konrad Fischer in Grönenbach. Warum diese zweite Konsekration erfolgte, ist offene Frage; jedenfalls ist die ursprünglich romanische Kirche zugrunde gegangen und wurde über der stehen gebliebenen Krypta die Pfarrkirche im spätgotischen Stil erbaut ohne Seitenschiffe. Im Jahre 1479 wurde diese Pfarrkirche durch Ritter Ludwig von Rotenstein zur Kollegiatkirche umgewandelt, und jedenfalls damals wurden die zwei Seitenschiffe angeschlossen und deshalb diese erweiterte Pfarrkirche, nunmehr Kollegiatkirche zum dritten Male konsekriert am 5. Juli 1495 durch den damaligen Generalvikar und Suffraganbischof – damaliger Augsburger Bischof war Friedrich Graf von Zoller.
Laut Neub. Kreisarchiv wurde anno 1622 der Turm der hiesigen Pfarrkirche neu eingedekt und ebenso das Langhaus der Stifts- und Pfarrkirche; die Streitfrage war, ob der Turm mit Blatten oder Blech oder Kupfer gedeckt werden solle; man entschied sich für Kupfer. Damals war Heiligenpfleger Hans Jakob Stollenmeyr. – Ebenso liegt vor ein Verzeichnis der Ausgaben anno 1626 an Handwerksleute, Taglöhner, Fuhrlohn und um dazu notwendig gebräuchige Materialien. Oberbaumeister war Christoph Hurter aus Memmingen, Werkmeister Georg Mayer in Memmingen; ferner haben mitgewirkt: Jakob Brög, Schmied zu Ittelsburg, Hans Glatz, Schmied zu Grönenbach, Bartholomä Voiten, Nagler zu Kempten, Hans Jakob Scheufelin, Nagler in Memmingen, Balthasar Reysacher, Zimmermeister hier, Michael Rauch, Küfer allhier; Hans Metzeler, Müller allhier, hat Latten und Bretter geschnitten; Anna Hublerin lieferte Truhen Kalk aus ihrer Ziegelei in Wolgemuets, Pfarrei Probstried; Hiebeler, Maler
[202] aus Kempten hat damals an der Uhr am Kirchturm von neuem den Zeiger vergoldet und die Wappen daran gemalt um 15 fl. Simon Greiterer zu Zell und Balthasar Hiltensperger zum Syngers, beide Maurer, haben vier Tage am Kirchturm gedeckt. Anläßlich der großen Restauration anno 1884 fand sich in dem zugemauerten östlichen Chorfenster die Inschrift: Renovatum Decan Megglin 1663. Dem entspricht auch die im Neub. Kreisarchiv enthaltene Notiz: „Anno 1663 hat Maller Sebast. Schöpfer aus Schongau, der während der Wintermonate auch interimsweise Schul gehalten, die Altäre gemalt um 400 fl. Verding.“Anno 1884 wurde die Kirche neuerdings einer Hauptrestauration unterzogen. Hiesiger Herr Landrichter Kerker (1855–1862) hatte den Gedanken angeregt, die ursprünglich gotische, aber später in Barock verzopfte Kirche wiederum zu gotisieren. Schon Pfarrer Winter (1870–1880) hatte einen beträchtlichen Restaurationsfond angesammelt. Die Marktgemeindeverwaltung hier war bei einer allenfallsigen Restaurierung für die Beibehaltung des Barockstiles. Der berühmte Münchner Architekt Hauberrißer, ebenso k. Bauamtmann Linde in Memmingen, wie auch Bischof Pankratius von Dinkel, dessen Rat auch eingeholt worden, waren für Gotisierung, die denn auch ziemlich stilmäßig erfolgte; nur die Fensterbogen im Langhaus blieben, wie sie verunstaltet waren, in ihren Rundbogen. Anno 1746 erfolgte die Reparatur an der Orgel, welche schon Alexander Marschall von Pappenheim anno 1589 [203] angeschafft, wofür der damalige Schaffner Franz Leonhard Küchlen dem Orgelbauer (Orgelmacher) Josef Zettler von Ottobeuren laut Rechnung vom 8. Jänner 1746 60 fl. bezahlte. Am 30. September 1840 wurde die Orgel hier durch Franz Anton Kiene, Orgelbauer von Langenargen am Bodensee, einer gründlichen Hauptreparatur unterzogen. Kostenvoranschlag 620 fl. (Pfarrarchiv.)
Anno 1784 wurde laut eines Berichtes des damaligen Stiftskanonikers und späteren Dekans J. N. Chr. Frey in der Stifts- und Kollegiatkirche sehr vieles, teils notwendig, teils nützlich Neues gebaut, geändert und neu angeschafft: 1. wurde die Sakristei, die früher an der Nordseite des Chores angebaut war, abgebrochen und dafür der Anhängsel im Osten des Chores gemacht. Ebenso wurden viele Paramente teils neu angeschafft, teils ausgebessert, 20 Leuchter, 2 Kruzifixe und neue Kanontafeln erstanden. 2. Der Altar, welcher in der Mitte stand, auf welchem der Leib der hl. Martyrin Kolumba ruhte und mit einem großen, beschwerlichen eisernen Gatter eingefangen war, wurde abgebrochen und mit dem Eisengatter der Kommunikantengitter hergestellt. 3. Der Herz Jesu-Altar wurde ganz renoviert; 4. der Taufstein in die Nordwand der Kirche eingesetzt; 5. der Muttergottes-Altar neu gemacht; 6. die ganze Kirche von welschen Maurern (Italiener) ausgeweißelt – von 4 Mann innerhalb 8 Tagen, wofür sie 100 fl. erhielten. 7. Wurde der Turm mit Sturz bedeckt, vieles von Maurern und Zimmerleuten ausgebessert, die Kirchenuhr renoviert und mit Viertelwerk versehen; 8. die Kirchenstiege und der ganze Kirchweg neu gemacht, – die Steine schenkte der damalige[204] Fürstabt von Kempten; ebenso wurde auch die ganze Friedhofmauer renoviert; 9. neue Ziboriumkrone mit drei neuen Ziboriummäntelchen beschafft; ebenso die blauen Mäntel für die Himmelsträger neu gemacht. Im ganzen wurden 3000 fl. verbaut, meistenteils von der Bruderschaft und Guttätern bezahlt. Bei dieser Gelegenheit hat man auch aufgenommen das Gebet nach der Predigt für die lebenden und gestorbenen Stifter und Wohltäter des Gotteshauses.
In unserer kath. Pfarrkirche sind verschiedene Gemälde aufgehangen, welche sämtliche von einem Grönenbacher, dem Herrn Kaufmann Max Kolb, geboren in Grönenbach den 23. August 1808, gestorben in Grönenbach den 7. Oktober 1875, gemalt wurden, und zwar: 1. Bild der „Fischmadonna“ nebst dem kleinen Bild „blumenstreuende Engel“, gemalt anno 1855, Leinwand, Farben und Arbeit gratis; 2. Tod des hl. Josef nach dem Original des Malers Kaspar in Obergünzburg nebst dem kleinen Engel mit Spruchband, gemalt anno 1856, Leinwand, Farben und Arbeit gratis; 3. ehemaliges Hochaltarbild, jetzt Altarblatt in der Schulkapelle Gmeinschwenden, „Himmelfahrt Christi“ nach dem Original von Schraudolph, gemalt 1856, die Vergoldung der Glorie und Leinwand wurden von der Kirchenstiftung mit 28 fl. 39 kr. bestritten, Farben und Arbeit gratis; 4. ehemaliges Fastenbild nach dem Originale des Malers Kaspar in Obergünzburg, Farben und Arbeit gratis; 5. das Bild St. Leonhard in der Ittelsburger Filialkirche; 6. St. Michael für die Ottobeurer St. Michaels-Filialkirche. Überdies gingen noch viele andere religiöse Bilder, Skizzen und Zeichnungen aus der Hand dieses begabten, edlen und frommen Mannes hervor.
Die Ausmalung der Kirche bei der Restauration anno 1884 übernahm in künstlerischer Weise auch ein Grönenbacher Kind, Herr Kunstmaler Wirth, z. Z. in Aachen im Rheinland.
NB. Am 2. Juni 1720 am Sonntag infra Octavam Corpor. Christi schlug der Blitz am Herz Jesu-Altar herab. 20 Personen wurden leicht gestreift, ohne dauernden Schaden zu nehmen; es war gerade das Allerheiligste ausgesetzt. Am 23. Mai 1783 nachmittags 3 Uhr schlug der Blitz in den Turm und in die Pfarrkirche zweimal und zertrümmerte die Fenster.
In unserer Pfarrkirche wurde das hl. Sakrament der Firmung gespendet im Jahre 1790 durch den Augsburger Weihbischof Johann Nepomuk; im Jahre 1830 durch den Bischof Albert Riegg; im Jahre 1837 durch Petrus Richarz; im Jahre 1863 durch den Bischof Pankratius Dinkel.
[205] Die Stifts- und Pfarrkirche war vom Jahre 1559 an – Einführung der calvinischen Lehre in Grönenbach – bis 1621 Simultankirche; erst in diesem Jahre wurde durch Dekret des Fürstabtes von Kempten, d. d. 2. September 1621, mit Beihilfe und Rat Sr. Exzellenz des Herrn Grafen Ott Heinrich Fugger das Simultaneum für immer abgeschafft. Mehrmalige Versuche wurden zwar seitens der Reformierten gemacht und sogar anno 1635 die Kirche gewaltsam erbrochen, wie schon im früheren dargetan wurde.
Sieben Altäre seit Erhebung zur Kollegiatkirche 5. Juli 1495: 1. Hochaltar zu Ehren St. Philippus und Jakobus; 2. mitten ad pedem chori zu Ehren der hl. Gottesmutter; 3. St. Josephsaltar; 4. St. Annaaltar; 5. St. Michaelsaltar; 6. St. Willibald- und Walburgaaltar; 7. Gruftaltar zu Ehren St. Sebastians. (Cfr. pag. 203.)
Sechs Altäre seit der Restauration 1784 und 1884: 1. Hauptaltar: St. Philipp und Jakob; 2. Turmaltar: St. Franz Xaverius; 3. Muttergottesaltar; 4. St. Barbaraaltar; 5. Herz Jesu- und 14 Nothelferaltar; 6. Gruftaltar zu Ehren St. Sebastians. (Cfr. pag. 203.)
Die Gruftkapelle (Krypta), romanisch, uralt, ist dem hl. Sebastian geweiht, war Begräbnisort der Stiftsdekane und Stiftsherren. Herr Dekan Megglin allein hat in der Gruftkapelle [206] noch einen Gedenkstein: Anno 1682 die mensis 21. Augusti obyt R. D. Georgius Megglin Hujus Eccl. Coll. Decanus et parochus. Anläßlich der Restauration 1884 wurde diese Gruftkapelle wie früher vom Schiff der Kirche aus zugänglich gemacht; selbe wurde bei diesem Anlasse auch ausgegraben und vertieft, die Säulen, Monolythen aus Nagelfluh gehauen, mit massiger Basis unterfangen, ein neuer Altar aus Tuffstein aufgebaut, Abendmahl Christi und Christus in der Vorhölle, zwei Glasgemälde, eingelassen. Historienmaler Keller in München und die dortige Glasmalereianstalt J. P. Bockhorni lieferten Skizze und Gemälde um den Preis von 554 Mk. im Jahre 1896. 300 Mk. kostete das Abendmahl, 120 Mk. Christus in der Vorhölle, Eisenrahmen kosteten 24 Mk., den Rest von 130 Mk. erhielt Historienmaler Keller. – Die Figuren: Christus am Ölberg, Engel mit Kelch, Ecce Homo, der kreuztragende Heiland – Figuren aus Holz geschnitten – stammen von der kirchlichen Werkstätte Friedrich Schneider in Freiburg im Breisgau und kosteten ungefaßt 111 Mk. – Der Christus-Corpus, modelliert und in terra cotta gebrannt von Ludwig Eberle, einem Grönenbacher Künstler, wurde 1908 um den Preis von 200 Mk. angeschafft. In dieser Gruftkapelle wird in der Quatemberzeit jedesmal am Quatembermittwoch, Quatemberfreitag und Quatembersamstag das hl. Opfer für die gestorbenen Stifter und Wohltäter des Gotteshauses dargebracht. In der Karwoche dient diese Krypta zugleich als Heiliges Grab.
Ittelsburg hatte als eine vom Hochstift Kempten lehenbare Herrschaft eigenes Adelsgeschlecht, die Edlen von Ittelsburg. Um 1280 starben nach dem Ottobeurer Totenbuch am 8. September Adelheid von Ittelsburg und am 12. Dezember Anna von Ittelsburg. Anno 1322 schenkte Ritter Berthold von Ittelsburg mit seinen Söhnen Berthold und Konrad dem Spital von Memmingen eine Gilt aus dem oberen Tal bei Grönenbach. Dieser Konrad von Ittelsburg war 1362 Mönch in Kempten, sein Bruder Berthold, der im Kosenamen „Benz“ hieß, erscheint letztmals 1370. Vorübergehend war die Herrschaft von Ittelsburg – Dorf und Burg – an das Kloster Ottobeuren gekommen, aber schon 1354 wurde dieselbe von Berthold von Ittelsburg wieder eingelöst. Um 1400 kam die Herrschaft Ittelsburg an Franz den Mauler, von diesem 1406 wieder an das Kloster Ottobeuren; 1410 kam die Herrschaft Ittelsburg von Ottobeuren durch Kauf an Hug und Gerwig von Rotenstein zu Albrechts; diese aber verkauften [207] das Dorf Ittelsburg ohne Burg (Falken- und Altittelsburger Burg) an den Memminger Bürger Leutkircher; von diesem überkam es 1426 dessen Mitbürger Diepold Zwicker (Zwingherr). Der Sohn des Genannten, Hans Zwicker, erbaute auf der sog. Heidelsburg, später Hahnentanz, eine neue Feste, Neuittelsburg, die aber schon 1457 von den Kemptnern zerstört wurde. Dieser Hans Zwicker war ein Genosse der Grafen von Rechberg, die mit ihrem Anhange – verarmte Adelige, Abenteurer, Raubritter – in die Gebiete der Städte einfielen; auch Zwicker Hans erlaubte sich gegen die Kemptner Gewalttätigkeiten.
Darüber ergrimmt zogen 200 Kemptner am 25. April 1457 vor seine Veste Neuittelsburg, wiesen die angebotene Ergebung Zwickers auf Gnade und Ungnade zurück und schossen die Burg mit glühenden Pfeilen in Brand. Zwicker suchte sich aus der brennenden Burg zu retten, fiel aber seinen Feinden in die Hände, welche ihn tödlich verwundet mit nach Kempten schleppten. Da derselbe jedoch im Gefängnisse schon am 1. Mai 1457 seinen Wunden erlag, so geriet die Stadt Kempten mit den Brüdern des Hans Zwicker und der Stadt Memmingen in einen Rechtsstreit, der erst 1461 durch Vermittlung der Ulmer dahin
[208] entschieden wurde, daß Kempten den Zwickern 600 fl. Entschädigung für die zerstörte Ittelsburg ausbezahlte. Von den Erben des Hans Zwicker kaufte Dorf und Gericht mit Burgstall auf der Heidelburg (Hahnentanz) 1496 der Marschall Wilhelm von Pappenheim. Von den Zwickern stammt der Ittelsburger Meßkelch, der heute noch in Gebrauch ist, eine herrliche Renaissancearbeit mit dem Wappen der Zwicker am stipes. An die Pappenheimer Herrschaft erinnert das Doppelwappen am Eingang der Kapelle südlich in den Eckzipfeln, rechts Hirnheim, links Rotenstein. An Kemptner fürstabtliche Zeiten erinnert das alte ehemalige Altarbild St. Leonhard mit dem Wappen des Fürstabtes Rupert von Bodmann mit der Jahrzahl 1687, während über dem Eingang in Stein gemeiselt die Jahrzahl MCCCCXXXVIIII, d. i. 1439 steht, jedenfalls das Jahr der Erbauung, obwohl damit nicht gesagt, daß nicht schon längst vorher auch eine Kapelle gestanden hat, da ja bekanntlich die Heiltümer und Wallfahrtskirchlein zu St. Leonhard gern an Kreuzstraßen erbaut, meist ein hohes Alter aufweisen.Ob Ittelsburg vor der Reformation eine eigene Pfarrei gebildet, ist eine offene Frage; ob es eigene Sepultur, Begräbnis und Friedhof besessen, ist ebenfalls ungelöste Frage; vielleicht war der Raum um die Kapelle ein Pestfriedhof. In einer Urkunde des Reichsarchiv München, Chorstift Grönenbach F 2, ist folgendes bemerkt: „Am St. Ambrosiustag des hl. Bischofs, d. i. 4. April 1550, erklärte Diepold Zwicker von Memmingen und die Gepaurschaft der ganzen Gemeind Ittelspurg, daß sie mit Ritter Ludwig von Rotenstein und dessen Bruder Thomas von Rotenstein ihrer St. Leonhardskapelle wegen folgendermassen übereingekommen seien: Wenn auch in ihrer [209] Kapell über kurz oder lang eine Meß gestiftet werden sollte, so sollen die Opfer dem Pfarrherrn oder Kirchherrn zu Grönenbach zufallen in gleicher Weise, als ob sie in seiner Kirche zu Grönenbach gefallen wären; es werde ein ewige Meß oder mehr und ein Caplan oder mehr da gestifftet und gesetzet oder nit oder was dahin gestufft würdt, es soll alles dem Kirchherrn zu Grönenbach gehören. Item es soll ein Caplan, ob einer oder mehr als viehl darauf die genannte Capell gestifft und gesetzt werden, in dem Dorff Grönenbach ihre Wohnung und Behausung haben allweg und nirderst anderswo und dem Kirchherrn oder Pfarrherrn daselbst nach Gewohnheit gehorsam sein. … Item es sollen auch dieselben Caplän allsammt, ihrer feind vill oder wenig alle sonntäg in der Pfarrkirchen zue Grönenbach Meß halten und lesen und nit in der genannten Capell Ittelspurg. Item sollen in der genannten Capell 2 Heiligenpfleger sein und die Einnahmen und Ausgaben aufschreiben und dem Lehensherr, dem Pfarrherrn und der Gemaindt zue Grönenbach darüber Rechenschaft ablegen. Item es sollen die Caplän in der Seelsorg nichts zu schaffen haben und dem Volk die Sakrament nit spenden außer mit des Kirchherrn und Pfarrherrn zue Grönenbach wissen und willen und auch sonst keine pfarrlichen Rechte an sich ziehen. Item wenn auch in die Capell zu Ittelspurg eine Mess sollte gestifftet werden, soll Ludwig von Rotenstein und sein Bruder und seine Erben Lehensherrn sein.“
Aus diesem Übereinkommen Ludwigs von Rotenstein mit den Bauern von Ittelsburg wegen der Kapelle geht klar hervor, daß also auch in der letzten Zeit vor der sog. Reformation, wo in Ittelsburg noch alles katholisch war, also im 15. Jahrhundert, um 1470–1480 in Ittelsburg noch kein eigener Pfarrer war, sondern Ittelsburg schon vom 15. Jahrhundert zum mindesten immer Filiale von Grönenbach war. Unter den 77 Gemeinden, welchen durch den Abt Isegrimm von Ottobeuren Reliquien überlassen wurden, und welche daher aus Dankbarkeit jedes Jahr in der hl. Kreuzwoche nach Ottobeuren wallfahrteten, war auch Ittelsburg dabei.
Im Neuburger Kreisarchiv, Band Nr. 581, finden sich Heiligenrechnungen von Ittelsburg aus den Jahren 1671, 1672, 1673, 1674, 1675 und 1676. Heiligenpfleger war damals in Ittelsburg Georg Einsiedler. Aus diesen Rechnungen ersieht man, daß der Heiligenpfleger seine Restanten nicht eingebracht, und wird ihm der Auftrag, binnen 14 Tagen dieselben einzutreiben. Der Heiligenpfleger hatte eine jährliche Besoldung von 2 fl. Mesner in Ittelsburg war 1671–1676 Hans Hildebrand. Die Musiker verzehren [210] an der Kirchweih in Ittelsburg 1671 3 fl., 1672 5 fl., 1673 4 fl., 1674 4 fl., 1675 4 fl., 1676 4 fl. Der hl. Kreuzweg in Ittelsburger Kapelle wurde gestiftet von der im Jahre 1779 gestorbenen Marianne Schindlerin von Streiffen, von der es im Totenbuche heißt: quae etiam ante ipsius mortem viam S. Crucis in filiali Ecclesia ad St. Leonardum in Ittelspurg tundavit. Diese Filial- und Wallfahrtskapelle ist im gotischen Stil erbaut, wurde allgemeiner Sitte gemäß, in der Rokokozeit verzopft, später wieder gotisiert. Im Jahre 1837 wurde in der Filialkapelle Ittelsburg die auf der Nordseite des Chors angebaute Sakristei abgebrochen und der Eingang zugemauert und die Teile öffentlich versteigert. Im gleichen Jahre wurde die gotische Holztäferung der Kirche im Chor und Schiff herabgerissen und die Holzteile in 5 Abteilungen mit je 6 Tafeln versteigert und dafür Gipsplatten hinaufgemacht und der Plafond erniedrigt. Ebenso sollte der Kirchturm in Ittelsburg renoviert werden und wurde die Voranschlagssumme von 32 fl. für Material und Arbeitslohn und 17 fl. 12 kr. für Hand- und Spanndienste angeschlagen; diese Arbeit am Turme unterblieb. Dagegen wurden 1837 folgende Arbeiten ausgeführt:
a) Abbruch der getäferten Holzdecke und Einsetzen von Gipsblatten | 67 fl. | 12 kr. |
b) für Ausweißen von Chor und Schiff | 7 „ | 30 „ |
c) für Antritt aus Stein am Chor | 2 „ | 19 „ |
d) für Gerüstzeug | 7 „ | — „ |
Laut Jahresrechnung der k. Pfarrkirchenstiftung für 1837/38 | 84 fl. | 1 kr. |
Im Jahre 1842 wollte Pfarrer Becherer, dem Wohltäter 100 fl. für Herstellung zweier neuen Altarblätter (Altarbilder für die 2 Seitenaltäre) in der Filialkirche Ittelsburg in Aussicht gestellt hatten, diese zwei Altarbilder, durch den akademisch gebildeten Maler Johann Anton Unsinn aus Oberdorf – die jetzigen zwei Bilder unbefleckte Empfängnis Mariä und St. Josef – herstellen lassen, geriet aber wegen Anlage des Geldes und Vorlegung des Entwurfes mit dem damaligen Grönenbacher Landrichter, Hefner, in arge Fehde – Kunstmaler Unsinn wohnte unentgeltlich bei voller Kost und Verpflegung im hiesigen Pfarrhof während zweier voller Monate und malte während dieser Zeit diese viel und heiß umstrittenen Bilder um den Preis von 66 fl. Bezüglich der Beurteilung dieser beiden Bilder nachstehend das Urteil des Herrn Pfarrers Becherer: „Es sind zwei Altarblatter, die das [211] prüfende Kennerauge nicht zu scheuen haben und somit auch einem höchsten Ansinnen satisfazieren werden.“ Dagegen das Urteil des Herrn Pfarrer Hohenecker: „So sehr dem Herrn Pfarrer Becherer Eifer für Verschönerung der Filialkirche Ittelsburg zuzugestehen ist, ebensosehr ist ihm, wenn er glaubt, Sinn und Kenntnis für bildende Kunst zu besitzen, diese gänzlich abzusprechen; denn Erbärmlicheres kann man nicht leicht sehen als die oben bezeichneten zwei Altarblätter.“ – Das Urteil ist doch fast zu kräftig, wenn auch die Bilder wenig Kunstwert aufweisen.
Im Jahre 1867 und 1868 wurde eine größere Restauration der Filialkirche unter Pfarrer Fischer ausgeführt. Die Mayersche Kunstanstalt in München lieferte den neuen Hochaltar ohne Altarbild, das ein Geschenk des edlen, strebsamen Kaufmannes Max Kolb hier ist, um den Preis von 467 fl., damit waren verbunden ein neues Altarkreuz und vier Leuchter aus gedrucktem Messing; desgleichen wurden 1869 von der nämlichen Anstalt geliefert eine Statue St. Sebastian um 55 fl. und eine Statue St. Isidor um 60 fl.
Im Turme in Ittelsburg hängen zwei Glocken, welche im Jahre 1863 in Kempten durch den Glockengießer Theodor Wolfart geschaffen resp. umgegossen wurden, da die eine große Glocke gesprungen war. Die Kosten wurden aus freiwilligen Beiträgen der Gemeinde Ittelsburg bestritten; auch die Reformierten steuerten bei. Der damalige Pfarrer Josef Fischer hat dieselben kirchlich eingeweiht. Natürlich sind diese Glocken Eigentum der kath. Filialkirche und nicht Eigentum der politischen Gemeinde, wie Pfarrer Fischer mit Recht bemerkt. „Gemeindeglocken hätte ich nie geweiht.“ Die große Glocke trägt die Umschrift: „Laudate eum in cymbalis bene sonantibus“. Die Glocken werden auch geläutet bei Leichen von Reformierten; die Filialkirche selbst aber ist ausschließlich den Katholiken erhalten geblieben und wird von ihnen allein gebraucht; die große Glocke hat den Ton „c“, die kleine den Ton „f“.
Der Patronus dieser Filialkirche ist St. Leonhard. Während des Schuljahres, Sommer- wie Winterschule, wird allwöchentlich am Dienstag die hl. Messe zelebriert, an welcher die Schulkinder regelmäßig teilnehmen. Am St. Leonhardsfest wird das Patrozinium feierlich abgehalten. Ebenso finden die Trauungen der Filialisten von Ittelsburg, Streifen, Schwenden, Gsäng in dieser Kapelle altem Herkommen nach statt. Eine weltliche Kirchweihfeier hat sich in Ittelsburg erhalten, immer am 1. Sonntag im September. Während der Wintermonate wird der Geistliche immer mit Fuhrwerk abgeholt.
[212]
[213] 4. Dezember jedesmal feierlich mit Predigt und gesungener hl. Messe abgehalten. In dieser Kapelle wird während des Schuljahres – Sommer- wie Winterschule – allwöchentlich am Freitag die hl. Messe zelebriert, an welcher die Schulkinder regelmäßig teilnehmen. Während der Wintermonate wird der Geistliche immer mit Fuhrwerk geholt. Die Filialkapellenstiftung in Gmeinschwenden wurde am 27. Januar 1886 von Sr. Majestät dem König von Bayern anerkannt und genehmigt unter dem Namen „Kapellenstiftung Gmeinschwenden“.
Die Kornhofer Kapelle in dem kleinen Weiler Kornhofen, von Grönenbach 2,8 km entfernt, auf dem Grundstück des Bauern Alois Reiner. Die Kapelle wurde, wie eine über der Türe angebrachte Inschrift berichtet, 1772 erbaut; sie ist 4,85 m lang, 3,10 m breit und 3,50 m hoch und hat einen kleinen Dachreiter mit einer Glocke und einer Uhr. Auf dem einfachen Altare befindet sich eine aus Holz geschnitzte Madonna mit dem Kinde; links von der Eingangstüre ein lebensgroßer Christus an der Geiselsäule. An den Wänden sind folgende 8 Figuren ebenfalls aus Holz geschnitten: rechter Hand vom Altar: St. Wolfgang (Kirche und Hammer), St. Ottilia (Buch mit Augen), St. Sebastianus, St. Christophorus; linker Hand vom Altar St. Apolonia, „Selbdritt“ Mutter Anna mit Maria und Christkind, Ecce Homo, St. Georgius.
Diese Kapelle hat keine gottesdienstlichen Rechte und besteht auch keine facultas celebrandi in derselben. Die Inschrift über der Türe:
DIESE KAPELLEN HAT ERBAUEN LASSEN DER EHRGEACHTE HERR FRANZ BENEDICT STARK HOCHFÜRSTL. KEMPT. BAUMEISTER A. MDCCLXXII.
Die Schloßkapelle im ehemaligen Rotensteiner Schloß in Rotenstein, in welche in den Jahren 1660 und ff. des öfteren die hl. Messe dargebracht wurde, nachdem die Pappenheimer wieder zur kath. Mutterkirche zurückgekehrt waren. Mit dem Untergang des Schlosses Rotenstein – Einsturz am St. Josefstag des Jahres 1873 – ging diese Kapelle ebenfalls zu grunde.
Die Schloßkapelle im ehemaligen Fuggerschen Schlosse hier. Die Grönenbacher Pappenheimer und ihre Rechtsnachfolger blieben der kath. Kirche immer treu ergeben; sie ließen häufig in dieser Hauskapelle das hl. Opfer darbringen. Als dann die Fugger die Grönenbachsche Herrschaft 1695 an Kempten gegen Entschädigung abtraten, setzte der Fürstabt nach Grönenbach zuerst [214] einen Hofkavalier als Pfleger, Christoph Baron von Ulm. Dieser Pfleger ließ nun ebenfalls in der Schloßkapelle die hl. Messe zelebrieren, selbst an Sonn- und Festtagen; ja an diesem Gottesdienste nahmen auch außer dem Pfleger, seiner Frau und Frl. Töchter oft an Sonntagen die zu Amt befohlenen Untertanen teil und versäumten so den Pfarrgottesdienst, worüber zwischen dem Herrn Stiftsdechant und Pfarrer Koller und dem Pfleger sich eine heftige Fehde entwickelte, die bis vor das Ordinariat kam, wo dem Herrn Pfleger gedroht wurde, bei weiterem Mißbrauch der gewährten Lizenz werde dieselbe inskünftig ganz entzogen werden. Als dann dieser Pfleger Christoph von Ulm gestorben war, setzte der Fürstabt für die Folge immer einen geistlichen Kemptischen Chorherrn nach Grönenbach als Pfleger mit dem Titel eines Propstes; als solche sind aufgeführt: L. J. Baron von Riedheim, Grabdenkmal in der Pfarrkirche; Ulrich Freiherr von Hornstein (hat den Leib des hl. Martyrers Pius eingesetzt); Adalbert von Falkenstein (hat den Kreuzpartikel gestiftet); Marianus Freiherr von Welden; Freiherr von Neuenstein, Propst; Baron von Zweyer, Propst, erlebte 1802 die Säkularisation. Daß während dieser Zeit von 1700 an bis 1802 die Schloßkapelle Verwendung fand, versteht sich wohl von selbst.
In dem Inventar, das 1802 und 1803 aufgenommen wurde vom Churbayrischen Aufhebungskommissär Abele, finden sich nachfolgende Gegenstände, die in der Schloßkapelle vorhanden waren und durch den Versteigerungskommissär Durocher am 16. und 17. August 1803 öffentlich versteigert wurden: „1. Altarblatt samt Altar, bestehend in einem hölzernen Kruzifix, 2 gelbblechenen Leuchtern, 2 Blumenstöcken, 2 Taferl, 6 Meßkissen, 5 Meßbücher – welches alles Herr Kaplan Diepolder hier um den Preis von 11 fl. einsteigerte; des weiteren 7 Malereien, 12 Betstühl, 1 zinnerner Weihwasserkessel, 1 alter Bank.“ Von 1803 ab wurde das Schloß – Eigentum des Fiskus – Sitz eines k. b. Landgerichtes, bis 1862 hausten die gefürchteten b. Landrichter mit Verwaltungs- und Justizgewalt ausgerüstet dorten – die Kapelle hatte keine Verwendung mehr – doch die Kapelle wurde, unglaublich aber wahr – der Pferdestall für den Amtsknecht. 1862 wanderte das k. Bezirksamt nach Memmingen und 1880 kam auch das Amtsgericht nach Memmingen. 1881 bis 1901 bestand dann im Grönenbacher Schloß eine graphisch photographische Anstalt unter Leitung des hessischen Hofphotographen W. Kronenberg mit Lehrzöglingen aus aller Herren Länder. Auch in dieser Periode blieb die Kapelle in ihrem desolaten, entweihtem Zustande. Erst als am 26. Okt. 1901 Herr Superior Ringeisen, Leiter der Anstalten Ursberg, das Schloß Grönenbach käuflich [215] erworben, wurde die Schloßkapelle wieder in einen würdigen Zustand versetzt und wird nunmehr auch wieder das hl. Opfer dorten dargebracht.
1. Ludwig von Rotenstein und Leostein und seine Gemahlin Juditha Juta von Hirnheim, Standbild mit dem Alianzewappen Rotenstein-Hirnheim. Die Inschrift lautet: Ao Dmi 1482 am achte(n) tag mayes starb der edl. He(r) Ludwig vô rotêstain u. leostain ritt(er), stift(er) dis würdigè stifts. Anno Dmni 1501 am 15 tag april sta(r)b die edl fraw iutta vô hirnhaim sun haus fraw. den got gnad (s. S. 216).
2. Alexander von Pappenheim und seine Gemahlin Barbara, geb. von Ellerbach, am Turm eingelassen. Die Inschrift lautet: An. Dm. MCCCCC und im XI. Jar starb de(r) edl Alexander zu bappenhai’ des heilige’ rümische’ reich. Erbmarschalk. An. Dm. MCCCCCVII starb die edl fraw barbara marschalki’ gebōr. vō Ellerbach sin Hausfrw. denn got gnad (s. S. 216).
3. Wolff von Pappenheim. Die Inschrift lautet: Anno dom. 1558 ann Montag vor den hailigen drey Kinig Tag zwische 2 und 3 nachmittag starb der edel und streng Herr Wolffgang zu bappenhaim des hailigen rymischen reichs erbmarschalck (s. S. 217).
4. Margareta von Roth, des vorigen Ehefrau. Die Inschrift lautet: Anno dom. 1555 am samstag nach der auffart Christi zwischen 4 und 5 Starb die Edel und Freudreich Fraw Margreta Marschalkyn geboren von Rot. Herr Wolff marschalke gemachel (s. S. 217).
5. Joachim von Pappenheim auf der Südseite der Kirche eingelassen in voller Ritterrüstung als Reichsfähnrich. Obwohl die Inschrift nicht mehr zu entziffern war, ergibt die Ahnenprobe, die mittels der am Rande des Epitaphiums angebrachten Wappenschilder gemacht werden kann, die Identität mit Joachim v. Pappenheim und nicht, wie traditionell, Philipp v. Pappenheim des sog. Reformators (s. S. 217).
[217]
[218] 6. Zwei große Epitaphien mit 2 Familien, je um den Kruzifixus kniend. Die Inschrift ist leider unleserlich. Das 1. Epitaph: der Gedenkstein für Alexander von Pappenheim II. und seinen Vater
Heinrich Burkhard von Pappenheim und Margareta von Syrgenstein, Gemahlin des Alexander von Pappenheim und Schwiegermutterwitwe Brigitta von Ratzenried oder Sonnenberg. Das zweite Epitaph: Philipp von Rechberg und seine Gemahlin Anna von Pappenheim.
Die Reformierten in Grönenbach erbauten, nachdem sie den Mitgebrauch der kath. Stifts- und Pfarrkirche anno 1621 verloren hatten, im Jahre 1649 und 1650 unter Protest des damaligen Stiftsdekanes ein Predigthaus und ein Wohnhaus für den Prediger Hs.-Nr. 18 und 19 im Hofraume der Adlerwirtschaft. Im Jahre 1808 kauften sie das ehemalige Spital samt Garten um den Preis von 2125 fl.; die ehemalige Hl. Geistkapelle wurde zur reformierten Pfarrkirche, das Spital als Pfarrerwohnung adaptiert; im unteren Geschoße wurde die reformierte Schule untergebracht, bis im Jahre 1886 ein neues, geräumiges Schulhaus mit Lehrerwohnung erstand. Im Jahre 1880 erbauten sie, da die Hl. Geistkapelle nur einen bescheidenen Dachreiter mit 2 Glöcklein besaß, einen neuen Turm um zirka 5000 Mk., wozu die Gemeinde um zirka 3000 Mark ein Geläute stiftete.
Nach Stark, „Geschichte der evang.-lutherischen Landgemeinden im Kapitel Memmingen,“ haben in der reformierten Gemeinde Grönenbach nachfolgende Prediger und seit 1803 reformierte Pfarrer gewirkt: 1. Pfarrer Bächli aus der Schweiz 1560; 2. Markus Sulzer von Winterthur 1598; Rudolph Schwarzenbach von Zürich 1606; 4. Nikolaus von der Bliechten von Holstein 1613; 5. Philippus Gessertus aus Churpfalz, wurde vertrieben und die reformierte Kirche geschlossen. Die hiesigen Reformierten besuchten den Gottesdienst in Herbishofen-Theinselberg unter Pfarrer Preußer; 6. Johann Christoph Fäsy von Zürich 1650; 7. Kaspar Paravicin aus Veltlin 1659; 8. Heinrich Ulrich von Zürich 1691; 9. Johann Ludwig Nyscheler von Zürich; 10. Joh. Jakob Pestalozzi von Zürich 1706; 11. Karl Adolf Burkhard von Zürich 1716; 12. Joh. Heinrich Heinz von Zürich 1731; 13. Wilhelm Heinrich Hugo von Zürich 1737; 14. Salomon Neuscheler von Zürich 1740; 15. Salomon Brennwald von Zürich 1746; 16. Leonhard von Lähr von Zürich 1761; 17. Joh. Heinrich von Lähr von Zürich 1773; 18. Jakob Locher von Utikon 1792. Die Prediger und späteren Pfarrer stammten überwiegend aus der Schweiz, Kanton Zürich. Die Schweiz hat auch über ein Jahrhundert lang an die Pfarrbesoldung in Grönenbach und Herbishofen zugesteuert, bis die französische Revolution dieses Band zerriß; 19. Salomon Wirz von Zürich 1801–1805; 20. Michael Rehm von Memmingen 1806; 21. Sebastian Berlocher von Platten bei Rheineck 1813; 22. Christian Ludwig Köberlin 1824; 23. August [220] Vorbrugg von Pfersee 1834; 24. Julius Schatz von Schweinfurt seit 1868 bis 1909.
Bis aufs Jahr 1806 standen immer reformierte Pfarrer der reformierten Gemeinde Grönenbach vor; seit Herrn Rehm aus Memmingen sind es Pfarrer lutherischer Konfession – offiziell aber heißt das Pfarramt „kgl. reformiertes Pfarramt“. – Bis zur Säkularisation hatte die hiesige reformierte Gemeinde keine kirchliche Oberbehörde, sondern es waltete wie auch in der ganzen Gemeindeverfassung ein ziemlich demokratischer Geist vor. In wichtigen Angelegenheiten wandte man sich an den „Antistes“ von Zürich, der seinen Rat niemals vorenthielt. Im Jahre 1809 wurden in Bayern protestantische Dekanate gebildet und die Grönenbacher reformierte Gemeinde dem protestantischen Dekanat Kempten zugeteilt, bei welchem sie nur bis 1816 blieb, in welchem Jahre sie dem protestantischen Dekanat Memmingen zugewiesen wurde. Mit dem lutherischen Pfarrer Michael Rehm wurden die Beziehungen zu Zürich gelöst, und seit dieser Zeit stehen, wie bemerkt, protestantische Pfarrer der reformierten Gemeinde Grönenbach vor.
Im Jahre 1825 wurde die reformierte Kirche gebaut resp. restauriert. Dazu wurde eine Kollekte bewilligt und ergab: vom Dekanat Heidenheim 28 fl. 18 kr.; vom Dekanat Haarburg 13 fl. 12 kr.; vom Dekanat Windsbach 21 fl. 21 kr.; vom Dekanat Erlangen 34 fl. 49 kr.; vom Dekanat Windsheim 37 fl. 30½ kr.; vom Dekanat Gunzenhausen 21 fl. 39 kr.; vom Dekanat Rot 10 fl. 6 kr. Anläßlich der Jahrhundertfeier anno 1908 wurde Kirche und Pfarrhaus entsprechend restauriert; der Turm erhielt auch eine neue Uhr anno 1908 und wurde diese Jahrhundertfeier festlich begangen.
Die reformierte Gemeinde in Grönenbach umfaßt die Reformierten und Protestanten in Grönenbach und Zell, in Ittelsburg, Ziegelberg, Herbisried und Schulerloch und einzelnen Gehöften in der Umgegend in einer Seelenzahl nach der Volkszählung vom Jahre 1905: Reformierte 358 und Protestanten 162.
Die kath. Pfarrgemeinde Grönenbach umfaßt die Marktgemeinde Grönenbach und 25 Filialen: Au mit Tiefenau und Schönau; alle drei inkorporiert 1809; Brandholz inkorporiert 1809; Gmeinschwenden, Greith, letzteres inkorporiert 1809; vorderes Gsäng, hinteres Gsäng, Herbisried, Hörisberg, Schoren, inkorporiert 1863; Raupolz, Rechberg, Rotenstein, Schulerloch, Schwenden, Seefeld, Streiffen, Thal, Ziegelberg, Ziegelstadel, Rothmoos, Oberbinnwang H. Nr. 12, welch letztere zwei seit 31. Juli 1907 inkorporiert sind. Die Seelenzahl [221] der Katholiken der kath. Gemeinde Grönenbach beträgt nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1905 1397.
Der Friedhof in Grönenbach war früher selbstverständlich katholisch und sicher Eigentum des Heiligen oder Gotteshauses. Die Einführung der Reformation machte auch diesen stillen Ort zum Schauplatz erregter, turbulenter Szenen. Die kath. Pfarrherren und Dekane wollten absolut nicht zugeben, daß die Leichen der ungetauften Kinder in geweihtes Erdreich begraben werden; ebenso protestierten
sie gegen die calvinistischen Zeremonien, Psalmengesänge und Abdankungsreden der reformierten Prediger, da ja dies reformierte Bekenntnis im Reiche nicht zugelassen war. Nach dem Frieden von Münster und Osnabrück 1648/49 wurde auch die reformierte Religionsübung im Reiche zugelassen, wie die Augsburger Konfession schon seit dem Passauer Religionsfrieden 1559 gesetzlich neben dem kath. Glauben anerkannt war. Damals schon, also gleich nach dem 30jährigen Kriege, wurde den hiesigen Reformierten der südliche und östliche Außenstreifen des kath. Friedhofes zur Benutzung zugewiesen. [222] Anno 1877 wurde der Friedhof nach Westen hin etwas erweitert und daraus der Kinderfriedhof gemacht. 1907 und 1908 wurde der Friedhof nach Süden zu anläßlich der Erbauung des neuen Leichenhauses beträchtlich erweitert und dabei der östliche, den Reformierten zugewiesene Friedhofanteil zum Friedhof der Katholiken geschlagen; ebenso fällt auch der bisherige Kinderfriedhof der reformierten Gemeinde in Zukunft den Katholiken zu, während die ganze südliche Erweiterung längs der Mesnerwiese den Reformierten zugute kommt. Im Jahre 1906 wurden auch die Zeller Reformierten auf Antrag in den Sepulturverband der hiesigen reformierten Gemeinde aufgenommen. Im Jahre 1908 wurde auch ein neues Leichenhaus erbaut (S. 221).
Das jetzige kath. Pfarrhaus, auf einem Hügel erbaut mit prächtiger Ausschau, war früher Kollegiatstiftshaus und ist in den Jahren 1573–1577 erbaut worden durch Alexander von Pappenheim und Philippus von Pappenheim, des hl. römischen Reiches Erbmarschall. Nach einer Notiz in Kinzels handschriftl. Chronik von Memmingen ist „anno Domini 1572 am 25. Februar das Stiftsgebäude in Grönenbach, erbaut von Ludwig von Rotenstein und seiner Gemahlin Juta von Hirnheim anno 1479, nicht fern von Memmingen abgebrunnen, welches Stift hernach Alexander und Philippus von Pappenheim haben wieder aufbauen lassen“. Laut einer Notiz in Feierabends Geschichte vom Stift Ottobeuren III. Band ist im Jahre 1572 den 25. Hornung durch Sorglosigkeit der Domestiken das Kollegiatstift Grönenbach mit einem großen Vorrat von Früchten abgebrannt. In der zwischen Alexander und Philipp von Pappenheim am 10. Mai 1577 getroffenen Übereinkunft (Copia im bisch. Archiv) heißt es 4°: „Condicionato pacto conventum est, nullum nostrum neque centenos, cetenosque ac triginta florenos neque dimidium superflui ut in puncto 3° promittitur, eripere posse (aus den communibus Collegiatae reditibus) quamdiu et quousque aedificium domus Collegiatae necessariis locis plene non perfectum necnon aedificii hujus causâ mutuati mille floreni reluiti ac insuper anterior procurator Casparus Fehlin pro sua exstantia cum ipsa transacta plenariam satisfactionem receperit.“
Im Jahre 1818/19 wurde im Pfarrhaus ein neues großes Stiegenhaus errichtet, neuer Fußboden auf den beiden Gängen gelegt, neue weiße Decke an den Gängen angebracht, drei neue Öfen gesetzt, drei neue Fensterstöcke im oberen Stocke eingesetzt; im Jahre 1870/71 [223] wurde desgleichen eine Hauptreparatur am Pfarrhause vorgenommen. Durch die Säkularisation war das Kollegiat und Pfarrhaus Eigentum des bayerischen Fiskus geworden, der deshalb auch die Gesamtbaulast übernehmen mußte, der aber auch das Recht in Anspruch nahm, den Dachboden des Pfarrhauses an Private als Trockenboden für Hopfendörrung, für Getreideaufbewahrung zu vermieten. Erst als die Ablösung im Jahre 1884 erfolgte, ging das ganze Pfarrhaus in Besitz des Pfarrers über. Die Ablösungssumme betrug 6000 Mk., die als Pfarrhausbaufond angelegt wurde.
Im Pfarrhause befindet sich zu ebener Erde die ehemalige Ritterstube, die den Herrschaften von Pappenheim und später den Fuggern immer zu ihren Zusammenkünften offen stand; jetzt ist diese ehemalige Ritterstube zur Waschküche geworden. Ebenso finden sich drei große, ausgezeichnete Keller, aus denen die adeligen Herren und wohl auch die seligen Stiftsherren manchen guten Tropfen heraus und heraufholten; auch befindet sich noch im Pfarrhause die alte ehemalige Kollegiatsbibliothek, jetzt Pfarrbibliothek, die der Säkularisation glücklich entgangen. Diese Bibliothek ist in drei großen Wandkasten im Bibliotheksaale des Hauses untergebracht. Der Großteil dieser Bücher stammt vom ehemaligen Stiftsdechant Andreas Weiß (1586), von dem es im Catalogus der Dechante heißt: qui Collegio hujatis insignem bibliothecam legavit. Diese Bibliothek umfaßt 1. theoretische Theologie: a) Dogmatica, b) Apologetica, c) Polemica; 2. praktische Theologie: Moral, Pastoral, Liturgik, Homiletik, Katechetik, Contessionalia, Ascetica, jus canonicum, jus civile; 3. theologische Hilfswissenschaften: Scriptura sacra, Patristik, Historica, Philosophia, Exegese; 4. Prophana: Geographie, Belletristik, Klassiker, Astronomie, Lexica. Wenn auch nicht gerade erstklassige Werke in dieser Bibliothek, die äußerst reichhaltig, so sind doch manche interessante und nicht zu verachtende Werke dabei, die dauernden Wert haben, und so stellt sich diese Bibliothek immerhin als ein „Schatz“ des Hauses dar.
Im oberen Gang des Pfarrhauses sind zwei große Bilder aufgehängt, „Weihnacht“ und „Epiphanie“, gemalt vom ehemaligen fürstabtlichen Hofmaler Koneberg. Diese Bilder stammen aus der anno 1806 in Woringen abgebrochenen ehemaligen kath. Pfarrkirche; diese Bilder erstand der damalige Grönenbacher Bürger Keller und schenkte sie der Kirche. Im unteren Gang des Pfarrhauses ist die heilige Familie, St. Michael und St. Dominikus, welche Bilder ehemals die Seitenaltarbilder in der Pfarrkirche hier bis 1884 gebildet haben.
[224] Mit dem ehemaligen Kollegiatstift war auch ein Brunnen verbunden, obwohl damit nicht gesagt sein soll, daß die Pfarrherren in Grönenbach vor der Zeit des Kollegiatstiftes nicht auch einen Brunnen, vielleicht gerade den Stiftsbrunnen besaßen und benützten; dieser Brunnen ist 48 Fuß tief und mit prächtigen Steinen ausgemauert und hat für gewöhnlich einen Wasserstand von 2–3 Zoll; er hat das gleiche Niveau wie die Quelle der Grönenbacher Ach, die im Keller der Wirtschaft am Fuße des Kirchberges entspringt; das Wasser ist ausgezeichnetes Trinkwasser und wurde gepumpt. Im Jahre 1850 entstand nun ein Wasserstreit und Wasserkrieg, der bald einen Wasserprozeß hervorgerufen hätte. Der damalige Herr Pfarrer Fischer sperrte dem Lehrer Rittler den Brunnen, aus welchem derselbe für sich und seine Familie, ebenso für die Schulkinder und für die Kirche das Wasser entnommen. So standen sich die Parteien halsstarrig gegenüber. Herr Pfarrer Fischer einerseits und Herr Lehrer Rittler und die Marktgemeinde andererseits, welch letztere ein vermeintliches Mitgenuß- und Miteigentumsrecht auf diesen Brunnen geltend machte, für Schule, Lehrerfamilie und Kirche das Wasser entnehmen zu dürfen. Herr Pfarrer Fischer machte sein ausschließliches Eigentumsrecht an dem Stiftsbrunnen geltend und führte Klage, daß durch Mitbenützung seines Brunnens er selbst und sein Haus Wassermangel erleiden und das Wasser für seinen Haushalt öfters am öffentlichen Marktbrunnen geholt werden müsse und überdies das Pumpwerk, durch die Mitbenützer nicht geschont, immerfort Reparaturen erfordere. Die Gemeindeverwaltung wandte sich nun zuerst ans hiesige Landgericht, dann später an das k. Bezirksamt und an die k. Regierung, um auf administrativem Wege das vermeintliche Miteigentums- und Mitbenützungsrecht für Schule, Lehrerfamilie und Kirche zu erzwingen, und als diese Stellen auf die Einsprache der Finanzkammer, daß der Brunnen ausschließliches Eigentum des Fiskus und Ärars sei und jedes anderweitige Miteigentum abgewiesen werden müsse, keinen zufriedenstellenden Bescheid gaben, wandte sich die Gemeindeverwaltung auf dem Rechtswege an den k. Advokaten Fries in Memmingen, der auch bereits die einleitenden Schritte zur Beschreitung des Klageweges unternommen hatte. Wohl hatten die vorbenannten Administrativbehörden auf grund eines Gutachtens des k. Bauamtes den Vorschlag gemacht, es sollen eigene Röhren und eigenes Pumpwerk für den Schullehrer in den Stiftbrunnen eingelassen werden, jedoch so, daß die Saugöffnung für Lehrers Pumpwerk etwa 2″ höher im Wasser des Brunnens zu liegen komme als die Saugöffnung des Pumpwerkes des Pfarrers, so daß [225] also dem Pfarrer immerhin ein gewisses Wasserminimum auch für diesen Fall gesichert worden wäre; jedoch Herr Pfarrer Fischer ging absolut nicht darauf ein. Die Gemeindeverwaltung entschloß sich nun, da auch der k. Advokat die Sache sehr lässig betrieb, einen eigenen Brunnen für den Lehrer und die Schule graben zu lassen durch den Brunnenmacher Stammer von Leutkirch mit einer event. Tiefe von 50′ mit Kostenvoranschlag von 350 fl. Endlich bevor es zur Grabung des projektierten Brunnens kam, ließ sich Herr Pfarrer Fischer herbei, unter ziemlich harten Bedingungen dem jeweiligen Lehrer ein gewisses Benützungsrecht des Stiftsbrunnens einzuräumen, nachdem dieser unerquickliche Brunnenstreit vom Jahre 1850 bis 1867 gedauert hatte. Dieses Mitbenützungsrecht dauerte dann bis 1900, in welchem Jahre für Grönenbach eine neue Hochdruckwasserleitung – Quelle am Abhang des Falkenberges bei Ittelsburg – eingerichtet wurde, Pfarrhaus und Schulhaus laufendes Wasser ins Haus bekamen und so das Streitobjekt – Stiftsbrunnen – ausgeschaltet wurde. Im Jahre 1906 wurde das Brunnenhaus, das über dem Stiftsbrunnen errichtet war, abgebrochen und der prächtige Stiftsbrunnen so überwölbt, daß er im Falle der Not sofort wieder in Benützung genommen werden könnte. Die Stelle des Brunnens ist nächst dem Pfarrhaus südöstlich hart am Bergrand.
Auf der Nordseite des Pfarrhauses ist das Allianzewappen der Stifter Rotenstein und Hirnheim – Ludwig von Rotenstein und seine Gemahlin Juta von Hirnheim – eingemauert.
Erhebend und rührend ist die fromme große Stiftung des letzten Rotensteiners in Grönenbach, Ludwig Ritter von Rotenstein und Leostein und seiner Gemahlin. Die Pfarr- und Kollegiatkirche in Grönenbach, das Pfarrhaus, ehemaliges Kollegiatstift, das Hospital hier sind bis auf den heutigen Tag noch Zeugen; aber auch die späteren Geschlechter der Pappenheimer und Fugger haben viel Gutes getan. Im 19. Jahrhundert wurde neuerdings zu einem edlen Werke der christlichen Nächstenliebe der Grund gelegt von einfachen Bauersleuten; es ist das die vereinigte kath. Wohltätigkeitsstiftung hier. Im Jahre 1860 am 10. Februar hat die Bauerswitwe Marianne Albrecht von Hueb, gestorben in Grönenbach, laut Testament eine „Brodstiftung“ gemacht mit einer Stiftungssumme von 100 fl., zufolge welcher jährlich am Jahrtage für die Renten Brot unter die Armen verteilt werden soll. Diese Stiftung wurde am 16. Juni 1860 behördlich genehmigt unter [226] dem Namen „isolierte Albrecht’sche Stiftung“. Später wurde diese Stiftung mit der isolierten Dorn’schen Wohltätigkeitsstiftung, anerkannt von Sr. Majestät König Ludwig II. von Bayern am 18. Oktober 1868 Nr. 12337, zusammengelegt und bildet den Grundstock und Kristallisationskern aller nun folgenden Stiftungen, die nur als Zustiftungen zu dieser kgl. genehmigten Stiftung angesehen und behandelt werden unter dem Sammelnamen „Vereinigte kath. Wohltätigkeitsstiftung Grönenbach“. Im einzelnen umfaßt dieselbe:
1. Dorn’sche isolierte Wohltätigkeitsstiftung | 2845,52 | Mk. |
2. Dorn-Albrecht’sche Zustiftung | 400,00 | „ |
3. Anna Madlener’sche Zustiftung | 300,00 | „ |
4. Kreszenz Notz-Schönmetzler’sche Zustiftung | 200,00 | „ |
5. Pfarrer Hohenecker’sche Zustiftung | 198,47 | „ |
6. Agnes und Alois Klotz’sche Zustiftung | 1000,00 | „ |
7. Anna Dölzl’sche Zustiftung | 900,00 | „ |
8. Franziska Kerker’sche Zustiftung | 200,00 | „ |
9. Trunzer’sche Zustiftung | 200,00 | „ |
10. Gg. Endres’sche Zustiftung | 100,00 | „ |
11. Dölzl’sche Zustiftung | 1250,37 | „ |
12. Jakob Notz’sche Zustiftung | 100,00 | „ |
13. Barbara Waldmann’sche Zustiftung | 900,00 | „ |
14. Pfarrer Breher’sche Zustiftung | 3000,00 | „ |
15. Franz Xaver Dorn’sche Zustiftung | 500,00 | „ |
16. Alois und Afra Schönmetzler’sche Zustiftung | 150,00 | „ |
17. Leopold Kienle’sche Zustiftung | 1000,00 | „ |
18. Ignaz und Therese Pfister’sche Zustiftung | 150,00 | „ |
19. Leonhard Hohenegger’sche und Kreszenz Hohenegger’sche Zustiftung | 200,00 | „ |
20. Walpurga Diepolder’sche Zustiftung | 50,00 | „ |
Überdies sind von nachfolgenden Personen Beträge angelegt worden a) an der Kirchenstiftung: 1. Alexander Madlener mit Rente 6,86 Mk.; 2. Eduard Hohenecker mit Rente 2,40 Mk.; 3. Martin und Georg Kronherz mit Rente 4,57 Mk.; 4. Georg und Anna Betteich mit Rente 6,86 Mk.; b) an der hiesigen Armenkasse: Kreszenz Heubuch mit Rente 3,43 Mk., welche teils zum Ankauf von Brot für Arme oder zur Geldausteilung gelangen.
Als Anhang sei noch gestattet, die kath. Schulstiftung hier anzufügen. Pfarrvikar Boneberg, nach dem Tode des Exdekans und ersten Säkularpfarrers J. N. Christoph Frey, [227] schrieb anno 1815 laut einem im Pfarrarchiv vorhandenen Akt im Auftrag des k. b. Landgerichtes hier über die Entstehung der kath. Schulstiftung, wie folgt: „Alle bei der kath. Schule zu Grönenbach vorhandenen Stiftungen gründen sich auf Testamente, kraft welcher den genannten Fonds an barem Geld anfielen: 205 fl. Stifter dieser Summen waren: 1. Johannes Hörmann, lediger Viehschweizer von Rotenstein, welcher als solcher ohne Leibeserben ledig starb, vermachte 1812 den Betrag von 50 fl. 2. Marianne Mayr von hier, Haushälterin im Pfarrhause zu Steinbach, welche ebendaselbst ledig starb, vermachte 1814 den Betrag von 25 fl. 3. Hochw. Herr J. N. Frey, gewester Pfarrer und Exdekan des aufgelösten Kollegiatstiftes dahier, gestorben 1814, vermachte 130 fl. 4. Kreszenz Frey, dessen Schwester, die nach dem Tode ihres Bruders nach Kempten verzog und aus dem Interkalare nach ihres seligen Bruders Tod noch 5 fl. und 16 kr. ausbezahlt erhalten hätte, vermachte 1817 diese Summe schankweise hiesigem kath. Schulfond. 5. Im Juli 1822 schenkte Josefa Heggelsmüller 25 fl. 6. Im August 1822 A. Maria Endres 12 fl. 7. Im Jahre 1847 ein unbekannter Spender 100 fl. 8. Im Jahre 1860 die Bauerswitwe M. Anna Albrecht 100 fl. Zur Stärkung des kath. Lokalschulfonds wurden vom Jahre 1815/16 anfangend laut Entschließung vom 15. Oktober 1816 seitens des Generalkreiskommissariates die jährlich anfallenden Schützengelder überwiesen.
Auch die reformierte Gemeinde hier hat eine eigene Wohltätigkeitsstiftung, d. i. die sog. „Dr. Weidlesche Wohltätigkeitsstiftung“. Georg Friedrich Weidle, k. preußischer Hofrat, hat im Jahre 1804 in seinem Testamente 1000 fl. für die reformierte Kirche, 400 fl. für die reformierte Schule, 300 fl. für die reformierten Armen in Grönenbach ausgeworfen. Überdies sind im nämlichen Testamente Kirchen, Schulen und die Armen von Grönenbach und Herbishofen in der Gesamterbschaftsmassa zu ¾ substituiert worden. Im Jahre 1809 wurde nun zwischen den Erben des Dr. Weidle und diesen beiden Ortschaften Grönenbach und Herbishofen ein Vergleich eingegangen, wodurch die beiden Gemeinden gegen eine Abfindungssumme von 1400 fl. auf die übrige Erbschaft Verzicht leisteten. Von dieser Abfindungssumme bekam Grönenbach 900 fl. und Herbishofen 500 fl. Die Teile für Kirchen und Schulen und Arme wurden nach den Bestimmungen des Testamentes an beiden Orten gleich gemacht, sodaß in Grönenbach den Armen 300 fl. zufielen. Auf diese Weise beträgt das Armenkapital (reform.) in Grönenbach a) nach dem Legate von 1804 [228] 300 fl.; b) nach Vergleich und Abteilung von 1809 300 fl., zusammen 600 fl. Überdies existiert noch bei der reformierten Gemeinde die Wirth’sche Krankenstiftung mit 2000 Mk.
Seit der Einführung des Christentums bei den deutschen Volksstämmen hat sich die kath. Kirche fast ausschließlich mit der Armenpflege und dem Volksunterricht befaßt. Klosterschulen mit ihrem Internat und Externat, Domschulen und Pfarrschulen ebenso wie die Universitäten sind Gründungen der kath. Kirche. Wie die Reformation die von der kath. Mutterkirche losgerissenen Teile rückhaltlos der Staatsgewalt überantwortete und so das Summepiskopat auch auf religiös-kirchlichem Gebiete dem Landesherrn übertrug und das Territorialkirchenwesen, die sog. National- und Landeskirchen und Kirchlein, aufgerichtet hat, so wurde durch die Reformation auch die Volksschule der Neugläubigen voll und ganz der Landesgewalt überantwortet. Aber erst in der Neuzeit griffen die Staaten, sowohl die akatholischen wie auch die katholischen, kräftig zu im Gebiete der Volksschule, indem seit Anfang des 19. Jahrhunderts der „Schulzwang“ eingeführt wurde. In Bayern vollzog sich dieses im Jahre 1803. Erlaß des General-Landes-Kommissariats vom 10. Juni 1803: „Im Namen Sr. Churfürstlichen Durchlaucht v. Bayern“. „In Churbayern ältern und neuaquirierten Staaten haben alle schulfähigen Kinder vom 6. bis wenigstens in das vollstreckte 12. Jahr ihres Alters die Schule zu besuchen; die Eltern sind anzuweisen, diese ihre schulfähigen und schulpflichtigen Kinder unweigerlich in die bestehenden Schulen zu schicken; widerspenstige Eltern haben die unnachsichtliche Strafe der Regierung zu erwarten. Die Pfarrer müssen in Zukunft nach eigenen Formularien das Verzeichnis der schulfähigen Kinder fertigen und immer Ende August einliefern.“ Auch in Grönenbach bestand nachweislich schon sehr frühe eine sog. Pfarrschule; der „Schuellmaister“ war zugleich Mesner und Organist, da die hl. Musik in der Stifts- und Kollegialkirche eifrig gepflegt wurde und, wie es scheint, die adeligen Herren v. Rotenstein und Pappenheim und Fugger Liebhaber dieser edlen Kunst waren.
Das Neub. Kreis-Archiv, Bd. 385 besagt: „Anno 1589 hat Alexander Erbmarschalk v. Pappenheim allererst die Orgel in das Stifft-Kirchen erkaufft. Der Schuellmaister war damals schon Organista und bezog als solcher von der Herrschaft Naturalgaben. Es gab auch damals eigene Stüfftsschüler, welche als Singknaben unterrichtet [229] wurden, mit den Stüfftgehalten[WS 2] aßen und von der Herrschafft jährlich bekleidet wurden. Hatte doch die Erbmarschalkin Margaretha v. Pappenheim geb. v. Rot, des Erbmarschallen Wolf v. Pappenheim Gemahlin, eine eigene Stiftung gemacht, derzufolge wöchentlich am Samstag die Litaney zu Ehren der Gottesmutter in der Stifftskirchen gesungen werden mußte.“ Der gräfl. Verwalter Valentin Zeis schreibt am 26. April 1649 (Neub. Kreis-Archiv, Bd. 391) an seine Herrin, Gräfin Marie Elisabeth Fugger, Wittib in Augsburg: „Der Supplikant Gerhard Meisl ist schon früher beim Herrn Dechant Fischer sel. allhie Mesner gewesen; der hat sich also gehalten, daß man fro gewesen, wie er hinweggekommen; zudem so hete man wohl allhie und zu Altusriedt eines Schuelmeisters vonnöten; es sind aber allerseits dermalen (am Schluß des unseligen 30jährigen Krieges) keine Mittel vorhanden, daß man einen unterhalten könnte; wie er denn auch des Singens nicht erfahren ist; würde also einen schlechten Schuelmeister abgeben, wann er nicht singen kann.“
In Grönenbach selbst war wohl das älteste Schulhaus das Mesnerhaus H. Nr. 93 (jetzt Inhaber Drechsler Brack). Als dann die Bevölkerung wuchs, wurde H. Nr. 91 erbaut und als Schulhaus verwendet. Im Jahre 1826 trug sich die kath. Pfarrgemeinde mit dem Gedanken, ein neues geräumiges Schulhaus zu erbauen. Zunächst faßte man den Plan, das alte ehemalige rotensteinische „Amtshaus“ anzukaufen und für Lehrerwohnung und Schulunterricht zu odaptieren. Dieses Amtshaus, das Anno 1803 auch mit säkularisiert worden war, wurde nämlich am 26. Septbr. 1825 vom K. B. Rentamt (Zinn, Rentbeamter) öffentlich für den 22. Oktbr. 1825 zur Versteigerung ausgeboten. Tatsächlich wurde das „Amtshaus“ auch um 1000 fl. angekauft, und nach dem gefertigten Kostenvoranschlag hätte dasselbe um weitere 1152 fl. und 56 kr. passend adaptiert werden können. Das K. Landgericht Grönenbach, ebenso die K. Regierung des Oberdonaukreises in Augsburg und das kath. Pfarramt und Kgl. kath. Lokalschulinspektorat und die kath. Marktgemeinde waren begeistert für diesen Plan; aber die Filialisten in Ittelsburg und Gmeinschwenden, die mitkonkurrieren sollten, verweigerten die Beihilfe. Auf administrativem Wege seitens des K. Landgerichts und seitens der K. Regierung unterlagen zwar die Filialisten, indem die K. Regierung am 6. Juni 1828 entschied: „Was die Konkurrenz zu den Baulichkeiten und zur Beheizung der Schulzimmer betrifft, so hat letztere seitens der Filialisten nur insoweit einzutreten, als sie die Sonntagsschule betrifft, und bei jener kann ebenfalls nur die Quôte des fortwährend zu entrichtenden [230] Schulgeldes für die Sonntagsschüler als Maßstab der Konkurrenz angenommen werden. Das war der kath. Einwohnerschaft Grönenbachs zu wenig, und sie protestierte energisch in einer Gemeindesitzung und wandte sich in einer Eingabe an S. Maj. den König, daß die Filialisten, die ja anfänglich immer ihre Kinder in Kirche und Schule zu Grönenbach geschickt hätten und die ja erst seit 1811 nur geduldete, exponierte Surrogatschule hätten, zur vollen Konkurrenz herbeigezogen werden dürfen; es blieb jedoch beim Bescheid der K. Regierung vom 6. Juni 1828. Aber auch die Filialisten waren mit dieser ihnen gewordenen minimalen Konkurrenz durch den Entscheid des K. Landgerichts Grönenbach und der K. Regierung nicht zufrieden und suchten gänzlich Befreiung von jegl. Konkurrenz zu erreichen und begannen einen 4jährigen Rechtsstreit durch den K. Advokaten Hörmann in Kempten v. J. 1828–1832, gewannen aber nichts als – die Kosten ihres Anwalts. Das bereits angekaufte Amtshaus wurde wiederum verkauft und ging 1836 in den Besitz des Bräumeisters Alexander Madlener hier über. Das alte Schulhaus wurde vergrößert und später 1838/39 das neue nunmehrige Schulhaus H. Nr. 91½ erbaut an Stelle, wo der ehemalige Stifts-Zehentstadel stand, den der bayr. Fiskus 1804 zu einer „Beschälanstalt“ eingerichtet hatte.
Im Pfarrarchiv ist noch ein von Herrn Dekan Megglin (1663 bis 1682) geschriebener Akt da, aus dem hervorgeht, daß die Schulmeister damals vor Beginn ihres Schulamtes einen Eid leisten mußten: Factâ professione fidei, nach Ablegung des Glaubensbekenntnisses schworen sie folgenden Eid: „Juramentum ludimagistri: Ich N. N. verhaisse und gelobe dem Allmächtigen Gott, Mariae seiner lieben Mutter, den Hailligen Aposteln Philippo und Jacobo unseres Collegiatstiffts und Pfarrkürchen Patronis, auch allen lieben Hailligen Gottes, daß ich dieß mein aufgetragen Schuel-Ambt getrewlich verrichten, den allein seligmachenden Römisch-Katholischen glauben bekennen und lehren will: auch auf keinerlei weiß zulass, das uncatholische Büecher in die Schuel gebracht oder von meinen Schuelkindern, viel weniger von mir oder den Meiningen gelesen noch gelehrt werden. – Neben dem versprich ich auch, daß ich meinem H. Decano und dessen Geistlichen als Obrigkeit sowol in der Kürchen alß Schueldienst wie auch in allen mein Ambt betreffenden Sachen unterthänig und gehorsamb sein wolle. Also helff mir Gott und die hl. Evangelia. Duos dextros digitos imponat Imagini in Rituali fol. 592.“
Im Jahre 1620 schrieb der damalige Stiftsdechant an Herrn Grafen Ott Heinrich, d. d. 8. Febr. 1620, „daß ein Singknabe Dionysius [231] Ungermayr, den der Graf vor vierthalb Jahr als Stüftsschueler anher verordnet hatte, der seinen Tisch bey dem Stiffsgesind hatte und mehrmalen auf Kosten des H. Grafen gekleidet wurde und für den er neuerdings um Kleider anhalte, seine Stimme inzwischen mutirt habe und nicht mehr zu gebrauchen seye. Es wird nun gebeten, denselben neu zu bekleiden und ihn aus gräflichen Rentenmitteln was helffen lernen lassen, daß er sein Leben in Ehren hinbringen möge. Daneben wird auch eine notturft sein anstatt des obermellts Ungermayrs und des Glasers (2ter Stüftsschueler und Singknabe) zween andere Chorschueler zur Verrichtung des täglichen Gottesdienstes im Stifft zu verordnen, dazu sich zwar etliche unter des H. Grafen Underthanen Kindern insonderheit des abgelebten Organisten Georgen Küstallers seligen Georgen Heberlins uß dem Gseng Sohne angeben; darunter gleichwohl guette Hoffnung, daß deß Heberlins Knab sich zur Music werde abrichten lassen; deß Organisten seligen Witib Kind, an dem ein großes Allmuesen erwiesen werde, weyl bey ihr fünff Kinder und sonst nichts als große Armueth vorhanden, hat ein hartes ingenium, welches schwerlich zu unterrichten sein würde.“ (Neub. Kreis-Archiv.)
Anno 1657 am 21. Novbr. ein Schreiben des Herrn Grafen Bonaventura Fugger an seinen Verwalter Zeis, aus welchem die damalige Besoldung des Schuellmaisters und die Anstellung hervorgeht: „Soviel ich nun aus Eurem (Verwalters) underthenigen Bericht dies vernommen, was massen sich ein Schuellmaister von Kirchhaimb praesentiren thuet, welcher den Schuldienst zu Grönenbach annehmen wollte, also wann Er hiezu qualifiziert vermög(end), wie Ihr selber vorgeschrieben habt, lasse ich mir solches allerdings gefallen und daß derselbe hernach volgent dergestalten sein Unterhalt haben solle: nemblich vom Stüfft an gelt 16 fl., 2 Malter Roggen, 1 Malter Veesen und 12 Viertel Haber und weilen Er ein Organist ohnebey von den lieben Hailigen (Kirchenstiftung) auf daß Er die Orgel verseche gleichwie der Herr Killin 20 fl. an gelt, mit welchem ich vermeine, Er anfänglich biß daß man sehen thuet, wie er sich anlaßt, schon werde betragen künnen, die Behaußung in des Mößners Haus und Holz die nottdurft, auch in allerweg sollen dem Schaffner seine 10 fl., so Er ratione des Schuelldienst 1 Malter Roggen und 1 Malter Veesen gehabt, wieder zurückgezogen werden (also der Schaffner war Interimsschuellmeister gewesen). Die Schrift gefallet mir nit übel, welche gar leslich und da Ihr Euch mit Ihme betragen wurdet, kündte anstatt eines Schreibers mir gar lieb sein, wenn ich an der [232] Besoldung was ersparen mag, und resolvierte mich auf 15 fl. an gelt und weiter nichts zu geben, weillen ich nie ainem Schreiber Rent geben hab, Ihr derowegen die Sach dahin richten kündt, daß es mit diesem Schuellmaister in ain und anderweg seine Richtigkeit bekomme, thut also ohne das getraidt in allem am gelt auf 51 fl. (dafür durfte der Schulmeister einen Schreibergehilfen des H. gräfl. Verwalters neben seinem Amte als Schulmeister machen) so mir eine „schene Besoldung“ und Er sich wol darmit wirdt betragen künnen.“
Herr Verwalter berichtete nun 1657 an Herrn Grafen Fugger Bonaventura „über den neuen Schuellmaister von Kirchhaimb“ passus 3 wie folgt: „Vergangenen Allerheyligen Tag ist ein schuelmaister von Kirchhaimb alhero kommen (das war Antritts-, Ansichts- und Bewerbungsgesuch und Gang gewesen), der hatte beim H. Dechanten wie auch der gnädigen Frau uf Rotenstein umb den Schuldienst angehalten; der ist zugleich ein gueter Organist und wohlvermelter gnädiger Frau wie auch des H. Decani Meinung, es seye die höchste Nottdurft, daß man Ihme accomodiren thue, sintemahlen gegen den Calvinisten man sich schämen müesse, daß man ihnen (den Calvinisten) einen schuellmaister halten und besolden solle, herentgegen beede Herrschaften und Herren unsererseits (katholischerseits) keinen haben und hat mehrwohlgedachte gnädige Frau eines (kath.) schuellmaisters Besoldunghalber mit mir geredt und vermeinth: 1. köndte man Ihme Schuellmaister vom Stüfft geben gleich wie der Calvinische hat, an gelt 16 fl., item 2 Malter Roggen, 1 Malter Veesen und 12 Viertel Haber; mehr vom Heyligen wegen der Orgel 25 oder 30 fl., sodann Holtz und Behausung in des Mösners Haus, wo vorher der Schaffner gewesen, herentgegen und weilen Ew. gräfl. Gnaden sub dato 25. Juni 1655 Ihme (dem Schaffner) die schuel zu halten aufgetragen, Ihme auch derentwegen 10 fl. an gelt neben 1 Malter Roggen und 1 Malter Veesen die Besoldung gebessert, also sollte billich der Schaffner soviel wieder statt lassen oder solche Besserung gleichwohlen selbst verdienen. Hiezu kombt dieses schuelmaisters handschrift; der auch etwas wenigs studiert hat, ist zwar noch ledigen stands, aber wie ich vernommen, schon versprochen; erwarte also Ew. Hochgräfl. Gnaden gdg. Resolution, was hierin zu thuen; die gnädige Frau sagt, wie es Ew. Hochgräfl. Gnaden machen werden, soll es bey Ihr und Ihrem H. Dochtermann auch recht sein.“ Die Entscheidung über diese Bewerbung und Gehaltsvorschlag ist oben angegeben. (Neub. Kreisarchiv.)
Es scheint nun, der Schulmeister von Kirchheim hat sich eines anderen besonnen und ist nicht nach Grönenbach aufgezogen; denn [233] Herr Verwalter Zeis berichtete am 30. Oktober 1663 (Neub. Kreisarchiv) an Herrn Grafen Bonaventura Fugger neuerdings wegen eines Schulmeisters nach München: „Ew. Hochgräfl. Gnaden berichte ich hiermit unterthenig, daß H. Dechandt allhier schon lang bey der gnädigen Frau Gräfin zu Rotenstein wegen eines schuelmaisters hiehero solicitirt und angehalten mit diesem Vorwandt, daß weilen man den Calvinisten alhier einen Schuelmaister vom Stüfft erhalten müesse, so were auch billig, wenn man catholischerseits auch einen hette, der die Jugent in einem so anderen zu instruiren hette; nun hat man zwar bis dato her vermaint, die verwittibte Schaffnerin sollte einen Heurath bekommen, der zu solchen dienst qualifiziert were; so wil es sich aber noch nit schicken, ohn angesehen vermelter H. Dechant derentwegen nacher Augsburg an H. Sigler auch andre Orthen geschrieben; damit man aber unterdessen mit einem schuellmaister versehen sein werde, hat sich der allhiesige Maler von Schongau Sebastian Schöpfer, der die Altäre alhier faßen thuet, dahin erbotten, daß Er diesen Winter yber alhie pleiben und interimsweiß die schuel versehen wollt. Der ist ein guter Musicant, hat etwas studiert und ziembliche Handschrift, daß Er also hierzu genugsamb qualifiziert were und damit man nur für die Jugent einen schuelmaister haben köndte, ist fordrist hochgemelte gnädige Frau Gräfin, auch H. Dechandt der Meinung, daß man diesen Maller die parola darerst geben sollte alleinig mit der expressa reserva, daß man beederseits von quartal zu quartal zu künden hette, damit etwan vermelte Schaffnerin einen Adstant bekommen sollte oder mechte sy dazu accomodirt werden und will mehrhochermelte gnädige Frau Gräfin Ew. Hochgräfl. Gnaden gnädige Resolution hieryber vorher erwarten; die Besoldung eines Schuellmaisters würde man Ihme, Maller (Kirchenmaler Seb. Schöpf), ohne Zweifel geben müssen, nemblich 30 fl. an gelt, 2 Malter Roggen, 1 Malter Kehrn und 1 Malter Haber neben der notturft Holz und Behausung.“
Genannter Maler (Sebastian Schöpf) blieb 2 Jahre Schulmeister in Grönenbach; dann im Jahre 1666 wurde ein anderer statt seiner aufgenommen. – Er aber ging Gott und allen lieben Heiligen zu Ehr zur Musik über. Nun schrieb er 1666 eine Supplik an Herrn Grafen Bonaventura Fugger: „Da er mit schlechten Mitteln behafftet und sich mit seiner Kunst härtigklich neben seinem Weibe vortbringe, so wolle man Ihme eintweders von der Herrschaft oder von dem allhiesigen Stüftskasten ein wenig zu seiner Nahrung anbeschaffen, bis H. Graf Ihme eine anderweitige Bestellung zukommen lasse.“ (Neub. Kreisarchiv). Es wurde ihm auch bewilligt „vom Stüfft jährlich [234] 1 Malter roggen, 1 Malter Veesen wie auch wegen der Stüftsknaben das Singgeld wegen der Music von jedem 15 kr. all quartal, ebenso vom lieben Hayligen 6 fl.“, wofür Er an allen Sonn- und Feiertagen auf dem Chore mithelfen mußte.
Die Hochgräfl. Fuggersche Kanzlei in Grönenbach, d. d. 4. Sept. 1667 (Neub. Kreisarchiv): „H. Graf Bonaventura Fugger hat in seiner Anwesenheit allhier, insonderlich aber bey Aufnamb der Stifft und Haylligen Rechnungen vernemmen müeßen, daß sich der alhero in Grönenbach anwesende Schuelmaister Johann Zeber bey dem Gottesdienst und Music seinem Dienst gemäß sich wenig könne gebrauchen lassen und dahero Ihro Hochgräfl. Gnaden Ursache nehmen müssen, solche Verrichtung anderen aufzutragen und dannenhero mehr leuth seinethalben aufnemmen, welches nun dem Styfft und Hayligen ziemblich schwer fallet; nichtsdestoweniger wollen Ihro Hochgräfl. Gnaden Ihme „Zeberen“ beim Schuldienst in gnaden noch länger und auf sein Wohlverhalten verbleiben, auf Ihme diejenige Besoldung, so alle vorige schuelmaister gehabt, gnädig folgen lassen: nemblich vom Hayligen 30 fl. an gelt, vom Stüfft 2 Malter roggen, 20 Viertel Veesen und 1 Malter Haber, auch 4 Claffter Waldt oder 6 Stüffts-Claffter aus dem Gestüfts-Holz, welches aber Er auf seine Costen machen und führen lassen solle. Mit dieser Besoldung solle Er, schuelmaister, wie die Vorige auch gethan, sich bemiegen lassen, nichts destoweniger dernach dem Gottesdienst beywohnen, auch die Kinder dergestalten instruiren und quoad pietatem als eruditionem möglichst anhalten und seinen Fleyß hierdurch nach seiner Schuldigkeit bezeugen; vermainth er dann seine sach ietzo oder inskünfftig zu bessern, soll Er an seinem Glück niemalen verhindert werden.“
Am 14. Dez. 1667 wendete sich nun Johannes Zeber beschwerdeführend an Herrn Graf v. Fugger Bonaventura wegen Kürzung seines Gehaltes mit der Bitte, man möge ihm die vor einem Jahre versprochene Besoldung ganz belassen; im Signat vom 19. Dez. 1667 wird seitens des Herrn Grafen dem Supplikanten bedeutet, „daß ihme aus Gnaden das Holtzgeld oder Schneidelohn zum halben Thail vom Schaffner entrichtet werden, im übrigen bleibt es bei dem jüngst ihme ergangenen Dekret.“
Eine neue Supplik reichte der Schulmeister Jacobus Eisenberger im Oktober 1675 ein. „Ihro hochgräfl. Gnaden geruhen in Frieden, solches unwürdiges Memoriale gnädiglich anzuhören; als nun ich mich laider so schwerlichst wegen so teurer Zeit und auch sogar schlechten progreß der schuelkinder ernähre und fortbringe, würdt ich nottrungenlich [235] angefochten meine Zuflucht und meinen höchsten Trost bey Ihro hochgräfl. Gnaden zu suechen, derenthalben denn ist mein demietig flehentliches Anfragen an beede hochgräfl. gnäd. Herrschaften mir so hoch netigen in solcher Beschaffenheit wenigen Addition der Besoldung in gelt oder Frucht gnädig zu beginnen und das Kosten, so ich auf Holtz wenden muß, mich zu enthöben: welche hochgräfl. Gnaden ich durch mein ernstlich embsigen Fleiß und meinen alltäglichen Gebett gegen Gott sambt den Meinigen umb langwierig bestendig Gesundheit, glückliche Regierung die Zeit meines lebens niemalen unterlassen werde.“ Am 31. Oktober 1675 wurde diese Bittschrift durch Graf Bonaventura Fugger vorbeschieden: „Dem Supplicanten wirdt die gebetene Addition[9] dermalen abgeschlagen. Herentgegen in dem übrigen petito wiewohlen nur aus Gnaden und auf künfftig besseres Verhalten soweit gnedig deferirt, daß hinfüro demselben die Nottdurft an Brennholz ohne sein Entgelt gemacht und zugefirt wird werden.“ (Neub. Kreisarchiv.)
Schon sehr frühe machten sich Absplitterungen von der Hauptschule in Grönenbach bemerklich durch Gründung von sog. Winkelschulen und Nebenschulen oder Surrogatschulen, was leicht erklärlich bei der gewaltigen Ausdehnung der Pfarrei, bei der Durchführung der Vereinödung, bei den langen und beschwerlichen Wintern und oft schlecht gebahnten Wegen.
In der Hub, Weiler von Grönenbach, lebten in der Zeit von 1700 die edlen Geschwister Cronherz, 4 Brüder und 2 Schwestern, welche das von den Eltern ererbte stattliche Bauerngut gemeinschaftlich bewirtschafteten und sich durch ein edles und tugendhaftes Leben und großen Wohltätigkeitssinn auszeichneten; die beiden Brüder Georg und Martin Cronherz überlebten ihre übrigen 4 Geschwisterte Johannes, Elisabetha, Maria und Balthasar Cronherz und blieben, wie diese letztgenannten ledig gestorben waren, selbst auch ledig und vermachten testamentarisch totam illorum substantiam (Hof und Gut), zirka 4000 fl. damals geschätzt, in honorem beatissimae Virginis Mariae et SS. Apostolorum Philippi et Jacobi Ecclesiae Collegiatae, und so erscheinen diese Geschwister als die größten und einzigartigen Wohltäter der hiesigen Pfarrkirche und der kath. Pfarrkirchenstiftung. Balthasar Cronherz, nun genannt Balthus, wie er genannt wird im Totenbuch, „speculum juventutis et pietatis“, war sehr gut unterrichtet in den Trivialien und selbst in der Religion ganz hervorragend [236] beschlagen und hatte sich herbeigelassen, ganz umsonst, rein nur aus Erbarmen und Mitleid mit den armen Kindern in seinem Hause eine Hilfsschule zu errichten und zu halten. Gegen diese Winkelschule nun in der Hub und gegen eine gleichzeitig auch in Ittelsburg sich zeigende Nebenschule trat nun der damalige Grönenbachsche Schulmeister Bernhard Edelmayer mit einem Memoriale beim Fürstabt in Kempten auf 1734. Darin macht er geltend: „Dieser Balthus Cronherz, Pauernsohn aus der sogenannten Hub, alt-Kemptischer Underthan, errichte im Hueb eine Winkelschuell, das sei aber für ihne ein höchst nachteilig Undernemmen, indeme von Zeit seines Hierseins, nemblich 22 Jahren hero alle schuelbare Kind von allen nacher Grönenbach pfärrigen Weylern und Orten ieweilen in allhiesige Schuell geschickt worden seien; nun aber solle dem anders werden; deme müsse bei Zeiten vorgebeugt werden; darum habe er sich schon um Abschaffung dieser und andrer dergleichen Winkelschulen an allhiesig Hochfürstl. Pflegamt zu Grönenbach gewendet; es sey ihm aber bedeutet worden, Hueb sei ein Weyler alt-Kemptischer Art und gehe Grönenbacher Pflegamt nichts an; deshalb wende er sich nun an Hochfürstl. Kempt. Obrist Heyligen Pflegamt um Hilfe; als Begründung führt er an, weilen ich bey meinem ohnedeme jährlich aus gnad zu gaudiren habentem geringen salario, das das Jahr hindurch bey dieser ohnedeme harten Zeit sambt dene auswertige schuelbare Kindern sich höchstens ad 10–12 fl. belauffet, kümmerlich bestehen kann und weilen bey erfolgent gnädigster Licenz dieser Winkelschulen sodann die mehriste der auswärtigen Kinder umb der Nähe willen sich in diese dann begeben, dadurch aber allhiesige Schuell gänzlich geschwächt und dadurch ihm sein Stücklein Brod und höchst bedürftiger Unterhalt gänzlich entzogen würde.“
Auf dieses hin reichte Benedikt Diepold, Hauptmann von Streiffen, an den Fürstabt von Kempten am 16. Dezember 1735 ein Gegenmemorial ein des Inhalts: „Viele Jugend von Gemeinschwenden, Seefelden, von der Hueb und anderen umliegenden Orthen mehr müsse zu Winterszeiten eintweders nacher Grönenbach oder gen Reicholzriedt in die Schuel gehen; manches arme Kind müsse entweder aus Mangel des Brodts oder Kleides zu ungestümer Witterungszeit zu haus bleiben, mithin alle erforderliche Lehre versäumen und folglich in aller Lauigkeit bis ins Alter wachsen. Die Hueb sei ein so bequemlich Orth, daß auch zu rauhester Winterzeit die Kinder in dieser Gegend dahier in die schuel und auf mittag nacher Haus wiederumb zum Essen gehen könnten, überdies sei in Hueb eine lödige Manns-Person [237] namens Cronherz, welche ein eigenes Guett, dabei auch all erforderlich qualitäten zu einem schuelmeister und noch den Eyfer hat, die armen Kinder gratis zu instruiren; es möge darum H. Fürstabt neben der Winkelschule in Ittelsburg, die sich auch erst kürzlich aufgethan, diese in der Hueb gleichfalls gestatten.“
Ebenso wendeten sich bittlich in gleichem Betreffe die Gesamteinwohner dieser Einöden und Weiler um Fortsetzung der Nebenschule in Hueb durch den Bauernsohn Cronherz an den Fürstabt, d. d. 28. Januar 1737. Sie machen ebenfalls die weite Entfernung von Grönenbach, schlechte Wegverhältnisse geltend, betonen weiters, daß bei Zulassung dieser Nebenschule die Grönenbacher Schule nicht den mindesten Schaden leidet, „unerwogen wegen Menge der Schulkinder nur die größte Bueben zur Abhörung der Kinder substituirt werden, mithin manches Kind mit ganz geringem Nutzen nach Schulschluß nacher Haus gehen müesse“; auch bringen sie vor, „H. Pfarrer, wenn er aufgefordert, werde persönlich oder schriftlich unparteiisch und zwar sub fide sacerdotali an den Tag legen, was derselbe für eine Meinung und Urtheil über Grönenbacher Schule habe, werde er aussagen, wie schlecht die schuell in Grönenbach beschaffen, wie nötig hingegen solche in der Hueb durch einen so tauglichen und exemplarischen Christen sei; darumb supplizirt die ganze Gemaindt um Erhaltung dieser Nebenschule und des Nebenlehrers Cronherz und bitten um Erhör umb so mehrers, als hierunter das Heyl armer Kinder, unschuldiger und mit teuristem Blut Christi selbsten kostbaristen Seelen, im gegenthail aber des Schuelmaisters von Grönenbach nur sein zeitliches und von Passion geborenes Interesse gantz erweißlichen und clar versieret“.
Interessant ist das Gutachten und die Qualifikation, welche anno 1735 Joh. Gg. Huber, Stiftsdechant und Pfarrer, über Balthasar Cronherz als „Winkelschuelmeister“ abgegeben: „Ich attestire, daß ich denselben viele Jahre lang schon nit nur in gewöhnlicher christlicher Lehr, sondern auch in vielfältig theologischen und Controversfragen jederzeit dergestalten wohl informiert öffentlich erfahren und befunden habe, daß ich ihme nit nur die Kinder, sondern die Erwaxenen auch böstens unterrichten zu können allersufficient und fähig erkennen muß,“ und er fügt in seinem Schreiben an den Kempt. Kanzler vom 28. Januar 1737 noch des weiteren hinzu: „Von seinem Aufführen ist mir nie gewiß nichts anders denn das allerlöblichste bekannt in allem und in iedem Stück, kann auch versichern, daß zu seiner schuelhaltung ganz kein zeitliches Interesse da ist, da er gottlob sein ehrlich Stücklein brodt auch ohne schuele hat und haben kann, sondern vielmehr eine löbliche [238] Begird und Lust in christlicher Lehr auch andere zu unterweisen ihne angetrieben.“ – Auf dieses hin wurde seitens des Fürstabts in Kempten die Nebenschule in Hueb, Vorläuferin der Schule in Gemeinschwenden, durch Balthes Cronherz gestattet mit nachfolgenden Einschränkungen: „a) nur die Kinder, so in der Gegend Gemeinschwenden, Seefelden, Hueb und anderen daselbst gelegenen Orthen wohnen, diese Nebenschule Winterszeit besuchen dürfen; b) daß wie alle diese Nebenschuelmaister, so auch B. Cronherz dem Ordinarischuelmaister in Grönenbach von jedem Kind 2 pfennig wechentlich zu reichen habe.“ D. d. 9. Jänner 1736.
Auch der nachfolgende Schulmeister Aegidius Feigele in Grönenbach beschwert sich beim Fürstabt am 8. August 1743 über die beiden entstandenen Winkelschulen in Hueb und Ittelsburg, daß dadurch die Hauptschule in Grönenbach merklich geschwächt und ihm dadurch sein ohnehin kümmerlich Brot entzogen werde.
Ein aus den Jahren 1740–1750 vorhandenes „Promemoria“ gibt interessante Streiflichter über Schulstand und Schulbesuch damaliger Zeit: „Da auf jüngst hin vorgegangener Visitation der Schuel dato kaum etlich und 20 schueler sich einfinden, hingegen von Georgi biß Martini deren Anzahl sich höchstens auf 10 oder 15 erstreckt unter dem praetext (Vorwand), man gebrauche die Kinder zu Hauß, dessen ohngeachtet aber sommerzeith wenigst über 50 zu zehlen weren, welche für dem Müßiggang obgelegen und Winterszeith nur etliche Wochen oder garnicht geschickt werden: wenn nun aber hierdurch der Jugend sowohl als der Gemaindt nicht minder auch mir durch solche offenbar passionirte Schmälerung meiner höchst nötigen subsistenze je länger je mehrer Schaden zuwaxet, alß bettete er hierinfahls um gnädige remedur, zumahlen sub dato 6. Okt. a. c. auf langes sollicitiren hin endlich von Titl. alldasigen H. pfarrer Hueber neyerlich eine lista von 150 schuelbaren Kindern communicirt worden, deren die meisten kaum einige Wochen, viele hingegen gar niemals frequentiert haben: wobey à longe verlauten wollen, daß diese fürdauernde Feindseligkeiten von der Gemeinde gegen mir maistens daher rühren, weilen Ihro durch gdgste Disposition und Auffstellung einiger Schuelmaister zeithero die „Freywahl“, selbst einen zu erwöhlen resp. eingeschränkt werden wolle, weßwegen dann Ich (als ein auch von der fürstl. Obrigkeit aufgestellter) in beständiger Verfolgung nebst Anwendung all ersinnlichen Fleißes, Geduld und Behuetsamkeit leben mueß, nur damit ich meinen Widersächern keinen Anlaß einiger erhöblichen Klagen oder Außstellungen geben möge; nebstdeme mueß ich mittels Connivirung [239] vieles ohne mindeste Bestrafung oder Ahndung vorbey gehen lassen. Letzlichen, weilen sich viele mit der Armut entschuldigen, sie kennen ihre Kinder nit schuelen lassen und der Schuelertrag ohnedem so gering, so wäre mein unterthäniges Gesuch, daß gnädigste Herrschaft mir etwann noch mittelst jährl. gdgst. Beitrag eines Malters Korn noch 6 arme Kinder ohnentgeltlich zu schuelen gdgst. verordnen möchte, gestalten bey so geringem Betrag in kurzer Zeit gänzlich verarmen nebst deme aber in sorgen und Verdruß die gesundheit und leben einbüssen müeßte.“ Dieses Promemoria hat zum Verfasser den Schulmeister Benedikt Lutz, der in einer neuerlichen Supplik vom 26. November 1757 um Addition seines Einkommens fußfällig bittet „zur etwaiger sublevirung seines commiserationswürdigen Notstandes, da er, wie Er angibt nur 138 fl. Einkommen berechne, dagegen seine ohnumgänglichen höchst nötigen und gesparsamen Auslagen 200 fl. betragen, notfolglich alle Jahr wenigst 60 fl. restieren müsse: also neuerdings bitte um Addition eines weiteren Malters Korn, wie es ja auch seinem Vorfahrer Feigele sel. gdgst. bewilligt worden; er werde es abzuverdienen suchen durch Unterricht armer Schuelkinder ohnerachtlicher sowohl in chorali et Antiphonandô et Psallendô resp. die vices eines wirklichen Canonici vertreten müsse und in figurali wegen allzu schwach besetztem Chor seine leibs Cräfft schier gänzlich erschöpfen müesse zu Geschweigung noch anderer vieler hier ohnvermeidlicher Vertrießlichkeit und erduldender Persecutionen, die Leib und Seel enerviren.“ Als solche rechnet er schlechte Schulordnung und Saumseligkeit der Eltern, die ihre Kinder auch Winterszeit entweder gar nicht, einige aber nur wenige Wochen in die Schul schicken; „so habe er beispielsweise nach Martini nit mehr denn etliche 20 Schuelkinder, in der Sommerszeit, also von Georgi bis Martini kaum 7 oder 10, da doch wenigst über 150 schuelbare Kinder hier weren; keine Hilfe bey allhiesigem Amt und der Geistlichkeit bei all seinen Klagen über Aufkommen der Winkelschulen und schlechten Schulbesuch. Es ist auch dieses Jahr vom löbl. Ambt gar keine Schul-Visitation vorgenommen worden, hingegen von Titl. H. Pfarrer kaum 3 oder 4malen. Es wird auch das Hochfürstl. Schuel-Decret jährlich allhier nicht verlesen, es sey denn das ein diesfallsiges monitum an hiesiges Ambt erlassen werde. Wird ein Kind zuweilen nach höchster Notturft ganz discret mit etwelchen Tatzen abgestrafft, so behalt man selbes ganze Viertel und Halb Jahr zu Hauß und überlauffen dero Eltern die geistl. und weltl. Obrigkeit mit allerlei fingirten Klagen und ohnverantwortlichen Verlaimdungen, ohne daß der Schuelmaister zu [240] einer nötigen Verantwortung berueffen werde; wenn aber der Schuelmaister selbst klagen muß, so haißt es, er soll mehr Discretion so gegen die Eltern als Kindern brauchen; man könne eben die Eltern nicht nöten, die Kinder zu schicken, die nicht hinlänglich Confidenz gegen Schuelmaister tragen; die Eltern begehrten das ganze Jahr hindurch niemals relation über ihre Kinder, und wenn der Schuelmaister solche den Eltern vorbringe, so höbe er bey denselben durch solchen Bericht schlechte Ehr auf und schicken denselben mit Vorwand zerschiedener Winkelklagen (die sie vermutlich selbst fingiren, weilen sie niemalen deren Autoren benamsen oder sonsten nur ein falsches und passioniertes Gedicht einiger ohngezogenen Schüler ist) mit Verdruß trostlos nach Haus.“
Im Jahre 1759 und anno 1760 reichte der Schulmeister Sebastian Vötter eine Supplik ein beim Fürstabt in Kempten „um gdg. Gewährung von 12 Aimern Bier aus dem fürstl. hiesigen Preyhause“, wofür er versprach, „bestelltermassen 6 arme Kinder nach möglichstem Fleiß zu schuelen und in allem guetten zu instruiren“. Diese zwölf Eimer wurden gnädigst gewährt, jedoch mit der Auflage, „daß schuellmaister alle Jahr noviter hierumb underthänigst supplicando einkommen solle.“
In den Jahren 1811, 1812, 1813, 1814, 1815 bestand auch in der Filiale Au an der Iller eine Filial-Winkel-Surrogatschule mit eigenem Schulsprengel, umfassend: Au, Schönau, Tiefenau, Maneberg und Brandholz. Die Besitzer Weixler auf Maneberg und Klotz in der Tiefenau machten aber immer Schwierigkeiten gegen den Bestand der Filialschule Au, indem ersterer seine Kinder nach Gemeinschwenden in die Schule schickte und letzterer darnach trachtete, die Schule von der Au nach der Tiefenau zu verlegen und eine Vergrößerung des Schulsprengels dadurch herbeizuführen, daß die Fluchmühle und die Besitzer der Einöde Wurms dieser ev. Schule zugeteilt würden, indem sich Klotz sogar anbot, für sich selbst eine Privatschule zu eröffnen mit einem sog. „Winterschuelhalter“. Die Schule in der Au wurde „umgehend“ alle zwei Monate bei einem anderen Hauseigentümer gehalten.
Eine Verfügung des k. b. Distriktsschulinspektorates in Reicholzried (Pfarrer Schütz) vom 21. Januar 1815 gibt ein ungefähres Bild von diesem Schulhalten: „Nachdem unterm 20. lfd. Mts. der Schuldienstexspektant Buhl seine Anstellungs-Signatur als exponierter Adstant in der Au hierorts vorgewiesen hat, wird hiemit das Lokal-Schulinspektions-Vikariat zu Grönenbach aufgefordert, bey der Adstantie Au folgende Verfügungen zu treffen: 1. alle Kinder dieses quâsi [241] Sprengels werden bis zur ferneren höchsten Verfügung des k. General-Kommissariats dem Adstanten Buhl zugewiesen und übergeben. 2. Die lästigen Abgaben an Getraid und Holtz, welche bisher dem Fischer Möst, in dessen Hause lange Zeit die Schuele gehalten worden ist, gereicht werden mußten, sind aufgehoben, weil kein Grund vorliegt, das wichtigste Local- und Personalhindernis des planmäßigen Unterrichts so köstlich in so drangvoller Zeit zu belohnen. 3. Da es für die Gesundheit des Lehrers so nachteilig, so mühsam, so unbequem als erniedrigend und unanständig ist, seine Kost wie ein gedungener Hirte von Haus zu Haus zu suchen und täglich 2mal des Hungers wegen nach entfernten Einöden zu wandeln und in den Schneemassen Gesundheit und Kleider zu zerstören, da ferner in einem Schulsprengel ohne Localität, ohne Dotation, ohne Apparat der Fischer Möst ebensowenig Ansprüche auf besondere Begünstigung zu machen hat als die übrigen Individuen, da endlich von gleichen Subjecten unter gleichen Verhältnissen die wirklichen Lasten auf gleiche Weise getragen werden müssen, so hat die Schule jedesmal dem Lehrer in sein Kosthaus zu folgen, d. h. nach der Kinderzahl oder sonstiger Uebereinkunft „umzugehen“. 4. Es soll gesorgt werden, daß während der Unterrichtsstunden der Lehrer und die Kinder nicht durch Weiber und kleine Kinder gestört werden (wie solches auch jetzt schon wieder in der Au der Fall ist).“
Eine weitere Bemerkung des nämlichen Distriktsschulinspektorates über den Schulsprengel Au, d. d. 25. November 1814, ist charakteristisch: „Wenn der Schulsprengel Au fortbesteht, so ist auch für diesen Fall schon ein Lehrer allergnedigst bestimmt; allein die K. Lokalschulinspektion kann sich vorstellen, daß dieser immer ein – – „Tropf“ sein werde, weil kein ganz brauchbares Subject für 12 fl. Gehalt und Bauernkost, die es im Schnee und auf entfernten Einödhöfen doppelt verdienen muß, Lust in die Au hat.“
Am 29. November 1815 wurde dann die Auersprengelschule durch das k. b. General-Kommissariat des Illerkreises in Kempten aufgelöst und entschieden: „Au und Schönau gehören fortan zur Schule Grönenbach, Brandholz und Maneberg zur Schule Gmeinschwenden ebenso Tiefenau.“ – In dieser Winkelschule Au wirkten als Lehrer: 1. Miller 1813 und 1814; 2. Buehl 1814 und 1815, dann trat zuletzt noch der Bauernsohn Engelbert Klotz auf als Privatlehrer seiner Geschwisterten 1815. –
In der Grönenbacher Hauptschule wirkten, soweit die Akten ausweisen: 1. Georgius Kiestaller, Schulmeister und Organist, [242] † 1615; 2. Johannes Zeber 1667; 3. Sebastian Schöpf, Maler aus Schongau, interimsweise 1664–1666; 4. Johannes Jakobus Eisenberger 1675; 5. Johannes Georgius Müller 1676–1719; 6. Bernard Edlmayer 1719–1740; 7. Aegidius Feigele 1740–1753; 8. Benedikt Lutz 1753–1758; 9. Sebastian Vötter 1758–1814; 10. Gg. Wenzeslaus Rittler 1816–1864; 11. Anton Walter 1864 bis 1884; 12. Franz Herligkoffer 1885–1888; 13. Franz Xaver Lipp 1888–1891; 14. Theodor Mack von 1891 ab.
In der Nebenschule Gemeinschwenden (früher Hueb mit dem Bauernsohn und Winkellehrer Balthus Cronherz 1734–1743) wirkten: 1. Rupertus Schabez, Ludimagister in Gemeinschwenden, † 15. März 1807; 2. Benedikt Bott 1848; 3. Rochus Huber 1848–1850; 4. Ludwig Epp 1850–1858; 5. Andreas Haunsperger 1858–1863; 6. Ernst Angerer 1863–1867; 7. Alfred Haltenberger 1867–1868; 8. Anton Eberle 1868–1870; 9. Wilhelm Strobl 1870 nur ein halbes Jahr; 10. Pius Schauler 1870–1872; 11. Paulus Kuen 1872–1874; 12. Georg Pröller 1874–1878; 13. Otto Kiechle 1878–1879; 14. Benedikt Vogt 1879–1880; 15. Eduard Rager 1880 nur 4 Monate; 16. Friedrich Sauter 1880–1881; 17. Karl Hofmann 1881–1883; 18. Crispin Wech 1883–1891, erster definitiver Lehrer; 19. Joh. Nep. Leinauer 1891–1896; 20. Heinrich Zirkel 1896 nur einige Monate; 21. Johann Eggensberger 1896–1907; 22. Ernst Brugger von 1907 an.
In der Nebenschule Ittelsburg waren tätig: 1. Leonhard Graf 1811–1816; 2. Mang Graf 1816–1852; 3. Josef Rufeisen 1852–1853; 4. Xaver Heine 1853–1857; 5. Friedrich Döring 1857–1861; 6. Donat Demeter 1861–1865; 7. Karl Demeter 1865–1866; 8. Johann Zink 1866–1868; 9. Michael Mayinger 1868–1869; 10. Theodor Mack 1869–1874; 11. Gebhard Öttle 1874; 12. Helene Kachlriß 1875; 13. Frz. Xaver Gruber 1877; 14. Helene Wagner 1880; 15. Anton Haugg 1880; 16. Therese Jacob 1882; 17. Marie Heinemann 1882; 18. Marie Schmölz 1885; 19. Magdalene Schmidt 1896; 20. Albert Wörnhör 1896; 21. Josef Waitzinger 1896; 22. Amanda Schwaiger 1897; 23. Georg Groß 1897; 24. Anna Degen 1899; 25. Franziska Hieber 1899; 26. Adalbert Fürst 1900; 27. Albert Rohr 1904; 28. Johann Müller 1905; 29. Michael Pletzer 1908; 30. Johann Beitinger 1908.
Fassionsmäßige ehemalige Bezüge des Schullehrers, Mesners und Chorregenten vom Kollegiatstift hier:
[243]
a) | an Getraide und Holz: | fl. | kr. | |
2 Malter Roggen à 10 fl. | 20. | — | ||
20 Viertel Veesen à 32 kr. 9 H. | 10. | 40 | ||
17 Viertel Haber à 32 kr. | 9. | 04 | ||
8 Klafter Holz à 4 fl. | 32. | — | ||
6 Klafter Torf à 2 fl. 14 kr. | 13. | 24 | ||
Für 6 arme Schulkinder als Entgelt des Schulgeldes vom fürstl. Bräuhaus hier jährl. 12 Eimer Bier à 1 fl. |
12. |
— | ||
b) | an Geld vom Collegiatstift hier | |||
wegen Musikunterricht der 2 Chorknaben | 8. | — | ||
vom Heiligenamt resp. Stiftungsadministration | 55. | 30 | ||
c) | aus der Kommune | |||
bezieht derselbe das Schulgeld | 127. | — | ||
in Summa fl. |
322. | 48 | kr. |
Diesen Gehalt bezog Lehrer Sebastian Vötter vom Jahre 1758 an bis auf das Jahr 1813. In diesem Jahre erfolgte ähnlich wie bei der kath. Pfarrpfründe Grönenbach so nun auch bei der Schulstelle hier kath. Abteilung durch die K. Finanzdirektion des Illerkreises eine Art „Säkularisation“ oder Privation der ehemaligen Bezüge der Schulstelle, soweit Naturalbezüge in Frage kamen. Exdekan und erster säkularisierter Pfarrer J. N. Frey und sein langjähriger Lehrer und Chorregent Sebastian Vötter mußten diese herbe Kränkung und Schmälerung ihres Einkommens durch Entschließung der k. b. Finanzdirektion in Kempten, d. d. 29. Sept. 1813 am Ende ihres Lebens, am Rande ihres Grabes erleben und mitmachen. – Exdekan Frey starb am 3. Oktober 1814 und Chorregent Sebastian Vötter am 20. Februar 1814.
Die k. b. Finanzdirektion rechnete den Chorregenten als Regens chori scheint’s auch zu dem Stiftspersonal und säkularisierte tapfer darauf los. Dazu kam, daß das k. b. General-Kommissariat des Illerkreises, das 1814 den Lehrer Georg Rittler anstellte, ganz darauf vergaß, diese Anstellung der k. b. Finanzdirektion zu notifizieren, so daß Lehrer Rittler zwei volle Jahre nur Stolbezug und Schulgeldertrag hatte und tatsächlich am Hungertuche nagte. Der damalige k. Lokal-Schulinspektionsverweser H. Kaplan Boneberg reichte ein geharnischtes Schreiben über diese empörenden Zustände ein beim k. b. Distriktsschulinspektorat in Reicholzried, d. d. 2. Juni 1816, wodurch er sich den ganzen Unwillen dieser Behörde auflud.
Am 30. September 1817 reichte die Gemeinde Grönenbach an die k. b. Regierung des Oberdonaukreises in Augsburg (herausgewachsen aus dem k. b. General-Kommissariat des Illerkreises mit dem Sitze in Kempten) ein Bittgesuch ein, es möge nach drei Jahren endlich die [244] Organisierung der kath. Schulstelle in Grönenbach geregelt werden. In provisor. Weise hatte das k. b. General-Kommissariat kurz vor seiner Auflösung 1816 dem Lehrer Rittler von seinem Guthaben für Getreide zu 278 fl. 42 kr. den Teilbetrag von 132 fl. 4 kr. und für 2 Jahrgänge den Holzbetrag zugestanden. Auch hatte sich die Gemeinde in einem Immediatgesuch an Se. Majestät in diesem Betreffe gewendet, d. d. 24. November 1816. Zum letzten Male wendete sich die Gemeinde an die k. b. Regierung des Oberdonaukreises den 24. September 1818 in gleichem Betreffe: „Schon im Jahre 1817 am 30. September wagte es die unterthänigste Gemeinde, einer k. b. Regierung gehorsamste Bitte auszusprechen um Organisierung des Schuldienstes Grönenbach; nicht lange darnach wurden wir mit einem Reskripte erfreut, daß unser Bittgesuch mit gdgster Befürwortung an das allerhöchste Hoflager abgegangen sei; allein unsere jahrelang mit Sehnsucht genährte Hoffnung wurde bisher noch mit keinem Resultate gestillt. In dieser traurigen Lage wagen wir es noch einmal unsere gehorsamste Bitte zu wiederholen und eine k. b. Regierung recht dringend zu bitten, den Zustand unserer Schule, die 120 Kinder zählt, keinen Adstanten und einen schon 4½ Jahr lang nur halb besoldeten Lehrer hat, allergnädigst zu beherzigen und dieser unsrer Schule jene Vorteile und Begünstigungen allergnädigst zufließen zu lassen, deren alle übrigen Schulen des Königreichs sich zu erfreuen haben.“ Endlich 1818 erfolgte die Organisation der kath. Lehrerstelle hier und wurden die ehemaligen mitsäkularisierten fassionellen Naturalbezüge umgewandelt in ein Äquivalent von 116 fl. 8 kr., zahlbar beim k. Rentamt Memmingen in Quartalraten.
Im Jahre 1907/08 machte sich eine starke Strömung geltend zur Bildung eines neuen Schulsprengels und Erbauung einer neuen Schule in Filiale Ziegelberg. Die schon ziemlich weit gediehenen Verhandlungen scheiterten jedoch am Kostenpunkte und aus anderen Gründen.
In Grönenbach sind die Katholiken seit der Glaubensspaltung anno 1560 und ebenso die Reformierten dahier auf dem Erziehungsgebiete, also in Schulangelegenheiten, immer schiedlich-friedlich ihre eigenen Wege gegangen, und so ist es nur recht, und jeder Katholik, der es ernst nimmt mit den Pflichten seiner hl. Kirche und gegenüber seinen Kindern, aber auch andernteils jeder Reformierte, dem seine Konfession Herzenssache ist, und dem die Erziehung seiner Kinder am Herzen liegt, wird und muß für die Konfessionsschule eintreten und das Schorle-Morle, den Simultanbrei, in den sog. Simultanschulen perhorreszieren und mit aller Kraft ferne zu halten bemüht sein.
[245] An Simultanisierungsversuchen hat es auch in Grönenbach resp. Ittelsburg nicht gefehlt. Die kleine Ortsgruppe Ittelsburg, Filialgemeinde von Grönenbach, ist religiös gespalten; es existierten nun von Anfang an zwei konfessionelle, sehr kleine Schulen mit je einem katholischen und reformierten oder prost. Schuladstanten, später Schulverweser. Es läßt sich nun recht gut begreifen, daß, wenn beide konfessionelle Minimalschulen zu einer Schule unter einem Lehrer zusammengelegt worden wären, diese Schule eine ziemlich stattliche Schule abgeben würde und eine definitive Lehrkraft angestellt werden könnte; daher wurde zweimal ein Anlauf nach dieser Richtung unternommen, im Jahre 1825 und im Jahre 1874.
Im Jahre 1825 wollten sich die Reformierten in Ittelsburg anläßlich dieses Versuches der Simultanisierung und Verschmelzung zu einer Schule dazu verstehen, daß der neuanzustellende Lehrer katholisch sein dürfte, der aber fest stehen müsse, wie sie sich auszudrücken beliebten, an dem konstitutionellen Grundsatze, daß den verschiedenen Kirchengesellschaften vollkommen gleiche Rechte zustehen; dagegen bestanden sie darauf, daß ihnen für die Zukunft das ausschließliche Präsentationsrecht des Lehrers zustehe. Natürlich konnten die Katholiken in Ittelsburg ebensowenig darauf eingehen wie die kath. k. Lokalschulinspektion, die ein ausführliches, mit treffenden und schlagenden Gründen die Simultanschule verwerfendes Referat sowohl an das k. Landgericht hier wie an das b. Ordinariat abgehen ließ. In der Siedehitze der Kulturkampfszeit anno 1874 wurde neuerdings ein Versuch gemacht mit Ittelsburg und ein Apell gerichtet an die Gesamtgemeinde, die sich nun für oder gegen die Simultanisierung durch Abstimmung erklären sollte. Nach § 7 Abs. 2 und 3 der Allerhöchsten Verordnung vom 29. August 1873, Einrichtung der Volksschulen und Bildung der Schulsprengel betr., müssen bei Simultanisierungsversuchen Zweidrittel der abgegebenen Stimmen dafür sein. Am 11. Oktober 1874 erfolgte nun die Abstimmung, wobei im ganzen 180 Stimmen abgegeben wurden, und zwar 102 Stimmen für Simultanisierung und bloß 78 Stimmen für die konfessionelle Schule! Diese Abstimmung ist recht bezeichnend für die damalige „maigesetzliche Kulturkampfluft“, deren Odem, wie es scheint, auch in Grönenbach verspürt worden ist. Es fehlte somit die Zweidrittel-Stimmenzahl, aber bezeichnend fehlten nur mehr 18 Stimmen; der Simultanschulgedanke unterlag, die Konfessionsschule blieb, gewiß nur zum Segen und Nutzen der Kinder und der Konfessionen. – Mögen diese zwei Versuche die ersten und letzten Versuche gewesen sein und bleiben für und für!
[246] In den chronologischen Aufzeichnungen der reform. Gemeinde Grönenbach findet sich über die Schule folgende Notiz: Wann die reform. Schule dahier sich gebildet hat, ist ungewiß. Die Schulmeister waren gewöhnlich ordentliche Handwerksleute: Weber, Schneider oder Söldner, die gut lesen und etwas schreiben konnten. Die Kinder kamen zu ihnen bloß den Winter hindurch in ihre Privatwohnung. Schon frühzeitig, wenigstens seit 1577, bekam der reform. Schulmeister aus dem hiesigen Stift eine kleine Besoldung mit 15 fl. (alias 16 fl.) an Geld und 2 Malter Roggen; dazu mußte ihm jedes Kind, solange Schule gehalten wurde, wöchentlich 1 Kreuzer Schulgeld bringen; seit 1809 ist das untere Zimmer im jetzigen reform. Pfarrhaus zur Schulstube eingerichtet worden; anno 1886 wurde ein eigenes reform. Schulhaus mit Lehrerwohnung gebaut: Lehrer Funk – 1868 beinahe 50 Jahre. Lehrer Rabus – 1872. Lehrer Ganzenmiller – 1904. Lehrer Enslen von 1904–1909.
Das ehemalige Spital in Grönenbach, jetzt reform. Pfarrhaus, und die ehemalige kath. Spitalkirche zum Hl. Geist, nunmehr reformierte Kirche, sind Stiftungen des Edlen Ritters Ludwig von Rotenstein und Leostein und seiner Gemahlin Jutta von Hirnheim. Der Stiftungsbrief, ausgestellt „nach der Geburt Christi im vierzehnhundertsten Jar und darnach im neunundsiebzigsten Jar am Freitag vor sand Jörgentag des hl. Ritters gesiglet von Ludwig v. Rothenstein zu Leostein, Jörg v. Rechberg v. Hohenrechberg, Heinrich v. Freyberg, Heinrich v. Pappenheim, Erbmarschalk, und Burkhart v. Freyberg“, liegt im Originale im b. Archive Augsburg und eine Copia im kath. Pfarrarchive hier. – Mit dem Spital verband Ludwig v. Rotenstein eine Kapelle zu Ehren des Hl. Geistes mit der Bestimmung, „daß in dieser Capel eines jeglichen Tags eine Meß gelesen und gehalten werde“. Das Spital sollte stiftungsgemäß auch eine Anzahl armer, notdürftiger Menschen beherbergen (sog. Poppert oder Armenhaus), „soviel deren die notturft ertragen und gehaben mag“ (gewöhnlich waren es 6 konskribierte Arme); ebenso sollten in diesem Spital „arme Bilgrime oder andere frembd, arm, nottürftige menschen darInne beherbert und ihnen Speis der notturft gegeben werden“; ebenso sollten „Kranke, Reisende darinnen Verpflegung gratis erhalten so lange, bis sie wieder gesund werden und weiter kummen mügen“. Mit vielen Gütern stattete Ludwig von Rotenstein auch dieses Spital aus. Er übergab ihm laut Stiftsbrief „1. seinen eigenen Mayerhof; 2. ein guet in Grönenbach, das Hans Adam baut; 3. ein guet hier, das der Clostermann baut; 4. die Schönau; 5. ein guet in Hirschdorf; 6. ein [247] guet in Krugzell; dazu stellte er das Gebäude und Capel aus aigenen Mitteln her“. Ebenso erhielt das Spital vom Stifter freie Beholzung: „Es ist mein Will, daß dieses Spital aus meinen Welden und Höltzern, so umb Grönenbach liegendt, holz ze ir notturft ze bauen, ze zymern und ze brennen hawen und nemmen mügen on mein und meiner Erben Irrung und widerrede.“
Anno 1633 im unseligen 30jährigen Kriege brannten die schwedischen Horden, Dragoner, in einer Nacht, von Memmingen herkommend, in Grönenbach das Spital samt Kapelle und 35 Häuser nieder. Nach diesem unseligen Kriege wurde das Spital samt Kirche wieder aufgebaut in der Form, wie es noch besteht. Der Säkularisation fiel auch das Spital anno 1802 zum Opfer, jedoch wurde erst am 3. Dezember 1808 im Spital inventarisirt und gesteigert. Damals sind laut Akten im Kreis-Archiv in Neuburg im Spitale folgende Appartements verzeichnet: Im Spital a) untere Stube, b) Kuchl, c) im hintern Gewölb, d) im vorderen Gewölb, e) im Hausgang, f) oberes Zimmer, g) Pfründnerzimmer (als Pfründner sind aufgezeichnet: Barbara Herzin, Justin Mayersohn, Veronika Prestlin, Hansjerg Bergmann). Zum Spital gehörte auch das Armenhaus, resp. das Spital war zugleich das Armenhaus Poppert, worinnen 6 Arme jederzeit unverzinslich ihren Aufenthalt hatten, worinnen auch fremde Bettler übernacht beherbergt werden müssen, welche alle aber sich in allem selbst verpflegen und alles anschaffen müssen. Die Schönau ward später gegen Ende des 18. Jahrhunderts von der Spitalleitung umgetauscht worden gegen das sog. „Buebische Gütle“ am Schloßweiher. Im Urbar der Marktgemeinde aus dem Jahre 1765 besaß das Spital hier:
Gärten, Bainden und Gehöfte | 14 | Jauch. | 3 | Viertel | 1/2 | 59Rut. |
Ackerfeld | 96 | „ | 2 | „ | 78 | „ |
Unbrächige Änger | — | „ | 3 | „ | 28 | „ |
Unbrächige Wiesen | 10 | „ | — | „ | 1/2 | 74„ |
Summa | 122 | Jauch. | 2 | Viertel | 10 | Rut. |
Dazu noch das guet Schönau: | ||||||
Ackerfeld und Wiesen | 22 | Jauch | — | Viertel | 93 | Rut. |
Viehweid | 133/4 | „ | — | „ | 122 | „ |
Holzboden | 123/4 | „ | — | „ | 108 | „ |
Summa | 49 | Jauch. | — | Viertel | 63 | Rut. |
Daß das Spital Grönenbach anno 1670 und später noch wie auch schon früher seinen eigenen Friedhof neben der Spitalkapelle besessen, der dann auch als Friedhof den Reformierten überhaupt zugewiesen werden sollte, geht klar hervor aus dem Briefe des ehem. Inspektors Jenisch von [248] der rotensteinischen Herrschaft, d. d. 19. Febr. 1670, im hiesigen Pfarrarchiv. – Im Jahre 1808 kaufte dann die reform. Gemeinde das Spital samt Kapelle um den geringen Preis von 2125 fl. und benutzt seit dieser Zeit diese Räume als Wohnung ihres Pfarrers und als Kirche.
Laut Intelligenzblatt v. J. 1815 pag. 782 sind unter der Regierung der letzten Fürstäbte v. Kempten die Leprosorien (Aussätzigenasyle) der Landgerichte Günzburg, Grönenbach, Legau, Härtnagel aufgelöst und mit dem kath. Spitale in Kempten konsolidirt worden. Das Vermögen dieses nunmehr vereinigten Spitales besteht außer einem jährlichen Exigenzbeitrage von 5000 fl. aus der Landesfürstl. Kassa noch in einem Kapitale von 139 350 fl. 15 kr., womit dermalen (anno 1815) ein Stand von 70 Pfründnern und Kranken unterhalten wird. Um den Anteil genauer zu bestimmen, welchen die verschiedenen Gebietsteile, deren Stiftungen den Fond bilden, an dem Spitale zu nehmen haben, ist derselbe unterm 14. Januar 1814 dergestalt bezeichnet worden, daß von der Normalzahl Pfründner zugute kommen: 1. der Stadt Kempten 12; 2. dem Polizeibezirke Kempten 9; 3. dem Landgericht Kempten 19; 4. dem Landgericht Grönenbach 19; 5. dem Landgerichte Obergünzburg 11. Das Landgericht Grönenbach aber umfaßte nach dem Kreis-Intelligenzblatt vom J. 1830 pag. 61: Distrikt 1: Altusried; Distrikt 2: Dietmannsried mit Probstried und Reicholzried; Distrikt 3: Grönenbach mit Zell; Distrikt 4: Illerbeuren mit Kronburg, Kardorf und Ferthofen; Distrikt 5: Kimratshofen mit Muthmannshofen und Frauenzell; Distrikt 6: Legau mit Lautrach und Steinbach; Distrikt 7: Woringen mit Dickenreishausen, Volkratshofen und Buxach. Aus dieser Notiz folgt, daß Grönenbach auch ein Leprosenhaus besessen. Wer der Stifter dieser Anstalt war, ist unbekannt; das Spitalgut und Spital war es jedenfalls nicht, da dieses vom bayr. Staate erst 1808 säkularisiert wurde, während die Leprosenstiftung schon unter den letzten Fürstabten, also Ende oder Mitte des 18. Jahrhunderts, mit der Kemptner Spitalstiftung zusammengelegt wurde.
Das ehemalige Schloß Rotenstein reicht bis ins graue Altertum zurück. Ein Aktenstück des bisch. Archivs Augsburg aus dem Jahre 1695 besagt: „Der vom Kayser Ottone dem zweyten (973–983) mit kundtbaren gränzen ordentlich aufgezeichnete bezürk der fürstlichen Graffschaft Kempten begreiffet und umbfasset neben anderen ohnwidersprechlich auch das uralte adliche Schloß Rotenstein sambt allem dessen, so dies als jenseits der Ihler gelegene Zu- und Angehörungen, mit welchen es schon von altershero dem fürstl. Stifft Kempten zu rechten Lehen [249] gegangen etc.“ Dieses Schloß war stark befestigt und zu einer Wasserfestung gemacht worden; heute noch steht im Osten, dem Walde zu, die Talsperre, welche den Mühlbach staute zu einem gewaltigen Weiher und so neben dem steilen Hang nach Osten und Süden ein zweites gewaltiges Annäherungshindernis bildete. Ebenso war eine zweite gewaltige, heute noch bestehende Talsperre, ein Damm, aufgeführt von der Rotensteiner Mühle an bis an den Südhang des Rechberger Kapfes, welche das Wasser von Westen her sperrte und einen ausgedehnten Weiher bildete und so eine Annäherung und Bestürmung der Burg von der Nordseite wirksam verhinderte. Zugänglich war sie nur von Südwest und West, und da hatte die Kunst einen tiefen Wallgraben ausgeworfen, der nur mittelst Zugbrücke überschritten werden konnte. Zur Zeit des Bauernkrieges 1525 war der Marschall Wolfgang von Pappenheim von seinem Schlosse zu Rotenstein, ebenso die Witwe des Marschalls Alexander von Pappenheim vom Schlosse zu Grönenbach nach der befestigten Stadt Kempten geflohen.
Im Jahre 1632, im 30jährigen Kriege kamen die Schweden von Memmingen her und stürmten und plünderten sowohl das Schloß Grönenbach wie auch das Schloß Rotenstein. Im Jahre 1646 kamen die Schweden zum zweiten Male in diese Gegend, und am 28. November 1646 hatte der schwedische General Wrangel im Schlosse Rotenstein sein Standquartier. In diesem Schlosse Rotenstein lebte auch Erzmarschalk Philipp v. Pappenheim, der auf seinen Besitzungen und bei seinen leibfälligen Untertanen nach seiner Schweizerreise den Calvinismus 1559 einführte und zuerst auf Schloß Rotenstein durch den aus der Schweiz mitgebrachten calvinischen Prädikanten die neue Helvetierreligion predigen ließ unter der Linde auf dem Bauhofe in Rotenstein. Die späteren Nachkommen, die wieder katholisch geworden, ließen in dem Schlosse in einem eigens zubereiteten Schloßzimmer wieder das hl. Meßopfer feiern. Es kam dann die traurige Zeit der Säkularisation; der bayrische Fiskus nahm auch Schloß Rotenstein in Beschlag als fürstabtl. Besitzteil und verkaufte das große ehemalige Besitztum, Schloß und Gut an den bisherigen Beständner Döring, eine Familie, die schon zu Fürstabtszeiten das Gut bemeiert hatte.[10] Am St. Josefsfeste, den 19. März 1873, stürzte das ehemalige Schloß in sich zusammen, indem auf der Nordseite eine Erdsenkung, wahrscheinlich durch unterirdische Quellflüsse hervorgerufen, erfolgte, so [250] daß der Turm und der Nordteil des Schlosses den Berg herabkollerte. Aus den Trümmern wurde das jetzige Ökonomie- und Wohnhaus der Döringschen Familie erbaut, und nur mehr klägliche Trümmer und mit Gestrüpp überwucherte Teilreste zeigen die Stätte, wo einst das edle Geschlecht der Rotensteiner und der Pappenheimer Jahrhunderte lang gehaust.
Das obere, auch hohe Schloß von Grönenbach, im Gegensatz zum unteren, im Marktflecken stehende Schlößchen, ist um einen gewaltigen Nagelfluhfelsen herumgebaut, der bis ins dritte Stockwerk hinauf und hineinragt und eingebaut ist und der auch die Ursache ist von der ganz eigenartigen und eigentümlichen Bauart dieses Schlosses. Das Schloß ist mit einem tiefen Wallgraben ringsum umgürtet, der eine Berennung und Bestürmung wesentlich erschwerte; die Bauzeit ist unbekannt, fällt aber mutmaßlich in die Mitte oder ans Ende des 14. Jahrhunderts. Eine Erweiterung des Schlosses, der sogen. Fuggeranbau, erfolgte unter Paul Fugger zirka 1690. Ebenso erweiterte das Schloß der Fürstabt Rupert von Bodmann, der 1695 die Grönenbacher Herrschaft wieder von den Grafen Fugger Kirchberg-Weißenhorn durch Rückkauf um 100 000 fl. an sich gebracht hatte, durch Anbau im Süden. Bewohner dieses Schlosses waren von 1384 an die Edlen v. Rotenstein, dann deren Rechtsnachfolger, die Grafen von Pappenheim und deren Rechtsnachfolger, die Grafen von Fugger. Im Bauernkriege 1525 wurde das Grönenbacher Schloß vom Grönenbacher Haufen belagert. Im dreißigjährigen Kriege 1632 wurde das Schloß erstürmt und geplündert, seiner Armatur von 4 Kanonen beraubt, welche die Schweden nach Memmingen verschleppten.
Im Schlosse ist eine Kapelle eingebaut, welche auch P. Khamm in seiner Hierarchia Augustana bei Abhandlung über das Kollegiatstift Grönenbach erwähnt. Im Besitze der kath. Kirchenstiftung hier ist ein Ziborium (Speisekelch), welches aus dem Jahr 1656 stammt, mit dem Alliancewappen „Pappenheim-Fugger“, jedenfalls eine Weihegabe des Bonaventura v. Fugger, eines Sohnes des Ott Heinrich Fugger, oder von dessen Mutter Maria Elisabeth, Gräfin v. Waldburg-Zeil, zur Erinnerung an die Fugger’sche Ahnfrau Anna von Pappenheim, die in erster kinderloser Ehe mit Philipp v. Rechberg und Hohenrechberg und in zweiter kinderloser Ehe mit Ott Heinrich Grafen v. Fugger vermählt war; vielleicht war dieser Speisekelch in der Schloßkapelle gebraucht worden und wurde vor der Säkularisation in die Pfarrkirche gerettet, da ja damals die Kapelle exsekriert und in einen s. v. v. Pferdestall [251] für das Roß des Amtsknechtes beim k. Landgerichte Grönenbach umgewandelt wurde.
Vom Jahre 1695 an war der Fürstabt v. Kempten Herr des Schlosses Grönenbach wie des andern Schlosses zu Rotenstein. Derselbe hatte im Schlosse Grönenbach ein Pflegamt eingerichtet, wie auch auf dem Falken ein solches bestand. Als ersten Pfleger sandte der Fürstabt den Ministerialen und Hofherrn Karl Christoph Freiherrn von Ulm, der mit Frau und Töchtern im Schlosse einzog und gar manche Differenzen und Späne mit dem Stiftsdekan hier hatte wegen Haltung eines eigenen Schloßkaplans, wegen Nichtbesuch der Pfarrkirche an Sonn- und Feiertagen, wegen Abziehung der Landleute vom Pfarrgottesdienst an Sonntagen etc. Deshalb sah sich der Fürstabt veranlaßt, als Nachfolger in Zukunft immer einen adeligen Stiftskanoniker des adeligen Herrenstifts Kempten als Pfleger nach Grönenbach ins Schloß zu senden, der dann den Namen eines Propstes führte. Als solche werden in Akten aufgeführt: L. J. Baron de Riedheim, der hier begraben liegt und dessen Epitaphium aufgehängt ist an der ersten Säule des Mittelschiffes auf der Epistelseite; 2. Udalricus de Hornstein, der den Leib des hl. Pius in der Kirche einsetzte, den der Fürstabt Honorius Roth von Schreckenstein von Papst Pius VI. zum Geschenk bekommen hatte und dieses Kleinod der Stiftskirche Grönenbach anno 1784 übermachte; 3. Adalbert von Falkenstein, Stifter des Kreuzpartikels; 4. Marianus Freiherr von Welden, des Hochfürstl. Stifts Senior und Propst in Grönenbach 1751; 5. Freiherr von Neuenstein, 1775 Propstdekan allhier; 6. Baron von Zweyer, letzter fürstabtl. Propst, der anno 1803 mit seinem Pflegeverwalter H. Hofrat Karg die Säkularisation im Schlosse Grönenbach miterleben mußte, die Dr. Joh. Martin, Edler von Abele, in Grönenbach, Lautrach etc. vornahm.
Das anno 1803 aufgenommene Inventar des Schlosses, das im Originale im Neub. Kreisarchiv und als Kopie im kath. Pfarrarchiv Grönenbach vorhanden, gibt Aufschluß über die damals im Schlosse vorhandenen Mobilien und über die Einteilung der Zimmer und Appertements: 1. Etage: Im Tafelzimmer, im 1. Kapitularzimmer, im 2. Kapitularzimmer, im 3. Kapitularzimmer, im Schießzimmer, im Turm, im Propsteizimmer, im Gängele, im Backkämmerle, auf dem Gang. 2. Etage: In der Antichambre, im fürstl. Kapellzimmer, im fürstl. Wohnzimmer, im fürstl. Schlafzimmer, auf dem Gang gegen der neuen Kanzlei, in der neuen Kanzlei, im Gängele gleich an der Kanzlei, im sog. Laquaizimmer im Turm, im oberen Gang. In der 3. Etage: Im gelben Zimmer, im Großdekanszimmer, im roten Zimmer, im [252] Verschlag. In der 4. Etage: Zimmer Nr. 1, Zimmer Nr. 2, Zimmer Nr. 3, Zimmer Nr. 4, im Büchsenspannerzimmer. Zu ebener Erde: Im Offizierzimmer, im Laquaizimmer, im Kuchlstüble und Küche, im Speisegewölb, im Gang, in der Kapelle, in der Beschließerei, in der Konditorei, im Keller, im Zimmer beim Tor, im Nebenzimmer, Kutscherstuben. – Die ganze Einrichtung des Schlosses war den 11. und 12. August 1803 in Gegenwart des churbayr. Rechnungs- und gnädigst ernannten Versteigerungs-Kommissärs Durocher, Aktuars des ad hunc actum verhandgelübdeten Kammerkanzleiakzessisten Lorenz, und der in Pflicht stehenden und an ihre Pflicht als Schätzleute erinnerten Bartholomäus Kolb, Stifts- und Schloßverwalters hier und Josef, Witschel, Zimmerwarts in Kempten, inventarisiert und am 16. und 17. August 1803 öffentlich lizitiert und versteigert worden. Der Schätzungswert betrug 789 fl. und 38 kr. und der tatsächliche Erlös 1559 fl. und 8 kr. – Sic transit gloria mundi.
Das Schloß Grönenbach wurde von den Stiftsherren und dem Fürstabt des adeligen Benediktinerstifts Kempten als Sommerfrische und Retraite „Schloß Sanssouci“ benützt; gar oftmals zog der Fürstabt von Kempten in dieses Schloß ein mit herrlichem Gespann auf der künstlich angelegten Schloßbergstraße. Im Wallgraben soll ein Bärenzwinger zur Belustigung der Herren bestanden haben. Die große Brauerei ist ebenfalls ein Werk des baulustigen Fürstabtes Rupert von Bodmann, gebaut und eingerichtet 1695–1700. Als Bräumeister (Preumeister, praefectus rei praxatoriae) finden sich in den Pfarrakten: Geiger Mathias 1730, Johann Michael Epple 1760, Mang Anton Graf 1772, Josef Anton Biechel von Tapfheim 1811, Andreas Maurer von Ottobeuren 1833–1834, Josef Leichtle von Kempten 1834–1836, Alexander Madlener von Ottobeuren 1836–1870, Theodor Madlener, dessen Sohn, 1870–1898, Josef Madlener, des letzteren Sohn, 1898. – Dazu der herrliche Schloßgarten mit eigenem Gewächshaus – jetzt Küferei beim Bräuhaus, und unten die kleinen, netten Weiher und die nahen prachtvollen Waldungen – wahrlich ein idyllischer Sommeraufenthalt. Das Schloß hatte in seinen Innern auch einen eigenen Schloßbrunnen, dessen Niveau gleichsteht mit dem Wasserspiegel des unten liegenden Weihers. Auch ein unterirdischer Notausgang war vorhanden, der wohl im Walde nach Rotenstein zu ausmündete; der Schloßbrunnen besteht noch, ist nur zugewölbt und befindet sich in der jetzt erweiterten Schloßkapelle.
Von 1879–1881 war dasselbe Schloß als Fiskalgut zweck- und bestimmungslos feilgestanden. Um 5000 M. angeschlagen wurde [253] das Schloß zum wiederholten Male der Marktgemeinde angetragen und Herrn Bräumeister Madlener, aber nicht gekauft.
„Anno Dmni 1783 die 23. May, nachmittags 3 Uhr, schlug während eines heftigen Gewitters der Blitz in das Schloßgebäude, ohne größere Beschädigung des Schlosses, als daß der eine Fenstervorhang verbrunnen und der ander angefangen hat zu brennen, aber alles, Gott sei Dank gesagt, wiederum verloschen worden ohne dadurch zugefügten Schaden.“
Anno Dmni 1881 nun wurde das Schloß Grönenbach vom bayr. Fiskus an den hessischen Hofphotographen Wilhelm Cronenberg um eine lächerlich geringe Summe verkauft. Derselbe errichtete nun im Schlosse unter gewaltiger Reklame ein graphisch-photographisches Institut mit Lehrzöglingen aus aller Herren Länder; das Lehrinstitut bestand vom Jahre 1881 bis 26. Oktober 1901, in welchem Jahre das Schloß von W. Cronenberg an den Herrn Superior Dominikus Ringeisen der Sankt Josefskongregation in Ursberg um 30 000 Mark verkauft wurde, um als eine Filiale des Mutterhauses Ursberg weiteren Zwecken der christlichen Charitas zugeführt zu werden. W. Cronenberg siedelte nach Pasing bei München über; St. Josefsschwestern zogen in das Schloß ein, leiten eine Kleinkinderschule, eine Arbeitsschule und üben die Krankenpflege in Ambulanz im Bezirksamtsprengel Memmingen und Illertissen, bis weitere Aufgaben ihnen und der Anstalt noch in Zukunft erwachsen.
Im Jahre 1803 fiel das Schloß dem bayerischen Fiskus zu und wurde Sitz des k. b. Landgerichtes. Als Landrichter sind in Pfarrakten verzeichnet: 1. Joseph Luzenberger von Ichenhausen 1804–1821; 2. Joseph von Dormayr von Neu-Öttingen 1821–1841; 3. Ignaz Hefner von Augsburg 1841; 4. Paul Rummel bis 1847; 5. Konrad Steiner 1847–1855; 6. Franz Xaver Kerker 1855–1862; wurde 1862 quiesziert; 1862 erfolgte die Organisation – Trennung – des alten Landrichteramtes in Verwaltungssphäre und Justizsphäre; 7. Karl 1862–1878. In diesem Jahre wurde aus dem geschwächten Landgericht ein sogen. Amtsgericht und dieses letzte Amt von Grönenbach auch noch weggezogen und das neue Amtsgericht nach Memmingen transferiert, wie es schon 1862 mit dem Bezirksamte geschehen war. Die alten Landrichter und der erste Assessor hatten in Grönenbach ihre Wohnung in dem Schloßnebengebäude – Anbau an das ehem. fürstabtliche Bräuhaus. [254] Die Bureaux und die Sitzungssäle waren im Schlosse selbst. Die k. b. Gendarmerie, welche im hohen Schlosse in dritter Etage Wohnung hatte, blieb beim Verkauf des Schlosses, anfangs vier Mann, nunmehr in verminderter Stärke von 2 Mann, dorten bis 1881.
Der Umfang des ehem. k. b. Landgerichtes Grönenbach nach der Formation vom Jahre 1819 hatte 5 6/100 □Meilen, 2979 Familien, 2241 Häuser, 13 221 Seelen und 19 Ruralgemeinden. 1. Altusried mit seinen zahlreichen Einöden, 2. Buxach, 3. Dickenreishausen, 4. Dietmannsried, 5. Ferthofen, 6. Frauenzell, 7. Grönenbach, 8. Kardorf, 9. Kimratshofen, 10. Kronburg, 11. Lautrach, 12. Legau, 13. Muthmannshofen, 14. Propstried, 15. Reicholzried, 16. Steinbach, 17. Volkratshofen, 18. Woringen, 19. Zell. (Cfr. Intelligenzbl. v. J. 1820 pag. 112 ff.)
Die Gemeinde Grönenbach selbst hatte nach der Formation vom Jahre 1819 folgende Ortschaften: 1. Au W. 6. F.; 2. Brandholz E. 1 F.; 3. Bussen E. 1 F.; 4. Ewiesmühle E., 2 F.; 5. Falken, ehem. Rittergut, ohne Angabe einer Familienzahl; 6. Gmeinschwenden, gew. Mainschwenden, W. 10 F.; 7. Greith E. 3 F.; 8. Grönenbach, Markt, Pfarrei, Sitz des k. Landgerichts, Schloß und 2 Mühlen, 190 F.; 9. Gsäng, hinteres, E. 3 F.; 10. Gsäng, vorderes, W. 7 F.; 11. Herbisried D. 19 F.; 12. Hub W. 6 F.; 13. in den Stöcken, auch Frauenkau, E. 2 F.; 14. Ittelsburg D. 29 F.; 15. Kläffers, Bad, E. 2 F.; 16. Kornhofen W. 4 F.; 17. Maneberg E. 1 F.; 18. Raupolz W. 4 F.; 19. Rechberg E. 2 F.; 20. Rothmoos E. 2 F.; 21. Rotenstein W. 5 F.; 22. Schönau, unbewohnte Einöde; 23. Schulerloch W. 8 F.; 24. Schwenden W. 5 F.; 25. Seefeld W. 4 F.; 26. Streifen W. 4 F.; 27. Tal, oberes, W. 8 F.; 28. Tal, unteres, W. 6 F.; 29. Winters E. 3 F.; 30. Ziegelberg D. 27 F.; 31. Ziegelstadel E. 3 F. (Intelligenzbl. v. J. 1820 pag. 186/7.)
Nach dem Intelligenzbl. vom Jahre 1818 pag. 575 ff.
- Kgl. Landgericht in Grönenbach: 1. der k. Landrichter in Grönenbach; 2. der erste Landgerichtsassessor in Grönenbach; 3. der zweite Landgerichtsassessor in Grönenbach; 4. der Landgerichtsdiener in Grönenbach.
- Das k. Rentamt (stationiert in Memmingen): 1. k. Rentbeamter in Memmingen; 2. Rentamtsdiner in Memmingen.
[255]
- Das ärztliche Personal: 1. k. Landgerichtsarzt in Grönenbach; 2. Landärzte a) in Dietmannsried; b) in Legau; c) in Woringen; 3. Tierarzt in Bußen.
- K. Distriktsstiftungsadministration: Sitz in Kempten mit dem Beamtenpersonal.
- Wasserbau- und Straßeninspektion: Sitz in Kempten mit dem Beamtenpersonal.
- Forstpersonal: a) zum Forstamt Kempten: das Revier Kimratshofen mit 1 Revierförster, Forstwart und Forstgehilfen; b) zum Forstamt Memmingen: das Revier Osterwald (Steuerdistrikt Propstried) mit 1 Revierförster in Grönenbach, Forstwart in Dickenreishausen, 1 Forstgehilfen hier.
- Distriktsschulinspektoren: a) ein Distriktsschulinspektor für katholische Schulen; b) ein Distriktsschulinspektor für evangelische Schulen.
- Zum k. Obermaut- und Hallamt Kempten gehörige Mautstationen: Station Legau, Station Hettisrid mit je einem Stationisten.
- Zum k. Obermaut- und Hallamt Memmingen gehörige Mautstationen: Station Lautrach mit einem Stationisten.
Dieses k. b. Landgericht mit seinem Beamtenpersonal hat Grönenbach kein geringes Ansehen gegeben und den Geschäftsleuten und Wirten gute Einnahmen gebracht, das nun aber alles ein Ende hat.
Das untere Schloß in Grönenbach im Gegensatz zum oberen oder hohen Schloß heißt im Volksmunde gewöhnlich „Schlößle“, ist erbaut anno 1563 durch die vier Brüder Konrad, Wolf, Christoph, Philipp von Pappenheim als Witwensitz für die verwitweten Edelfrauen derer von Pappenheim Rotensteinischen Besitzes. Als nach dem Tode Philipps von Pappenheim, † 1619, der zwangsweise in seinen Gebietsteilen 1559 den Calvinismus einführte, die Herzöge von Bayern und Württemberg als Mandatare des Kaisers den damals im Reiche noch nicht zugelassenen reformierten Glauben durch die Confessio Augustana Martin Luthers und Melanchthons verdrängen wollten, ließ die Witwe des verstorbenen Philipp von Pappenheim, Frau Anna Erbmarschallin Freiin von Pappenheim, geb. Freiin von Winneberg (bei Kißlegg) und Beilstein (bei Oberthingau) in ihrem Witwensitz im unteren Schloß durch den reformierten Prädikanten Langhans Adolf heimlich Predigten und Bibelstunden halten, bis die [256] Kemptischen Reiter denselben auf seiner Fahrt nach Teinselberg im Schulerloch abfingen und auf die Feste Liebenthann brachten, ihn einem Verhör unterwarfen und Urfehde schwören ließen, niemals mehr nach Grönenbach zu kommen. Anno 1626.
In diesem Schlößlein wohnten auch im 17. Jahrhundert pappenheim-rotensteinsche Beamte, wie z. B. der vielgenannte pappenheimische Vogt Georg Weidlin und seine Familie. 1692 resp. 1695 ging der Besitz der Grafen von Pappenheim-Rotenstein und der Grafen Fugger-Kirchberg-Weißenhorn-Grönenbach in den Besitz des Fürstabtes zu Kempten durch Rückkauf zurück, und seit dieser Zeit wohnten im unteren Schlößle fürstabtliche Beamte; so z. B. wird in dem vom ehemaligen Stiftsdekane J. N. Frey angelegten Pfarrbeschrieb aus dem Jahre 1787 als Inwohner des Schlößle erwähnt: Ttl. Herr Hofkammerrat, Stiftsschaffner und fürstlicher Schloßverwalter Mathias Sikora mit seiner Familie. Als dann die Säkularisation 1803 die Kirchengüter verschlang, ging auch das untere Schloß ins Eigentum des bayerischen Fiskus über. Um eine minimale Summe erstand dann käuflich dieses Schloß, das früher ein steiles und jähes Dach besessen, abweichend von jetziger Form, der Bauer und Gutsbesitzer Josef Spatz; seitdem [257] wechselte es vielmals die Besitzer, z. B. ist es Wohnung eines praktischen Arztes. Inschrift mit Pappenheimer Wappenschild:
„Als man zählet 1653 Jahr, dieses Haus zu Lieb aufgebauet war
Junkfrau „Walburg“ Marschallin zu Pappenheim
Durch ihre Vettern, die vier Brüder, insgemein,
Conrad, Wolf, Christof, Philippen, die Gott vor Unglück wöll beschützen.“
Der Rechberger Hof, ein stattliches Bauerngut, liegt nächst Rotenstein hinter einem Hügel, „Kapf“ genannt, nahe an der Iller mit dem berühmten Aussichtspunkte „Rotkreuz“. Wohl geht das Gerücht, auf diesem Kapf (caput) sei einst ein Schloß der Edlen von Rechberg gestanden, eine Raubritterburg, die die Landstraße und Flußstraße der Iller vollständig beherrschte. Die Situation des Hügels, die scheinbaren Erdwerke und künstlichen Wälle, die den Kapf umziehen, weisen wohl darauf hin, daß dieser Punkt einstmals als Befestigungspunkt eine Rolle gespielt; vielleicht sind es Befestigungsanlagen aus keltischer Zeit, vielleicht ist es ein Trümmerfeld einer zerstörten Raubritterfeste, zerstört in den Zeiten der Städtekriege; vielleicht sind es Schanzen, die im Bauernkriege oder im Schwedenkriege oder in den späteren Franzosenkriegen aufgeworfen wurden. Die vorhandenen Akten besagen nichts von einem Schlosse der Edlen von Rechberg auf dem Kapf bei Rotenstein. Die Edlen von Rechberg waren allerdings in früheren Zeiten in Grönenbach und Umgegend begütert und mag der Rechberger Hof einstmals Eigentum derer von Rechberg gewesen sein und den Namen bis auf den heutigen Tag beibehalten haben. Auch ein sog. hinterer Rechberg existierte früher (1616–1627 Einträge von Taufen in den Pfarrakten); es war dies ein kleinerer Hof, der in den Jahren 1820–1830 abgebrochen wurde. Dieses Anwesen lag eine Viertel- oder eine halbe Stunde weit weg vom Rechberger Hof hart an der Iller stromabwärts gegen Oberbinnwang zu. Als Besitzer vom Rechberg erscheinen von 1616 ab Georgius Neß, Martinus Hochenegger, Johannes Bülgger, Johannes Spatz, Johannes Frey und Georgius Heckelmiller vom hinteren Rechberg.
Die meisten Ortschaften hatten im Mittelalter ihre eigenen „Gemeindebadstuben“; alle Samstag ging man ins Bad in die Gemeindebadestube, und die männlichen Badgäste ließen sich dann vielfach noch vom Gemeindebader, der zugleich meist auch Rasierer war, den Bart abnehmen, und dann ging’s ins Wirtshaus; ja, mancher Bauer hatte [258] wohl sein eigen Badstübel im Hause. Grönenbach besaß nun kein eigenes Gemeindebadhaus, hatte es auch nicht nötig, da das Bad Clevers, kaum 5–7 Minuten entfernt, Gelegenheit zum Baden bot. Dieses Bad Clevers nahm einst unter den Bädern unserer Gegend, als da sind: „Künnersberg, Dickenreis, Dattsberg alias Daxberg, Aspenbad bei Steinheim-Memmingen, Steinbogenbad in Memmingen, reichhaltige Mineralquellen in Trunkelsberg und Dankelsried“ (cfr. Intelligenzbl. von den Jahren 1815, 1816, 1817), einen der ersten Plätze ein und war früher sehr stark besucht auch von Badegästen aus weiter Ferne. Längst vor dem 30jährigen Kriege war das Bad stark frequentiert.
Kreisarchiv Neuburg besagt: Anno 1671 übernahm Michael Zech von Kalden das Bad Cläffer und wurde Cläfferer Bader allda. Das Bad aber war damals ganz heruntergekommen, verderbt, ruiniert, vergangen; er erbaute für 500 fl. bares Geld ein neues Badhaus. Brodbacken, Metzgen und Bierausschenken war bei diesem Bade immer Landesbrauch, Weinausschank war untersagt. Im Jahre 1700 wurden per Monat im Cläfferer Bad 90 Eimer Bier ausgeschenkt, 1732 wurde auch Erlaubnis gegeben, daß Badegäste sich dorten einlogieren durften. Ein weiterer Cläfferer Badewirt war Hans Martin Grober 1732. Als Badewirte sind ferner aufgezeichnet: Michael Häfele 1802, Anton Häfele 1836, dieser hat 1835 das Badhaus erbaut; Martin Freuding 1852; Wilhelm Dorn 1856; Ludwig Schachenmeyer 1873; Alfred Böckeler 1891; Johann Vogel 1896; Josef Einsiedler 1902; Wassermann Kaspar 1907. Unter seinem letzten Besitzer ist das Bad beinahe gänzlich heruntergekommen und hat sein Renommee und seine Gäste beinahe ganz verloren, aber ganz zu unrecht, denn die heilbringende Quelle fließt heute noch wie ehedem, und die herrliche Umgebung mit den nahen Waldungen ist heute noch wie früher. – Wer erbarmt sich dieses Bades?
Der kleine romantische See beim Bad Clevers hat größtenteils reines Quellwasser und hat schon wiederholt den Freibadenden den Tod gebracht. Um daher das Baden in diesem See gefahrlos zu ermöglichen, hat der hiesige Verschönerungsverein 1900 ein Badehaus in den See hineingebaut. Am 10. August 1842 ertrank im Clevers-Weiher der 33jährige ledige Badmeisterssohn Johann Häfele. Am 8. Juni 1872 ertrank der am Typhus erkrankte und im Fiberdelirium entflohene Postknecht Anton Riedle, 30 Jahre alt. Am 2. September 1895 abends 6 Uhr ertrank der Hutmachergehilfe Alois Schrode aus Ehingen.
[259]
Der edle Sport „des Schießens“ wurde auch in Grönenbach nie vernachlässigt. „Üb’ Aug und Hand fürs Vaterland!“ Nach diesem Grundsatze taten sich Männer und Jünglinge zusammen zu einem Schützenverein. Das Neub. Kreisarchiv Bd. 419 enthält Aufschlüsse von 1699–1759. Besonders begünstigte die fürstabtliche Regierung von Kempten das Schützenwesen. So wurde dem hiesigen Schützenverein eine eigene Schießstatt angewiesen in der Vorstadt dem Walde zu; wurde ihm ein eigenes Schießhaus erbaut und überwiesen, das heutige „Armenhaus“ in Grönenbach.
Alljährlich zahlte das fürstl. Pflegeamt an den Schützenverein Altusried 12 fl. und an den Schützenverein hier 8 fl. als jährliches Gnadengeld. Zur Ausschießung des sogen. „Herrenfortels“ erhielten die Schützen weiters vom Pflegeamt 8 fl., und für die Sauvegarde-Stellung durch den Schützenverein, indem kostümierte Schützenbuben mit ihren Flinten am Feste Corporis Christi, am hl. Fronleichnamsfest, die Ehrenbegleitung bei der feierlichen Prozession bildeten und bei jedem Evangelium abschossen, wurden vom Pflegeamt alljährlich 4 fl. und auch seitens der lieben Heiligen von der Kirchenfabrik wohl etwas an die Schützen abgelassen.
- ↑ Der Kürze halber habe ich unterlassen, die Einkünfte zu spezifizieren.
- ↑ Victus et amictus, d. i. Lebensunterhalt und Kleidung.
- ↑ Kirchliche Ausschließung.
- ↑ Unersetzlicher Verlust.
- ↑ Außerordentliche Andachten zur Abwendung der Pestgefahr.
- ↑ Auf eigene Unkosten.
- ↑ Spottvers: „Mir ist so seitwärts schielerich, ganz seitenheimwärts fühlerisch, ganz lammschweißspur beriecherlich, ganz lammherzgruft durchkriecherlich an der magnetischen Seite.“
- ↑ Sie hätten gegen den Hauptpunkt unseres Institutes gefehlt: „Sie hätten keinen gemeinschaftlichen Tisch, es sei zu fürchten, daß sie besonders wegen des mit Kempten ausgebrochenen Streites in Ungnade fallen.“
- ↑ Addition d. i. Gehaltsmehrung.
- ↑ Die Familie Döring hat nunmehr im Dezember 1909 das ganze Schloßgut, ca. 248 Tagw., an Güterhändler zur Zertrümmerung verkauft.
Anmerkungen (Wikisource)
« A. Äußere Geschichte | Joseph Sedelmayer Geschichte des Marktfleckens Grönenbach |
C. Nachträge zur inneren Geschichte » | |||
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