Elephanten-Klugheit
[414] Elephanten-Klugheit. Von der beinahe an Doctoren der Philosophie grenzenden Klugheit und Weisheit der Elephanten giebt es eine Menge geschichtliche Beweise, wenigstens mehr als von dem Verstande der Doctoren der Philosophie. Hier sind einige Thatsachen neuen Datums.
Ein indischer Rajah hatte eine Zahl Elephanten für die Armee gekauft und ließ sie in seine Residenz bringen. Unterwegs zeigte sich ein Wärter und Treiber gegen seinen Elephanten sehr nachlässig und unterschlug große Portionen seines Futters. Der Elephant merkte dies jedesmal und bewies dies durch verschiedene Zeichen seines Zornes. Doch da das Thier in seiner natürlichen Großmuth es bei Drohungen ließ, wurde der Wärter frecher und fuhr fort, ihn mit halben Portionen abzuspeisen. Eines Morgens wurden die Rekruten-Elephanten von dem Commandeur des Rajah inspicirt, und zu diesem Zwecke in Reihe und Glied aufgestellt. Als der Offizier eben den vernachlässigten Elephanten erreichte, stieß dieser einen eigenthümlichen Ton aus, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Der Offizier sah ihn auch besonders an. Und in demselben Augenblicke ergriff er seinen Wärter mit dem Rüssel, warf ihn zur Erde und stampfte ihn zu Brei. Dies war das Werk einer halben Minute. Jetzt fiel der Elephant auf seine Knie und bat, so gut er konnte, um Gnade. Der Offizier ließ das Verhältniß des Wärters zum Elephanten untersuchen und gab dem Letzteren Recht, obgleich er eigener Richter gewesen und „gelyncht“ hatte.
Zu tragischen Geschichte lieferte ein die Anderer die Komödie. Der komische Elephant stand zu seinem Wärter im zärtlichen Freundschaftsverhältnisse. So oft Letzterer zu Tische ging, ließ er einen kleinen, schwarzen, häßlichen Jungen unter Aufsicht des Elephanten, der nun, wie das beste Kindermädchen dafür sorgte, daß der Junge nicht davon kroch oder zu Schaden kam. Eines Tages war er aber doch in der drückenden Mittagshitze etwas eingedusselt, so daß der kleine schwarze Sprößling, davon gekrochen war und in eine lehmige Pfütze fiel. Der Elephant hörte in seinem Mittagsschläfchen das Geschrei des Jungen, und sah bald, was von seiner Nachlässigkeit gekommen war. Doch hatte er Geistesgegenwart genug, sich aus er Verlegenheit und den Jungen aus der Pfütze zu ziehen und die Beweise seiner Schuld abzuwaschen. Er brachte seinen mit Lehm beschönigten Schwarzen auf’s Trockene, lief hinunter an einen Fluß, holte sich einen tüchtigen Rüssel voll Wasser, kam zurück und gab dem Jungen erst von der einen, dann von der andern Seite eine Radical-Wäsche mit Sturzbad. Dann legte er die letzte Feile an, indem er jeden einzelnen noch gebliebenen Fleck abspülte, und trug nun das „weißgewaschene Mohrenkind“ in die Sonne zum Trocknen, da kein Handtuch zu Handen war. Hier stand und wartete er zärtlich und ernsthaft aufmerksam auf das Handtuchswerk der Sonne und sah, als der Mann vom Essen zurückkehrte, so ehrwürdig und unschuldig aus, als ob gar nichts vorgefallen wäre.