Der Horkenstein (Kämpchen)
[25] Der Horkenstein *).[1]
Umspielt vom gold’nen Abendschein,
So liegst du da, mein Horkenstein,
Inmitten der begrünten Flur,
Du alter Wächter an der Ruhr.
Hast du gehalten schon die Wacht,
Sah’st du auf diesen heil’gen Höh’n
Die alten Odinseichen steh’n.
Da dräute Urwald dicht und wild,
Der Hain mit seiner Götterschar,
Und du sein Tempel und Altar. –
Und wer in schlimmen Bann verfiel,
Du gabst ihm Freistatt und Asyl.
Er war entsühnt von Mord und Brand.
Doch war der Gau vom Feind bedroht
Und herrschte um dich Kriegesnot,
So scholl’s von ander’n Melodei’n,
Dann dröhnte Kampfruf um dich wild
Und laut erklangen Speer und Schild,
Es schwoll der Opferfeuer Glut
Und deine Rinnen dampften Blut.
Der Heerschild hing am Eichenast,
Der Renner stöhnte unter’m Sporn
Und schmetternd klang das Gellahorn.
Doch war an uns’rer Väter Herd
So botest du dem flücht’gen Mann
Asyl und Freistatt wieder an. –
[26]
Längst sank dahin, was hehr und schön,
Entwaldet sind die heil’gen Höh’n.
Wühlt Karst und Pflug rauh Tag um Tag.
Doch, ist gesunken auch der Hain,
Du zeugst davon, mein Horkenstein,
Und schaust von oben noch zu Tal,
- ↑ *) Leider ist der alte, sagenumwobene Steinriese lange schon von seiner ursprünglichen Lagerstatt in der Gemeinde Linden a. d. Ruhr entfernt worden. Er liegt jetzt, seiner historischen Bedeutung ganz entfremdet, in der Gartenanlage des Amtshauses zu Winz, nahe am Eingange desselben.