Erwartung (Die Gartenlaube 1897)
[596] Erwartung. (Zu dem Bilde S. 585.) Kommt er, kommt er
nicht? … Ganz sicher scheint sie ihrer Sache nicht zu sein, die niedliche
Kleine, die hier klopfenden Herzens und verstohlen im letzten Parkende
sich einfand, obgleich sie gestern, als Er beim allgemeinen Aufbruch
und Abschied ihr das hastig bittende Wort zuflüsterte, im ersten Schrecken
„Nein, nein!“ hervorgestoßen hatte. Wenn er das nun für Ernst genommen
hat und wegbleibt? Wenn sie, unter steter Gefahr der Entdeckung, sich
umsonst so zierlich für ihn herausputzte, umsonst alle Listen brauchte,
rechtzeitig zu entwischen und nun ach! umsonst mit den großen braunen
Augen unverwandt den Weg entlang sucht, den er kommen muß! …
Unbesorgt, kleine Unschuld! Er weiß ganz genau, was von solchem
„Nein“ zu halten ist, und läßt sich
nicht dadurch schrecken. Aber den
offenkundigen Weg vom Schloß her
wird er wohl nicht wählen, um
seinen aller – allerletzten Abschied zu
nehmen. – Der kleine Spitz ist
bereits auf der richtigen Spur, er
dreht sich um und hebt das Köpfchen
nach der andern Seite. Wie lange
wohl unter solchen Umständen die
einsame „Erwartung“ noch dauern
mag? Bn.