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Frau Nachtigall (Kämpchen)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Heinrich Kämpchen
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Titel: Frau Nachtigall
Untertitel:
aus: Was die Ruhr mir sang, S. 24
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1909
Verlag: Hansmann & Co.
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Erscheinungsort: Bochum
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Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
fertig
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[24] Frau Nachtigall.

Und wieder hab’ ich in Maientagen
Gelauschet dem Nachtigallenschlagen,
Und wieder neu bestrickt mir die Seele
Die Sangeskönigin Philomele

5
Mit ihrer tönenden Liebesmacht –

Es rauscht der Born, es blitzt der Schacht. –
Die alten Mären, die alten Sagen,
Sie raunen aus diesem Jubeln und Klagen –
Und wieder hält mich die süße Weise

10
Gebannet in ihre Zauberkreise. –

Ich möchte hinunter ins Gnomenreich
Zur Wassernixe, so kalt und bleich,
An meinem Busen, in meinen Armen
Will ich die Kalte zur Liebe erwarmen. –

15
Und mehr und mehr noch wächst das Verlangen,

Ich möchte zu allem mich unterfangen –
Die Elfen belauschen auf weichen Sohlen,
Die Sterne vom Himmel herunterholen,
Die goldenen Sterne aus ihrer Haft,

20
Ich weiß es, ich fühle dazu die Kraft. –

Ich sauge sie aus den funkelnden Tönen,
Demantengeschmeide im Reiche des Schönen –
Das ist nicht irdische Melodei,
So klagt die Elfe, so weint die Fei. –

25
So mochte wohl Heinrich von Ofterdingen,

Der große Sänger der Minne, singen,
Mit solchen Tönen die Herzen rühren,
Die Sehnsucht wecken, die Gluten schüren –
So sang wohl Wolfram von Eschenbach

30
Die Leidenschaft und die Liebe wach. –

Im Dämmerdunkel, im Waldesschweigen
Vernahm ich wieder den Zauberreigen,
Das Jubelklagen, das Sehnsuchtssingen,
Wie Harfentönen, wie Flötenklingen,

35
Den alten, süßbestrickenden Schall –

Das war dein Lied, Frau Nachtigall. –